Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Mag. Dr. Pieler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision des A S, vertreten durch Mag. Susanne Singer, Rechtsanwältin in 4600 Wels, Ringstraße 9, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Mai 2024, W203 22795201/7E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 6. August 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz, welchen er im Wesentlichen damit begründete, Syrien aufgrund des Krieges verlassen zu haben. Darüber hinaus habe er seinen Militärdienst bislang nicht abgeleistet.
2 Mit Bescheid vom 7. September 2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, erkannte ihm jedoch den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
Begründend führte das BVwG soweit für den vorliegenden Fall wesentlich aus, dass das Vorbringen des Revisionswerbers hinsichtlich seiner politischen Aktivitäten nicht glaubhaft sei. Zudem befinde sich der Herkunftsort des Revisionswebers, welchen er über den Landweg aus dem Irak erreichen könne, ohne dabei mit dem syrischen Regime in Kontakt zu treten, nicht unter der Kontrolle des syrischen Regimes und könne dieses daher nicht auf ihn zugreifen.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst vor, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Begründungspflicht abgewichen, weil es sich nicht hinreichend mit dem in der Beschwerdeverhandlung erstatteten Vorbringen, der Revisionswerber werde von der PKK verfolgt, auseinandergesetzt habe.
9Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Begründungspflicht hinsichtlich der Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte gemäß § 29 VwGVG festgehalten, dass die Begründung jenen Anforderungen zu entsprechen hat, die in der Rechtsprechung zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Dies erfordert in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche die Behörde im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheides geführt haben. Diesen Erfordernissen werden die Verwaltungsgerichte dann gerecht, wenn sich die ihre Entscheidung tragenden Überlegungen zum maßgeblichen Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung aus der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung selbst ergeben (vgl. VwGH 6.6.2024, Ra 2024/19/0231, mwN).
10Soweit der Revisionswerber einen Begründungsmangel geltend machen will, ist dem entgegenzuhalten, dass sich das BVwG im Zuge seiner Beweiswürdigung mit dem Vorbringen, der Revisionswerber werde von der PKK verfolgt, auseinandergesetzt hat und vertretbar davon ausgeht, dass dieses Vorbringen nicht glaubhaft sei. Es ist der Revision weder gelungen, einen relevanten Begründungsmangel aufzuzeigen, noch den beweiswürdigenden Erwägungen des BVwG Stichhaltiges entgegenzusetzen (zu dem im Revisionsverfahren für die Überprüfung der Beweiswürdigung anzulegenden Maßstab vgl. VwGH 15.10.2024, Ra 2024/19/0416, mwN).
11 Schließlich richtet sich die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung mit näherer Begründung gegen die Feststellung des BVwG, dass dem Revisionswerber im Falle seiner Rückkehr in sein Herkunftsgebiet aktuell keine Verpflichtung zur Absolvierung des Militärdienstes in der syrischen Armee drohe.
12Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ist nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), also aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht (vgl. VwGH 22.8.2024, Ra 2021/19/0389, mwN).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Furcht vor der Ableistung des Militärdienstes bzw. der bei seiner Verweigerung drohenden Bestrafung im Allgemeinen keine asylrechtlich relevante Verfolgung dar, sondern könnte nur bei Vorliegen eines Konventionsgrundes Asyl rechtfertigen. Wie der Verwaltungsgerichtshof zur möglichen Asylrelevanz von Wehrdienstverweigerung näher ausgeführt hat, kann auch der Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und den Sanktionen wie etwa der Anwendung von Folter jede Verhältnismäßigkeit fehlt. Unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen kann auch eine „bloße“ Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung sein.
Fehlt ein kausaler Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen, kommt die Asylgewährung nicht in Betracht (vgl. zu allem nochmals VwGH Ra 2021/19/0389, mwN).
13 Im vorliegenden Fall zeigt die Revision nicht auf und ist auch nicht ersichtlich, dass der Revisionswerber in Bezug auf die ihm drohende Einziehung zum Wehrdienst im Verfahren vor dem BFA oder im Beschwerdeverfahren ein entsprechend begründetes Vorbringen erstattet hätte, das einen kausalen Zusammenhang mit einem Konventionsgrund im oben beschriebenen Sinn erkennen lässt.
Die Revision kann folglich die Relevanz der in diesem Zusammenhang behaupteten Verfahrensmängel nicht darlegen (vgl. etwa VwGH 22.8.2024, Ra 2023/19/0113, mwN).
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 16. Dezember 2024