Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Mag. Dr. Maurer Kober, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision der M, vertreten durch Mag. Stefan Traxler, Rechtsanwalt in Mödling, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 2. Juni 2025, VGW 101/042/2358/20252, betreffend Zurückweisung eines Feststellungantrages gemäß TVG und TSchG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: (nunmehr) Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz; mitbeteiligte Partei: Tierschutzombudsperson Wien DI Eva Persy, MBA, MSc), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Die revisionswerbende Partei ist als Vertreterin einer Tierschutzorganisation Mitglied der Tierversuchskommission des Bundes gemäß § 35 Tierversuchsgesetz 2012TVG 2012.
2 Mit Antrag an den (damaligen) Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz vom 20. Dezember 2024 beantragte sie folgende Feststellungen:
„1. Für Tiere, die nicht eindeutig im Kontext mit Tierversuchen bzw. Projekten gemäß TVG 2012 gehalten oder bereitgestellt werden, gelten nichtdie Bestimmungen des TVG 2012 und damit auch nichtdie Bestimmungen der damit verbundenen Verordnungen, sondern es gilt das TSchG.
2. Ein eindeutiger Kontext mit Tierversuchen/Projekten, der die Anwendung des TVG 2012 und der entsprechenden Verordnung für Tiere erlaubt, ist ausschließlich dann gegeben, wenn ein bewilligter und aufrechter Antrag auf Genehmigung von Tierversuchen gemäß TVG 2012 (Antrag auf Genehmigung eines Projekts) vorliegt, in dem die betreffenden Tiere als ‚Versuchstiere‘ angegeben sind.“
3 Die belangte Behörde wies diesen Feststellungsantrag mit der Begründung zurück, die Voraussetzungen für die Erlassung eines Feststellungsbescheids lägen nicht vor.
4 Die von der revisionswerbenden Partei gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien (Verwaltungsgericht) als unbegründet abgewiesen. Das Verwaltungsgericht sprach aus, eine Revision gegen dieses Erkenntnis sei unzulässig.
5Begründend erläuterte das Verwaltungsgericht u.a., aus § 35 TVG 2012 könne für die revisionswerbende Partei keine Antragslegitimation abgeleitet werden; sie könne daher kein Feststellungsinteresse aus dieser Bestimmung geltend machen und es sei wie bei jeder Person zu prüfen, ob der Antrag zulässig sei. Unter Hinweis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes legte das Verwaltungsgericht dar, es könne mit einem Feststellungantrag nicht die Geltung von Normen festgestellt oder ein Rechtsgutachten erstellt werden. Die revisionswerbende Partei verfüge über keinerlei rechtliches Interesse an der Klärung der Rechtsfrage.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Die revisionswerbende Partei bringt zur Zulässigkeit ihrer Revision vor, es liege eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG vor, weil die Abgrenzung der Anwendungsbereiche von TVG 2012 und TSchG bzw. die Geltung des TSchG für Tiere, die zwar in gemäß §§ 16 ff TVG 2012 genehmigten Einrichtungen gehalten würden, jedoch nicht Teil eines Tierversuchsprojekts seien oder sein würden, sich zwar aus dem Wortlaut dieser beiden Gesetze i.V. mit dem verfassungsrechtlichen Bekenntnis zum Tierschutz ergebe. Im Hinblick auf die geschilderten Diskussionen und die aktuelle Situation sei eine höchstgerichtliche Klärung aber dringend erforderlich. Die Frage habe erhebliche Auswirkungen auf den Vollzug beider Gesetze, auf die Behördenzuständigkeit, auf die Parteistellung der Tierschutzombudspersonen sowie auf den tatsächlichen Schutzstandard für Tiere. Das Erkenntnis weiche von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes „zu § 35 AVG“ ab, indem es das rechtliche Interesse unzulässig verenge. Das Erkenntnis stehe der Umsetzung des verfassungsrechtlich verankerten Staatsziels Tierschutz (Art. 1 B VG idF BGBl. I Nr. 111/2013) entgegen.
11Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. aus vielen VwGH 20.2.2018, Ra 2018/11/0010 bis 0011, mwN).
12Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht der revisionswerbenden Partei die Zulässigkeit der Revision begründet, muss sich bereits aus der gesonderten Darstellung in der Zulässigkeitsbegründung ergeben (vgl. etwa VwGH 24.2.2021, Ra 2020/03/0126, mwN).
13In der gesonderten Darstellung ist konkret aufzuzeigen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 23.6.2015, Ra 2015/01/0045 bis 0047, mwN). Findet sich eine derartige Darstellung in der Angabe der Gründe der Zulässigkeit der Revision aber nicht, sondern etwa nur der allgemeine Hinweis, dass die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche, so genügt dies jedenfalls nicht, um das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen (vgl. VwGH 28.5.2014, Ra 2014/07/0005). Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision ist darüber hinaus, dass die von der revisionswerbenden Partei aufgezeigte Rechtsfrage auch präjudiziell ist, dh. die Entscheidung über die Revision von der Lösung dieser Frage abhängt (vgl. VwGH 13.12.2019, Ro 2019/02/0012, mwN).
14Soweit zunächst vorgebracht wird, es ergebe sich eine Rechtsfrage zur Abgrenzung zwischen TSchG und TVG 2012, wobei die revisionswerbende Partei einräumt, dass sich die Antwort aus den Gesetzen selbst ergebe, ist auszuführen, dass für den Fall, dass die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig ist, keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG vorliegt, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. VwGH 13.12.2024, Ra 2023/10/0383, mwN). Im konkreten Fall wird überdies aus der Zulässigkeitsbegründung nicht klar, inwieweit die Abgrenzung der beiden Gesetze für die Frage der Antragslegitimation der revisionswerbenden Partei von Bedeutung und daher für das Revisionsverfahren von Relevanz sein kann.
15 Mit dem bloßen Hinweis auf geschilderte Diskussionen und die aktuelle Situation wird nicht dargelegt, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Entscheidung über die Revision zu lösen wäre. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass ein Verweis auf die sonstigen Ausführungen der Revision dem Erfordernis, gesondert die Gründe zu nennen, warum die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 BVG vorliegen, nicht genügt, weil damit nicht konkret auf die vorliegende Revisionssache bezogen aufgezeigt wird, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (vgl. erneut VwGH 24.2.2021, Ra 2020/03/0126, mwN).
16Darüber hinaus ist auszuführen, dass die revisionswerbende Partei bloß allgemein behauptet, das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes widerspreche der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu „§ 35 AVG“, ohne konkret bezogen auf den Sachverhalt unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darzutun, von welcher hg. Rechtsprechung ihrer Ansicht nach das Verwaltungsgericht in welchen Punkten abgewichen sein soll. Damit wird den an die gesetzmäßige Ausführung der Zulässigkeit einer Revision gestellten Anforderungen jedoch nicht entsprochen (vgl. VwGH 16.10.2019, Ra 2019/02/0168, mwN).
17Verfassungsrechtliche Rechtsfragen können nicht zur Zulässigkeit der Revision führen (vgl. VwGH 1.12.2021, Ra 2021/02/0237, mwN).
18 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 18. September 2025