JudikaturVwGH

Ra 2023/16/0066 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
23. Mai 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätin Dr. Reinbacher sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision der K Gesellschaft m.b.H. Co. KG in W, vertreten durch die Gheneff Rami Sommer Rechtsanwälte GmbH Co KG in 1010 Wien, Johannesgasse 18, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Mai 2023, W183 2268779 1/2E, betreffend Gerichtsgebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsidentin des Handelsgerichtes Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behördemit dem der Antrag der Revisionswerberin auf Rückzahlung eingezogener Pauschalgebühren gemäß TP 3 lit. a GGG (für eine Revision und für einen Revisionsrekurs) in näher genannter Höhe abgewiesen worden war als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

2 Das Bundesverwaltungsgericht stellte nach Wiedergabe des Verfahrensgangs fest, die Revisionswerberin habe (im Jahr 2022) mit einem per ERV beim Handelsgericht Wien eingebrachten Schriftsatz unter Punkt I. einen Revisionsrekurs gegen einen näher genannten Beschluss (betreffend Erlassung einer einstweiligen Verfügung) des Oberlandesgerichts Wien und unter Punkt II. eine Revision gegen ein näher genanntes (in einem Zivilverfahren ergangenes) Urteil desselben Gerichts erhoben. Das Revisionsinteresse habe 35.000 € betragen. Für den Revisionsrekurs seien 763 € und für die Revision 1.526 € eingezogen worden.

3In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesverwaltungsgericht nach Wiedergabe der relevanten Rechtsgrundlagen im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin sei verpflichtet gewesen, für die von ihr eingereichte Revision an den Obersten Gerichtshof (OGH) eine Pauschalgebühr in Höhe von 1.526 € gemäß TP 3 lit. a GGG zu bezahlen. Strittig sei aber, ob auch für den mit demselben Schriftsatz an den OGH erhobenen Revisionsrekurs eine Pauschalgebühr nach der TP 3 lit. a GGG zu entrichten sei, was von der Revisionswerberin unter Verweis auf § 3 Abs. 1 GGG verneint werde.

4Dazu sei festzuhalten, § 3 Abs. 1 GGG besage lediglich, dass in zivilgerichtlichen Verfahren und Exekutionsverfahren die Pauschalgebühr nur einmal zu entrichten sei, gleichgültig, ob die Klage (der Exekutionsantrag) mehrere Anträge enthalte oder ob sich die Eingabe auf mehrere Personen beziehe. Das gleiche gelte für alle anderen Eingaben und Schriften, sofern in der Folge nicht etwas anderes bestimmt sei. Im gegenständlichen Fall enthalte der Schriftsatz aber mehrere Rechtsmittel, für die jeweils die Pauschalgebühr zu entrichten sei.

5Gemäß der Anmerkung 1a zur TP 3 lit. a GGG sei die Pauschalgebühr u.a. auch für Verfahren dritter Instanz über die Erlassung einstweiliger Verfügungen in einem und außerhalb eines Zivilprozesses zu entrichten; sie ermäßige sich auf die Hälfte.

6 Vor dem Hintergrund des eindeutigen Gesetzeswortlautes und der getroffenen Feststellungen sei daher die Einziehung der Pauschalgebühr iHv 763 € für den Revisionsrekurs zu Recht erfolgt und der Antrag auf Rückzahlung sei folgerichtig abgewiesen worden.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11Zur Begründung der Zulässigkeit wird im Wesentlichen fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Anwendbarkeit der Bestimmungen des § 3 Abs. 1 GGG bzw. (analog) des § 3 Abs. 4 und Abs. 5 Z 1 GGG auf den vorliegenden Fall (Erstattung einer Revision und eines Revisionsrekurses in einer Eingabe) geltend gemacht.

12 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B VG aufgezeigt.

13 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt in der Regelsofern nicht fallbezogen (ausnahmsweise) eine Konstellation vorliegt, die es im Einzelfall erforderlich macht, aus Gründen der Rechtssicherheit korrigierend einzugreifen (vgl. VwGH 27.1.2023, Ra 2020/15/0104, mwN) keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist, und zwar selbst dann, wenn dazu noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. etwa VwGH 5.9.2022, Ra 2022/13/0012, mwN). Das ist hier der Fall:

14 Nach derseit der Stammfassung des GGG (BGBl. Nr. 501/1984) unverändertenBestimmung des § 3 Abs. 1 GGG ist u.a. in zivilgerichtlichen Verfahren die Pauschalgebühr nur einmal zu entrichten, gleichgültig, ob die Klage mehrere Anträge enthält oder ob sich die Eingabe auf mehrere Personen bezieht. Das gleiche gilt für alle anderen Eingaben und Schriften, sofern in der Folge nicht etwas anderes bestimmt ist.

15 Diese Bestimmung bezieht sich schon ihrem Wortlaut nach ausschließlich auf verfahrenseinleitende Eingaben (etwa Klagen, Exekutionsanträge, Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung usw.) und kommt damit für Rechtsmittelverfahren dritter Instanz wie im vorliegenden Fallvon vornherein nicht zur Anwendung (vgl. dazu auch die Gesetzesmaterialien zum GGG, ErlRV 366 BlgNR 16. GP 30, wonach die „Vorschrift, daß die in Zivilprozessen und Exekutionsverfahren zu entrichtende Pauschalgebühr unabhängig vom Inhalt und Umfang des das betreffende Verfahren einleitenden Schriftsatzes in allen Fällen nur einmal zu bezahlen ist“, (u.a.) der Vereinfachung der Gebührenberechnung diene).

16 Die mit der Gerichtsgebühren Novelle 2015GGN 2015 (BGBl. I Nr. 156/2015) eingeführte Bestimmung des § 3 Abs. 4 GGG sieht vor, dass die Pflicht zur Entrichtung der Pauschalgebühr u.a. in zivilgerichtlichen Verfahren, Exekutionsverfahren und Insolvenzverfahren, dadurch nicht berührt wird, dass die im Verfahren ergangene Entscheidung aufgehoben oder abgeändert wird. Sie (die Pauschalgebühr) ist für jede Instanz auch dann nur einmal zu entrichten, wenn nach Aufhebung der Entscheidung das Verfahren fortgesetzt wird.

17 Nach den Gesetzesmaterialien (ErlRV 901 BlgNR 25. GP 6) sollte mit dieser Bestimmung der bis dahin in Anmerkungen normierte Grundsatz, laut dem die Gerichtsgebühr für die jeweilige Instanz ungeachtet dessen zu entrichten ist, dass die Entscheidung dieser Instanz im Rechtsmittelweg aufgehoben wird, kodifiziert werden. Umgekehrt sollte die Gerichtsgebühr nicht neuerlich zu entrichten sein, wenn das Verfahren nach einer Aufhebung der Entscheidung fortgesetzt werde. Dieser Grundsatz werde „in der Regel nur Verfahren in jener Instanz betreffen, deren Entscheidungen im Rechtsmittelweg noch aufgehoben werden können, also keine letztinstanzlichen Verfahren“. Demnach kommt auch diese Bestimmung für Rechtsmittelverfahren dritter Instanz nicht zur Anwendung.

18 Was schließlich die ebenfalls mit der GGN 2015 eingeführteBestimmung des § 3 Abs. 5 GGG betrifft, ist anzumerken, dass darin lediglich die Regelung getroffen wird, wonach in (näher genannten) zweit und drittinstanzlichen Verfahren die Pauschalgebühren von jedem Rechtsmittelwerber nur einmal zu entrichten sind und zwar auch dann, wenn die betreffende Instanz im Zuge des Verfahrens vom Rechtsmittelwerber mehrmals angerufen wird. Weiters ist vorgesehen, dass die Pauschalgebühr für die Anrufung des OGH ohne Rücksicht darauf zu entrichten ist, ob es sich um ein ordentliches oder außerordentliches Rechtsmittel handelt.

19 Nach den Gesetzesmaterialien (ErlRV 901 BlgNR 25. GP 6) sollte auch mit dieser Bestimmung lediglich der bis dahin ebenfalls in „diversen Anmerkungen zum Ausdruck kommende Grundsatz kodifiziert werden“, wonach Rechtsmittelgebühren von jedem Rechtsmittelwerber nur einmal zu entrichten sind, und zwar auch dann, wenn die Instanz von demselben Rechtsmittelwerber mehrfach angerufen wird.

20Nach der Anmerkung 1a zur TP 3 GGG ist die Pauschalgebühr (nach TP 3 lit. a GGG) auch für Verfahren dritter Instanz u.a. über die Erlassung einstweiliger Verfügungen in einem und außerhalb eines Zivilprozesses zu entrichten; in diesen Fällen ermäßigt sich die Pauschalgebühr auf die Hälfte.

21 Die Gebührenpflicht für Verfahren (zweiter und) dritter Instanz über die Erlassung einstweiliger Verfügungen wurde erstmalig mit dem Budgetbegleitgesetz 2009 (BGBl. I Nr. 52/2009) eingefügt. Dazu halten die Gesetzesmaterialien in denen die Ausweitung der Gebührenpflicht mit der „Annäherung an die Kostenwahrheit“ begründet wird (ErlRV 113 BlgNR 24. GP 20) fest, dass (aus näher angeführten Gründen) im Rechtsmittelverfahren über einstweilige Verfügungen anders als im erstinstanzlichen Verfahren kein Bedarf nach einer Ermäßigung der Pauschalgebühr nach TP 2 und TP 3 bestehe. Demnach solle „unabhängig von einer allfälligen Rechtsmittelgebühr für ein vorangegangenes oder nachfolgendes Berufungsverfahren in einem im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Erlassung einstweiliger Verfügungen stehenden Zivilprozess grundsätzlich jeweils die volle Pauschalgebühr für das Rechtsmittelverfahren zur Anwendung kommen.“

22 Schon daraus erhellt, dass der Gesetzgeber (ursprünglich) bewusst eine Reduktion oder Anrechnung (in jeglicher Richtung) der Pauschalgebühren im Rechtsmittelverfahren für den Fall, dass sowohl im Hauptverfahren als auch im Provisorialverfahren Rechtsmittel erhoben werden, nicht vorgesehen hat (von einzelnen, explizit geregelten Sonderfällen abgesehen). Dies findet schließlich auch darin Bestätigung, dass dieses Gebührensystem im Rechtsmittelverfahren vom Verfassungsgerichtshof insofern als gleichheitswidrig angesehen hat, als im Provisorialverfahren in erster Instanz, nicht jedoch im Rechtsmittelverfahren im Vergleich zum Hauptverfahren eine Reduzierung der Pauschalgebühr vorgesehen war (vgl. VfGH 30.6.2012, G 14/12 ua).

23 Dieses System wurde schließlich mit dem Verwaltungsgerichtsbarkeits Anpassungsgesetz Justiz VAJu (BGBl. I Nr. 190/2013) in Entsprechung der Vorgaben des VfGH lediglich dahingehend modifiziert, dass die generelle Gebührenpflicht für das zweitund drittinstanzliche Provisorialverfahren beibehalten, zugleich aber eine generelle Reduktion der Pauschalgebühren auf die Hälfte vorgesehen wurde (vgl. dazu ErlRV 2357 BlgNR 24. GP 11; vgl. dazu auch VwGH 25.11.2015, Ra 2015/16/0115).

24 Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass entgegen der Rechtsansicht der Revisionswerberindas GGG eine Regelung, wonach bei Erhebung von Rechtsmitteln sowohl im Haupt als auch im Provisorialverfahren, wenn sie in einem einzigen Schriftsatz eingebracht (somit verbunden) werden, die Pauschalgebühr nur einmal (in einfacher Höhe) anfallen soll, nicht enthält.

25 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 23. Mai 2025