Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak, die Hofrätin Mag. Hainz Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der o GmbH Co KG in W, vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Karlsgasse 15/3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Juli 2024, Zl. W108 2284491 1/15E, betreffend eine datenschutzrechtliche Angelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Datenschutzbehörde; weitere Partei: Bundesministerin für Justiz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 553,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 1. Mit Bescheid vom 14. Dezember 2023 trug die belangte Behörde anlässlich eines auf Antrag einer betroffenen Person eingeleiteten datenschutzrechtlichen Beschwerdeverfahrens der Revisionswerberin gemäß Art. 58 Abs. 2 lit. d DSGVO von Amts wegen auf,
„innerhalb einer Frist von zehn Wochen das datenschutzrechtliche Ersuchen um Einwilligung (den Cookie Banner) auf der Website www.[...].at (siehe Sachverhalts feststellung C.6.) derart abzuändern, dass auf der ersten Ebene des Cookie Banners zusätzlich zur Option ‚Akzeptieren‘ eine optisch gleichwertige Option vorhanden ist, um den Cookie Banner ohne Abgabe einer Einwilligung schließen zu können.“
2 Die Anträge der betroffenen Person selbst wurden rechtskräftig ab bzw. zurückgewiesen und sind nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
3 2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den ihr erteilten Leistungsauftrag ab. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
4 Das Verwaltungsgericht traf in seiner Begründung zusammengefasst die Feststellungen, das Cookie Banner beim Aufruf der Website der Revisionswerberin gestalte sich derart, dass auf der ersten Ebene die Optionen „Zwecke anzeigen“ und „Akzeptieren“ erscheine. Mit einem Klick auf den Link „Zwecke anzeigen“ gelange der Nutzer in die „zweite Ebene“ des Cookie Banners, die sich so gestalte, dass zwischen den Bannern „Alle zulassen“, „Auswahl bestätigen“ und „Alle ablehnen“ gewählt werden könne. Ein „schwebendes Symbol“, mit dem ein Nutzer zu den Cookie Einstellungen zurückkehren und seine Einwilligung widerrufen und/oder einen Widerspruch ausüben könne, sei aktuell auf der Website der Revisionswerberin nicht implementiert. Um die Cookie Einstellungen erneut aufrufen zu können und die Einwilligung zu widerrufen und/oder einen Widerspruch auszuüben, müsse der Nutzer am Seitenende im „Footer“ auf einen Link mit dem Text „Cookie Einstellungen und Widerruf“ klicken. Nach dem Klick auf den Link „Cookie Einstellungen und Widerruf“ gelange der Nutzer zur zweiten Ebene des Cookie Banners, auf welcher durch Klick auf die Schaltfläche „Alle ablehnen“ die Einwilligung widerrufen werden könne.
5 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, das Medienprivileg des § 9 Abs. 1 DSG gelange entgegen den Ausführungen der Revisionswerberin nicht zur Anwendung. Eine Verarbeitung personenbezogener Daten für journalistische Zwecke liege nach der Rechtsprechung des EuGH vor, wenn die Verarbeitung ausschließlich zum Ziel habe, Informationen, Meinungen oder Ideen in der Öffentlichkeit zu verbreiten. Die Verarbeitung personenbezogener Daten diene journalistischen Zwecken, wenn sie auf die Vermittlung von Informationen und Ideen über Fragen öffentlichen Interesses abziele (Hinweis auf EuGH 16.12.2008, C 73/07, Satakunnan Markkinapörssi und Satamedia , Rz 61, und EuGH 14.2.2019, C 345/17, Buivids , Rz 53). Die Rechtsprechung des EGMR habe folgende relevante Kriterien entwickelt, die für die Qualifikation als journalistische Tätigkeit zu berücksichtigen seien: Beitrag einer Debatte von allgemeinem Interesse, Bekanntheitsgrad der betroffenen Person, Gegenstand der Berichterstattung, vorangegangenes Verhalten der betroffenen Person, Inhalt, Form und Auswirkungen der Veröffentlichung, Art und Weise sowie Umstände, unter denen die Informationen erlangt worden sind, Richtigkeit. Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen werde deutlich, dass es sich bei der Setzung von Cookies insbesondere für Analyse , Marketing und Werbezwecke jedenfalls nicht um eine journalistische Tätigkeit iSd. § 9 Abs. 1 DSG handle, zumal diese Tätigkeit gerade nicht auf die Vermittlung von Informationen und Ideen über Fragen öffentlichen Interesses abziele; es liege sohin kein „inhaltliches“ Tätigwerden von Presse bzw. Medien vor. Da im vorliegenden Fall das Medienprivileg sohin nicht zur Anwendung komme, sei die belangte Behörde für die Behandlung der vom Mitbeteiligten eingebrachten Datenschutzbeschwerde zuständig gewesen.
6 Dem Vorliegen einer Verarbeitung personenbezogener Daten setze die Revisionswerberin nichts (mehr) entgegen. Auch werde nicht in Abrede gestellt, dass die Revisionswerberin für die Datenverarbeitung in Folge des Setzens oder Auslesens von Cookies auf ihrer Website als Verantwortliche iSd. Art. 4 Z 7 DSGVO zu qualifizieren sei.
7 Gemäß Art. 58 Abs. 2 lit. d DSGVO verfüge jede Aufsichtsbehörde über sämtliche Abhilfebefugnisse, die es ihr gestatteten, den Verantwortlichen oder den Auftragsverarbeiter anzuweisen, Verarbeitungsvorgänge gegebenenfalls auf bestimmte Weise und innerhalb eines bestimmten Zeitraums in Einklang mit dieser Verordnung zu bringen. Es sei zulässig, dass die belangte Behörde auch in einem Beschwerdeverfahren gemäß Art. 77 DSGVO von ihren in Art. 58 Abs. 2 DSGVO normierten Befugnissen amtswegig Gebrauch mache.
8 Für die Beurteilung, wie das Cookie Banner und die Interaktionsmöglichkeiten zu verstehen seien, sei die Figur eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers heranzuziehen. Gemäß Art. 7 Abs. 3 DSGVO müsse der Widerruf der Einwilligung so einfach wie die Erteilung der Einwilligung sein. Daher müsse auch die Nichtabgabe einer Einwilligung als Pendant zum Widerruf so einfach sein, wie die Abgabe der Einwilligung. Im vorliegenden Fall sei für die Erteilung der Einwilligung nur ein Klick erforderlich, wohingegen die Nichtabgabe einer Einwilligung zumindest zwei Klicks erfordere, womit eine solche Gleichwertigkeit nicht gegeben sei, zumal eine sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung der Wahlmöglichkeiten weder vorgebracht noch ersichtlich sei. Auch die unterschiedliche optische Gestaltung (grüner Button „Akzeptieren“ und bloßer Link „Zwecke anzeigen“) führe dazu, dass die Wahlmöglichkeiten nicht als gleichwertig wahrnehmbar angesehen werden könnten. Daran ändere der Umstand nichts, dass (nunmehr) im Fließtext des Cookie Banners auf der ersten Ebene des Cookie Banners erklärt werde, wie alle Cookies abgelehnt werden könnten. Die Berufung auf einen „branchenüblichen“ Standard bei der Ausgestaltung des Cookie Banners vermöge die aufgezeigte Rechtswidrigkeit der aktuellen Gestaltung nicht zu beseitigen. Auch der EDSA empfehle im Entwurf zur Initiative der Europäischen Kommission für eine freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen zur Vereinfachung des Umgangs der Verbraucher mit Cookies und personalisierten Werbeoptionen ausdrücklich festzuhalten, dass der Einzelne die Möglichkeit haben solle, alle nicht unbedingt notwendigen Cookies auf der ersten Ebene des Banners abzulehnen, bzw. dass zumindest klargestellt werden solle, dass, wenn auf einer Ebene eine Schaltfläche „Akzeptieren“ (oder „Alle akzeptieren“) vorhanden sei, auf der gleichen Ebene eine Schaltfläche „Ablehnen“ (oder „Alle ablehnen“) angezeigt werde, da dies ein wesentliches Element für die Gültigkeit der Einwilligung sei. Zu der aufgezeigten Möglichkeit, am Seitenende (im „Footer“) gut sichtbar und von jeder Seite aus den Link „Cookie Einstellungen und Widerruf“ anzuklicken, wodurch man zur zweiten Ebene des Cookie Banners gelange und dort unmittelbar „Alle ablehnen“ anklicken und damit die Einwilligung widerrufen könne, sei festzuhalten, dass bei Aufruf der Website www.[...].at zunächst nur mit der ersten Ebene des Cookie Banners interagiert werden könne und eine Auswahl getroffen werden müsse, bevor der Nutzer auf die komplette Website zugreifen könne, sodass es sich bei der Widerrufsmöglichkeit im Footer der Website jedenfalls nur um eine „nachgelagerte“ Option der Ablehnung und damit um keine gleichwertige Option, um das Cookie Banner ohne Abgabe einer Einwilligung schließen zur können, zur Erteilung der Einwilligung handeln könne.
9 Vor diesem Hintergrund sei der Leistungsauftrag der belangten Behörde nicht zu beanstanden.
10 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die nach Ablehnung und Abtretung einer von der Revisionswerberin an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 3. Oktober 2024, E 3502/2024 5, erhobene außerordentliche Revision.
11 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
12 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
15 4.1. Die Revision bringt in der Zulässigkeitsbegründung vor, es fehle Rechtsprechung zum Medienprivileg. Der Verwaltungsgerichtshof habe sich mit diesem bis jetzt noch nicht inhaltlich auseinandergesetzt. Dass die Rechtslage nicht eindeutig sei, zeige sich auch aufgrund der Aufhebung des § 9 Abs. 1 DSG durch den Verfassungsgerichtshof, wobei sich der vorliegende Sachverhalt vor dem Inkrafttreten der Aufhebung ereignet habe. Es benötige dazu klärende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs.
16 Das bloße Fehlen einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs führt nicht automatisch zur Zulässigkeit einer Revision. Die Begründung der Zulässigkeit der Revision erfordert vielmehr die Darlegung, konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 2.4.2024, Ro 2021/04/0018, mwN). Dem entspricht die vorliegende Revision nicht. Sie führt lediglich aus, dass keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs betreffend das Medienprivileg vorliege. Welche konkrete Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang zu beantworten hätte, zeigt die Revision nicht auf.
17 4.2. Es fehle zudem Rechtsprechung zur Frage der Gestaltung der Einwilligungserklärungen im Zusammenhang mit Cookie Bannern. Es gebe eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten und Cookie Banner würden im Zusammenhang mit einer großen Anzahl von Websites eingesetzt. Es bedürfe daher einer Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof.
18 Unter Zugrundelegung der hier maßgeblichen nicht weiter auslegungsbedürftigen Anordnung des Art. 7 Abs. 3 DSGVO, dass der Widerruf so einfach sein müsse wie die Erteilung der Einwilligung zu einer datenschutzrechtlich relevanten Verarbeitung personenbezogener Daten, ist jeweils anhand der für den Einzelfall maßgeblichen Umstände zu prüfen, ob dieser rechtlich klaren Anordnung entsprochen wird. Eine im Einzelfall vorgenommene rechtliche Beurteilung kann nur dann die Zulässigkeit einer Revision begründen, wenn dies wegen einer krassen Fehlbeurteilung der einzelfallbezogenen Umstände durch das Verwaltungsgericht aus Gründen der Rechtssicherheit geboten ist (vgl. etwa VwGH 25.6.2024, Ra 2021/04/0098, VwGH 24.5.2022, Ra 2020/04/0008). Davon kann im vorliegenden Fall angesichts der detaillierten und nachvollziehbaren Begründung des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Erkenntnis keine Rede sein.
19 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
20 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 16. Jänner 2025