JudikaturVwGH

Ra 2024/19/0400 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
24. Oktober 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision des N K, vertreten durch Mag. Hubert Wagner LLM, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Wattmanngasse 8/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Juli 2024, W134 22536132/2E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte erstmals am 23. Mai 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, dass in Syrien Krieg herrsche und er als Reservist hätte einrücken müssen. Auch habe er an Demonstrationen teilgenommen.

2 Mit Bescheid vom 2. März 2022 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung.

3 Die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 17. November 2022 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

4Die gegen das Erkenntnis des BVwG erhobene außerordentliche Revision wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 19. Jänner 2023, Ra 2022/20/0412, zurück.

5 Am 28. April 2023 stellte der Revisionswerber den gegenständlichen Folgeantrag, welchen er damit begründete, dass er vor zwei Monaten die Bestätigung für einen gegen ihn gerichteten Haftbefehl erhalten habe, weil er den Reservedienst verweigert und an Demonstrationen teilgenommen hätte.

6 Das BFA wies diesen Folgeantrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mit Bescheid vom 14. Februar 2024 ab.

7Die dagegen erhobene Beschwerde wies das BVwG mit dem angefochtenen Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass der Spruch auf Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wegen entschiedener Sache zu lauten habe.

In der Begründung ging das BVwG davon aus, dass kein neues Vorbringen erstattet worden sei. Aus dem Vorbringen, dass das Vermögen des Revisionswerbers nun aufgrund seiner vorgebrachten Verurteilung konfisziert worden sei, würden sich keine neuen Anhaltspunkte mit glaubhaftem Kern für eine Verfolgung durch das syrische Regime ableiten lassen. Zudem stamme der Beschluss über die vorsorgliche Konfiszierung vom 13. Juli 2022 und habe daher zum Entscheidungszeitpunkt im ersten Verfahren am 17. November 2022 bereits bestanden.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11Der Revisionswerber macht zur Zulässigkeit der von ihm erhobenen Revision geltend, die angefochtene Entscheidung stehe „im groben Widerspruch zu den Grundsätzen der Artikel 2 und 3 EMRK“ und „die Regelvermutung des § 5 AsylG“ sei „in diesem Fall also entgegen den Ausführungen des Gerichts im angefochtenen Urteil unanwendbar“.

12Diese Argumentation ist schon vom Ansatz her verfehlt, weil der vom Revisionswerber gestellte Antrag nicht nach § 5 AsylG 2005 wegen der Zuständigkeit eines anderen Staates zurückgewiesen und dem Revisionswerber überdies bereits vom BFAgemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde (vgl. VwGH 19.1.2023, Ra 2022/20/0412).

13 Die Revision richtet sich in ihrer Zulässigkeitsbegründung darüber hinaus gegen den vom BVwG im Erstverfahren festgestellten Sachverhalt und macht auf der Prämisse der Richtigkeit der eigenen Behauptungen Ermittlungsmängel geltend.

14In diesem Zusammenhang ist der Revisionswerber auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, nach der im Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung (nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen) berechtigen und verpflichten kann, der rechtlich für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufweisen, dem Relevanz zukommt (vgl. VwGH 25.10.2023, Ra 2023/19/0244, mwN).

15Die Beurteilung, ob die behauptete Sachverhaltsänderung einen „glaubhaften Kern“ aufweist, erfolgt stets im Rahmen der Beweiswürdigung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 29.11.2022, Ra 2022/19/0229, mwN).

16 Im vorliegenden Fall kam das BVwG zum Ergebnis, dass im Zusammenhang mit den im Folgeantrag behaupteten Fluchtgründen des Revisionswerbers eine entschiedene Sache vorgelegen sei, und die behauptete Sachverhaltsänderung hinsichtlich der Vermögenskonfiskation aufgrund einer Verurteilung keinen glaubhaften Kern aufweise, dem Relevanz zukäme.

17 Die Revision vermag es mit ihren allgemein gehaltenen Ausführungen nicht, den Erwägungen des BVwG Stichhaltiges entgegenzuhalten und aufzuzeigen, dass sich das BVwG von den oben angeführten Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beurteilung des Vorliegens der entschiedenen Sache entfernt hätte.

18 Dass das Verfahren wegen Abstandnahme von der mündlichen Verhandlung fehlerhaft gewesen wäre, zeigt die Revision ebenfalls nicht auf:

19Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG der auch in nach dem BFAVG zu führenden Verfahren, insbesondere was die Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach § 68 AVG betrifft, anzuwenden istkann die Verhandlung (u.a. dann) entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei zurückzuweisen ist. In den Fällen des § 24 Abs. 2 VwGVG liegt es im Ermessen des Verwaltungsgerichts, trotz Parteiantrages keine Verhandlung durchzuführen. Dieses Ermessen ist jedenfalls im Licht des Art. 6 EMRK zu handhaben. Dies gilt sinngemäß auch für Art. 47 GRC (vgl. VwGH 5.10.2021, , mwN).

20Zunächst ist anzumerken, dass sich die Revision mit der Bestimmung des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG nicht auseinandersetzt, sondern lediglich pauschal einen Verstoß gegen die Bestimmung des § 21 Abs. 7 BFAVG geltend macht. Dessen ungeachtet ist aber eine fehlerhafte Ausübung des durch § 24 Abs. 2 VwGVG eingeräumten Ermessens betreffend die Durchführung einer Verhandlung insgesamt nicht ersichtlich.

21 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 24. Oktober 2024