JudikaturVwGH

Ra 2024/04/0391 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
04. Oktober 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätin Mag. Hainz Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision der M S Ges.m.b.H. in W, vertreten durch die Kosch Partner Rechtsanwälte GmbH in 2700 Wiener Neustadt, Bahngasse 25, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 28. Juni 2024, Zl. LVwG AV 567/001 2024, betreffend Feststellung der individuellen Befähigung nach § 19 GewO 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Wiener Neustadt), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 1. Die revisionswerbende Partei beantragte mit Eingabe vom 17. März 2023 bei der belangten Behörde die Feststellung der individuellen Befähigung gemäß § 19 GewO 1994 ihres handelsrechtlichen Geschäftsführers M S für das reglementierte Gewerbe „Augenoptik“ (§ 94 Z 2 GewO 1994) und seine Eintragung als gewerberechtlicher Geschäftsführer der revisionswerbenden Partei.

2 2.1. Mit Bescheid vom 13. März 2024 stellte die belangte Behörde fest, dass die gesetzlichen Voraussetzungen in Bezug auf M S nicht vorlägen, und untersagte seine Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer der revisionswerbenden Partei für die Ausübung des Gewerbes „Augenoptik“ am Standort in W.

3 2.2. Wie sich aus dem zur hg. Zahl Ra 2024/04/0400 protokollierten Verfahren ergibt, wies das Verwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Partei mit Erkenntnis vom 1. Juli 2024 als unbegründet ab.

4 Das Verwaltungsgericht führte dazu begründend aus, dass der nach § 18 Abs. 1 GewO 1994 vorgeschriebene Befähigungsnachweis nicht erbracht worden sei. Es sei daher unter Bedachtnahme auf die Vorschriften gemäß § 18 Abs. 4 GewO 1994 zu prüfen gewesen, ob durch die beigebrachten Beweismittel die für die gegenständliche Gewerbeausübung erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen das Vorliegen der individuellen Befähigung nachgewiesen würden.

M S habe abgesehen von der Lehre bzw. der Lehrabschlussprüfung und langjähriger Tätigkeit keine Nachweise vorgelegt, die mindestens in gleicher Weise wie die in den den Befähigungsnachweis festlegenden Vorschriften geforderte Ausbildung das Ausbildungsziel verwirklichen würden. Insbesondere sei ein Fachgespräch für das Handwerk Augenoptik bei der Landesinnung der Gesundheitsberufe Niederösterreich bei der Wirtschaftskammer Niederösterreich nicht absolviert bzw. der angebotene Termin abgesagt worden. Die Lehrabschlussprüfung zusammen mit langjähriger einschlägiger Tätigkeit alleine reiche nicht aus, um die individuelle Befähigung gemäß § 19 GewO 1994 zu belegen.

5 3. Die belangte Behörde stellte mit einem weiteren (hier gegenständlichen) Bescheid ebenfalls vom 13. März 2024 fest, dass die individuelle Befähigung gemäß § 19 GewO 1994 für das Gewerbe „Augenoptik“ bei M S nicht vorliege.

6 4. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Partei wies das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides wie folgt zu lauten habe:

„Der Antrag vom 17.3.2023 auf Feststellung des Vorliegens der individuellen Befähigung gemäß § 19 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) von Herrn [M S ...] für das Gewerbe ‚Augenoptik (Handwerk)‘ wird zurückgewiesen.“

7 In seiner Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, dass die revisionswerbende Partei mit ihrer Eingabe vom 17. März 2023 auch die Eintragung von M S als gewerberechtlicher Geschäftsführer beantragt habe. Von der Behörde sei daher von Amts wegen zu prüfen gewesen, ob M S im Fall des Nichtvorliegens des (formellen) Befähigungsnachweises gemäß § 18 GewO 1994 die individuelle Befähigung nach § 19 GewO 1994 zukomme. Ein gesonderter Antrag auf Prüfung der individuellen Befähigung nach § 19 GewO 1994 sei weder vorgesehen noch erforderlich. Vielmehr müsse die Rechtsfrage des Vorliegens der Befähigung im Rahmen des Verfahrens der Bestellung des gewerberechtlichen Geschäftsführers geklärt werden. Der angefochtene Bescheid sei daher spruchgemäß dahingehend abzuändern gewesen, dass der Antrag zurückgewiesen werde.

8 5. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

9 6. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 7. In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil das Verwaltungsgericht nicht über den Antrag auf Feststellung der individuellen Befähigung abgesprochen habe. In einem Verfahren gemäß § 19 GewO 1994 sei eine Tätigkeit nachzuweisen, die der in der betreffenden Zugangsverordnung geforderten einschlägigen Tätigkeit „gleichwertig“ sei. Es müsse sohin auf ein „Äquivalent“ zu dem Erfordernis der Verordnung abgestellt werden.

Zudem habe das Verwaltungsgericht Verfahrensvorschriften, insbesondere das Amtswegigkeitsprinzip, verletzt und sei dadurch erheblich und unvertretbar von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

13 8. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die revisionswerbende Partei in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 14.5.2024, Ra 2024/01/0097, mwN).

14 Im vorliegenden Fall gelingt es der Revision mit ihrem pauschalen (und nicht näher begründeten) Vorbringen nicht, ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufzuzeigen, zumal sie weder die betreffende Rechtsprechung nennt noch darlegt, in welchen Punkten das angefochtene Erkenntnis davon abweicht.

15 Dem Vorbringen, es liege eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, weil das Verwaltungsgericht nicht über den Antrag auf Feststellung der individuellen Befähigung abgesprochen habe, ist darüber hinaus zu entgegnen, dass mit dem weiteren Bescheid vom 13. März 2024 und dem dazu in der Folge ergangenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 1. Juli 2024 (siehe dazu oben Rn. 2 bis 4) in Erledigung des Antrages vom 17. März 2023 über die individuelle Befähigung des M S abgesprochen wurde.

16 Das weitere auf die inhaltlichen Anforderungen einer Feststellung der individuellen Befähigung gemäß § 19 GewO 1994 Bezug nehmende Vorbringen verkennt wiederum, dass der verfahrenseinleitende Antrag der revisionswerbenden Partei mit dem angefochtenen Erkenntnis zurückgewiesen wurde.

17 9. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 4. Oktober 2024

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