Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision des A A, vertreten durch Mag. Teodora Aurora Vrancean, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Teinfaltstraße 1/11, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. März 2023, W114 2264788 1/6E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 6. September 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, Syrien auf Grund des dort herrschenden Krieges und des ihm drohenden Militärdienstes verlassen zu haben.
2 Mit Bescheid vom 16. November 2022 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung.
3 Die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Begründend führte das BVwG aus, dass der Revisionswerber in seinem Heimatdorf frei von Verfolgungshandlungen gelebt habe. Er sei auch von kurdischen Milizen niemals konkret aufgefordert worden, den Wehrdienst abzuleisten bzw. sich ihnen anzuschließen. Der Revisionswerber könne seine Herkunftsregion über den Landweg aus dem Irak erreichen, ohne dabei mit syrischen Behörden in Kontakt zu treten. Auch aus den aktuellen Länderberichten zur Herkunftsregion des Revisionswerbers ergebe sich nicht, dass gegenständlich sonstige mögliche Gründe für die Befürchtung einer entsprechenden Verfolgungsgefahr vorlägen.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, das angefochtene Erkenntnis weiche von (näher bezeichneter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Begründungspflicht verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen ab. Der Revisionswerber habe konsistente Angaben zu der von ihm vorgebrachten Zwangsrekrutierung durch die kurdischen Milizen und das Assad-Regime gemacht und auch Vorbringen zu den daraus für ihn resultierenden Folgen erstattet. Das BVwG habe sich weder in der Beweiswürdigung damit auseinandergesetzt noch Feststellungen dazu getroffen. Es wäre fallbezogen erforderlich gewesen, auf das gesamte Vorbringen des Revisionswerbers näher einzugehen. Das BVwG hätte feststellen müssen, dass der Revisionswerber sehr wohl einer Verfolgungshandlung ausgesetzt gewesen sei. Er habe vor dem BVwG angegeben, dass sowohl der Ortsvorsteher ihn aufgefordert habe, den Wehrdienst anzutreten, als auch kurdische Milizen dreimal bei ihm zu Hause nach ihm gesucht hätten. Die aufgezeigten Begründungsmängel des BVwG machten es dem Revisionswerber unmöglich, die Entscheidung nachvollziehen zu können.
8 Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ist nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), also aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Furcht vor der Ableistung des Militärdienstes bzw. der bei seiner Verweigerung drohenden Bestrafung im Allgemeinen keine asylrechtlich relevante Verfolgung dar, sondern könnte nur bei Vorliegen eines Konventionsgrundes Asyl rechtfertigen. Wie der Verwaltungsgerichtshof zur möglichen Asylrelevanz von Wehrdienstverweigerung näher ausgeführt hat, kann auch der Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und den Sanktionen - wie etwa der Anwendung von Folter - jede Verhältnismäßigkeit fehlt. Unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen kann auch eine „bloße“ Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung sein.
Fehlt ein kausaler Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen, kommt die Asylgewährung nicht in Betracht (vgl. zu alldem etwa VwGH 28.2.2024, Ra 2023/19/0160, mwN).
9 Im vorliegenden Fall zeigt die Revision nicht auf und ist auch nicht ersichtlich, dass der Revisionswerber in Bezug auf die ihm drohende Einziehung zum Wehrdienst im Verfahren vor dem BFA oder im Beschwerdeverfahren ein Vorbringen erstattet hätte, das einen kausalen Zusammenhang zu einem Konventionsgrund im oben beschriebenen Sinn erkennen lässt.
10 Folglich vermag die Revision auch nicht die Relevanz der von ihr in diesem Zusammenhang behaupteten Verfahrensmängel (fehlende Feststellungen und Begründungsmängel) darzutun (zum Erfordernis der Relevanzdarlegung bei Verfahrensmängeln siehe etwa VwGH 28.9.2023, Ra 2023/19/0255, mwN).
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 22. August 2024