Spruch
W203 2297622-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA: Syrien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.06.2024, Zl. 1324520406-222892592, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.04.2025 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ist syrischer Staatsangehöriger. Er stellte am 15.09.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Bei seiner Erstbefragung am 17.09.2022 gab der BF zusammengefasst und soweit wesentlich an, dass er aus XXXX komme und Syrien aufgrund des Krieges verlassen habe. Im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat fürchte der BF, dass das Regime ihn töte.
3. Im Rahmen seiner Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 26.06.2024 führte der BF zusammengefasst aus, er komme aus der Provinz XXXX und habe neun Jahre die Schule besucht, ohne diese abzuschließen.
Zu seinem Fluchtgrund befragt gab der BF an, er sei - nachdem seine Region vom syrischen Regime eingenommen worden sei - ins Flüchtlingslager XXXX geflohen. Da es keine Arbeitsmöglichkeiten gegeben habe, habe er Zigaretten und Diesel aus Afrin geholt und in XXXX verkauft. Im Februar 2022 sei er an einem Kontrollpunkt der HTS angehalten worden und sei ihm gesagt worden, dass der Verkauf verboten sei, allerdings habe er weiterfahren dürfen. Danach sei er ein weiteres Mal angehalten und für zwei Monate und 10 Tage von der HTS inhaftiert worden. Gegen eine Schmiergeldzahlung sei er freigekommen. Danach sei die HTS insgesamt dreimal zu ihm gekommen und habe Geld verlangt. Weil er kein Geld mehr gehabt habe, sei er daraufhin in die Türkei geflohen, von wo aus er allerdings nach drei Tagen wieder nach Syrien abgeschoben worden sei. Dort sei er bis Juni 2022 im Flüchtlingslager XXXX geblieben, bis er Syrien in Richtung Europa endgültig verlassen habe.
4. Mit Bescheid vom 27.06.2024 wies die belangte Behörde den Antrag des BF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG für ein Jahr (Spruchpunkt III).
5. Dagegen erhob der BF mit Schreiben vom 31.07.2024 binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides und wiederholte im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen.
6. Mit Schreiben vom 16.08.2024 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.
7. Am 15.04.2025 – somit nach den amtsbekannten politischen Änderungen in Syrien am 08.12.2024 – führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die arabische Sprache und des BF sowie seiner Vertretung eine mündliche Verhandlung durch, bei der der BF Gelegenheit hatte, zu seinen Fluchtgründen und zur veränderten Lage in Syrien im Detail Stellung zu nehmen. Die belangte Behörde ist unentschuldigt nicht erschienen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der BF ist syrischer Staatsangehöriger. Der BF bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam und gehört der Volksgruppe der Araber an.
Der BF ist im Ort XXXX , einem Vorort von XXXX , im gleichnamigen Gouvernement, Syrien, geboren und hat dort bis 2019 gelebt.
Im Jahr 2019 floh der BF nach XXXX und wohnte dort in einer Flüchtlingsunterkunft, bis er schließlich im Juli 2022 seinen Herkunftsstaat Richtung Türkei verließ, nach Europa weiterreiste und schließlich im September 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellte.
Der BF hat in Syrien neun Jahre die Pflichtschule besucht, verfügt allerdings nicht über einen Schulabschluss. Der BF war zunächst als Hirte tätig und arbeitete anschließend bis zu seiner Ausreise am Bau. Während seines Aufenthaltes in XXXX erzielte der BF durch den Kauf und Verkauf von Zigaretten und Treibstoff einen Zuverdienst.
Der BF ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seine Ehefrau lebt nach wie vor in XXXX bei den Eltern des BF.
Der BF hat regelmäßig Kontakt zu seiner im Herkunftsstaat lebenden Familie.
Der BF ist strafgerichtlich in Österreich unbescholten und gesund.
1.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
Das Dorf XXXX , ein Vorort der Stadt XXXX , der Herkunftsort des BF, liegt im gleichnamigen Gouvernement und steht derzeit unter Kontrolle der Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS).
Der BF ist im Jahr 2022 aus Syrien ausgereist und lebte rund sieben Monate in der Türkei.
Es kann nicht festgestellt werden, dass dem BF bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsort eine Gefährdung durch die HTS oder sonstige Akteure droht.
1.3. Relevante Feststellungen zur maßgeblichen Situation in Syrien:
1.3.1. Länderinformationsblatt Syrien, Version 11, vom 27.03.2024:
Mit der im November 2017 gegründeten (NPA 4.5.2023) syrischen Heilsregierung hat die HTS ihre Möglichkeiten zur Regulierung, Besteuerung und Bereitstellung begrenzter Dienstleistungen für die Zivilbevölkerung erweitert. Doch wie jüngste Studien gezeigt haben, sind diese Institutionen Mechanismen, die hochrangige Persönlichkeiten innerhalb der herrschenden Koalitionen ermächtigen und bereichern (Brookings 27.1.2023). In dem Gebiet werden keine organisierten Wahlen abgehalten und die dortigen Lokalräte werden von bewaffneten Gruppen beherrscht oder von diesen umgangen. Die HTS versucht in Idlib, eine autoritäre Ordnung mit einer islamistischen Agenda durchzusetzen. Obwohl die Mehrheit der Menschen in Idlib sunnitische Muslime sind, ist HTS nicht beliebt. Die von der HTS propagierten religiösen Dogmen sind nur ein Aspekt, der den Bürgerinnen und Bürgern missfällt. Zu den anderen Aspekten gehören der Mangel an grundlegenden Dienstleistungen, willkürliche Verhaftungen, Gewalt und Missbrauch (BS 23.2.2022).
Anders als die Regierung und die Syrian Democratic Forces (SDF), erlegen bewaffnete oppositionelle Gruppen wie die SNA (Syrian National Army) und HTS (Hay'at Tahrir ash-Sham) Zivilisten in von ihnen kontrollierten Gebieten keine Wehrdienstpflicht auf (NMFA 5.2022; vgl. DIS 12.2022). Quellen des niederländischen Außenministeriums berichten, dass es keine Zwangsrekrutierungen durch die SNA und die HTS gibt (NMFA 8.2023).
1.3.2 Euaa, Country Guidance Syria vom April 2024:
Hayat Tahrir al-Sham or Organisation for the Liberation of the Levant (HTS) is a coalition of Islamist Sunni anti-government armed groups which continues to be listed as a terrorist organisation by the EU, the UN and many states [Security 2023, 1.4.4, p. 30, Security 2021, 1.4.4, p. 25]. HTS is comprised of several armed factions, including Jabhat Fatah al-Sham (also known as Jabhat al-Nusrah and previously as the Al-Nusrah Front). It maintains its power through the Syrian Salvation Government, which has been as the group’s ‘political arm’. [Security 2022, 2.1.2, p. 69; Actors, 4.1.1, p. 50]
HTS forces have been involved in extrajudicial killings, arbitrary arrests and unlawful detention of civilians [Security 2022, 1.4.4, p. 35, 1.4.5, p. 27, 2.1.2, p. 67]. Enforced disappearances, confiscation of property, harassment and intimidation against women were also reported [Targeting 2022, 8.2, p. 82, 11, p. 96, 13.4.2, pp. 118-119]. In recent times, the group attempted to publicly distance itself from al-Qaeda and portray it as a legitimate civilian authority. Despite its legitimisation efforts, HTS continued to commit serious human rights violations [Security 2023, 1.4.4, p. 31].
Civilians perceived to be collaborating or supporting the government or (pro-)government armed forces and/or to oppose anti-government armed groups are targeted by several groups, mainly HTS and ISIL.
In territory controlled by HTS, a number of individuals were targeted based on allegations of collaboration with the GoS. Several executions and detentions on these grounds were reported in 2020, 2021 and 2022. Unclaimed assassinations, reported in autumn 2020 in Rural Damascus, targeted prominent civilian figures who had mediated reconciliation deals between the GoS and opposition fighters.
There were also reports indicating that HTS confiscated properties of minority groups such as Christians, individuals who fled the area or were perceived as political opponents, including alleged GoS supporters.
Reports on arrests of journalists and media activists for criticising HTS have continued. Media activists were arrested without judicial involvement and without clearly communicated charges, and at times were subjected to detention under harsh conditions, torture, and illtreatment. In July 2020, the HTS-linked Syrian Salvation Government imposed a regulation which prescribed that journalists were not allowed to work in areas under its control without obtaining its permission. In order to obtain this card, journalists were required to provide a range of information to the Syrian Salvation Government. Journalists who did not carry a card risked restriction of movement as well as arrest.
In 2021, HTS continued to arbitrarily detain activists and humanitarian workers in Idlib. HTS targeted women media workers and activists for exercising freedom of expression, such as speaking out against the group’s rule. Women activists were detained by the group without respect for judicial guarantees. [Targeting 2022, 13.4.2, p. 118]
Christians are targeted by various actors. More than 100 attacks by the GoS forces, opposition armed groups, ISIL, HTS and other parties on Christian churches were reported since the beginning of the conflict.
In Idlib, HTS seized properties and churches of Christians and restricted their right to worship and prohibited Christians who fled their homes in Idlib from appointing someone to appeal against rulings handed by Sharia courts regarding their property. ‘Islamist factions’ operating in Idlib governorate imposed so-called ‘jizya’ taxes (a tax historically imposed on non-Muslims by Muslim rulers) on Christians, to pressure them to leave their homes. [Targeting 2022, 11, p. 96]
In areas under its control, HTS had interfered in every aspect of civilian life, especially in the form of arbitrary arrests and detentions for violations of the strict dress code and restrictions on freedom of movement. In case of deviation from the imposed dress code and movement restrictions, punishments ranged from corporal punishments, such as lashing, to execution. In January 2022, incidents of harassment and intimidation aimed at forcing women involved in public affairs to leave their jobs were documented. There is further information on women killed and disappeared [Targeting 2022, 13.4.2, pp. 118-119].
It is also reported that ISIL and HTS regularly detained, tortured and killed LGBTIQ individuals in the territories they controlled. Abductions of persons assumed or perceived as gay have also been documented. [Targeting 2022, 14.2, pp. 122-124]
Extremist groups such as HTS and ISIL have carried out public executions, beheadings and crucifixions for transgressing the moral codes of the sharia law in areas under their control, killing hundreds of civilians. They also reportedly subjected women, girls, and minorities to illegal executions for breach of the imposed codes and for ‘dishonouring’ their families. [Actors, 4.1.4, pp. 52-53, 6.4, p. 62]
Attacks by HTS and affiliated armed groups on GoS positions were described as often indiscriminate in nature. These groups also terrorised, killed, and maimed dozens of civilians in the countryside of Aleppo, Hama, and elsewhere [Security 2022, 7.3, pp. 77-78; Security 2020, 1.6.1.2, p. 33]. The group has conducted formal military campaigns, assassinations, hostage takings, and ‘lone wolf’ operations, including suicide bombings. In areas where HTS is operating, civilians are unlawfully detained, kidnapped and tortured for expressing political dissent. It was reported that civilians, including humanitarian workers and media activists were targeted and received death threats for being critical of HTS, as well as extorted and kidnapped for ransom [Actors, 4.1.4, p. 52]. In recent times, the group attempted to publicly distance itself from al-Qaeda and portray it as a legitimate civilian authority. Despite its legitimisation efforts, HTS continued to commit serious human rights violations [Security 2023, 1.4.4, p. 31].
1.3.3. Kurzinformation der Staatendokumentation Syrien: Sicherheitslage, Politische Lage Dezember 2024, vom 10.12.2024:
1. Zusammenfassung der Ereignisse
Nach monatelanger Vorbereitung und Training (NYT 1.12.2024) starteten islamistische Regierungsgegner unter der Führung der Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) (Standard 1.12.2024) die Operation „Abschreckung der Aggression“ (AJ 2.12.2024) und setzten der Regierung von Präsident Bashar al-Assad innerhalb von 11 Tagen ein Ende.
Am 30.11. nahmen die Oppositionskämpfer Aleppo ein und stießen weiter in Richtung der Stadt Hama vor, welche sie am 5.12. einnahmen. Danach setzten sie ihre Offensive in Richtung der Stadt Homs fort (AJ 8.12.2024). Dort übernahmen sie die Kontrolle in der Nacht vom 7.12. auf 8.12. (BBC 8.12.2024).
Am 6.12. zog der Iran sein Militärpersonal aus Syrien ab (NYT 6.12.2024). Russland forderte am 7.12. seine Staatsbürger auf, das Land zu verlassen (FR 7.12.2024). Am 7.12. begannen lokale Milizen und Rebellengruppierungen im Süden Syriens ebenfalls mit einer Offensive und nahmen Daraa ein (TNA 7.12.2024; Vgl. AJ 8.12.2024), nachdem sie sich mit der Syrischen Arabischen Armee auf deren geordneten Abzug geeinigt hatten (AWN 7.12.2024). Aus den südlichen Provinzen Suweida und Quneitra zogen ebenfalls syrische Soldaten, sowie Polizeichefs und Gouverneure ab (AJ 7.12.2024). Erste Oppositionsgruppierungen stießen am 7.12. Richtung Damaskus vor (AJ 8.12.2024). Am frühen Morgen des 8.12. verkündeten Medienkanäle der HTS, dass sie in die Hauptstadt eingedrungen sind und schließlich, dass sie die Hauptstadt vollständig unter ihre Kontrolle gebracht haben (Tagesschau 8.12.2024). Die Einnahme Damaskus’ ist ohne Gegenwehr erfolgt (REU 9.12.2024), die Regierungstruppen hatten Stellungen aufgegeben, darunter den Flughafen (Tagesschau 8.12.2024). Das Armeekommando hatte die Soldaten außer Dienst gestellt (Standard 8.12.2024).
Russland verkündete den Rücktritt und die Flucht von al-Assad (BBC 8.12.2024). Ihm und seiner Familie wurde Asyl aus humanitären Gründen gewährt (REU 9.12.2024).
Kurdisch geführte Kämpfer übernahmen am 6.12.2024 die Kontrolle über Deir ez-Zour im Nordosten Syriens, nachdem vom Iran unterstützte Milizen dort abgezogen waren (AJ 7.12.2024), sowie über einen wichtigen Grenzübergang zum Irak. Sie wurden von den USA bei ihrem Vorgehen unterstützt (AWN 7.12.2024).
Die von der Türkei unterstützten Rebellengruppierungen unter dem Namen Syrian National Army (SNA) im Norden Syriens starteten eine eigene Operation gegen die von den Kurden geführten Syrian Democratic Forces (SDF) im Norden von Aleppo (BBC 8.12.2024). Im Zuge der Operation „Morgenröte der Freiheit“ nahmen diese Gruppierungen am 9.12.2024 die Stadt Manbij ein (SOHR 9.12.2024). Die Kampfhandlungen zwischen Einheiten der durch die Türkei unterstützten Syrian National Army (SNA) auf der einen Seite und den SDF auf der anderen Seite dauerten danach weiter an. Türkische Drohnen unterstützten dabei die Truppen am Boden durch Luftangriffe (SOHR 9.12.2024b).
Der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge sind seit Beginn der Offensive 910 Menschen ums Leben gekommen, darunter 138 Zivilisten (AAA 8.12.2024). Beim Vormarsch auf Homs waren tausende Menschen Richtung Küste nach Westen geflohen (AJ 6.12.2024). Bei der Offensive gegen Manbij wurden hingegen einige Zivilisten in Richtung Osten vertrieben (SOHR 9.12.2024).
In Damaskus herrschte weit verbreitetes Chaos nach der Machtübernahme durch die Opposition. So wurde der Sturz von Assad mit schweren Schüssen gefeiert und Zivilisten stürmten einige staatliche Einrichtungen, wie die Zentralbank am Saba-Bahrat-Platz, das Verteidigungsministerium (Zivilschutz) in Mleiha und die Einwanderungs- und Passbehörde in der Nähe von Zabaltani, außerdem wurden in verschiedenen Straßen zerstörte und brennende Fahrzeuge gefunden (AJ 8.12.2024b). Anführer al-Joulani soll die Anweisung an die Oppositionskämpfer erlassen haben, keine öffentlichen Einrichtungen anzugreifen (8.12.2024c) und erklärte, dass die öffentlichen Einrichtungen bis zur offiziellen Übergabe unter der Aufsicht von Ministerpräsident Mohammed al-Jalali aus der Assad-Regierung bleiben (Rudaw 9.12.2024).
Gefangene wurden aus Gefängnissen befreit, wie aus dem berüchtigten Sedanaya Gefängnis im Norden von Damaskus (AJ 8.12.2024c).
2. Die Akteure
Syrische Arabische Armee (SAA): Die Syrische Arabische Armee kämpfte gemeinsam mit den National Defense Forces, einer regierungsnahen, paramilitärischen Gruppierung. Unterstützt wurde die SAA von der Hisbollah, Iran und Russland (AJ 8.12.2024).
Die Einheiten der syrischen Regierungstruppen zogen sich beim Zusammenstoß mit den Oppositionskräften zurück, während diese weiter vorrückten. Viele Soldaten flohen oder desertierten (NZZ 8.12.2024). In Suweida im Süden Syriens sind die Soldaten der Syrischen Arabischen Armee massenweise desertiert (Standard 7.12.2024). Am 7.12. flohen mehrere Tausend syrische Soldaten über die Grenze in den Irak (Arabiya 7.12.2024; vgl. Guardian 8.12.2024). Präsident al-Assad erhöhte am 4.12. die Gehälter seiner Soldaten, nicht aber dasjenige von Personen, die ihren Pflichtwehrdienst ableisteten (TNA 5.12.2024). Dieser Versuch, die Moral zu erhöhen, blieb erfolglos (Guardian 8.12.2024).
Die Opposition forderte die Soldaten indes zur Desertion auf (TNA 5.12.2024). Aktivisten der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte beobachteten, dass Hunderte Soldaten ihre Militäruniformen ausgezogen haben, nachdem sie entlassen wurden (SOHR 8.12.2024). Offiziere und Mitarbeiter des Regimes ließen ihre Militär- und Sicherheitsfahrzeuge in der Nähe des Republikanischen Palastes, des Büros des Premierministers und des Volkspalastes unverschlossen stehen, aus Angst von Rebellen am Steuer erwischt zu werden (AJ 8.12.2024b).
Opposition: Obwohl Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS) den plötzlichen Vormarsch auf Aleppo gestartet hat und treibende Kraft der Offensive war haben auch andere Rebellengruppierungen sich gegen die Regierung gewandt und sich am Aufstand beteiligt (BBC 8.12.2024c).
Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS): Die HTS wurde 2011 als Ableger der al-Qaida unter dem Namen Jabhat an-Nusra gegründet (BBC 8.12.2024c). Im Jahr 2017 brach die Gruppierung ihre Verbindung mit der Al-Qaida (CSIS 2018) und formierte sich unter dem Namen Hay’at Tahrir ash-Sham neu, gemeinsam mit anderen Gruppierungen (BBC 8.12.2024c). Sie wird von der UN, den USA, der Europäischen Union (AJ 4.12.2024) und der Türkei als Terrororganisation eingestuft (BBC 8.12.2024c). Der Anführer der HTS, der bisher unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Joulani bekannt war, hat begonnen wieder seinen bürgerlichen Namen, Ahmad ash-Shara’a zu verwenden (Nashra 8.12.2024). Er positioniert sich als Anführer im Post-Assad Syrien (BBC 8.12.2024c). Die HTS hat in den letzten Jahren versucht, sich als nationalistische Kraft (BBC 8.12.2024b) und pragmatische Alternative zu al-Assad zu positionieren (BBC 8.12.2024c).
Der Gruppierung werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen (BBC 8.12.2024c). Einem Terrorismusexperten zufolge gibt es bereits erste Videos von Personen aus dem HTS-Umfeld, die ein Kalifat aufbauen wollen (WiWo 9.12.2024).
[…]
3. Aktuelle Lageentwicklung
Sicherheitslage:
Israel hat Gebäude der Syrischen Sicherheitsbehörden und ein Forschungszentrum in Damaskus aus der Luft angegriffen, sowie militärische Einrichtungen in Südsyrien, und den Militärflughafen in Mezzeh. Israelische Streitkräfte marschierten außerdem in al-Quneitra ein (Almodon 8.12.2024) und besetzten weitere Gebiete abseits der Golan-Höhen, sowie den Berg Hermon (NYT 8.12.2024). Die israelische Militärpräsenz sei laut israelischem Außenminister nur temporär, um die Sicherheit Israels in der Umbruchphase sicherzustellen (AJ 8.12.2024d). Am 9.12.2024 wurden weitere Luftangriffe auf syrische Ziele durchgeführt (SOHR 9.12.2024c). Einer Menschenrechtsorganisation zufolge fliegt Israel seine schwersten Angriffe in Syrien. Sie fokussieren auf Forschungszentren, Waffenlager, Marine-Schiffe, Flughäfen und Luftabwehr (NTV 9.12.2024). Quellen aus Sicherheitskreisen berichten indes, dass Israelisches Militär bis 25km an Damaskus in Südsyrien einmarschiert wäre (AJ 10.12.2024).
Das US-Central Command gab an, dass die US-Streitkräfte Luftangriffe gegen den Islamischen Staat in Zentralsyrien geflogen sind (REU 9.12.2024). Präsident Biden kündigte an, weitere Angriffe gegen den Islamischen Staat vorzunehmen, der das Machtvakuum ausnützen könnte, um seine Fähigkeiten wiederherzustellen (BBC 7.12.2024).
Russland versucht, obwohl es bis zum Schluss al-Assad unterstützte, mit der neuen Führung Syriens in Dialog zu treten. Anstatt wie bisher als Terroristen bezeichnen russische Medien die Opposition mittlerweile als „bewaffnete Opposition“ (BBC 8.12.2024d).
Sozio-Ökonomische Lage:
Die Opposition versprach, den Minderheiten keinen Schaden zuzufügen und sie nicht zu diskriminieren, egal ob es sich um Christen, Drusen, Schiiten oder Alawiten handle. Gerade letztere besetzten unter der Führung Al-Assad’s oft hohe Positionen im Militär und den Geheimdiensten (TNA 5.12.2024).
Für alle Wehrpflichtigen, die in der Syrischen Arabischen Armee gedient haben, wurde von den führenden Oppositionskräften eine Generalamnestie erlassen. Ihnen werde Sicherheit garantiert und jegliche Übergriffe auf sie wurden untersagt (Presse 9.12.2024). Ausgenommen von der Amnestie sind jene Soldaten, die sich freiwillig für den Dienst in der Armee gemeldet haben (Spiegel 9.12.2024).
Die syrischen Banken sollen ihre Arbeit am 10.12.2024 wiederaufnehmen, die Bediensteten wurden aufgefordert, an ihre Arbeitsplätze zurückzukehren (Arabiya 9.12.2024).
Die HTS, die weiterhin auf der Terrorliste der UN steht, ist seit 2016 von Sanktionen des UN-Sicherheitsrates betroffen. Diplomaten zufolge war die Streichung der HTS von der Sanktionenliste kein Thema bei der jüngsten Ratssitzung (REU 10.12.2024).
Bevor der Wiederaufbau zerstörter Städte, Infrastruktur und Öl- und Landwirtschaftssektoren beginnen kann, muss mehr Klarheit über die neue Regierung Syriens geschaffen werden (DW 10.12.2024).
1.3.4. UNHCR Regional flash update #8, Syria situation crisis, vom 02.01.2025
Key Highlights
UNHCR estimates that over 115,000 Syrians have returned to Syria since 8 December 2024, based on a triangulation of sources from inside and outside Syria.
[…]
The number of individuals returning to Aleppo governorate is the highest, with returnees citing the improved security situation and the abolition of compulsory miliary service as the main reasons for their return.
1.3.5. Rechtsschutz / Justizwesen
Personenstandsrecht, Ehe, Scheidung, Familienrecht, Vormundschaft und Obsorge (regimekontrollierte Gebiete)
Eine informelle Heirat mit Bezeichnungen wie sheikh, ‘urfi und katb al-kitab (NMFA 5.2022) - auch unter der Bezeichnung „traditionelle Ehe“ (SLJ 3.10.2019) - ist eine islamische Heirat, die ohne die Involvierung einer kompetenten Autorität geschlossen wird (NMFA 5.2022). Gründe für eine traditionelle Ehe können sein, dass das Paar unterschiedlichen islamischen Konfessionen angehört, dass es gegen die Wünsche der Familie heiratet, oder es sich um eine polygame Ehe handelt (mit oder ohne Wissen der ersten Ehefrau), die grundsätzlich im syrischen Personenstandsrecht erlaubt, jedoch strukturell beschränkt ist. Ein Mann kann einer solchen Ehe auch zustimmen, um dem unehelichen Kind seiner Frau einen Vater und somit einen Familiennamen zu geben (Eijk 2013). Ein Richter kann weiterhin eine informelle Heirat ratifizieren, wenn die Bedingungen im ersten Absatz (des Gesetzes) nicht gegeben sind. Das kann auch als Möglichkeit für die Heirat von Minderjährigen genutzt werden, ohne das eine Dispens durch den Richter nötig ist (NMFA 5.2022).
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zur Volksgruppenzugehörigkeit und zum Religionsbekenntnis des BF ergeben sich aus dem Akteninhalt sowie dessen diesbezüglich glaubhaften Angaben während des gesamten Verfahrens.
Die Feststellungen zu seinem Wohnort in Syrien, seinen Fluchtbewegungen, seiner Ausbildung und beruflichen Tätigkeit gründen ebenso auf den unbedenklichen und im Wesentlichen stets gleichbleibenden Angaben des BF.
Die Feststellungen zum Verbleib seiner Familienangehörigen und zum Aufenthalt seiner übrigen Verwandten gründen auf den Ausführungen des BF im Verfahren. Die Feststellungen zur Asylantragstellung ergeben sich aus dem Erstbefragungsprotokoll.
Die Feststellung der strafgerichtlichen Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.
2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
Die Feststellung, dass die Herkunftsregion des BF der Vorort XXXX nahe der Stadt XXXX im gleichnamigen Gouvernement ist, beruht auf dem Umstand, dass der BF dort aufgewachsen ist und den wesentlichen Teil seines Lebens dort verbracht hat, ehe er 2019 aufgrund des Bürgerkriegs seinen Herkunftsort verließ. Somit ist – da der BF XXXX nicht aufgrund eines eigenen, freiwilligen Entschlusses, sondern aufgrund der Kriegswirren verlassen musste – dieser Ort als Herkunftsregion zu betrachten und ist bereits aufgrund der sich aus den Feststellungen ergebenden, im Vergleich zu XXXX kurzen Verweildauer in XXXX als Herkunftsort des BF anzusehen (siehe dazu auch jüngst VwGH 24.01.2025, Ra 2024/14/0145 Rz 9 f mwN).
Die Feststellung zur Kontrollsituation in Bezug auf den Herkunftsort des BF ergibt sich aus einer aktuellen Einschau der Webseiten „Map of Syrian Civil War – Syria news and incidents today – syria.liveuamap.com“ und des Carter Centers, abrufbar unter „https://www.cartercenter.org/news/multimedia/map/exploring-historical-control-in-syria.html“.
Zum Ergebnis, dass eine Gefährdung durch die HTS oder sonstige Akteure in Gebieten unter Kontrolle der HTS im Falle einer Rückkehr des BF in seinen Herkunftsort nicht festgestellt werden kann, kommt das erkennende Gericht auf Basis nachstehender Erwägungen:
Zunächst ist festzuhalten, dass der BF zwar während des gesamten Verfahrens sein Vorbringen unter anderem darauf stützte, dass er bei einem Schmuggel von Zigaretten und Treibstoff an einem Kontrollpunkt der HTS festgenommen und für zwei Monate und 10 Tage inhaftiert gewesen sei, doch blieben die Schilderungen hinsichtlich der vermeintlichen Festnahme vage, widersprachen sich teilweise und beinhalteten keine näheren Ausführungen, weshalb nach Ansicht des erkennenden Gerichts dieses Vorbringen als nicht nachvollziehbare Steigerung des Fluchtvorbringens zu werten ist, die gegen die Glaubhaftigkeit seiner diesbezüglichen Angaben spricht, zumal davon auszugehen ist, dass Flüchtende eine sich bietende Gelegenheit, ein zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, nicht ungenützt vorübergehen lassen würden, sondern vielmehr Derartiges bei der ehestmöglich sich bietenden Gelegenheit ins Treffen führen werden. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass dieses Vorbringen im Zuge der Erstbefragung keinerlei Erwähnung durch den BF fand, weil davon auszugehen ist, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel auch bestrebt ist, zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend und gleichbleibend zu schildern. Dabei wird die höchstgerichtliche Rechtsprechung nicht außer Acht gelassen, wonach der VwGH zwar wiederholt Bedenken gegen die unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung erhoben hat, weil sich diese Einvernahme nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat (vgl. etwa VwGH vom 14.6.2017, Ra 2017/18/0001, mwN). Gleichzeitig ist es aber nicht generell unzulässig, sich auf eine Steigerung des Fluchtvorbringens zwischen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der weiteren Einvernahme eines Asylwerbers zu stützen (vgl. VwGH 21.11.2019, Ra 2019/14/0429). Im Lichte der genannten Judikatur ist es aber nicht plausibel, dass der BF seinen Asylantrag ausschließlich mit den Worten „Aufgrund des Krieges. Sonst habe ich keine weiteren Fluchtgründe. Ich habe Angst das der Regime uns tötet.“ (AS 11) begründet hat. So bleiben gleich mehrere entscheidungswesentliche Motive seines Fluchtvorbringens völlig unerwähnt. Auch wenn die Erstbefragung primär der Ermittlung der Reiseroute dient und hierbei die Fluchtgründe nur überblicksmäßig anzugeben sind, ist es für das erkennende Gericht unverständlich, weshalb keines dieser vorgenannten Ereignisse in der Erstbefragung auch nur ansatzweise genannt wurde, insbesondere auch deshalb, weil es sich vor allem bei der vom BF geschilderten Inhaftierung und dem mehrmaligen Aufsuchen zum Zwecke von Geldforderungen um derart einschneidende und entscheidungsrelevante Erlebnisse handelt, welche der BF bei seiner Erstbefragung auch in einer bloß überblickshaften Darstellung seiner Fluchtgründe mit wenigen Worten hätte benennen können.
Die mangelnde Glaubhaftigkeit der Ausführungen des BF rund um die Problematik der Inhaftierung und der Geldforderung durch die HTS begründet sich weiters darin, dass sich diese vage, oberflächlich und zum Teil widersprüchlich gestalten. So führte der BF erstmals in seiner niederschriftlichen Einvernahme aus, dass er im Februar 2022 an einem Kontrollpunkt der HTS angehalten worden und ihm gesagt worden sei, dass es verboten wäre, Diesel und Zigaretten von Afrin zu holen und in XXXX zu verkaufen. Als er ein weiteres Mal dabei erwischt worden sei habe man ihn für zwei Monate und 10 Tage inhaftiert. Weiter befragt führte er ins Treffen, dass er mehrmals zu Zahlungen durch die HTS aufgefordert worden sei und kein Geld mehr gehabt habe, weshalb er sich schließlich entschlossen habe, seinen Herkunftsstaat zu verlassen. Sein Hauptgrund, weshalb er Syrien verlassen habe, sei allerdings, dass seine Brüder bei einem Luftangriff ums Leben gekommen seien (siehe AS 85).
Während der mündlichen Beschwerdeverhandlung gab der BF wiederrum an, man habe ihn beim Übergang von Afrin nach XXXX beim Zigarettenkauf erwischt und es sei ihm der Prozess gemacht worden (VH-Protokoll, S 7f). Auf Nachfrage des erkennenden Richters, warum er den Zigarettenverkauf danach weiter betrieben habe, führte der BF erstmals aus, dass er sein Verhalten nicht wiederholt habe, sondern dass man dies lediglich behauptet habe und dass über ihn eine höhere Strafe verhängt worden sei. Weiters gab der BF an, der dortige „Chef der Polizei“ habe die Strafe angeordnet. Er habe schon drei Jahre vor seiner Inhaftierung mit dem Gedanken gespielt, auszuwandern und es sei ihm gelegen gekommen, dass sein Vater ihm den Rat gegeben habe, aus Syrien wegzugehen (VP, S 9).
Weiters führte der BF erstmals in der Beschwerdeverhandlung aus, die Al-Nusra Front habe seinen Vater nach seinem Verbleib gefragt (VP, S 7) und ergänzte nach näherer Befragung, dass auch der Bürgermeister nach ihm befragt worden sei. Gegen Ende der Beschwerdeverhandlung gab der BF an, es gebe noch einen Grund, weshalb er nicht zurückkehren könne, welchen er bislang aus Scham verschwiegen habe. Er habe neben seiner Ehefrau eine Freundin gehabt, was in Syrien verboten sei und geahndet werde. Er rechne damit, dass er im Fall seiner Rückkehr deswegen verurteilt werde und ihm der Tod durch Steinigung drohe. Auf Nachfrage durch das erkennende Gericht gab der BF an, diese Sanktion würde nur ihn betreffen und nicht auch seine Freundin (VP, S 10).
Auch dieses Vorbringen lässt sich im Abgleich mit den vorangegangenen Ausführungen als Steigerung qualifizieren, zumal sich aus den Länderberichten nicht ergibt, dass dem BF im Falle einer Rückkehr Derartiges drohe. Vielmehr lässt sich aus den Länderberichten gewinnen, dass es die Möglichkeit gibt, sogenannte „informelle Ehen“ zu schließen, die ohne die Involvierung einer kompetenten Autorität geschlossen werden und unter anderem auch polygame Ehen einschließen (mit oder ohne Wissen der ersten Frau). Grundsätzlich sind derartige Ehen im syrischen Personenstandsrecht erlaubt, jedoch strukturell beschränkt und können auch unter bestimmten Voraussetzungen durch einen Richter ratifiziert werden. Mangels anderer Anhaltspunkte sowohl in den Länderberichten als auch im Akt und im Vorbringen des BF selbst kann nicht davon ausgegangen werden, dass der BF in irgendeiner Weise durch die HTS oder sonstige Akteure gefährdet wäre.
2.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat des BF unter Punkt 1.3. stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Sofern das Länderinformationsblatt Syrien von März 2024 und die Country Guidance Syria von April 2024 zitiert wurde, können die darin getroffenen Ausführungen über die Kontrolle der HTS in Nordwestsyrien auf die nunmehr von ihr kontrollierten weiteren syrischen Gebiete übertragen werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu A) Abweisung:
3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).
Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung außerhalb des Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes des gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts kommt es für die Asylgewährung auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts an (siehe etwa VfGH 18.09.2023, E 944/2023 Rz 14; E 2268/2022 Rz 13; VwGH 21.06.2023, Ra 2021/19/0406 Rz 13; 26.11.2020, Ra 2020/18/0384 Rz 14).
3.1.2. Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall:
Wie bereits beweiswürdigend ausgeführt, droht dem BF keine Gefährdung durch die HTS oder durch sonstige Akteure.
Im Umstand, dass im Heimatland des BF Bürgerkrieg herrscht, liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich allein keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. VwGH 26.11.1998, 98/20/0309, 0310 und VwGH 19.10.2000, 98/20/0233). Um asylrelevante Verfolgung vor dem Hintergrund einer Bürgerkriegssituation erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten eines Bürgerkrieges hinausgeht. Eine solche hat der BF aber nicht hinreichend nachvollziehbar glaubhaft machen bzw. dartun können.
Dem BF ist es daher insgesamt nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.
Auch vor dem Hintergrund der Feststellungen zur Lage in Syrien kann nicht erkannt werden, dass dem BF aktuell in Syrien eine asylrelevante Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe droht.
Da im vorliegenden Fall keine von der HTS oder sonstigen Akteuren ausgehende asylrelevante Verfolgung festzustellen war, erübrigt sich eine gesonderte Auseinandersetzung mit der Frage, ob der BF im Zuge des Grenzübertritts bzw. der Rückkehr in die Herkunftsregion mit asylrelevanten Verfolgungshandlungen konfrontiert sein wird (vgl. VfGH 29.06.2023, E 3450/2022, Rz 17; VwGH 04.07.2023, Ra 2023/18/0108; siehe jüngst auch VwGH 11.10.2024, Ra 2023/20/0284 Rz 13; 10.01.2025, Ra 2024/14/0747 Rz 14).
Dem Schutz vor Gefahren, die dem BF bei einer theoretischen Rückkehr nach Syrien aufgrund der allgemein prekären Sicherheitslage drohen würden, ist bereits durch den in 1. Instanz rechtskräftig erteilten subsidiären Schutzstatus ausreichend Rechnung getragen worden. Dasselbe gilt für den Schutz vor willkürlichen Zwangsakten bei Fehlen eines Konnexes mit einem in der GFK genannten Verfolgungsgrund (siehe dazu statt vieler VwGH 14.10.2024, Ra 2024/20/0491 Rz 52 mwN).
3.1.3. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist daher abzuweisen.
3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
3.2.3. Es war daher gemäß Spruchpunkt B) zu entscheiden.