Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed als Richter und die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer Kober und Mag. Schindler als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck gegen das am 8. Jänner 2025 mündlich verkündete und am 21. Jänner 2025 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich, LVwG 607124/14/JP, betreffend Übertretung der StVO (mitbeteiligte Partei: W in M, vertreten durch Dr. Martin Feigl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Werdertorgasse 12/4), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird hinsichtlich seines Ausspruches, dass der Mitbeteiligte keinen Kostenersatz für die klinische Untersuchung zu zahlen habe (Spruchpunkt III.), wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
1 Mit Straferkenntnis der revisionswerbenden Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 24. September 2024 wurde dem Mitbeteiligten zur Last gelegt, zu einer näher bezeichneten Tatzeit an einem näher genannten Tatort ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt zu haben, obwohl er sich nicht in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befunden habe, in der er vermocht habe, sein Fahrzeug zu beherrschen und die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen, da er übermüdet gewesen sei. Der Mitbeteiligte habe dadurch § 58 Abs. 1 StVO verletzt, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Zudem wurde ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens festgesetzt und der Mitbeteiligte zu einem Ersatz der Barauslagen in der Höhe von € 182,60 für die klinische Untersuchung verpflichtet.
2 Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) wies mit dem angefochtenen Erkenntnis die vom Mitbeteiligten dagegen erhobene Beschwerde hinsichtlich des Schuld und Strafausspruchs als unbegründet ab (Spruchpunkt I.) und verpflichtete den Mitbeteiligten zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. sprach das Verwaltungsgericht aus, dass der Mitbeteiligte keinen Kostenersatz für die klinische Untersuchung zu zahlen habe. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es für unzulässig (Spruchpunkt IV.).
3 Das Verwaltungsgericht stellte unter anderem fest, die amtshandelnden Polizeibeamten hätten bei einer routinemäßigen Lenker und Fahrzeugkontrolle beim Revisionswerber näher beschriebene Symptome (darunter eine verzögerte Reaktion, gerötete Bindehäute, wässrig/glänzende Augen, verengte Pupillenreaktion mit träger Pupillenreaktion, verwaschene Sprache, Schläfrigkeit) festgestellt. Nach Durchführung eines Alkovortests (0,0 mg/l) sei dem Revisionswerber die Durchführung eines freiwilligen Urintests angeboten worden, dieser habe jedoch eine Urinprobe zu diesem Zeitpunkt nicht abgeben können. Aufgrund der auf einen Suchtmittelkonsum hinweisenden Auffälligkeiten sei der Revisionswerber zur klinischen Untersuchung einer vor Ort anwesenden Ärztin vorgeführt worden. In dem erstellten Gutachten sei diese zum Ergebnis gekommen, dass der Revisionswerber zum Zeitpunkt des Lenkens des Kraftfahrzeuges durch Übermüdung beeinträchtigt gewesen sei und auch der Verdacht auf eine Beeinträchtigung durch Suchtgift bestanden habe. Der Revisionswerber sei nicht fahrfähig gewesen. Dem Revisionswerber sei in der Folge Blut abgenommen worden. Laut Befund und Gutachten des Forensisch-Toxologischen Labors habe die Blutprobe keinen Nachweis auf Suchtgift ergeben.
4 Zu dem für das Revisionsverfahren interessierenden Ersatz der Barauslagen für die klinische Untersuchung führte das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht aus, dass es sich bei der Untersuchung um eine Untersuchung gemäß § 5 Abs. 5 iVm Abs. 9 StVO gehandelt habe. Der Polizist habe den Mitbeteiligten aufgefordert, sich einer klinischen Untersuchung zur Feststellung des Grades seiner Beeinträchtigung durch Suchtgift zu unterziehen, weil er die Auffälligkeiten des Mitbeteiligten auf eine Suchtgiftbeeinträchtigung zurückgeführt habe. Die Blutanalyse habe diesen Verdacht jedoch nicht bestätigt. § 5a Abs. 2 StVO, der die Kostentragung für die Untersuchung regle, lasse im Umkehrschluss die Annahme zu, dass die Kosten dieser Untersuchung nicht zu tragen seien, wenn keine Suchtgiftbeeinträchtigung beim Betroffenen vorliege. Der bloße Verdacht auf eine Beeinträchtigung nach § 58 StVO erfordere keine sachverständige Beurteilung, weshalb dem Revisionswerber Kosten für eine diesbezügliche Untersuchung nicht vorgeschrieben werden könnten.
5 Gegen Spruchpunkt III. dieses Erkenntnisses richtet sich die vorliegende Revision.
6 Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
7Die revisionswerbende Behörde macht zur Begründung der Zulässigkeit und in der Sache ein Abweichen vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. September 2023, Ra 2023/02/0040, geltend. Die klinische Untersuchung des Mitbeteiligten habe zur Feststellung seiner Verkehrstauglichkeit und somit der Überprüfung gedient, ob eine strafbare Handlung im Sinn des § 58 Abs. 1 StVO vorliege.
8 Die Revision erweist sich als zulässig und begründet.
9Zur Rechtsfrage der Kostenersatzpflicht der klinischen Untersuchung gleicht der Revisionsfall, dem auch vorliegend eine Bestrafung nach § 58 Abs. 1 StVO zugrunde liegt, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht in den entscheidungswesentlichen Punkten jenem, der vom Verwaltungsgerichtshof mit hg. Erkenntnis vom 27. September 2023, Ra 2023/02/0040, entschieden wurde. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen.
10In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof eine Kostenersatzpflicht für die klinische Untersuchung zur Feststellung der Verkehrstauglichkeit gemäß § 64 Abs. 3 erster Halbsatz VStG bejaht. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof darauf hingewiesen, dass dem Bestraften jene Kosten auferlegt werden dürfen, welche im Zuge einer zu dem Zweck durchgeführten Überprüfung, ob eine strafbare Handlung vorliegt, entstanden sind. Auch im hier vorliegenden Revisionsfall diente die klinische Untersuchung der Feststellung der Verkehrstauglichkeit und somit der Überprüfung, ob eine strafbare Handlung im Sinn des § 58 Abs. 1 StVO vorliegt und wurde der Mitbeteiligte wegen Übertretung des § 58 Abs. 1 StVO bestraft. Die Kosten erweisen sich deshalb als für die verurteilende Entscheidung erforderlich.
11 Entgegen den Ausführungen in der Revisionsbeantwortung kann angesichts der unbekämpft gebliebenen Feststellungen, wonach der Mitbeteiligte diverse Auffälligkeiten in seinem Verhalten aufgewiesen habe, kein willkürliches Vorgehen der Behörde erblickt werden, wenn eine klinische Untersuchung zur Abklärung der Verkehrstauglichkeit durchgeführt wurde.
12Das angefochtene Erkenntnis war daher in seinem Spruchpunkt III. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am 28. Mai 2025