JudikaturVwGH

Ra 2024/14/0747 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
10. Januar 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. in Sporrer sowie die Hofrätinnen Dr. in Sembacher und Mag. Bayer als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Janitsch, in der Revisionssache des M K, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum und Mag. a Andrea Blum, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 1. August 2024, W182 22867071/11E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte am 18. August 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005, den er im Wesentlichen mit der Furcht vor Verfolgung aufgrund von regimekritischen Äußerungen und der Verweigerung des Antritts des Reservedienstes im Jahr 2012 sowie einer ihm aktuell drohenden Einberufung als Reservist begründete.

2 Mit Bescheid vom 16. Oktober 2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine auf die Dauer eines Jahres befristete Aufenthaltsberechtigung.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen die Versagung der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

4 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 3. Oktober 2024, E 3575/2024 5, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

5 In der Folge wurde die gegenständliche außerordentliche Revision eingebracht.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9Voranzustellen ist, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gemäß § 41 VwGG auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses zu prüfen ist (vgl. etwa VwGH 27.6.2017, Ra 2017/18/0005, mwN). Dementsprechend entziehen sich Änderungen der Sach- und Rechtslage, die sich nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses ereignet haben, einer Prüfung im gegenständlichen Revisionsverfahren.

10 Die Revision wendet sich zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst gegen die Beweiswürdigung und führt dazu aus, im Erkenntnis seien zwar Länderfeststellungen getroffen, diese aber nur auszugsweise berücksichtigt bzw. zu relevanten Punkten keine Feststellungen getroffen worden. Des Weiteren habe das Bundesverwaltungsgericht Parteienvorbringen im Rahmen des Verfahrens sowie eingebrachte Länderberichte ignoriert und sich mit den Leitlinien der Asylagentur der Europäischen Union (EUAA) zu Syrien vom Februar 2023 nicht auseinandergesetzt.

11 Entgegen dem Revisionsvorbringen legte das Bundesverwaltungsgericht ausführlich und nachvollziehbar dar, weshalb es dem Revisionswerber nicht gelungen sei, eine aktuelle, hinreichend wahrscheinliche asylrelevante Verfolgungsgefahr wegen eines der in der GFK genannten Gründe glaubhaft zu machen. Es setzte sich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der es sich einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber verschaffen konnte, und unter Heranziehung von im Entscheidungszeitpunkt aktuellen Länderberichten umfassend mit dem Fluchtvorbringen auseinander, und führte hierzu aus, dass dem Revisionswerber, der seinen Militärdienst abgeleistet habe, bereits aufgrund der Überschreitung des wehrfähigen Alters und mangels einer besonderen Qualifikation nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Einberufung zum Reservedienst drohe. Der behaupteten Verweigerung des Antritts des Reservedienstes im Jahr 2012 schenkte das Bundesverwaltungsgericht aufgrund der widersprüchlichen Darstellung über die Verständigung zur Ableistung eines solchen keinen Glauben. Auch sei keine generelle Praxis ersichtlich, dass jedem Syrer, der ausgereist sei und einen Asylantrag im Ausland gestellt habe, eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werden würde. Es bedürfe eines entsprechenden individuellen Risikoprofils, wobei ein solches vom Bundesverwaltungsgericht insbesondere deshalb verneint wurde, weil es das Vorbringen des Revisionswerbers, der zu seinen regimekritischen Äußerungen aufgrund der unstimmigen und sich im Laufe des Verfahrens stetig steigernden Angaben als unglaubwürdig erachtete und er nie an Demonstration teilgenommen bzw. sich anderweitig politisch betätigt habe.

12Der Revision gelingt es mit ihrem allgemein gehaltenen Vorbringen nicht darzulegen, dass die konkret auf die Person des Revisionswerbers bezogenen Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel behaftet wären (vgl. zur eingeschränkten Revisibilität der Beweiswürdigung im Revisionsverfahren VwGH 21.6.2024, Ra 2024/14/0274, mwN).

13Sofern die Revision in diesem Zusammenhang die fehlende Auseinandersetzung mit den Länderrichtlinien der EUAA zu Syrien von Februar 2023, aus welchen sich ein erhöhtes Verfolgungsrisiko von Personen aus ehemaligen Oppositionsgebieten ergebe, rügt, kann die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels (vgl. VwGH 26.6.2024, Ra 2024/19/0089, mwN) nicht erkannt werden, zumal durch diese keine Rückkehrgefährdung für jeden aus solchen Gebieten stammenden Asylwerber ausgesprochen, sondern vielmehr wie vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommeneine individuelle Prüfung des Einzelfalls unter Bedachtnahme auf sämtliche mögliche Risikofaktoren empfohlen wurde (vgl. VwGH 6.6.2024, Ra 2024/18/0199).

14Mit dem weiteren Revisionsvorbringen zur Erreichbarkeit der Herkunftsregion des Revisionswerbers übersieht die Revision, dass das Bundesverwaltungsgericht basierend auf aktuellen Länderfeststellungen und einer umfangreichen Beweiswürdigung dargelegt hat, dass der Revisionswerber keine asylrelevante Verfolgung iSd GFK glaubhaft gemacht hat. Der diesbezüglichen Beweiswürdigung hält die Revision nichts Stichhaltiges entgegen. Auf diese von der Revision aufgeworfene Frage kommt es somit nicht an (vgl. VwGH 14.11.2023, Ra 2023/14/0266, mwN).

15

In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 10. Jänner 2025