Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Nedwed, die Vizepräsidentin Mag. Dr. Maurer Kober und die Hofrätin Mag. Schindler als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision des M, vertreten durch Ing.Mag. Klaus Helm, Rechtsanwalt in Linz, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 5. Mai 2025, LVwG 607331/12/RW, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Gmunden), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem im Beschwerdeverfahren ergangenen angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich (Verwaltungsgericht) wurde der Revisionswerber einer Übertretung nach § 52 lit. a Z 10a StVO schuldig erkannt, weil er als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Motorrades am 6. April 2024 gegen 14:27 Uhr an einem näher angegebenen Ort außerhalb des Ortsgebiets die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 72 km/h überschritten habe. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurden gegen ihn gemäß § 99 Abs. 2f StVO eine Geldstrafe in der Höhe von € 870,-- (Ersatzfreiheitsstrafe fünf Tage, eine Stunde) verhängt sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens festgesetzt.
2 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
3Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
4Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 Die Revision wendet sich in ihrer Zulässigkeitsbegründung gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Revisionswerber habe das gegenständliche Motorrad zum Tatzeitpunkt gelenkt, und damit gegen die im konkreten Fall vorgenommene Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Im Zweifel hätte das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden könne, dass der Revisionswerber die ihm angelastete Tat begangen habe.
6Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Feststellung, wer ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, um einen Akt der Beweiswürdigung im Sinne des § 45 Abs. 2 AVG (vgl. etwa VwGH 11.9.2017, Ra 2017/02/0091, mwN).
7Der Verwaltungsgerichtshof ist als reine Rechtsinstanz tätig; zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge daher insgesamt nur vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 13.1.2025, Ra 2024/02/0246, mwN); die Richtigkeit der Beweiswürdigung ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu überprüfen (vgl. etwa VwGH 6.8.2020, Ra 2020/02/0156, mwN).
8 Das Verwaltungsgericht hat sich aufgrund der Vernehmungen in einer mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber und dem Zeugen T verschafft, der zum Tatzeitpunkt am Tatort ebenfalls mit seinem Motorrad mit erhöhter Geschwindigkeit unterwegs war. Dieser verweigerte zwar die Aussage zur Frage, ob er gemeinsam mit dem Revisionswerber an dem besagten Tag eine Motorradtour gemacht habe, das Verwaltungsgericht kam jedoch insbesondere gestützt auf die sonstigen Angaben des Zeugen, die es aufgrund näherer Erwägungen als glaubwürdig einstufte, insbesondere wonach er und der Revisionswerber Mitglied desselben Motorradclubs seien, und er mit diesem Motorradtouren unternommen habe, wobei der Revisionswerber dabei das gegenständliche Motorrad von seinem Bruder ausgeborgt habe, zur Überzeugung, dass der Revisionswerber auch am Tattag das gegenständliche Motorrad seines Bruders gelenkt habe. Hingegen habe der Revisionswerber angegeben, dass er erst aufgrund des Verwaltungsstrafverfahrens Kenntnis darüber erlangt habe, dass sein Bruder das gegenständliche Motorrad besitze. Für die Tätereigenschaft des Revisionswerbers spreche auch der Umstand, dass dessen Bruder bei der Lenkererhebung den Revisionswerber angegeben habe und im Verfahren keine konkreten Anhaltspunkte für eine Falschauskunft hervorgekommen seien.
9Dass die vom Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Weise vorgenommen wurde, vermag der Revisionswerber mit seinen Ausführungen in der Revision nicht darzulegen und ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht erkennbar. Dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre, macht im Sinne der dargestellten Rechtsprechung die konkrete Beweiswürdigung nicht unschlüssig (vgl. etwa VwGH 24.1.2018, Ra 2018/02/0005).
10Ebenso kann kein Verstoß gegen die Unschuldsvermutung erblickt werden, zumal der Grundsatz „in dubio pro reo“ nur für jene Fälle gilt, in denen im Wege des Beweisverfahrens und anschließender freier Würdigung der Beweise in dem entscheidenden Organ nicht mit Sicherheit die Überzeugung von der Richtigkeit des Tatvorwurfes erzeugt werden konnte (vgl. etwa VwGH 27.5.2025, Ra 2025/02/0077, mwN). Wenn nach Durchführung aller Beweise trotz eingehender Beweiswürdigung somit Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen. Verbleibt an der Richtigkeit des Tatvorwurfes kein Zweifel, fehlt es an der Anwendungsmöglichkeit des Grundsatzes „in dubio pro reo“ (vgl. VwGH 6.7.2023, Ra 2023/02/0108, mwN). Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass keine Verletzung der Unschuldsvermutung bewirkt wird, wenn das Verwaltungsgericht im Zuge der freien Beweiswürdigung zu der Überzeugung gelangte, dass die Verwaltungsübertretung von dem Revisionswerber begangen wurde.
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 29. Juli 2025