Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des S in K, vertreten durch die Mag. Günter Novak-Kaiser Rechtsanwalt GmbH in 8850 Murau, Raffaltplatz 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 24. Februar 2017, Zl. LVwG 30.16-2320/2016-11, betreffend Übertretung der StVO (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Leoben), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Leoben wegen einer Übertretung des § 20 Abs. 2 StVO (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 63 km/h) als unbegründet abgewiesen und die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für unzulässig erklärt.
5 Soweit der Revisionswerber in seiner dagegen erhobenen außerordentlichen Revision die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts rügt, ist er darauf hinzuweisen, dass Fragen der Beweiswürdigung regelmäßig als nicht über den Einzelfall hinausreichend keine grundsätzliche Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommen (vgl. etwa VwGH vom 21. April 2017, Ro 2016/11/0004). Die Beweiswürdigung ist nur dahingehend der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes unterworfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind, dh. den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen; die Richtigkeit der Beweiswürdigung ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu überprüfen (siehe etwa VwGH vom 23. Februar 2017, Ro 2015/09/0013, oder vom 28. Juni 2017, Ra 2017/02/0038, jeweils mwH). Entgegen den Revisionsausführungen hält die vom Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall vorgenommene Beweiswürdigung den dargestellten Prüfkriterien der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes stand. Der Verwaltungsgerichtshof vermag in diesem Sinne die ausführliche Begründung des Verwaltungsgerichts, weshalb es von der Lenkereigenschaft des Revisionswerbers ausging, nicht zu beanstanden.
6 Ebenso wenig ist für den Verwaltungsgerichtshof der behauptete Verstoß gegen den Grundsatz "in dubio pro reo" erkennbar. Auch mit diesem Vorbringen rügt der Revisionswerber im Wesentlichen die nicht zu beanstandende Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts.
7 Der Revisionswerber rügt in seiner Zulässigkeitsbegründung ferner als aktenwidrig, dass das Verwaltungsgericht ihm vorwerfe, er habe zunächst die Geschwindigkeitsmessung nicht bestritten und sei nicht bereit gewesen, Informationen zur Sachverhaltsaufklärung beizusteuern.
8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Aktenwidrigkeit nur dann vor, wenn die Entscheidung in ihrer Begründung von Sachverhalten ausgeht, die sich aus dem Akt überhaupt nicht oder nicht in der angenommenen Weise ergeben, wenn also die Feststellung jener tatsächlichen Umstände unrichtig ist, die für den Spruch der Entscheidung ausschlaggebend sind (vgl. VwGH vom 24. Oktober 2016, Ra 2016/02/0189-0191). Für die Geltendmachung einer Aktenwidrigkeit als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist weiters darzulegen, warum das rechtliche Schicksal der Revision von dieser Frage abhängen sollte (vgl. etwa VwGH vom 24. Juni 2014, Ra 2014/05/0004). Diesbezüglich bringt der Revisionswerber nichts Konkretes vor, weshalb die Zulässigkeitsbegründung auch in diesem Punkt ins Leere geht.
9 Insoweit der Revisionswerber die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach er nicht bereit gewesen sei, Informationen zur Sachverhaltsaufklärung beizusteuern, als "aktenwidrig" rügt, bezieht er sich mit diesem Vorbringen erneut auf die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Eine Aktenwidrigkeit liegt nicht vor, wenn Feststellungen getroffen werden, die auf Grund der Beweiswürdigung oder einer anders lautenden rechtlichen Beurteilung mit den Behauptungen einer Partei nicht übereinstimmen (vgl. etwa VwGH vom 8. August 2008, 2008/09/0002).
10 Zuletzt vermögen auch die Ausführungen des Revisionswerbers, wonach das Verwaltungsgericht gegen die "Bindungswirkung" des Straferkenntnisses vom 19. Mai 2016, GZ BHLN- 15.1-1402/2016, verstoßen habe, keine Zulässigkeit der gegenständlichen Revision zu begründen. Nach Ansicht des Revisionswerbers habe die belangte Behörde darin bindend festgestellt, dass die Zeugin H. als Verantwortliche der Firma C. die Lenkerauskunft falsch erteilt habe, indem sie zunächst angab, dass der Revisionswerber Lenker des angeführten Fahrzeuges gewesen sei.
11 Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, ist die Behörde nicht verpflichtet, die Lenkereigenschaft jedenfalls im Wege einer Aufforderung nach § 103 Abs. 2 KFG zu erheben. Vielmehr handelt es sich bei der Feststellung, wer ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, um einen Akt der Beweiswürdigung im Sinne des § 45 Abs. 2 AVG (vgl. VwGH vom 13. Juni 1990, 89/03/0103 sowie vom 15. Mai 1991, 91/02/0021). Die Behörde (das Verwaltungsgericht) hat daher im jeweiligen Strafverfahren im Rahmen der freien Beweiswürdigung die Lenkereigenschaft des Beschuldigten zu beurteilen und ist dabei nicht an ein allfälliges anderes Verfahren, das gegen den Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs. 2 KFG geführt wird, hinsichtlich der Lenkereigenschaft gebunden.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 11. September 2017