Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Mag. Dr. Maurer Kober, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Andrés, über die Revision des P, vertreten durch die Landl + Edelmann Rechtsanwaltspartnerschaft in Vöcklabruck, gegen das am 8. Jänner 2025 mündlich verkündete und am 16. Jänner 2025 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg, 405 4/6612/1/10 2025, betreffend Erweiterung einer Ausnahmebewilligung gemäß StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Dem Revisionswerber wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 8. November 2023 antragsgemäß eine straßenpolizeiliche Ausnahmebewilligung vom Fahrverbot für alle KFZ am S Weg und am K Berg für die Gültigkeitsdauer von 2 Jahren erteilt. Gleichzeitig wurde auch eine Ausnahmebewilligung von den Bestimmungen der diesem Fahrverbot vorgelagerten Fußgängerzone sowie von der Parkzeitbeschränkung in den Kurzparkzonen der Bewohnerparkzone 3 erteilt. Mit der Bewilligung wurde auch eine Fernbedienung bzw. ein Code zur Absenkung von Hubpollern sowie zwei Berechtigungskarten für die Zufahrt und ein Parkpickerl übergeben.
2 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. Juli 2024 wurde u.a. die zwecks Zufahrt zur Liegenschaft X beantragte Erweiterung der mit Bescheid vom 8. November 2023, im übertragenen Wirkungsbereich der Stadt Salzburg erteilten straßenpolizeilichen Ausnahmebewilligung vom Fahrverbot für alle KFZ am S Weg und am KBerg (§ 52 lit. a Z 6c StVO 1960) abgewiesen (Spruchpunkt I.).
3 Die gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wurde vom Landesverwaltungsgericht Salzburg (Verwaltungsgericht) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit mündlich verkündetem Erkenntnis abgewiesen. Die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG wurde für nicht zulässig erklärt. Der Revisionswerber stellte fristgerecht einen Antrag auf schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses.
4 Das Verwaltungsgericht stellte fest, der Revisionswerber sei Eigentümer einer Liegenschaft, an der sich sein Hauptwohnsitz befinde. Er verfüge bereits über eine näher bestimmte straßenpolizeiliche Ausnahmebewilligung vom Fahrverbot für fünf näher spezifizierte Kennzeichen. Für eine Erweiterung der Ausnahmebewilligung vom Fahrverbot für alle KFZ habe beim Revisionswerber kein qualifiziertes Interesse, weder ein persönliches noch ein wirtschaftliches Interesse, festgestellt werden können.
5 In der Folge erläuterte das Verwaltungsgericht seine Beweiswürdigung und führte rechtlich nach Wiedergabe der Rechtslage unter Berufung auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus, es sei für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO erforderlich, dass zwei Voraussetzungen gegeben seien, nämlich ein qualifiziertes Interesse des Antragstellers an der Erteilung und kein spezifisches öffentliches Interesse, das gegen die Erteilung spreche. Schon das Fehlen einer der Erteilungsvoraussetzungen habe zur Versagung der Ausnahmebewilligung zu führen. Als wirtschaftliche Interessen würden nur jene in Betracht kommen, die den Antragsteller in besonderer Weise betreffen. Dasselbe gelte für das persönliche Interesse sowie die Erschwernis bei der Erfüllung von Aufgaben. Bei der Frage, ob sich diese Aufgaben nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen, handle es sich um in der Person der antragstellenden Partei gelegene Voraussetzungen.
6 Es müsse berücksichtigt werden, dass der Revisionswerber bereits über eine aufrechte straßenpolizeiliche Ausnahmebewilligung für die Zufahrt zu seiner Liegenschaft sowie für das Abstellen in den Kurzparkzonen und Befahrung der Fußgängerzone verfüge. Die Zufahrt sei zudem für insgesamt fünf behördliche Kennzeichen und das Parkpickerl für die Kurzparkzonen für ein behördliches Kennzeichen erteilt worden. Es gehe also um die Frage, ob der Revisionswerber einen zusätzlichen Bedarf für die beantragte Erweiterung nachweisen könne und auch hier jedenfalls die gesetzlichen Kriterien für eine Erteilung einer Erweiterung erfülle.
7 Weder sei der aktuelle Bedarf (tatsächliche Aufwendungen) beziffert/konkretisiert worden noch seien Alternativrechnungen zur Darstellung der konkreten (Un )Zumutbarkeit vorhanden. Zur kostenmäßigen Zumutbarkeit sei lediglich ein abstraktes Vorbringen erstattet worden; nur durch entsprechende Unterlagen und Berechnungen könne jedoch in überprüfbarer Weise erkannt werden, dass der Revisionswerber in besonderer Weise belastet sei. Eine besondere Betroffenheit bzw. ein erhebliches wirtschaftliches Interesse sei nicht ersichtlich.
8 Der Revisionswerber habe nur ganz allgemein ausgeführt, dass es trotz der bestehenden Ausnahmebewilligungen zu massiven Erschwernissen in der Nutzung der Liegenschaft kommen würde. Als Beispiel sei die schwierige Erreichbarkeit der Liegenschaft durch Professionisten angeführt worden, weil für diese zusätzliche und unzumutbare Kosten für eine separate Ausnahmebewilligung für die Zufahrt anfallen würden. Die Schwierigkeit liege jedoch vielmehr in der topographischen Situation, sprich der sehr schmalen und steilen Zufahrtsstraße (ca. 3,5 m Fahrbahnbreite und 21% Steigung), und nicht bei den zusätzlichen Kosten einer Ausnahme, zumal sich die Kosten dafür (1 Fahrzeug für 1 Woche) auf € 47, beliefen. Der Revisionswerber habe selbst eingeräumt, dass es bei einer Befahrung dieser speziellen Zufahrtsstraße für ungeübte und nicht ortskundige Lenker, insbesondere bei Gegenverkehr, zu gefährlichen Situationen kommen könne.
9 Ein erhebliches persönliches Interesse iSd § 45 Abs. 2 StVO könne sich in der Praxis insbesondere aus einem Transportbedarf, der mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder einem Taxi nicht in zumutbarer Weise verwirklicht werden könne, ergeben. Insofern sei bei bestimmten Branchen oder beruflichen Tätigkeiten eine Bewilligungserteilung naheliegender.
10 Es sei nicht ersichtlich bzw. nicht nachvollziehbar, dass die Liegenschaft des Revisionswerbers nicht in zumutbarer Weise erreicht werden könnte. Der Revisionswerber selbst verfüge für die Zufahrt bereits über eine Ausnahmebewilligung für insgesamt fünf unterschiedliche behördliche Kennzeichen. Die Zufahrt für Besucher mittels Taxi sei ebenfalls ständig möglich. Die Zufahrt für Firmen oder für Ladetätigkeiten sei täglich werktags von 6.00 bis 11.00 Uhr möglich. Für unaufschiebbare Reparaturen oder Behebung von Gebrechen sei die Zufahrt außerhalb dieser Zeiten durch kurzfristige Ausgabe von Einmalcodes zur Absenkung der Poller durch die PI Rathaus sichergestellt. Es lägen damit weder erhebliche persönliche noch erhebliche wirtschaftliche Interessen vor.
11 Da bereits diese Voraussetzung verneint worden sei, habe die Prüfung der Frage, inwieweit bei Befahren von Fahrzeugen auf den vom Revisionswerber beantragten Flächen/Straßenzügen eine allfällige wesentliche Beeinträchtigung des Verkehrs zu erwarten sei, unterbleiben können. Aus diesem Grund sei auch die Einholung eines verkehrstechnischen Gutachtens entbehrlich gewesen.
12 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 16. Juni 2025, E 432/2025 5, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
13 In der Folge wurde die vorliegende außerordentliche Revision erhoben.
14 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
15Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
16Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
17 Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, die Rechtsfrage, ob eine Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO an einen nach Namen oder Zahl unbestimmten Personenkreis zulässig sei, sei von grundsätzlicher Bedeutung und als solche vom Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet worden.
18 Dass die Erteilung einer Ausnahmebewilligung in der vom Revisionswerber beantragten Weise, nämlich in Form einer Code Liste und daher zwar an einen nach Zahl, jedoch nicht nach Namen bestimmten Personenkreis, tatsächlich gängige Praxis sei, zeige die vergleichbare Handhabung bei Tourismusbetrieben, wie der Hotellerie in Salzburg.
19 Hotelbetriebe in der Innenstadt von Salzburg erhielten von der zuständigen Behörde regelmäßig Listen von „Einmal Codes“, die diese an ihre Gäste zur Zufahrt zum Betrieb weitergeben könnten. Die Gäste seien im Zeitpunkt der Vergabe der Codes weder konkret nach Zahl noch nach Namen bestimmt. Dennoch sei es der Behörde offenbar möglich, die Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO in eben genau dieser Form zu erteilen.
20 Es sei daher davon auszugehen, dass die Behörde in diesen Fällen die Bestimmtheit nach Zahl (beispielsweise 50 Codes pro Monat) als ausreichend qualifiziere und auf die Bestimmtheit nach Namen verzichte. Anders wäre die Behördenpraxis nicht erklärbar. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in diesem Zusammenhang fehle jedoch.
21 Die Zulässigkeit einer Revision setzt gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG voraus, dass ihr Schicksal, also der Erfolg der Revision, von der Lösung der geltend gemachten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung „abhängt“. Es muss daher zumindest die Möglichkeit bestehen, dass die aufgeworfene, im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Rechtsfrage für die Lösung des Falles von ausschlaggebender Bedeutung ist. Der Verwaltungsgerichtshof ist nämlich gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zur Lösung theoretischer Rechtsfragen befugt, sondern nur solcher, von deren Lösung der Erfolg der Revision tatsächlich abhängt. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht zuständig (vgl. VwGH 28.11.2023, Ra 2023/02/0166, mwN).
22 Nach der oben wiedergegebenen Begründung des Verwaltungsgerichtes hat dieses die beantragte Bewilligung versagt, weil weder erhebliche persönliche noch erhebliche wirtschaftliche Interessen des Revisionswerbers vorliegen. Inwieweit die Revision von der Lösung der vom Revisionswerber formulierten Frage abhängt, ergibt sich aus der Zulässigkeitsbegründung nicht. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wird daher insofern nicht aufgezeigt.
23Darüber hinaus wird zur Zulässigkeit der Revision vorgebracht, es seien tragende Grundsätze des Verfahrensrechts verletzt worden, weil das Verwaltungsgericht in der unrichtigen Annahme des Vorliegens einer Voraussetzung eine Tatsachenrüge nicht behandelt habe (Hinweis auf VwGH 20.11.2014, Ra 2014/07/0052). Konkret sei die Feststellung der belangten Behörde bekämpft worden, wonach der Revisionswerber kein erhebliches persönliches Interesse habe und sei dazu unter anderem der Beweisantrag der Parteieneinvernahme des Revisionswerbers gestellt worden.
24 Dieser Antrag sei gänzlich unerledigt geblieben. Weder sei der Revisionswerber einvernommen noch der Beweisantrag abgelehnt worden.
25 Zudem würden die in der Bescheidbeschwerde monierten Verfahrensmängel im Verfahren vor der belangten Behörde in keinem Satz des Erkenntnisses weder in den Feststellungen noch in der rechtlichen Beurteilung erwähnt, sodass diese Beschwerdepunkte völlig unerledigt geblieben seien.
26Rechtsfragen des Verfahrensrechtes sind nur dann von grundsätzlicher Bedeutung, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hat (vgl. VwGH 16.10.2024, Ra 2022/02/0005, mwN).
27 Darüber hinaus setzt die Zulässigkeit der Revision neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen für die revisionswerbenden Parteien günstigerenSachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. erneut VwGH 22.1.2025, Ra 2024/02/0242, mwN).
28 Die Revision zeigt mit ihren diesbezüglichen, nicht weiter begründeten Ausführungen die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel für den Verfahrensausgang nicht auf. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass allfällige Verfahrensmängel der belangten Behörde durch ein vom Verwaltungsgericht geführtes mängelfreiesVerfahren saniert werden (vgl. VwGH 28.2.2020, Ra 2020/03/0012, mwN).
29 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 10. Oktober 2025