Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Mag. Dr. Maurer Kober, die Hofrätin Mag. Schindler und den Hofrat Mag. Schartner als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Schärding gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 1. Juli 2025, LVwG607229/13/Beh, betreffend Ersatz von Barauslagen nach § 64 Abs. 3 VStG (mitbeteiligte Partei: N F M, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in Mattighofen), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 18. Dezember 2024 wurde dem Mitbeteiligten zur Last gelegt, ein Kraftfahrzeug im übermüdeten Zustand gelenkt zu haben. Der Mitbeteiligte habe dadurch § 58 Abs. 1 StVO verletzt, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Zudem wurde ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens festgesetzt und der Mitbeteiligte zum Ersatz der Barauslagen in der Höhe von € 403,82 für die Kosten der klinischen Untersuchung verpflichtet.
2 Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) wies mit dem angefochtenen Erkenntnis die vom Mitbeteiligten dagegen erhobene Beschwerde hinsichtlich des Schuld und Strafausspruchs mit einer für den Revisionsfall nicht relevanten Maßgabe als unbegründet ab (Spruchpunkt I.) und verpflichtete den Mitbeteiligten zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. sprach das Verwaltungsgericht aus, dass der Mitbeteiligte keinen Kostenersatz für die klinische Untersuchung zu zahlen habe. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es für unzulässig (Spruchpunkt IV.).
3 Zu dem für das Revisionsverfahren interessierendenErsatz der Barauslagen für die klinische Untersuchung führte das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht aus, dass die in der Gebührennote von der die klinische Untersuchung durchführenden Ärztin verzeichneten Gebühren als Barauslagen zu qualifizieren seien. Da der Mitbeteiligte wegen Übertretung des § 58 Abs. 1 StVO bestraft worden sei, seien diese für die verurteilende Entscheidung erforderlich gewesen. Allerdings komme nach näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Überwälzung der Gebühr nichtamtlicher Sachverständiger auf die Partei gemäß § 76 AVG erst dann in Betracht, wenn sie bescheidmäßig festgesetzt und tatsächlich bereits bezahlt worden seien, weil die Barauslagen erst damit der Behörde im Sinn des § 76 Abs. 1 erster Satz AVG „erwachsen“ seien. Ein derartiger Bescheid gegenüber der Sachverständigen sei jedoch bislang nicht erlassen worden. Selbst bei bereits erfolgter Zahlung der Kosten an die Sachverständige seien die Barauslagen noch nicht „erwachsen“ gewesen.
4Die vorliegende Amtsrevision der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde richtet sich gegen Spruchpunkt III. des Erkenntnisses, zu deren Zulässigkeit ein Abweichen von näher genannter Rechtsprechung (Verweis auf VwGH 27.9.2023, Ra 2023/02/0040, und VwGH 28.5.2025, Ra 2025/02/0064) vorgebracht wird. Der Verwaltungsgerichtshof habe in den beiden zitierten Revisionsfällen eine Kostenersatzpflicht des Bestraftenunabhängig von einer vorgelagerten bescheidmäßigen Festsetzung der Gebühren nach § 53a Abs. 2 AVGunter Verweis darauf angenommen, dass dem Bestraften jene Kosten auferlegt werden dürften, welche im Zuge einer zu dem Zweck durchgeführten Überprüfung, ob eine strafbare Handlung vorliege, entstanden seien. Allenfalls fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob die Überwälzung von Barauslagen bzw. Gebühren, welche aufgrund einer Untersuchung nach § 5 Abs. 5 iVm Abs. 9 StVO entstanden seien, zwingend eine zuvor bescheidmäßige Festsetzung der betreffenden Gebühr gemäß § 53a Abs. 2 AVG voraussetze.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8Gemäß § 64 Abs. 3 erster Halbsatz VStG ist, wenn im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens Barauslagen erwachsen sind (§ 76 AVG), dem Bestraften der Ersatz dieser Auslagen aufzuerlegen, sofern sie nicht durch Verschulden einer anderen Person verursacht sind. Diese Vorschrift ermächtigt die Behörde nicht, willkürlich vorzugehen und dem Bestraften unnötige Kosten aufzubürden (vgl. VwGH 22.10.2019, Ra 2019/02/0022, mwN). Dem Bestraften dürfen z.B. jene Kosten auferlegt werden, welche im Zuge einer zu dem Zweck durchgeführten Überprüfung, ob eine strafbare Handlung vorliegt, entstanden sind (vgl. wiederum VwGH 22.10.2019, Ra 2019/02/0022, mwN).
9 Grundlage der Kostenersatzpflicht ist, dass der Beschuldigte wegen einer bestimmten Verwaltungsübertretung für schuldig erkannt worden ist. Die Kostenersatzpflicht ist demnach nur in Ansehung dieser strafbaren Handlung gegeben (vgl. etwa VwGH 29.3.1995, 92/10/0463).
10Zu den Barauslagen zählen gemäß § 76 Abs. 1 zweiter Satz AVG auch die Gebühren, die den Sachverständigen zustehen. Gemäß § 53a Abs. 2 AVG (iVm § 24 VStG) ist die Gebühr nichtamtlicher Sachverständiger von der Behörde, die den Sachverständigen herangezogen hat, mit Bescheid zu bestimmen.
11Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kommt eine Überwälzung der Sachverständigengebühr auf die Partei gemäß § 76 AVG erst dann in Betracht, wenn sie bescheid (bzw. beschluss)mäßig festgesetzt undtatsächlich bereits bezahlt wurde, weil sie damit erst der Behörde/dem Verwaltungsgericht iSd § 76 Abs. 1 erster Satz AVG „erwachsen“ und zur Barauslage iSd § 76 Abs. 1 zweiter Satz AVG geworden ist (vgl. etwa VwGH 9.7.2020, Ra 2018/11/0082, mwN; siehe auch VwGH 28.11.2013, 2013/07/0126, wonach die Voraussetzungen für den Ersatz durch die Partei nur dann vorliegen, „wenn die Behörde die Gebühr dem Sachverständigen gegenüber sowohlim Sinne des § 53a AVG bescheidmäßig festgesetzt als auch bezahlt hat“). Die bescheidmäßige Bestimmung der Gebühren ist daher eine unabdingbare Voraussetzung, um dem Bestraften den Ersatz aufzuerlegen (vgl. dazu auch die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG, § 53a Rz 16). Die bloße Zahlung der Gebühren an den Sachverständigen alleine reicht nicht aus.
12Entgegen dem Revisionsvorbringen lässt sich eine davon abweichende Aussage, nämlich, dass die Sachverständigenkosten dem Bestraften auch ohne gegenüber dem Sachverständigen erfolgte bescheidmäßige Gebührenbestimmung auferlegt werden können, den beiden von der Zulässigkeitsbegründung ins Treffen geführten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes nicht entnehmen. Vielmehr ging es dort jeweils um die Frage, ob die Kosten für die klinische Untersuchung, die gemäß § 5 Abs. 5 iVm Abs. 9 StVO angeordnet wurde, auf den letztlich wegen Übertretung des § 58 Abs. 1 StVO Bestraften überwälzt werden dürfen und diese in Ansehung dieser Übertretung erforderlich gewesen sind. Das Verwaltungsgericht hatte dies jeweils verneint. Der Verwaltungsgerichtshof hob die Erkenntnisse in diesem Umfang jeweils wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf und hielt dazu fest, dass die Kosten der Feststellung der Verkehrstauglichkeit des Lenkers gedient hätten und somit der Überprüfung, ob eine strafbare Handlung im Sinn des § 58 Abs. 1 StVO vorliege. Diese Kosten würden sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts daher auch als für die verurteilende Entscheidung erforderlich erweisen, auch wenn die kostenauslösenden Handlungen vor Anzeigenlegung gesetzt worden seien (siehe dazu näher VwGH 27.9.2023, Ra 2023/02/0040; dem folgend: VwGH 28.5.2025, Ra 2025/02/0064). Das Vorliegen eines Gebührenbestimmungsbescheides wurde hingegen in den beiden Entscheidungen nicht releviert.
13 Da somit bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu der in Rede stehenden Rechtsfrage vorliegt und ein Abweichen des Verwaltungsgerichts von dieser Judikatur ist nicht zu sehen ist, wird im Zulässigkeitsvorbringen keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 29. September 2025