Spruch
W203 2288248-1/16E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA: Syrien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.02.2024, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.05.2025 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, idF BF, ist syrischer Staatsangehöriger. Er stellte am XXXX .09.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Die Erstbefragung fand am 19.09.2022 statt.
3. Im Rahmen seiner Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (idF BFA) am 09.10.2023 führte der BF zusammengefasst und soweit wesentlich aus, dass er in der Stadt XXXX , Gouvernement Al-Haskah, geboren worden sei. Gelebt habe er bis zu seiner Ausreise aus Syrien jedoch ausschließlich im Dorf XXXX , Gouvernement Al-Hasakah. Er sei ledig und habe keine Kinder. Befragt zu seinen Fluchtgründen gab der BF an, dass er von den Kurden und vom (Anm: ehemaligen) syrischen Regime wegen der Ableistung des Militärdienstes gesucht werde. Beim ersten Rekrutierungsversuch sei lediglich das syrische Regime zum Vater des BF gekommen. Beim zweiten Mal seien das Regime und die Kurden gemeinsam zu seinem Vater gekommen. Beim dritten Mal seien sie erneut gekommen, hätten den BF mitgenommen und anschließend gemeinsam in einem Gefängnis in XXXX für rund drei Monate inhaftiert, da er sich geweigert habe, für sie zu kämpfen. Das Regime habe den BF in Haft gefoltert, ebenso die Kurden, diese aber „nicht so schwer“. Er sei erst entlassen worden, als sein Vater einen Geldbetrag von rund 1.500 – 1.600 USD gezahlt habe. Aufgrund der erfolgten Misshandlungen habe er ärztlich behandelt werden müssen.
4. Mit Bescheid vom 08.02.2024 wies das BFA den Antrag des BF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG für ein Jahr (Spruchpunkt III).
5. In der gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wurde zusammengefasst unter anderem ausgeführt, dass der BF bei seiner Rückkehr nach Syrien zum Wehrdienst entweder beim (ehemaligen) syrischen Regime oder bei den kurdischen Streitkräften zwangsrekrutiert werde. Ihm würden unverhältnismäßig hohe Strafen drohen und würde ihm aufgrund seiner Weigerungshaltung, den Wehrdienst abzuleisten, eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werden. Der BF laufe - insbesondere auch als Kind – Gefahr, von den kurdischen Kräften zwangsrekrutiert zu werden.
6. Mit Schreiben vom 08.03.2024 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.
7. Mit elektronischer Eingabe vom 19.03.2025 übermittelte der BF dem Bundesverwaltungsgericht unter anderem einen ärztlichen Befundbericht vom 06.02.2025 eines näher genannten Arztes einer Wiener Krankenanstalt. Darin wird zusammengefasst - gestützt auf vom BF vorgelegte Lichtbilder - ausgeführt, dass die beschriebenen Hautveränderungen am Rücken des BF Hinweise auf eine schwere körperliche Misshandlung seien. Eine andere Ursache scheine nicht in Frage zu kommen.
8. Mit Schriftsatz vom 05.05.2025 erstattete der BF eine ergänzende Stellungnahme zu den bis dato vorhandenen Länderberichten.
9. Am 06.05.2025 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die kurdische Sprache und in Anwesenheit des BF und seiner Vertretung eine mündliche Verhandlung durch, bei der der BF Gelegenheit hatte, zu seinen Fluchtgründen im Detail Stellung zu nehmen. Die belangte Behörde hatte sich für die Teilnahme an der Verhandlung entschuldigt.
10. Mit Schreiben vom 19.05.2025 räumte das Bundesverwaltungsgericht dem BF zur Wahrung des Parteiengehörs die Möglichkeit ein, binnen zwei Wochen zum Länderinformationsblatt Syrien, Version 12, 08.05.2025, Stellung zu nehmen.
11. Mit Schreiben vom 02.06.2025 gab der BF durch seine Rechtsvertretung eine Stellungnahme ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des BF und zu dessen Fluchtvorbringen:
Der minderjährige BF wurde am XXXX geboren, ist syrischer Staatsangehöriger, bekennt sich zum jesidischen Glauben und gehört der kurdischen Volksgruppe an.
Der BF stammt aus der Stadt XXXX (auch: XXXX ), Gouvernement Al-Hasakah, Syrien.
2022 verließ der BF Syrien und reiste über die Türkei nach Europa. Im September 2022 stellte er schließlich einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Der Herkunftsort des BF, XXXX (auch: XXXX ), Gouvernement Al-Hasakah, befindet sich derzeit unter Kontrolle der kurdischen Autonomiebehörden.
In Syrien besteht in Gebieten unter der Kontrolle der kurdischen Volksverteidigungskräfte (YPG) ein verpflichtender „Militärdienst“ für Männer, die 1998 oder später geboren wurden und ihr 18. Lebensjahr erreicht haben.
Dem BF droht bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsort als Minderjähriger nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die reale Gefahr einer Zwangsrekrutierung als Kindersoldat.
Der BF wurde in Syrien körperlich misshandelt. Er erlitt dabei kleine Hautverletzungen auf der Stirn mittig und im Bereich der linken Orbita. Am Rücken und rechts seitlich an der Thoraxwand entwickelten sich mehrere flächige hellrosa bis leicht bräunlich gefärbte Hämatome. Wer diese Verletzungen dem BF zugefügt hat und von welchen näheren Umständen diese herrühren, kann nicht festgestellt werden.
Dem Beschwerdeführer droht in seinem Herkunftsort nach Vollendung seines 18. Lebensjahres in rund einem Jahr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Rekrutierung zum „Militärdienst“ bei den kurdischen Kräften. Er lehnt es ab, diesen „Militärdienst“ abzuleisten.
Eine Verweigerung des „Wehrdienstes“ wird von den kurdischen Autonomiebehörden nicht als Ausdruck einer bestimmten politischen Gesinnung gesehen. Dass die kurdischen Autonomiebehörden dem BF eine oppositionelle Gesinnung unterstellen, kann nicht festgestellt werden.
Unter Umständen können bei einem Wehrdienstentzug eine Verhaftung - berichtsweise von ein bis zwei Tagen bis zu ein bis zwei Wochen - sowie eine Verlängerung des „Wehrdienstes“ um einen Monat drohen. Es gibt keine Berichte darüber, dass während derartiger Haftzeiten Misshandlungen stattfinden.
Der BF wird schließlich in seinem Herkunftsort nicht aufgrund seines jesidischen Glaubens gefährdet.
1.2. Relevante Feststellungen zur maßgeblichen Situation in Syrien:
1.2.1. Aus dem Länderinformationsblatt Syrien, Version 11, vom 27.03.2024 (Auszüge):
Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien
Wehrpflichtgesetz der "Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien"
Auch aus den nicht vom Regime kontrollierten Gebieten Syriens gibt es Berichte über Zwangsrekrutierungen. Im Nordosten des Landes hat die von der kurdischen Partei PYD [Partiya Yekîtiya Demokrat, Partei der Demokratischen Union] dominierte "Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien" [Autonomous Administration of North and East Syria, AANES] 2014 ein Wehrpflichtgesetz verabschiedet, welches vorsah, dass jede Familie einen "Freiwilligen" im Alter zwischen 18 und 40 Jahren stellen muss, der für den Zeitraum von sechs Monaten bis zu einem Jahr in den YPG [Yekîneyên Parastina Gel, Volksverteidigungseinheiten] dient (AA 2.2.2024). Im Juni 2019 ratifizierte die AANES ein Gesetz zur "Selbstverteidigungspflicht", das den verpflichtenden Militärdienst regelt, den Männer über 18 Jahren im Gebiet der AANES ableisten müssen (EB 15.8.2022; vgl. DIS 6.2022). Am 4.9.2021 wurde das Dekret Nr. 3 erlassen, welches die Selbstverteidigungspflicht auf Männer beschränkt, die 1998 oder später geboren wurden und ihr 18. Lebensjahr erreicht haben. Gleichzeitig wurden die Jahrgänge 1990 bis 1997 von der Selbstverteidigungspflicht befreit (ANHA, 4.9.2021). Der Altersrahmen für den Einzug zum Wehrdienst ist nun in allen betreffenden Gebieten derselbe, während er zuvor je nach Gebiet variierte. So kam es in der Vergangenheit zu Verwirrung, wer wehrpflichtig war (DIS 6.2022). Mit Stand September 2023 war das Dekret noch immer in Kraft (ACCORD 7.9.2023).
Die Wehrpflicht gilt in allen Gebieten unter der Kontrolle der AANES, auch wenn es Gebiete gibt, in denen die Wehrpflicht nach Protesten zeitweise ausgesetzt wurde [Anm.: Siehe weiter unten]. Es ist unklar, ob die Wehrpflicht auch für Personen aus Afrin gilt, das sich nicht mehr unter der Kontrolle der "Selbstverwaltung" befindet. Vom Danish Immigration Service (DIS) befragte Quellen machten hierzu unterschiedliche Angaben. Die Wehrpflicht gilt nicht für Personen, die in anderen Gebieten als den AANES wohnen oder aus diesen stammen. Sollten diese Personen jedoch seit mehr als fünf Jahren in den AANES wohnen, würde das Gesetz auch für sie gelten. Wenn jemand in seinem Ausweis als aus Hasakah stammend eingetragen ist, aber sein ganzes Leben lang z.B. in Damaskus gelebt hat, würde er von der "Selbstverwaltung" als aus den AANES stammend betrachtet werden und er müsste die "Selbstverteidigungspflicht" erfüllen. Alle ethnischen Gruppen und auch staatenlose Kurden (Ajanib und Maktoumin) sind zum Wehrdienst verpflichtet. Araber wurden ursprünglich nicht zur "Selbstverteidigungspflicht" eingezogen, dies hat sich allerdings seit 2020 nach und nach geändert (DIS 6.2022; vgl. NMFA 8.2023).
Ursprünglich betrug die Länge des Wehrdiensts sechs Monate, sie wurde aber im Jänner 2016 auf neun Monate verlängert (DIS 6.2022). Artikel zwei des Gesetzes über die "Selbstverteidigungspflicht" vom Juni 2019 sieht eine Dauer von zwölf Monaten vor (RIC 10.6.2020). Aktuell beträgt die Dauer ein Jahr und im Allgemeinen werden die Männer nach einem Jahr aus dem Dienst entlassen. In Situationen höherer Gewalt kann die Dauer des Wehrdiensts verlängert werden, was je nach Gebiet entschieden wird. Beispielsweise wurde der Wehrdienst 2018 aufgrund der Lage in Baghouz um einen Monat verlängert. In Afrin wurde der Wehrdienst zu drei Gelegenheiten in den Jahren 2016 und 2017 um je zwei Monate ausgeweitet. Die Vertretung der "Selbstverwaltung" gab ebenfalls an, dass der Wehrdienst in manchen Fällen um einige Monate verlängert wurde. Wehrdienstverweigerer können zudem mit der Ableistung eines zusätzlichen Wehrdienstmonats bestraft werden (DIS 6.2022).
Nach dem abgeleisteten Wehrdienst gehören die Absolventen zur Reserve und können im Fall "höherer Gewalt" einberufen werden. Diese Entscheidung trifft der Militärrat des jeweiligen Gebiets. Derartige Einberufungen waren den vom DIS befragten Quellen nicht bekannt (DIS 6.2022).
Einsatzgebiet von Wehrpflichtigen
Die Einsätze der Rekruten im Rahmen der "Selbstverteidigungspflicht" erfolgen normalerweise in Bereichen wie Nachschub oder Objektschutz (z.B. Bewachung von Gefängnissen wie auch jenes in al-Hasakah, wo es im Jänner 2022 zu dem Befreiungsversuch des sogenannten Islamischen Staats (IS) mit Kampfhandlungen kam). Eine Versetzung an die Front erfolgt fallweise auf eigenen Wunsch, ansonsten werden die Rekruten bei Konfliktbedarf an die Front verlegt, wie z. B. bei den Kämpfen gegen den IS 2016 und 2017 in Raqqa (DIS 6.2022).
Wehrdienstverweigerung und Desertion
Die Sanktionen für die Wehrdienstverweigerung ähneln denen im von der Regierung kontrollierten Teil (ÖB Damaskus 12.2022). Laut verschiedener Menschenrechtsorganisationen wird das "Selbstverteidigungspflichtgesetz" auch mit Gewalt durchgesetzt (AA 2.2.2024), während der DIS nur davon berichtet, dass Wehrpflichtige, welche versuchen, dem Militärdienst zu entgehen, laut Gesetz durch die Verlängerung der "Wehrpflicht" um einen Monat bestraft würden - zwei Quellen zufolge auch in Verbindung mit vorhergehender Haft "für eine Zeitspanne". Dabei soll es sich oft um ein bis zwei Wochen handeln, um einen Einsatzort für die Betreffenden zu finden (DIS 6.2022). Ähnliches berichteten ein von ACCORD befragter Experte, demzufolge alle Wehrdienstverweigerer nach dem Gesetz der Selbstverteidigungspflicht gleich behandelt würden. Die kurdischen Sicherheitsbehörden namens Assayish würden den Wohnort der für die Wehrpflicht gesuchten Personen durchsuchen, an Checkpoints Rekrutierungslisten überprüfen und die Gesuchten verhaften. Nach dem Gesetz werde jede Person, die dem Dienst fernbleibe, verhaftet und mit einer Verlängerung des Dienstes um einen Monat bestraft (ACCORD 6.9.2023). Die ÖB Damaskus erwähnt auch Haftstrafen zusätzlich zur [Anm.: nicht näher spezifizierten] Verlängerung des Wehrdiensts. Hingegen dürften die Autonomiebehörden eine Verweigerung nicht als Ausdruck einer bestimmten politischen Gesinnung sehen (ÖB Damaskus 12.2022). Einem von ACCORD befragten Syrienexperten zufolge hängen die Konsequenzen für die Wehrdienstverweigerung vom Profil des Wehrpflichtigen ab sowie von der Region, aus der er stammt. In al-Hasakah beispielsweise könnten Personen im wehrpflichtigen Alter zwangsrekrutiert und zum Dienst gezwungen werden. Insbesondere bei der Handhabung des Gesetzes zur Selbstverteidigungspflicht gegenüber Arabern in der AANES gehen die Meinungen der Experten auseinander. Grundsätzlich gilt die Pflicht für Araber gleichermaßen, aber einem Experten zufolge könne die Behandlung je nach Region und Zugriffsmöglichkeit der SDF variieren und wäre aufgrund der starken Stammespositionen oft weniger harsch als gegenüber Kurden. Ein anderer Experte wiederum berichtet von Beleidigungen und Gewalt gegenüber arabischen Wehrdienstverweigerern (ACCORD 6.9.2023).
Bei Deserteuren hängen die Konsequenzen abseits von einer Zurücksendung zur Einheit und einer eventuellen Haft von ein bis zwei Monaten von den näheren Umständen und eventuellem Schaden ab. Dann könnte es zu einem Prozess vor einem Kriegsgericht kommen (DIS 6.2022).
Eine Möglichkeit zur Verweigerung des Wehrdienstes aus Gewissensgründen besteht nicht (DIS 6.2022; vgl. EB 12.7.2019).
Praxis in der "Demokratischen Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien" Laut den Vereinten Nationen und dem SNHR wurden zwischen Januar 2014 und September 2020 mindestens 911 Kinder durch die YPG zwangsrekrutiert (AA 29.3.2023). Im Juni 2019 wurde von den Syrian Democratic Forces (SDF) [Anm.: YPG und YPJ sind Kernbestandteile der SDF] und dem Sonderbeauftragten des UN-Generalsekretärs für Kinder und bewaffnete Konflikte ein Aktionsplan zur Beendigung und Verhinderung der Rekrutierung und des Einsatzes von Kindern unter 18 Jahren unterzeichnet. 2020 beschloss der Exekutivrat der Selbstverwaltung [Autonomous Administration of North and East Syria, AANES] die Einrichtung von Kinderschutzbüros und es gibt anhaltende Bemühungen der SDF, der Praxis der Rekrutierung von Kindern ein Ende zu setzen (UNHRC 7.2.2023; vgl. SNHR 20.11.2023; vgl. AA 2.2.2024). Allerdings schreibt das Auswärtige Amt, dass die Praxis nach wie vor nicht eingestellt worden zu sein scheint (AA 2.2.2024).
Seit Inkrafttreten des Abkommens zwischen den SDF und den Vereinten Nationen im Jahr 2019 wurden rund 700-750 Kinder aus den Diensten der SDF entlassen (DIS 6.2022). Einem Bericht der UN zufolge waren es im Zeitraum von 1.7.2020 bis 30.9.2022 278 Kinder, die aus dem Dienste der SDF entlassen wurden und in weiteren 1.025 Fällen wurde die Rekrutierung durch die SDF verhindert, zumindest eigenen Angaben der SDF gemäß. Besonders im Jahr 2021 verzeichnet die UN in ihrem Bericht eine positive Entwicklung. Die SDF nahmen eine Resolution an, wonach ihre Trainings internationalem Recht entsprechen müssen sowie zur Errichtung eines Komitees zur Einhaltung internationaler Regulierungen zum Schutz von Minderjährigen. Des Weiteren eröffneten die SDF neun Büros zum Schutz Minderjähriger in bewaffneten Konflikten (UNSC 27.10.2023). Dennoch wurde im zweiten Halbjahr 2022 weiterhin von der Rekrutierung von Kindern in die SDF berichtet (UNHRC 7.2.2023). Die UN spricht ebenfalls von Rückschlägen in der Einhaltung dieses Plans im Jahr 2022. So wurden beispielsweise die Büros zum Schutz Minderjähriger in bewaffneten Konflikten im Mai 2022 geschlossen und erst im April 2023 wieder geöffnet (UNSC 27.10.2023). SNHR verzeichnete einen Anstieg an Rekrutierungen Minderjähriger und berichtet, dass die Rekrutierung Minderjähriger zu einer systematischen Policy der SDF gehören und viele Unterorganisationen an Rekrutierungen von Kindern beteiligt sind und sogar viele Schulen der AANES. Insbesondere nach Angriffen auf die von der SDF kontrollierten Gebiete steigt laut SNHR die Zahl an rekrutierten Minderjährigen an, weil die SDF die verlorenen Kräfte kompensieren möchten (SNHR 20.11.2023). Bezüglich der Frage, wie es zu Rekrutierungen, bzw. möglichen Zwangsrekrutierungen von Minderjährigen für die SDF kommt, gibt es verschiedene Erklärungen, darunter die schlechte Wirtschaftslage, welche das Gehalt der SDF attraktiv macht (DIS 6.2022). SNHR berichtet dazu von einigen Fällen, die zwangsrekrutiert wurden durch Entführungen aus Schulen oder direkt von der Straße (SNHR 20.11.2023). Einige Familien wandten sich an die Kinderschutzbüros, um Fälle zu melden, in denen Kinder im Alter von 14 Jahren rekrutiert wurden, aber ihnen wurde gesagt, dass keine Maßnahmen ergriffen werden könnten, da die Kinder von der Bewegung der kurdischen Revolutionären Jugend entführt worden seien. Trotz Anfragen von Familien blieb der Verbleib einiger rekrutierter Kinder unbekannt (UNHRC 7.2.2023).
Menschenrechtsorganisationen, darunter das Syria Justice and Accountability Center (SJAC), dokumentierten die Rekrutierung von Kindern durch die Revolutionäre Jugend, eine mit den SDF verbundene Organisation, die Jugendliche auf den Dienst bei der YPG und den Asayish, dem internen Sicherheits- und Geheimdienst der AANES, vorbereitet. Einige Minderjährige, die für Kampfeinsätze rekrutiert wurden, waren unter fünfzehn Jahre alt, eine Praxis, die nach Angaben von SJAC ein Kriegsverbrechen darstellt. Medienberichten zufolge erfolgt die Rekrutierung häufig über den Unterricht in Fächern wie Musik oder Sport, der von der Revolutionären Jugend durchgeführt wird. In diesen Klassen werden die Kinder schrittweise in der Ideologie der Organisation geschult, und in vielen Fällen werden sie dann in militärischen Ausbildungslagern untergebracht, ohne dass die Eltern über den Verbleib ihrer Kinder informiert werden. Andere werden unter dem Vorwand einer Anstellung angelockt (SJAC 3.2023). Die SDF und Asayish scheinen Rekrutierungen von Minderjährigen durch die Revolutionäre Jugend nicht zu verhindern. Ein Mitarbeiter des Kinderschutzbüros erklärte, dass das Büro nicht auf die Beschwerden über die Revolutionäre Jugend eingehen kann, da es nur für die SDF zuständig sei (DIS 6.2022). SJAC dokumentierte auch mehrere Fälle, in denen die Revolutionäre Jugend und andere SDF-Mitglieder die Familien von rekrutierten und vermissten Kindern einschüchterten und belästigten, wenn sie versuchten, Informationen über ihre Kinder zu erhalten (SJAC 3.2023).
1.2.2. Länderinformationsblatt Syrien, Version 12, vom 08.05.2025 (Auszüge):
Politische Lage:
Am 8.12.2024 erklärten die Oppositionskräfte in Syrien die 24-jährige Herrschaft von Präsident Bashar al-Assad für beendet. Zuvor waren Kämpfer in die Hauptstadt eingedrungen, nachdem Oppositionsgruppierungen am 27.11.2024 eine Offensive gegen das Regime gestartet und innerhalb weniger Tage die Städte Aleppo, Hama und große Teile des Südens eingenommen hatten. Al-Assad war aus Damaskus geflohen (AJ 8.12.2024). Ihm und seiner Familie wurde Asyl in Russland gewährt (VB Moskau 10.12.2024). Er hatte das Land seit 2000 regiert, nachdem er die Macht von seinem Vater Hafez al-Assad übernommen hatte, der zuvor 29 Jahre regiert hatte (BBC 8.12.2024a). Er kam mit der Baath-Partei an die Macht, die in Syrien seit den 1960er-Jahren Regierungspartei war (NTV 9.12.2024). Bashar al-Assad hatte friedliche Proteste gegen sein Regime im Jahr 2011 gewaltsam unterdrückt, was zu einem Bürgerkrieg führte. Mehr als eine halbe Million Menschen wurden getötet, sechs Millionen weitere wurden zu Flüchtlingen (BBC 8.12.2024a). Die Offensive gegen al-Assad wurde von der Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) angeführt (BBC 9.12.2024).
Ash-Shara's Regierung kontrolliert begrenzte Teile Syriens, darunter die meisten westlichen Städte und Teile des ländlichen Raums (TWI 28.2.2025). Nordostsyrien wird von einer Kombination aus den kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräften (Syrian Democratic Focres - SDF) und arabischen Stammeskräften regiert (MEI 19.12.2024). Die SDF führen Gespräche mit ash-Shara', bleiben aber vorsichtig, was seine Absichten angeht (TWI 28.2.2025). Nord-Aleppo wird von der von der Türkei unterstützten Syrischen Übergangsregierung kontrolliert (MEI 19.12.2024). Die von der Türkei unterstützten Rebellengruppierungen innerhalb der SNA kontrollieren Teile Nordsyriens nahe der türkischen Grenze, darunter 'Afrin, Suluk und Ra's al-'Ain. Diese Gebiete hat die SNA 2018 und 2019 von den kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräften (Syrian Democratic Forces - SDF) erobert (Al-Monitor 8.12.2024). Südsyrien wird von einer halbunabhängigen Struktur in Suweida zusammen mit ehemaligen Oppositionsgruppen in Dara'a kontrolliert (MEI 19.12.2024). Im Euphrat-Tal ist die Loyalität der sunnitischen Stämme gegenüber HTS weniger sicher, während in Dara'a die vom ehemaligen Rebellen Ahmad al-'Awda und anderen südlichen Fraktionen kontrollierten Truppen sich der Integration in die neue syrische Armee widersetzen (TWI 28.2.2025).
Am 10.3.2025 unterzeichneten der Anführer der kurdisch dominierten SDF Mazloum 'Abdi und Übergangspräsident Ahmad ash-Shara' ein Abkommen über die Integration der SDF in die staatlichen Institutionen Syriens. Das Abkommen sieht die Gewährleistung der Rechte aller Syrer auf Vertretung und Beteiligung, einen Waffenstillstand in allen syrischen Gebieten und die Integration aller zivilen und militärischen Institutionen im Nordosten Syriens vor. Das Abkommen sieht auch vor, dass die SDF den syrischen Staat bei der Bekämpfung von Assads Überbleibseln und Drohungen unterstützen und Aufrufe zur Teilung, Hassreden und Versuche, Zwietracht zu säen, zurückweisen werden (Arabiya 11.3.2025).
Das Abkommen hat bis Ende März nicht zu einer Beruhigung der Fronten geführt, obwohl eine Waffenruhe vorgesehen wäre. Die staatlichen Institutionen im Nordosten Syriens blieben ebenfalls unter der Schirmherrschaft der DAANES, auch was die Zahlung der Gehälter der Beschäftigten angeht (SYD 31.3.2025)
Sicherheitslage in den Gebieten unter der Kontrolle der kurdisch dominierten SDF:
Die von den USA unterstützten Syrischen Demokratischen Kräfte (Syrian Democratic Forces - SDF) werden von der Türkei als „Terroristen“ betrachtet und als eine existenzielle Bedrohung für ihre nationale Sicherheit. Die Syrische Nationale Armee (Syrian National Army - SNA), die sich aus ehemaligen Rebellengruppierungen zusammensetzt, liefert sich entlang des Euphrat einen erbitterten Kampf mit den SDF. Trotz türkischer Luft- und Artillerieunterstützung scheint die SNA die größten Verluste zu erleiden. Es ist erwähnenswert, dass viele der kurdischen Kämpfer der SDF von den USA ausgebildet und bewaffnet wurden (Leb24 13.2.2025). Nach dem Sturz der Assad-Regierung und der Machtübernahme islamistischer Gruppierungen bleibt auch der Nordosten Syriens eine umkämpfte und hochgradig instabile Region (VB Amman 9.2.2025). Im Nordosten (al-Hasaka, ar-Raqqa, Deir ez-Zour) ist das Risiko aktiver Konflikte größer als anderswo (GPC 3.4.2025). Während islamistische Gruppierungen in anderen Teilen Syriens ihre Kontrolle gefestigt haben, ist al-Hasaka weiterhin eine umstrittene Zone, in der die SDF, türkische Streitkräfte und islamistische Milizen um Einfluss kämpfen. Die SDF, dominiert von den kurdischen Volkverteidigungseinheiten (Yekîneyên Parastina Gel - YPG), hält weiterhin große Teile der Region, insbesondere Städte wie al-Hasaka und Qamishli. Islamistische Gruppierungen, die nach dem Sturz al-Assads in anderen Teilen des Landes an die Macht gelangt sind, versuchen, ihren Einfluss im Nordosten auszudehnen und liefern sich Gefechte mit den kurdischen Einheiten der SDF. Die türkischen Streitkräfte und ihre Verbündeten syrischen Milizen nutzen den Zusammenbruch der Assad-Regierung, um ihre Angriffe auf SDF-kontrollierte Gebiete zu intensivieren. Es kommt regelmäßig zu türkischen Luftschlägen, Artilleriebeschuss und Bodengefechten entlang der Grenze. Zellen des Islamischen Staats (IS) sind weiterhin aktiv und nutzen die chaotische Lage, um ihre Angriffe zu intensivieren (VB Amman 9.2.2025). Die Gebiete al-Hasaka, ar-Raqqa und Deir ez-Zour sind Angriffen des IS ausgesetzt (GPC 3.4.2025). Immer wieder kommt es zu Anschlägen auf kurdische Sicherheitskräfte, Gefängnisaufständen und Sabotageakten. Die Schwäche der neuen islamistischen Machthaber gegenüber dem IS in der Region führt dazu, dass sich lokale Stämme teils eigenständig bewaffnen, was zu einem weiteren Fragmentierungsprozess beiträgt. Die anhaltenden Kämpfe und türkischen Offensiven haben Tausende Binnenvertriebene zur Flucht gezwungen. Viele Flüchtlingslager, die ehemals unter al-Assad verwaltet wurden, sind in eine ungewisse Lage geraten, da humanitäre Organisationen nur noch eingeschränkt Zugang haben. Die Wasserversorgung ist durch türkische Angriffe auf Infrastruktur beeinträchtigt, und Nahrungsmittelknappheit sowie medizinische Engpässe verschärfen die humanitäre Krise (VB Amman 9.2.2025).
Wehr- und Reservedienst in den Gebieten unter der Kontrolle der kurdisch dominierten SDF:
[Im vorliegenden Dokument wurde auf die allgemeine Lage nach dem Umbruch am 8.12.2024 fokussiert. Die Lage in von den Kurden dominierten Gebieten unter der Kontrolle der kurdisch dominierten SDF – Demokratische Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES) hat sich bisher nicht wesentlich verändert und wurde daher aufgrund zeitlicher, personeller und finanzieller Ressourcen nicht in der gewohnten Tiefe bearbeitet. Für Fragestellungen dazu, bitten wir auf die Vorversion der Länderinformation zurückzugreifen bzw. Uns mittels einer Anfrage zu kontaktieren. Die Einarbeitung aktueller Quellen und Informationen zur Lage in der DAANES wird zeitnah mittels Aktualisierung erfolgen. Weitere Informationen zur vorliegenden Länderinformation finden sich im Kapitel Länderspezifische Anmerkungen.]
Rekrutierung Minderjähriger in den Gebieten der Demokratischen Autonomen Administration Nord- und Ostsyrien (DAANES)
[Im vorliegenden Dokument wurde auf die allgemeine Lage nach dem Umbruch am 8.12.2024 fokussiert. Die Lage in von den Kurden dominierten Gebieten unter der Kontrolle der kurdisch dominierten SDF – Demokratische Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES) hat sich bisher nicht wesentlich verändert und wurde daher aufgrund zeitlicher, personeller und finanzieller Ressourcen nicht in der gewohnten Tiefe bearbeitet. Für Fragestellungen dazu, bitten wir auf die Vorversion der Länderinformation zurückzugreifen bzw. uns mittels einer Anfrage zu kontaktieren. Die Einarbeitung aktueller Quellen und Informationen zur Lage in der DAANES wird zeitnah mittels Aktualisierung erfolgen. Weitere Informationen zur vorliegenden Länderinformation finden sich im Kapitel Länderspezifische Anmerkungen.]
2019 haben die von Kurden geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (Syrian Democratic Forces - SDF) ein Abkommen mit den UN unterzeichnet, in dem sie versprachen, die Rekrutierung von Kindern unter 18 Jahren zu beenden und in ihrem Gebiet eine Reihe von Kinderschutzbüros einzurichten (AP 28.6.2023). Im Jahr 2020 entließen die SDF 150 Kinder aus ihren Reihen, was einen erheblichen Einsatz bei der Umsetzung des Aktionsplans von 2019 zeigt. Diese Zahl der Demobilisierungen stieg 2021 leicht auf 182 an, was auf weitere Fortschritte hindeutet. Im Jahr 2022 stieg die Zahl der SDF-Rekrutierungen von Kindern auf 637 bestätigte Fälle an. In diesem Jahr gingen die SDF-Demobilisierungen laut UN auch stark zurück, auf nur 33 Kinder, was einen besorgniserregenden Rückgang der Korrekturmaßnahmen widerspiegelt, obwohl die Rekrutierung von Kindern stark anstieg (HRW 2.10.2024). Personen unter 18 Jahren werden dem Danish Immigraton Service (DIS) zufolge nicht zum Selbstverteidigungspflichtdienst einberufen, und die Bestimmungen des Gesetzes Nr. 1 über die Selbstverteidigungspflicht in Bezug auf das Einberufungsalter werden von den DAANES-Behörden generell eingehalten und konsequent durchgesetzt. Dennoch gab es Berichte über die Rekrutierung von Personen unter 18 Jahren in die SDF. Die genauen Zahlen und das Ausmaß, in dem diese Rekrutierung unter Anwendung physischer Gewalt (z. B. Entführungen) durchgeführt wurde, sind unklar (DIS 6.2024). Die SDF haben dem Syrian Human Rights Committee zufolge die Entführungen und Zwangsrekrutierungen von Kindern in ihren Gebieten im August 2024 wieder erhöht (SHRC 3.9.2024). Ein Drittel der rekrutierten Minderjährigen ging im Jahr 2022 zulasten der SDF (AP 28.6.2023). Befürworter der SDF und der DAANES neigen dazu, dieses Problem herunterzuspielen, indem sie behaupten, dass diese Rekrutierungspraktiken nicht stattfinden oder dass sich die Situation verbessert hat. Umgekehrt neigen diejenigen, die der SDF und der DAANES kritisch gegenüberstehen, dazu, die Zahl dieser Fälle zu übertreiben (DIS 6.2024).
1.2.3. Ergänzende Informationen aus der Anfragebeantwortung von ACCORD vom 18.08.2023 (a-12188, Konsequenzen Verweigerung des Dienstes bei den Selbstverteidigungskräften, Situation der Araber) (Auszüge):
Konsequenzen bei Verweigerung des Dienstes in den Selbstverteidigungskräften (Tod, Folter, Freiheitsentzug)
Das Rojava Information Center (RIC) veröffentlicht im Juni 2020 eine englische Übersetzung des Militärdienstgesetzes von Nord- und Ostsyrien (Autonomous Administration of North and East Syria, AANES). Laut Artikel 13 werde jede Abwesenheit mit einer Verlängerung der Dienstzeit um einen Monat bestraft. Ein Wehrpflichtiger gelte als abwesend, wenn die Person kein Selbstverteidigungsdienstbuch erhalten habe und/oder nicht binnen 60 Tagen ab Datum des Einzugs in den Selbstverteidigungsbüros vorstellig geworden sei (RIC, Juni 2020).
Laut Fabrice Balanche und drei lokalen Bewohnern der Provinz Hasaka könnten gefasste Wehrpflichtige, die sich dem Dienst entzogen hätten, von den Behörden festgehalten werden, bis ihr Status geklärt sei (DIS, Juni 2022, S. 42) oder ein geeigneter Ausbildungsort für sie gefunden werde (DIS, Juni 2022, S. 61). Laut Fabrice Balanche könnten Wehrpflichtige aus diesem Grund für ein bis zwei Tage (DIS, Juni 2022, S. 42), laut den Bewohnern von Hasaka ein bis zwei Wochen (DIS, Juni 2022, S. 61) inhaftiert werden. Beide Quellen hätten nicht von Misshandlungen während der Haftzeit gehört (DIS, Juni 2022, S. 42; DIS, Juni 2022, S. 62).
Der/Die Repräsentant·in der AANES in der Region Kurdistan Irak habe gegenüber DIS angegeben, dass es keine Strafe für Personen gebe, die sich der Selbstverteidigungspflicht entzogen hätten (DIS, Juni 2022, S. 57). Fabrice Balanche habe erwähnt, dass Wehrdienstverweigerer weder eine Geldstrafe noch eine Gefängnisstrafe erhalten würden (DIS, Juni 2022, S. 42; siehe auch: DIS, Juni 2022, S. 49). Laut dem/r Experten/in der International Crisis Group gebe es keine Strategie zur Inhaftierung von Wehrdienstverweigerern (DIS, Juni 2022, S. 45). Der syrisch-kurdische Journalist und Autor erklärt gegenüber DIS, dass Wehrdienstverweigerer ihren Selbstverteidigungsdienst einen Monat länger als die anderen Rekruten ableisten müssten. Er habe nicht von Misshandlungen von Wehrdienstverweigerern während ihres Dienstes aufgrund ihres Entzugs vom Wehrdienst gehört (DIS, Juni 2022, S. 49-50). Auch die drei Bewohner von Hasaka hätten berichtet, dass ihrer Erfahrung nach die Wehrdienstverweigerung keinen Einfluss auf die Behandlung des eingezogenen Wehrdienstverweigerers habe (DIS, Juni 2022, S. 62).
Nach Beendigung der Dienstzeit werde die Person entlassen und ihre ursprüngliche Weigerung habe keinen Einfluss auf die Dauer der Dienstzeit (DIS, Juni 2022, S. 53-54). Laut dem syrisch-kurdischen Journalisten würden Wehrdienstverweigerer in ein Gebiet weit von ihrem Wohnort entfernt geschickt und mit schwierigen Aufgaben betraut. Sie würden keine Geldstrafe erhalten (DIS, Juni 2022, S. 59).
Wahrnehmung von Personen, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern (als Gegner/ Oppositionelle)
Es konnten online keine Informationen über die Wahrnehmung von Personen, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern, gefunden werden. Gesucht wurde auf Arabisch, Deutsch und Englisch mittels ecoi.net, Factiva und Google nach einer Kombination aus folgenden Suchbegriffen: Syrien, AANES, Rojava, Selbstverteidigungsdienst, Selbstverteidigungspflicht, Selbstverteidigungskräfte, verweigern, weglaufen, verstecken, Wahrnehmung, Probleme, Gegner, Oppositionelle, Anfeindung, Gesellschaft, Araber, Kurden, Stämme, Behörden Fabrice Balanche schreibt in seiner E-Mail an ACCORD, dass Kurden Arabern im Allgemeinen nicht vertrauen und annehmen würden, dass sie gegen die AANES seien. Araber, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern würden, würden nicht als Terroristen wahrgenommen, sondern eher als Feiglinge und Gegner der AANES. Die Kurden seien pragmatisch und es sei ihnen lieber, Araber, die den Dienst verweigern, nicht in der Armee zu sehen, weil sie sich unter Umständen als Verräter entpuppen könnten (Balanche, 9. August 2023).
Laut dem von ACCORD kontaktierten Syrienexperten würden Araber, die den Dienst in den Selbstverteidigungskräften verweigern würden, als Gegner der kurdischen Hegemonie im Nordosten Syriens wahrgenommen (Syrienexperte, 15. August 2023).
Einsatz von Rekruten im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht an der Front
Laut RIC würden Rekruten im Rahmen der Selbstverteidigungspflicht normalerweise nicht an aktiver Front kämpfen. Sie würden in der Regel eine ideologische und militärische Ausbildung absolvieren, bevor sie an Checkpoints oder Straßensperren stationiert und logistische Unterstützung für freiwillige Streitkräfte leisten würden (RIC, Juni 2020).
Laut der syrisch-kurdischen Nachrichtenagentur North Press Agency (NPA) würden Rekruten des Selbstverteidigungsdienstes dazu eingesetzt, Militärgebäude zu bewachen und würden an Militäreinsätzen gegen den Islamischen Staat (IS) teilnehmen (NPA, 23. Februar 2022).
Die Interviewpartner·innen von DIS hätten übereinstimmend berichtet, dass die Wehrpflichtigen der Selbstverteidigungskräfte allgemein nicht an der Front eingesetzt würden (DIS, Juni 2022, S. 37; DIS, Juni 2022, S. 49; DIS, Juni 2022, S. 57; DIS, Juni 2022, S. 60; DIS, Juni 2022, S. 63; DIS, Juni 2022, S. 67; DIS, Juni 2022, S. 71) Der Universitätsprofessor habe gegenüber DIS erklärt, dass der ideologische Zweck der Selbstverteidigungspflicht darin bestehe, die Jugend auf Sicherheitsnotsituationen vorzubereiten. Die Wehrpflichtigen würden hauptsächlich für Aufgaben der inneren Sicherheit in den Städten eingesetzt (DIS, Juni 2022, S. 67). Der/die Repräsentant·in der AANES in der Region Kurdistan Irak habe angegeben, dass die Aufgabe der Selbstverteidigungspflichtigen darin bestehe, das Sicherheitsvakuum in Nordostsyrien zu füllen. In städtischen Gebieten seien sie für die Bewachung der öffentlichen Gebäude und der AANES-Institutionen verantwortlich. Wehrpflichtige könnten auch an der Front eingesetzt werden, um professionelle Kräfte, die an vorderster Front kämpfen, zum Beispiel durch Logistik und Bewachung der eroberten Gebiete etc. zu unterstützen (DIS, Juni 2022, S. 57). Laut Aram Hanna, Sprecher der SDF, würden die Selbstverteidigungspflichtigen zum Schutz von befreiten Gebieten, nicht jedoch zum Kampf in selbigen, eingesetzt (DIS, Juni 2022, S. 37-38). Laut Wladimir von Wilgenburg sei es die Hauptaufgabe von Wehrpflichtigen, Versorgungswege im Hintergrund zu schützen (DIS, Juni 2022, S. 71). Zwei lokale Bewohner hätten gegenüber DIS erklärt, dass es als Rekruten der Selbstverteidigungspflicht ihre Aufgabe gewesen sei, die Straße zwischen dem Al-Omar-Ölfeld und dem Al-Tanak-Ölfeld in der Provinz Deir Ezzour zu schützen und zu sichern. Andere hätten die drei Hauptstaudämme in Syrien, die sich in den von der AANES kontrollierten Gebieten befinden, geschützt (DIS, Juni 2022, S. 63). Drei der Interviewpartner·innen hätten gegenüber DIS angegeben, dass die Wehrpflichtigen dafür eingesetzt würden, Checkpoints zu sichern (DIS, Juni 2022, S. 43; DIS, Juni 2022, S. 46; DIS,
Juni 2022, S. 71).
1.2.4. Ergänzende Informationen aus der Anfragebeantwortung von ACCORD vom 24.02.2025 ([a-12555-2] Anfragebeantwortung zu Syrien: Änderungen des Gesetzes zur Selbstverteidigungspflicht in der Demokratischen Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyriens (DAANES) […] (Auszüge):
Im Rahmen der Onlinerecherche konnten nur wenige Informationen zur Situation des Selbstverteidigungsdienstes, dessen Wehrpflichtigen sowie Verweigerern desselbigen gefunden werden.
Muhsen Al-Mustafa, Forscher am Omran Center for Strategic Studies, erklärt in einer E-Mail an ACCORD vom Februar 2025, dass die Situation bezüglich des Selbstverteidigungsdienstes vorerst unverändert geblieben sei, wenngleich er darauf hinwies, dass die SDF am 18. Februar 2025 einer Integration ihrer Streitkräfte in die syrische Armee zugestimmt habe. Weiters führte er aus, dass nach dem Sturz der Assad-Regierung mehrere Desertionen innerhalb der SDF-Truppen verzeichnet worden seien, darunter auch eine Anzahl von Militärangehörigen des Selbstverteidigungsdienstes (Al-Mustafa, 18. Februar 2025).
Änderungen des Gesetzes zur Selbstverteidigungspflicht in der der Demokratischen Autonomieverwaltung Nord- und Ostsyriens (DAANES) sowie Änderungen der Strafen bei Verweigerung aufgrund der Kämpfe zwischen Syrische Demokratische Kräfte (SDF) und Syrische Nationalarmee (SNA)
Es konnten im Rahmen der Recherche keine Änderungen des Gesetzes zur Selbstverteidigungspflicht sowie der Strafen bei Verweigerung seit November 2024 gefunden werden. Gesucht wurde auf Arabisch, Deutsch und Englisch mittels ecoi.net, Factiva und Google nach einer Kombination aus folgenden Suchbegriffen: Syrien, DAANES, Nordost-Syrien, Selbstverteidigungspflicht, Selbstverteidigungsdienst, Strafe, Verweigerung, Verweigerer, Gesetz, Regulierung, Bestimmung, neu
Syria TV, ein syrischer Fernsehsender im Besitz des katarischen Fadaat Media Network, mit Hauptsitz in Istanbul, berichtet, dass die SDF mit Mitte Jänner den Prozess der Demobilisierung von Rekruten, die ihren Selbstverteidigungsdienst abgeleistet hätten, gestoppt habe. Ein Wehrpflichtiger habe gegenüber Syria TV berichtet, dass er sein Pflichtjahr des Selbstverteidigungsdienstes zwei Monate zuvor beendet habe, die SDF sich jedoch weigere, ihn - wie Hunderte andere Rekruten - zu entlassen (Syria TV, 31. Jänner 2025).
Durchsetzung des Gesetzes zur Selbstverteidigungspflicht im kurdisch kontrollierten Teil von Deir-ez Zor, auch gegenüber Arabern
Syria TV veröffentlicht im Februar 2025 einen Artikel über das Leben im Nordosten Syriens. Laut einem Interviewpartner aus Deir-ez Zor würden junge Männer in der Region von der SDF verhaftet und zwangsrekrutiert werden (Syria TV, 1. Februar 2025).
Es konnten keine weiteren Informationen zur Durchsetzung des Gesetzes zur Selbstverteidigungspflicht, insbesondere gegenüber Arabern, in Deir-ez Zor gefunden werden.
Intensivierung von Rekrutierungsbemühungen
Die kurdischen Nachrichtendienste Firat News Agency (ANF News) und Hawar News Agency (ANHA) berichten im Dezember 2024 und Jänner 2025 von einem Aufruf zur Generalmobilmachung („general mobilisation“) in Nordost-Syrien (ANHA, 18. Dezember 2024; ANF News, 10. Jänner 2025; ANF News, 11. Jänner 2025; ANF News, 14. Jänner 2025). Die Nachrichtendienste berichten von Bürgerinnen aus unterschiedlichen Orten, die sich zusammenschließen würden, um die Region zu verteidigen (ANF News, 5. Jänner 2025; ANF News, 10. Jänner 2025; ANF News, 14. Jänner 2025; ANHA, 18. Dezember 2024; ANHA, 31. Dezember 2024; ANHA, 6. Jänner 2025). Laut ANF News seien diese Personen Freiwillige (ANF News, 11. Jänner 2025).
Laut Syria TV gebe es mit Stand Ende Jänner 2025 nur begrenzte Rekrutierungsmaßnahmen von Wehrpflichtigen, da die SDF in der derzeitigen Situation nicht zu derartigen Operationen in der Lage sei. Laut einer anonymen Quelle würde die SDF jedoch alle Optionen prüfen, um ihre Militär- und Sicherheitskräfte zu stärken, einschließlich der Vergrößerung der Anzahl ihrer Streitkräfte (Syria TV, 31. Jänner 2025).
Mobilisierung von Selbstverteidigungs-Einheiten und Heranziehen von Wehrpflichtigen zu Kampfeinsätzen
Syria TV schreibt in einem Artikel über die Desertion von SDF-Mitgliedern vom Jänner 2025, dass sich die SDF bei der Bewachung von öffentlichen Gebäuden, sowie Sicherheitszentren und Militärstützpunkten hauptsächlich auf Wehrpflichtige verlassen würden (Syria TV, 31. Jänner 2025).
Laut dem oben genannten Interviewpartner von Syria TV aus Deir-ez Zor würden Wehrpflichtige an die Front geschickt werden (Syria TV, 1. Februar 2025).
Laut The Century Foundation (TCF) würden Wehrpflichtige in Nordost-Syrien Gefahr laufen in den Kampf, um die Kontrolle in der Region, hineingezogen zu werden (TCF, 3. Februar 2025).
Es konnten keine weiteren Informationen zur Mobilisierung von Selbstverteidigungs-Einheiten und dem Heranziehen von Wehrpflichtigen zu Kampfeinsätzen gefunden werden.
Aktueller Stand der Meinungen zur Ablehnung der Pflicht zur Selbstverteidigung durch die Araber
Es konnten im Rahmen der Recherche keine Informationen zum aktuellen Stand der Meinungen zur Ablehnung der Pflicht zur Selbstverteidigung durch die Araber gefunden werden. Gesucht wurde auf Arabisch, Deutsch und Englisch mittels ecoi.net, Factiva und Google nach einer Kombination aus folgenden Suchbegriffen: Syrien, DAANES, Nordost-Syrien, Selbstverteidigungspflicht, Selbstverteidigungsdienst, Verweigerung, Verweigerer, Araber, Meinung, Sicht
1.2.5. Ergänzende Informationen aus der Anfragebeantwortung von ACCORD vom 21.03.2025 ([a-12592-v2] Anfragebeantwortung zu Syrien: Rekrutierungspraxis der Übergangsregierung, Rekrutierungen durch andere bewaffnete Gruppen (z.B. Yekîneyên Parastina Gel, YPG); Zwangsrekrutierungen (Auszüge):
Rekrutierungen durch andere bewaffnete Gruppen; Zwangsrekrutierungen
SDF und SDF-nahe Kräfte
Mitte März 2025 berichten Quellen von einer zwischen Ahmad Scharaa und Mazloum Abdi, dem Leiter der SDF, getroffenen Einigung, die Ende 2025 umgesetzt werden solle (DW, 11. März 2025; CNN, 11. März 2025; The Guardian, 10. März 2025). Die Vereinbarung sehe vor, alle „zivilen und militärischen Einrichtungen“ in Nordost-Syrien der Verwaltung des syrischen Staates zu unterstellen (DW, 11. März 2025, siehe auch The Guardian, 10. März 2025). Der von CNN dazu interviewten Wissenschaftlerin am Center for Strategic and International Studies Natasha Hall zufolge sei zu dem Zeitpunkt unklar, wie die Integrierung der SDF in die Institutionen des syrischen Staates aussehen werde. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung sei es der SDF erlaubt, ihre Struktur und ihre Waffen zu behalten (CNN, 11. März 2025).
In einem arabischsprachigen Artikel von März 2025 von Al Jazeera wird ein Mann zitiert, der an den zu der Zeit bestehenden Protesten in Deir ez-Zor teilgenommen habe. Er habe unter anderem darauf hingewiesen, dass SDF-Kräfte Verhaftungskampagnen in den von der SDF kontrollierten Gebieten durchgeführt hätten, in deren Rahmen Dutzende junge Männer unter dem Vorwurf der Gruppe Islamischer Staat (IS) beitreten zu wollen, verhaftet und zwangsrekrutiert worden seien (Al Jazeera, 8. März 2025). In einem arabischsprachigen Artikel von Jänner 2025 zitiert Al Jazeera den Wissenschaftler Amir Al-Mithqal, dem zufolge die Demokratischen Kräfte Syriens (Syrian Democratic Forces, SDF) aufgrund eines Mangels an kurdischen Kräften ethnische Araber zwangsrekrutiert hätten (Al Jazeera, 29. Jänner 2025). Ende Jänner 2025 berichtet Syria TV, dass seit dem Sturz der Assad-Regierung über 5.000 Männer die SDF verlassen hätten, indem sie übergelaufen oder geflohen seien. Einer der SDF nahestehenden Quelle zufolge bestehe ein Mangel an Kräften in den Reihen der SDF und diese sei nicht imstande neue Rekrutierungskampagnen in der Region zu starten. Es würden nur begrenzt Rekrutierungsoperationen durchgeführt, und zwar hauptsächlich im Gouvernement Hasaka. Der Quelle zufolge prüfe die SDF sämtliche Optionen, um ihre Militär- und Sicherheitskräfte zu stärken, unter anderem durch den Aufbau neuer Kräfte. Mitte Jänner habe die SDF die Demobilisierung von Wehrpflichtigen, die ihre Wehrpflicht bereits abgeleistet hätten, aufgrund des bedeutenden Anstiegs an Desertionen und Überläufen in ihren Kreisen gestoppt. Die SDF sehe für jeden Mann, der das Alter von 18 Jahren erreicht habe und zwischen 1998 und 2006 geboren sei, eine einjährige Wehrpflicht vor. Ein von der SDF zwangsrekrutierter Mann habe Syria TV erzählt, dass er seinen Wehrdienst vor zwei Monaten erfüllt habe und die SDF sich ohne Angabe von Gründen weigern würde, ihn aus der Pflicht zu entlassen. Davon seien hunderte andere Personen betroffen (Syria TV, 31. Jänner 2025).
1.2.6. Auszüge aus der Anfragebeantwortung zu Syrien von ACCORD vom 31.01.2022: Zwangsrekrutierung Minderjähriger (Konzentration auf 14-16-jährige, regionale Unterschiede) [a-11806] (Auszüge):
Überblick der Rekrutierung Minderjähriger in Syrien in Zahlen:
Laut des Berichts über Kinder und bewaffnete Konflikte des UNO-Generalsekretärs im Mai 2021, hätten die Vereinen Nationen zwischen Jänner und Dezember 2020 die Rekrutierung und den Einsatz von 813 Kindern (777 Jungen, 36 Mädchen) verifiziert, darunter durch Hai‘at Tahrir asch-Scham (390); syrische bewaffnete Oppositionsgruppen, früher bekannt als Freie Syrische Armee (FSA) (170); die kurdischen Volksverteidigungseinheiten und Frauenverteidigungseinheiten (YPG/YPJ) (119) unter dem Dach der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF); regierungsfreundliche Milizen (42); Ahrar al-Sham (31),Nur al-Din al-Zanki (3) und Armee des Islam (Jaysh al-Islam) (3), die alle seit Oktober 2019 nominell unter dem Dach der oppositionellen Syrischen Nationalarmee (SNA) operieren würden; die Patriotische Revolutionäre Jugendbewegung (YDG-H) (30); die Kräfte der inneren Sicherheit (13); Hurras al-Din (6); Islamischer Staat (4); und syrische Regierungstruppen (2) verifiziert. Fälle seien hauptsächlich in Idlib (477) und Aleppo (119) bestätigt worden. Von allen insgesamt verifizierten Fällen seien 99 Prozent (805) im Kampf eingesetzt worden. Darüber hinaus sei die Rekrutierung und der Einsatz von weiteren 24 Kindern (20 Jungen, 4 Mädchen) durch Hai‘at Tahrir asch-Scham (7), syrische bewaffnete Oppositionsgruppen, früher bekannt als FSA (6), YPG/YPJ (8), Islamischer Staat, regierungstreue Milizen und die Kurdische Revolutionäre Jugend (je 1) zu einem späteren Zeitpunktverifiziert worden (UNGA, 6. Mai 2021, S. 24).
Im April 2021 wird der Bericht des UNO Generalsekretärs an den UNO Sicherheitsrat zu Kindern im bewaffneten Konflikt in Syrien veröffentlicht. Im Zeitraum vom 1. Juli 2018 bis zum 30. Juni 2020 habe es 1.423 bestätigte Fälle (1.306 Jungen, 117 Mädchen) von Rekrutierung und Einsatz von Kindern gegeben, davon 274 im zweiten Halbjahr 2018, 837 im Jahr 2019 und 312 im ersten Halbjahr 2020. Etwa 1.388 der Kinder (98 Prozent) hätten in einer Kampfrolle gedient. Zum Zeitpunkt der Rekrutierung seien 250 Kinder (18 Prozent) jünger als 15 Jahre alt gewesen. Die Anwerbung und der Einsatz von Kindern sei in 11 von 14 Provinzen verifiziert worden, wobei 73 Prozent der Fälle im nordwestlichen Teil Syriens (Idlib, Aleppo und Hama) und 26 Prozent im nordöstlichen Teil bestätigt wurden (Raqqa, Hasaka und Dayr al-Zor).
Verifizierte Fälle seien mindestens 25 verschiedenen Konfliktparteien zugeschrieben, darunter Hai’at Tahrir asch-Scham (507); die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG, 318) und Frauenverteidigungseinheiten (YPJ, 99); bewaffnete syrische Oppositionsgruppen, früher bekannt als FSA (Freie Syrische Armee) (328), Ahrar al-Sham (55) und Nur al-Din al-Zanki (11), die seit Oktober 2019 nominell unter dem Dach der oppositionellen Syrischen Nationalen Armee operieren würden; andere SDF (Demokratischen Kräfte Syriens)-Komponenten (37); die internen Sicherheitskräfte (34); Regierungstruppen (13); regierungstreue Milizen (10); Islamischer Staat (6); die Afrin Liberation Forces (3); und nicht identifizierte bewaffnete Gruppen (2).
Insgesamt 23 Fälle der Rekrutierung und des Einsatzes von Kindern durch Regierungstruppen (13) und regierungstreue Milizen (10) seien verifiziert worden und Regierungstruppen in Daraa (5), Hasaka (4) und Aleppo (4) zugeschrieben, sowie regierungstreuen Milizen in Damaskus.
2. Beweiswürdigung
2.1. Zu den Feststellungen zur Person des BF und zu seinem Fluchtvorbringen:
Eingangs ist im Hinblick auf die Minderjährigkeit des BF anzuführen, dass es im konkreten Fall einer besonders sorgfältigen Beweiswürdigung bedarf (siehe statt vieler VfGH 11.06.2024, E 173/2024 Rz 17; VwGH 11.02.2022, Ra 2021/18/0388 Rz 15 jeweils mwN).
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zum Geburtsdatum und zur Volksgruppenzugehörigkeit ergeben sich aus den durchwegs gleichbleibenden Ausführungen des BF während des Verfahrens. Dass der BF sich dem jesidischen Glauben zugehörig fühlt, beruht auf seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung (VH S. 9 f). Die Feststellungen zu seinen Fluchtbewegungen gründen auf den unbedenklichen und im Wesentlichen stets gleichbleibenden Angaben des BF. Die Feststellungen zur Asylantragsstellung ergeben sich aus dem Erstbefragungsprotokoll.
Die Feststellung, dass XXXX , Gouvernement Al-Hasakah, der Herkunftsort des BF ist, ergibt sich aus seinen gleichbleibenden Angaben im Laufe des Verfahrens (siehe Bescheid S. 4/78, VP S. 4).
Die Feststellung zur Kontrollsituation in Bezug auf den Herkunftsort XXXX ergibt sich aus einer aktuellen Einschau auf die Website Map of Syrian Civil War - Syria news and incidents today - syria.liveuamap.com.
Die allgemeinen Feststellungen zum kurdischen „Wehrdienst“ ergeben sich aus der Länderinformation.
Betreffend die Befürchtung des BF, bereits als Minderjähriger rekrutiert zu werden, wird seitens des Bundesverwaltungsgerichts nicht verkannt, dass nach den Länderberichten ungeachtet von allfälligen Altersgrenzen die Zwangsrekrutierung von Kindern im Syrienkonflikt durch verschiedenste Parteien ein zentrales Problem bleibt. Es trifft nach den Länderberichten zwar zu, dass weiterhin Fälle von Minderjährigen dokumentiert sind, die zwangsrekrutiert wurden. Der erkennende Richter verkennt daher nicht, dass es nach wie vor zu Zwangsrekrutierungen von Kindersoldaten durch verschiedene Konfliktparteien - darunter auch die kurdischen Kräfte (SDF) - kommt. Dies bedeutet aber nicht automatisch, dass jeder männliche Minderjährige im Falle seiner hypothetischen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zwangsweise rekrutiert werden würde und eine solche Gefahr damit auch dem BF mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht. Ausgehend von den festgestellten Zahlen an von Zwangsrekrutierung betroffenen Kindern und Jugendlichen kann eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Zwangsrekrutierung des BF als Minderjähriger für sich betrachtet nicht erkannt werden, ohne zu verkennen, dass eine höhere Dunkelziffer bestehen mag. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen, wonach das Vorbringen allgemeiner Umstände im Herkunftsstaat die Glaubhaftmachung der Gefahr einer konkreten, individuell gegen den Fremden gerichteten Verfolgung nicht ersetzen kann (vgl. VwGH 29.11.2023, Ra 2023/14/0355 Rz 13 mwN).
Die Feststellungen zur körperlichen Misshandlung in Syrien beruhen auf den im Akt aufliegenden Lichtbildern und dem ärztlichen Befundbericht vom 06.02.2025. Das Vorbringen, der BF sei für drei Monate in seinem Herkunftsort verhaftet und im Gefängnis gefoltert worden, konnte mangels ausreichender Glaubhaftmachung, die den beschriebenen Umstand als maßgeblich wahrscheinlich erachten lässt, den Feststellungen nicht zugrunde gelegt werden. Der erkennende Richter hat sich in der mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck des BF verschaffen können und sieht die kolportierte Inhaftierung und Folter, wie sie der BF im Verfahren schilderte, nicht als mit den Tatsachen übereinstimmend an. Im Zuge des Verfahrens kamen unter anderem Unstimmigkeiten in den Aussagen des BF hervor: Während er vor dem BFA (Bescheid S. 6/78) aussagte, dass sowohl Kräfte der Kurden als auch des (ehemaligen) syrischen Regimes ihn mitgenommen hätten, ist in der Beschwerdeverhandlung nur mehr von den Kurden die Rede (VH S. 5 f). Auch führte der BF erstmals in der mündlichen Verhandlung aus, dass ihn kurdische Kämpfer zum Militärdienst gebracht hätten und er mit Hilfe seines Vaters flüchten habe können (VH S. 5). Das würde aber bedeuten, dass er tatsächlich bereits, zumindest zum Teil, den kurdischen „Wehrdienst“ abgeleistet hätte, wovon er vor dem BFA aber nichts erzählte. Auch sagte der BF vor dem BFA lediglich aus, dass er erst bei der Befragung in Haft gefoltert worden sei (Bescheid S. 5 f/78), während er in der mündlichen Verhandlung angab, dass er auch misshandelt worden sei, als ihn die Personen mitgenommen hätten (VH S. 6). Selbst die Aussage des BF vor dem BFA für sich betrachtet, dass sowohl das (ehemalige) syrische Regime als auch die Kurden den BF gleichzeitig für deren jeweilige Militärdienste mitgenommen hätten und diese ihn dann gemeinsam inhaftiert hätten, ist unglaubwürdig. Neben den bereits offenkundig bestehenden, allein praktischen Interessenkonflikten zwischen diesen Akteuren, wer den BF nunmehr rekrutieren dürfe, ergibt sich aus den Länderberichten auch nicht, dass das (ehemalige) syrische Regime mit den Kurden im Kurdengebiet gemeinsam Gefängnisse betrieben und gemeinsam Wehrdienstverweigerer verhaftet hätte. Auch erschließt sich nicht, inwiefern die kurdischen Kräfte (und das ehemalige syrische Regime) gerade den minderjährigen Beschwerdeführer, der zu diesem Zeitpunkt erst 14 Jahre alt war, ins Blickfeld genommen, ihn inhaftiert und für mehrere Monate unter ständiger Folter (zu diesem Vorbringen siehe Bescheid S. 6/78: „Sie haben mich gefesselt und mitgenommen und dann wurde ich inhaftiert und ständig gefoltert.“) befragt haben sollten, eingedenk des Umstands, dass die kurdischen Kräfte, nach seinem eigenen Vorbringen (Bescheid S. 5/78), ihn ohnehin lediglich für Hilfstätigkeiten als Koch, Fahrer oder Reinigungskraft eingesetzt hätten. Das Vorbringen, die genannten Akteure hätten den mj. BF, der nach eigenen Angaben an Politik uninteressiert sei (VH S. 5) und auch sonst im Verfahren nichts vorbrachte, das diesen von anderen Kindern in Syrien unterscheide, bei sich zuhause gefesselt, ihn dabei mit Waffen geschlagen, um ihn dann anschließend gemeinsam zu inhaftieren, zu befragen und ständig zu foltern, wobei das Ziel dieses Unterfangs gewesen sein solle, lediglich den BF zwangsweise Hilfstätigkeiten – wie Koch- Reinigungs- und Fahrdiensten – zuzuführen, erscheint mit der allgemeinen Lebenserfahrung nicht in Einklang zu bringen und ist sohin überzeichnet. Aus diesen Gründen muss dieses Vorbringen daher – unabhängig von den dargelegten Unstimmigkeiten in den Aussagen des BF – als unglaubwürdig qualifiziert werden.
Das Bundesverwaltungsgericht hält der Vollständigkeit halber und auch in Hinblick auf die Minderjährigkeit des BF an dieser Stelle ausdrücklich fest, dass die vorstehenden Ausführungen nicht derart verstanden werden dürfen, die nach wie vor instabile und unsichere Situation und die regelmäßigen und systematischen Gewalterfahrungen der syrischen Bevölkerung während des Bürgerkriegs zu marginalisieren. Von diesem Gedanken getragen wurden die Verletzungen des BF - wie im ärztlichen Befundbericht dargelegt - festgestellt und wird weiters, ebenso in Übereinstimmung mit genanntem Bericht, festgehalten, dass der BF in Syrien misshandelt worden ist. Ausschließlich in Hinblick auf die Hintergründe und näheren Umstände, wie es zu diesen Misshandlungen des BF gekommen ist und in welchem Kontext diese entstanden sind, wird dem Vorbringen des BF aus den oben genannten Gründen nicht nähergetreten. Dem BF wurde wegen der nach wie vor prekären Sicherheitslage und willkürlichen Zwangsakten in Syrien, denen er zweifelsohne und unstrittig ausgesetzt war, der Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtskräftig erteilt (siehe dazu die rechtliche Beurteilung).
Der BF brachte erstmals im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zudem vor (Stellungnahme vom 19.03.2025), dass er als kurdischer Jeside Verfolgungshandlungen durch islamistische Gruppen fürchte. Dieses Vorbringen konnte bereits mangels näherer Konkretisierung den Feststellungen nicht zugrunde gelegt werden. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (VH S. 9 f.), in der er zwar aussagte, dass er jesidischen Glaubens sei, ging der BF nicht auf die näheren Umstände des kurzen, schriftlich erstatteten Vorbringens ein, obwohl ihm die Möglichkeit angeboten worden ist, zum Gesagten oder sonst noch etwas zu sagen. Der Vollständigkeit halber sei zudem erwähnt, dass die Ausführungen des BF in der Stellungnahme vom 05.05.2025, unter Verweis auf eine näher genannte Länderinformation von ACCORD, wonach Jesiden Opfer von Verbrechen der HTS und SNA geworden seien, schon deswegen ins Leere laufen, da der Herkunftsort des BF nicht von der HTS oder der SNA kontrolliert wird.
2.2. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat des BF unter Punkt 1.2. stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).
Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung außerhalb des Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes des gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts kommt es für die Asylgewährung auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts an (siehe etwa VfGH 18.09.2023, E 944/2023 Rz 14; E 2268/2022 Rz 13; VwGH 21.06.2023, Ra 2021/19/0406 Rz 13; 26.11.2020, Ra 2020/18/0384 Rz 14).
3.2. In der Sache
Zunächst ist anzuführen, dass die der ehemaligen syrischen Regierung unter Baschar al-Assad seitens des BF zugeschriebenen Verfolgungshandlungen aufgrund des Sturzes dieses Regimes im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht mehr bestehen.
Wie bereits ausgeführt worden ist, konnte der BF die vorgebrachte, ihm als Kind vermeintlicht drohende Zwangsrekrutierung inklusive seiner kolportierten Inhaftierung und Misshandlung durch die kurdischen Kräfte sowie weiters die vorgebrachte Verfolgung betreffend die Zugehörigkeit zum jesidischen Glauben mit der im Asylverfahren erforderlichen maßgeblichen Wahrscheinlichkeit nicht glaubhaft darlegen. Diesbezüglich wird – um Wiederholungen zu vermeiden – auf die Beweiswürdigung verwiesen.
Im Umstand, dass im Heimatland des BF Bürgerkrieg herrscht, liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich allein keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. VwGH 26.11.1998, 98/20/0309, 0310 und VwGH 19.10.2000, 98/20/0233). Um asylrelevante Verfolgung vor dem Hintergrund einer Bürgerkriegssituation erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten eines Bürgerkrieges hinausgeht. Eine solche hat der BF aber nicht hinreichend nachvollziehbar glaubhaft machen bzw. dartun können.
Dem BF ist es daher insgesamt nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.
Auch vor dem Hintergrund der Feststellungen zur Lage in Syrien kann nicht erkannt werden, dass dem BF aktuell in Syrien eine asylrelevante Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe droht.
Da im vorliegenden Fall keine von den kurdischen Kräften oder sonstigen Akteuren ausgehende asylrelevante Verfolgung festzustellen war, erübrigt sich eine gesonderte Auseinandersetzung mit der Frage, ob der BF im Zuge des Grenzübertritts bzw. der Rückkehr in die Herkunftsregion mit asylrelevanten Verfolgungshandlungen konfrontiert sein wird (vgl. VfGH 29.06.2023, E 3450/2022, Rz 17; VwGH 04.07.2023, Ra 2023/18/0108; siehe jüngst auch VwGH 11.10.2024, Ra 2023/20/0284 Rz 13; 10.01.2025, Ra 2024/14/0747 Rz 14).
Dem Schutz vor Gefahren, die dem BF bei einer theoretischen Rückkehr nach Syrien aufgrund der allgemein prekären Sicherheitslage drohen würden, ist bereits durch den in 1. Instanz rechtskräftig erteilten subsidiären Schutzstatus ausreichend Rechnung getragen worden. Dasselbe gilt für den Schutz vor willkürlichen Zwangsakten bei Fehlen eines Konnexes mit einem in der GFK genannten Verfolgungsgrund (siehe dazu statt vieler VwGH 14.10.2024, Ra 2024/20/0491 Rz 52 mwN).
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist daher abzuweisen.
Abschließend sei angemerkt, dass - sollte sich die Lage in Syrien aufgrund neuer (politischer) Entwicklungen maßgeblich ändern und dies sich in der Folge auch in erst noch zu erscheinenden Länderberichten, die asylrelevante Gründe in Bezug auf die konkrete Situation des BF nahelegen, materialisieren - es dem BF unbenommen bleibt, einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag) zu stellen und folglich ein solcher Antrag unter soeben beschriebenen Umständen gegebenenfalls anders zu beurteilen sein wird.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter Punkt 3. angeführte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im Übrigen war eine auf die Umstände des Einzelfalls bezogene Prüfung vorzunehmen und waren Fragen der Beweiswürdigung entscheidend.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.