JudikaturBFG

RV/7104242/2018 – BFG Entscheidung

Entscheidung
02. Juni 2025

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pagitsch in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Pilz & Burghofer Rechtsanwalts GmbH, Köstlergasse 1/30, 1060 Wien, über dessen Beschwerde vom 25. November 2016 gegen den Haftungsbescheid des Finanzamtes Österreich (vormals Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf ) vom 8. November 2016 betreffend aushaftender Abgabenschudigkeiten der ***Firma1*** in Liquidation, Steuernummer ***Zahl1***, zu Recht erkannt:

I.) Der Beschwerde wird gem. § 279 BAO teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass der Beschwerdeführer als Haftungspflichtiger der ***Firma1*** in Liquidation gem. § 9 iVm §§ 80 ff BAO für Umsatzsteuer 2009 iHv € 4.971,27 in Anspruch genommen wird.

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II.) Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Schreiben vom 31.7.2013 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf hinsichtlich der beabsichtigten Haftungsinanspruchnahme für näher bezeichnete Abgabenschuldigkeiten der ***Firma1*** in Liquidation iHv insgesamt € 15.533,77 Stellung zu nehmen, insbesondere einen Nachweis der Gläubigergleichbehandlung vorzulegen. Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer nicht nach.

Mit Bescheid vom 8.11.2016 wurde der Beschwerdeführer als ehemaliger Geschäftsführer der ***Firma1*** in Liquidation für näher bezeichnete Abgabenschulden dieser Gesellschaft iHv insgesamt € 11.468,70 gem. §§ 9 iVm 80 ff BAO zur Haftung herangezogen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer am 25.11.2016 Beschwerde und begründete diese im Wesentlichen damit, dass das Verfahren wegen betrügerischer Krida eingestellt worden sei, nach Beendigung der Geschäftsbeziehung mit ***Firma2*** es für die Gesellschaft zunehmend schwieriger gewesen sei erfolgreich tätig zu sein, deshalb der Geschäftsbetrieb langsam eingestellt worden sei, die letzte Rechnung im Mai 2009 ausgestellt worden sei, eine Liquidation der Gesellschaft wegen eines Zivilprozesses nicht in Frage gekommen sei, dieser sieben Jahre gedauert und negativ geendet habe, die einzige Tätigkeit der Gesellschaft ab Mitte Mai 2009 in der Führung des Prozesses gelegen sei, bei erfolgreicher Prozessbeendigung die haftungsgegenständlichen Abgaben bezahlt werden hätten können, eine Liquidation auch an der fehlenden Unbedenklichkeitsbescheinigung gescheitert wäre, die amtliche Löschung der Gesellschaft erst im Juli 2013 nicht am Verschulden des Beschwerdeführers gelegen sei, sondern an der Langsamkeit der Gerichte und Behörden, die Umsatzsteuer aus dem Jahr 2009 nicht aus dem normalen Geschäftsbetrieb, sondern aus einer Vorsteuerberichtigung stamme, es sich daher um eine nachträgliche Rückzahlung von Vorsteuer handle und der Haftungsanspruch bereits verjährt sei.

Die belangte Behörde gab der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 13.3.2017 teilweise statt und reduzierte den Haftungsbetrag ausschließlich auf die Umsatzsteuer 2009 iHv insgesamt € 6.628,36. Eine Begründung, warum die anderen Abgaben ausgeschieden wurden, nahm die belangte Behörde nicht vor.

Am 11.4.2017 brachte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag ein und führte neben der Verjährungseinrede bezüglich der Umsatzsteuer 2009 im Wesentlichen aus, dass kein Verschulden vorliege, zumal zum Zeitpunkt der Erlassung des Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 2009 am 23.2.2011 ohne sein Verschulden kein Geld mehr vorhanden gewesen sei, durch den Verkauf der Liegenschaft überhaupt erst die Umsatzsteuer fällig geworden sei, wobei ihm dies bei Abschluss des Kaufvertrages noch nicht bewusst gewesen sein musste. Der Kaufpreis selbst sei hauptsächlich für die Rückzahlung eines Kredites, der auf der Liegenschaft pfandrechtlich sichergestellt gewesen sei, verwendet worden. Hätte er diesen Kredit nicht zurückbezahlt, wäre es ihm auch nicht möglich gewesen, die Liegenschaft zu verkaufen. Nur bei einer Umsatzsteuer, die aus laufenden Rechnungen stamme und nicht an das Finanzamt bezahlt werde, könne eine Haftung des Geschäftsführers entstehen, dies gelte aber nicht für Umsatzsteuer, die aufgrund eines Verkaufs der Liegenschaft plötzlich fällig geworden sei.

Mit Vorlagebericht vom 22.10.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt wesentlicher Aktenteile dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Ergänzend wurde ausgeführt, dass nach Außen wirksame Amtshandlungen zur Verlängerung der Einhebungsverjährung gesetzt worden seien und durch den Verkauf der Liegenschaft liquide Mittel vorhanden gewesen seien, zumal der Beschwerdeführer angegeben habe, dass der Kaufpreis hauptsächlich zur Rückzahlung des Kredites verwendet worden sei.

In Beantwortung des Beschlusses vom 15.1.2025 teilte der Beschwerdeführer nach zweimaliger Fristverlängerung am 18.3.2025 zusammenfassend mit, dass vom Verkaufserlös € 183.099,72 zur Befriedigung der Pfandgläubiger verwendet worden sei, € 180.614,36 an die Verkäuferin zur Auszahlung gelangte, damit der Kontorückstand von € 46.950,10 und Ausgänge von 5.3.2009 bis 28.4.2009 iHv € 172.224,72 getilgt worden seien, der Sachverständige im Strafverfahren festgestellt habe, dass keine Gewinnverlagerung an die ***Firma3*** erkennbar gewesen sei, die laufenden Forderungen des Finanzamtes bis Mai 2009 erfüllt worden seien und am 23.9.2009 das Guthaben am Abgabenkonto € 1.971,86 betragen habe, es daher im Zusammenhang mit dem Kaufpreis für das Objekt ***Ort1*** zu keiner Gläubigerungleichbehandlung zulasten des Finanzamtes gekommen sei und die Berichtigung erst in der Umsatzsteuerjahreserklärung durchgeführt worden sei, weil es sich hier nicht um eine aus dem "normalen Geschäftsbetrieb" entstandene Vorsteuer gehandelt habe, sondern um einen "Ausnahmefall" [Korrektur der im Vorsteuerabzugsweg geltende gemachten Umsatzsteuer, die beim Ankauf der Eigentumswohnung anfiel], welcher im Zuge der Vorbereitung des Jahresabschlusses durch den Steuerberater aufgefallen sei.

Aufgrund dieser Stellungnahme teilte die belangte Behörde am 15.4.2025 mit, dass das Vorhandensein liquider Mittel am Fälligkeitszeitpunkt (15.2.2010) maßgeblich sein werde.

Mit Beschluss vom 16.4.2025 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung für den Betrachtungszeitraum 15.2.2010 bis ***Datum5*** zu erbringen, zumal nach der Aktenlage liquide Mittel in diesen Zeitraum (zB Rückzahlung einer Abgabengutschrift iHv € 6.380,15 am 18.3.2010) vorhanden gewesen seien.

Am 14.5.2025 teilte der Beschwerdeführer im Wesentlichen mit, dass eine Liquiditätsaufstellung im Beobachtungszeitraum nicht zur Verfügung gestellt werden könne, weil die Gesellschaft bereits inaktiv gewesen sei und es keine Einnahmen und liquide Mittel gegeben habe und legte dazu entsprechende Unterlagen vor.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

Festgestellter Sachverhalt

Der Beschwerdeführer war vom ***Datum1*** bis ***Datum2*** alleiniger Geschäftsführer der ***Firma1***. Bis zum 6.6.2009 lautete die Firmenbezeichnung ***Firma4***.

Am 28.1.2009 verkaufte die Gesellschaft eine Liegenschaft (Eigentumswohnung) in Wien ***Ort1*** um € 363.000,00. Da diese weniger als 10 Jahre im Eigentum der Gesellschaft stand, musste die Umsatzsteuer, welche für die Anschaffung anlässlich des Erwerbes der Liegenschaft als Vorsteuer geltend gemacht wurde, zu 1/10, also mit einem Betrag von € 6.695,39, gem. § 12 Abs. 10 UStG 1994 berichtigt werden. In den Umsatzsteuer-voranmeldungen für das Jahr 2009 wurde diese Vorsteuerberichtigung von der Gesellschaft nicht durchgeführt. Erst in der am 22.2.2011 eingereichten Umsatzsteuererklärung 2009 wurde diese vorgenommen und mit Bescheid vom 23.2.2011 eine Zahllast von € 6.628,36 festgesetzt.

Bereits zuvor hatte die Gesellschaft im Mai 2009 ihre operative Geschäftstätigkeit eingestellt. Aufgrund eines anhängigen Zivilprozesses wurde die Gesellschaft zunächst nicht aufgelöst. Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum5*** wurde das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet. Erst am ***Datum2*** wurde die Gesellschaft aufgelöst und am ***Datum3*** infolge Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöscht. Während dieser Zeit fungierte der Beschwerdeführer als Liquidator. Darüber hinaus fungierte der Beschwerdeführer ab 30.5.2009 als Geschäftsführer der neu gegründeten und am selben Sitz befindlichen ***Firma5***, deren Geschäftsführer er noch immer ist.

Mit Bescheid vom 8.1.2016 wurde der Beschwerdeführer für folgende Abgabenschuldigkeiten der ***Firma1*** in Liquidation zur Haftung gem. § 9 iVm §§ 80 ff BAO herangezogen, deren Fälligkeit zu folgenden Zeitpunkten eingetreten ist:

AbgabenartZeitraumFälligkeitBetrag in €
Körperschaftsteuer10-12/201015.11.2010200,21
Körperschaftsteuer1-3/201115.02.2011437,00
Umsatzsteuer200915.02.20106.628,36
Säumniszuschlag 1201018.04.2011132,57
Körperschaftsteuer4-6/201116.05.2011437,00
Körperschaftsteuer7-9/201116.08.2011437,00
Säumniszuschlag 2201018.08.201166,28
Körperschaftsteuer10-12/201115.11.2011439,00
Säumniszuschlag 3201017.11.201166,28
Körperschaftsteuer1-3/201215.02.2012437,00
Körperschaftsteuer4-6/201215.05.2012437,00
Körperschaftsteuer7-9/201216.08.2012437,00
Körperschaftsteuer10-12/201215.11.2012439,00
Körperschaftsteuer1-3/201315.02.2013437,00
Körperschaftsteuer4-6/201317.05.2013437,00
Körperschaftsteuer7-9/201316.08.20131,00
SUMME11.468,70

Sämtliche Abgaben wurden der Gesellschaft bescheidmäßig vorgeschrieben. Im Zuge der Haftungsinanspruchnahme wurden dem Beschwerdeführer der Umsatzsteuerbescheid 2009 zur Kenntnis gebracht. Zudem haften noch alle oben angeführten Abgaben, ausgenommen die Körperschaftsteuer 10-12/2010 iHv € 200,21, am Abgabenkonto der ***Firma1*** in Liquidation aus.

Am 8.3.2010 reichte die Gesellschaft die Umsatz- und Körperschaftssteuererklärungen 2008 ein. Daraus ergab sich eine Abgabengutschrift von insgesamt € 6.380,15. Am 18.3.2010 wurde dieser Betrag aufgrund eines Rückzahlungsantrages des steuerlichen Vertreters, welcher seit 15.3.2010 auch eine Geldvollmacht hatte, an die Gesellschaft ausbezahlt. Dieser Geldbetrag wurde nicht (auch nicht teilweise) zur Begleichung der sich aus der Vorsteuerberichtigung ergebenden Umsatzsteuerschuld 2009 verwendet. Ab ***Datum5*** verfügte die Gesellschaft über keine liquiden Mittel und war ab diesen Zeitpunkt die Umsatzsteuer 2009 bei der Primärschuldnerin uneinbringlich.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus den vorgelegten Unterlagen der belangten Behörde (zB Abgabenkonto der ***Firma1*** in Liquidation, Firmenbuchauszug zu FN ***Zahl2***, Haftungsbescheid vom 8.11.2016, Rückstandsaufgliederungen) und des Beschwerdeführers (zB Kaufvertrag vom 28.1.2009, Ergänzungsgutachten vom 20.9.2009 samt Beilagen, Gewinn- und Verlustrechnung und Jahresabschlüsse 2009 und 2010). Aus diesen Urkunden geht auch hervor, dass die Gesellschaft ihre operative Tätigkeit im Mai 2009 eingestellt hat. Darüber hinaus geht das Gericht mangels anderer Anhaltspunkte davon aus, dass die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Abweisung eines Antrages auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, somit am ***Datum5***, keine liquiden Mittel mehr zur Verfügung hatte und somit die Umsatzsteuer 2009 bei der Primärschuldnerin uneinbringlich war.

Zudem ist für das Gericht nachgewiesen, dass die Gesellschaft zuvor über (zumindest geringfügige) liquide Mittel verfügte, ließ sich die ***Firma1*** am 18.3.2010 eine Abgabengutschrift von € 6.380,15 auszahlen. Dies ist durch Abfragen aus dem Abgabeninformationssystem nachgewiesen (Abgabenkonto, Rückzahlungsantrag, Buchung der Rückzahlung). Wie diese Mittel verwendet wurden, ließ sich für das Gericht nicht feststellen, zumal der Beschwerdeführer trotz Vorhaltes im Beschluss vom 16.4.2025 in seiner Stellungnahme von 14.5.2025 auf diese Frage nicht eingegangen ist. Die Behauptung des Beschwerdeführers die Gesellschaft habe im Zeitraum vom 15.2.2010 bis zum ***Datum5*** keine liquiden Mittel zur Verfügung gehabt, ist somit unrichtig.

Dem Haftungsbescheid vom 8.11.2016 ist zu entnehmen, dass eine Kopie des Umsatzsteuerbescheides 2009 vom 23.2.2011 dem Haftungsbescheid beigelegt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gem. § 9 Abs 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gem. § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gem. § 80 Abs. 2 BAO haben im Falle, dass eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zusteht, die Vermögensverwalter, soweit ihre Verwaltung reicht, die im Abs. 1 bezeichneten Pflichten und Befugnisse.

Voraussetzung für die Inanspruchnahme als Haftender nach den § 9 und §§ 80 ff BAO ist eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, deren Zahlungstermin in die Zeit der Vertretertätigkeit fällt, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit dieser Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, ein Verschulden des Vertreters an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.

Da der Beschwerdeführer vom ***Datum1*** bis ***Datum2*** alleiniger Geschäftsführer der ***Firma1*** war und danach bis ***Datum3*** ihr Liquidator (§ 90 GmbHG), ist der Beschwerdeführer ein Vertreter iSd des § 9 BAO. Ihm oblag es daher in diesem Zeitraum die abgabenrechtlichen Pflichten der Primärschuldnerin wahrzunehmen.

Die Haftung erstreckt sich darüber hinaus nur auf Abgaben, deren Zahlungstermin (zB Fälligkeitszeitpunkt) in die Zeit der Vertretungstätigkeit fällt. Wie oben festgestellt, fällt bezüglich sämtlicher im Haftungsbescheid angeführter Abgaben die Fälligkeit in der Zeit der Geschäftsführer- bzw. Liquidatortätigkeit des Beschwerdeführers, sodass auch diese Voraussetzung gegeben ist.

Die Haftung nach § 9 Abs 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (VwGH 24.2.1997, 96/17/0066). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (VwGH 3.7.1996, 96/13/0025). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären (VwGH 26.5.2004, 99/14/0218).

Gegenständlich steht die objektive Uneinbringlichkeit der in Haftung gezogenen Abgaben, ausgenommen der Körperschaftsteuer 10-12/2010 iHv € 200,21, bei der Primärschuldnerin fest, da mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum5*** die Gesellschaft infolge rechtskräftiger Abweisung eines Antrages auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens aufgelöst und am ***Datum3*** infolge Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöscht wurde (vgl. VwGH 31.3.2004, 2003/13/0153; VwGH 17.12.2009, 2009/16/0092) Die Uneinbringlichkeit der Körperschaftsteuer 10-12/2010 iHv € 200,21 ist deshalb nicht gegeben, da diese Abgabe nicht mehr am Abgabenkonto der Primärschuldnerin aushaftet. Aus diesem Grund war sie von der Haftungsinanspruchnahme auszuscheiden. Im Übrigen kann die Haftung des Vertreters auch noch geltend gemacht werden, wenn der Vertretene nicht mehr existiert, etwa nach Auflösung der Gesellschaft (vgl. VwGH 29.6.1999, 98/14/0171).

Darüber hinaus ist für die Haftung nach § 9 BAO die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten erforderlich (zB VwGH 18.10.1995, 91/13/0037; VwGH 2.7.2002, 96/14/0076). Zu den abgabenrechtlichen Pflichten gehören vor allem die Abgabenentrichtung aus den Mitteln, die der Vertreter verwaltet, die Führung gesetzmäßiger Aufzeichnungen, die zeitgerechte Einreichung von Abgabenerklärungen und die Offenlegungs- und Wahrheitspflicht. Gem. § 80 Abs. 1 letzter Satz BAO hat der Vertreter insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben entrichtet werden. Ob den Vertreter ein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit trifft, ist für die Haftung nach § 9 BAO hingegen ohne Bedeutung (zB VwGH 18.11.1991, 90/15/0176; VwGH 22.2.2008, 2007/17/0214).

Das Tatbestandsmerkmal "infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können" ist erfüllt, wenn zB dem Vertretenen bei oder nach Fälligkeit der Verbindlichkeiten Mittel zu deren Bezahlung, allenfalls "nach gleichmäßiger Aufteilung" auf alle Verbindlichkeiten, zur Verfügung stehen und es der Vertreter unterlässt, für die gegebenenfalls anteilige Abgabentilgung Sorge zu tragen (VwGH 17.9.1986, 84/13/0198, VwGH 22.12.1997, 93/17/0405).

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (vgl. VwGH 31.10.2000, 95/15/0137; VwGH 25.11.2009, 2007/15/0277). Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (vgl. VwGH 16.9.2003, 2000/14/0106; VwGH 22.4.2015, 2013/16/0208); maßgebend ist daher der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, somit unabhängig davon, ob die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird (zB VwGH 25.1.1999, 94/17/0229; VwGH 23.1.2003, 2001/16/0291). Bei bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben (zB Körperschaftsteuer, Säumniszuschlägen) ist hingegen grundsätzlich die erstmalige Abgabenfestsetzung entscheidend (vgl. VwGH 21.5.1992, 88/17/0216). Keine Pflichtverletzung liegt vor, wenn die Abgabe nicht entrichtet wird, weil der Vertretene überhaupt keine liquiden Mittel hat (vgl. Ritz/Koran, BAO8, § 9 Rz 10).

Da festgestellt wurde, dass die Gesellschaft ab ***Datum5*** über keine liquiden Mittel mehr verfügte, schied eine Haftungsinanspruchnahme sämtlicher im Haftungsbescheid angeführten Abgaben, ausgenommen der Umsatzsteuer 2009, mangels Verschuldens des Beschwerdeführers aus, zumal der jeweilige Fälligkeitszeitpunkt dieser Abgaben nach diesen Tag gelegen ist. Das Gericht geht davon aus, dass deswegen die belangte Behörde diese Abgaben bereits in der Beschwerdevorentscheidung ausgeschieden hat, auch wenn sie eine Begründung schuldig geblieben ist. Somit verbleibt in der Folge für die weitere Beurteilung einer Haftungsinanspruchnahme nach § 9 BAO die Umsatzsteuer 2009 iHv € 6.628,36.

Gem. § 21 Abs. 1 UStG 1994 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuß unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung.

Gem. § 21 Abs. 5 UStG 1994 wird durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung keine von Abs. 1 und 3 abweichende Fälligkeit begründet.

Gem. § 12 Abs. 10 letzter Satz UStG 1994 ist im Falle der Lieferung die Berichtigung spätestens in der letzten Voranmeldung des Veranlagungszeitraumes vorzunehmen, in dem die Lieferung erfolgte.

Aufgrund dieser rechtlichen Bestimmungen folgt für den gegenständlichen Fall, dass aufgrund des Verkaufs der Liegenschaft am 28.1.2009 die Vorsteuerberichtigung spätestens in der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2009 durchgeführt werden hätte müssen und die Fälligkeit mit 15.2.2010 eingetreten ist. Zudem wurde entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers festgestellt, dass die Gesellschaft im Zeitraum 15.2.2010 bis ***Datum5*** über liquide Mittel verfügte, zumal ihr am 18.3.2010 eine Abgabengutschrift iHv € 6.380,15 ausbezahlt wurde. Der Beschwerdeführer konnte trotz Aufforderung aber nicht aufklären, für welche Zwecke diese liquiden Mittel verwendet wurden. Da aber feststeht, dass die Gesellschaft die vorhandenen liquiden Mittel nicht zur Tilgung der zu diesem Zeitpunkt bereits fälligen Abgabenschuld "Umsatzsteuer 2009 aus der Vorsteuerberichtigung" verwendet hat, ergibt sich, dass andere Gläubiger dem Abgabengläubiger vorgezogen wurden (VwGH 29.4.2010, 2008/15/0085; VwGH 14.12.2005, 2002/13/0196; VwGH 30.10.2001, 98/14/0082). Der Beschwerdeführer als Vertreter hat somit nicht für die Entrichtung der betreffenden Abgabe (Umsatzsteuer 2009 aus der Vorsteuerberichtigung) gesorgt. Darin liegt eine Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten (VwGH 5.10.2023, Ra 2023/13/0060).

Angemerkt wird, dass die Pflicht zur Entrichtung von Abgabenschulden erst mit deren Abstattung endet. Die Gesellschaft blieb daher zur Entrichtung der Umsatzsteuer 2009 auch nach dem Fälligkeitstag verpflichtet, mit deren Zahlung sie in Rückstand geraten war (vgl. VwGH 17.12.2002, 98/17/0250; VwGH 27.2.2003, 2000/15/0119).

Der Einwand des Beschwerdeführers, dass sich die Gesellschaft bereits in Liquidation befand, als die Umsatzsteuer 2009 bescheidmäßig festgesetzt und am Abgabenkonto gebucht wurde, geht ins Leere, handelt es sich doch bei der Umsatzsteuer um eine Selbstbemessungsabgabe. Maßgebend ist daher der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, somit unabhängig davon, ob (und wann) die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wurde (zB VwGH 25.1.1999, 94/17/0229; VwGH 23.1.2003, 2001/16/0291).

Zudem wurde die Vorsteuerberichtigung entgegen den gesetzlichen Bestimmungen nicht spätestens mit der Umsatzsteuervoranmeldung 12/2009 durchgeführt, sondern erst mit der Umsatzsteuererklärung 2009 deklariert, sodass vom Beschwerdeführer als für die steuerlichen Belange der Gesellschaft verantwortlicher Geschäftsführer eine weitere abgabenrechtliche Pflicht verletzt wurde. Wenn der Beschwerdeführer ausführt, dass es sich bei der streitgegenständlichen Umsatzsteuer 2009 nicht um eine Umsatzsteuer aus laufenden Einnahmen handelt, sondern um eine nachträgliche Rückzahlung von Vorsteuer und dass er nicht wissentlich Umsatzsteuer hinterzogen habe, so übersieht er, dass es für die Haftungsinanspruchnahme keine Rolle spielt, auf welcher rechtlichen Grundlage die Umsatzsteuerschuld entstanden ist und keine bestimmte Schuldform gefordert ist, daher auch leichte Fahrlässigkeit genügt (vgl. VwGH 18.10.1995, 91/13/0037, 91/13/0038; VwGH 31.10.2000, 95/15/0137).

Verfügt der Vertretene über (wenn auch nicht ausreichende) Mittel, so darf der Vertreter bei der Entrichtung von Schulden Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als die übrigen Schulden (vgl. VwGH 17.10.2001, 2000/16/0575; VwGH 15.12.2009, 2005/13/0040). Es kann aber nicht verlangt werden, der Vertreter müsse den Abgabengläubiger vor allen übrigen Gläubigern befriedigen (vgl. VwGH 29.4.1994, 93/17/0395; VwGH 24.2.2004, 99/14/0278). Er hat die Schulden im gleichen Verhältnis zu befriedigen (Gleichbehandlungsgrundsatz). Ausnahmen von diesem Gleichbehandlungsgrundsatz gelten nur für Abfuhrabgaben, insbesondere für Lohnsteuer (zB VwGH 21.1.2004, 2002/13/0218; VwGH 5.4.2011, 2009/16/0106).

Nach ständiger Rechtsprechung hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich war, widrigenfalls angenommen wird, dass die Pflichtverletzung schuldhaft war (vgl. VwGH 28.2.2013, 2012/16/0029; VwGH 19.5.2015, 2013/16/0016). Nur der Vertreter wird nämlich idR jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung des Vertretenen haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht (vgl. VwGH 19.11.1998, 98/15/0159; VwGH 5.4.2011, 2009/16/0106). Daher hat er für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen (zB VwGH 7.9.1990, 89/14/0132), etwa durch das Erstellen und Aufbewahren von Ausdrucken (zB VwGH 27.5.2020, Ra 2020/13/0027). Dem Vertreter obliegt dabei kein negativer Beweis, sondern die konkrete (schlüssige) Darstellung der Gründe, die zB der gebotenen rechtzeitigen Abgabenentrichtung entgegenstanden (vgl. VwGH 4.4.1990, 89/13/0212; VwGH 27.10.2008, 2005/17/0259).

Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt somit dem Vertreter. Auf diesem, nicht aber auf der Behörde, lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote. Vermag der Vertreter nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung. Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden (VwGH 28.5.2008, 2006/15/0322 mwN). Eine Haftung zur Gänze kommt daher in Betracht, wenn der Vertreter seiner qualifizierten Mitwirkungspflicht hinsichtlich des teilweisen Fehlens liquider Mittel und der anteiligen Verwendung dieser Mittel nicht nachkommt (vgl zB VwGH 7.12.2000, 2000/16/0601; VwGH 30.10.2001, 98/14/0082).

Dies ist gegenständlich hinsichtlich der Umsatzsteuer 2009 der Fall. Der Beschwerdeführer konnte trotz Aufforderung weder im Vorhalt der belangten Behörde vom 31.7.2013 noch nach Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht am 15.1.2025 und am 16.4.2025 den Nachweis einer Gläubigergleichbehandlung erbringen. Dazu wäre es erforderlich gewesen, eine Gegenüberstellung aller liquiden Mittel und fälligen Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag bzw. Betrachtungszeitraum (hier: 15.2.2010 bis ***Datum5***) vorzulegen, um feststellen zu können, wie die vorhandenen Mittel tatsächlich verwendet wurden.

Vielmehr hat der Beschwerdeführer auf die dahingehende Aufforderung der belangten Behörde nicht reagiert und gegenüber dem Bundesfinanzgericht zunächst in der Stellungnahme vom 18.3.2025 aufgelistet wie der Verkaufserlös verwendet wurde und angegeben, dass es im Zusammenhang mit dem Kaufpreis für das Objekt ***Ort1*** zu keiner Gläubigerungleichbehandlung zulasten des Finanzamtes gekommen sei. Darüber hinaus gab der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 14.5.2025 bezogen auf den entscheidungsrelevanten Betrachtungszeitraum 15.2.2010 bis ***Datum5*** zusammenfassend an, dass eine Liquiditätsaufstellung (beinhaltend die Einnahmen und liquiden Mittel) im Beobachtungszeitraum nicht zur Verfügung gestellt werden könne, weil die Gesellschaft bereits inaktiv gewesen sei und es keine Einnahmen und daher keine liquiden Mittel gegeben habe. Diese Aussage widerspricht aber der Tatsache, dass der Gesellschaft am 18.3.2010 eine Abgabengutschrift ausbezahlt wurde und diese daher sehr wohl über liquide Mittel verfügte. Da somit trotz Vorhandensein von liquiden Mitteln der von der Judikatur geforderte Nachweis der Gläubigergleichbehandlung nicht erbracht wurde, liegt ein Verschulden des Beschwerdeführers bezüglich seiner abgabenrechtlichen Pflichten, insbesondere an der Nichtentrichtung der Umsatzsteuer 2009 iHv € 6.628,36 vor.

Angemerkt wird, dass der Gleichbehandlungsnachweis nur für bereits fällige Abgaben zu erbringen ist (VwGH 16.12.2009, 2009/15/0127). Der Vertreter war daher entgegen der ursprünglichen Ansicht der belangten Behörde nicht dazu gehalten, liquide Mittel zu reservieren (hier: den Verkaufserlös), um zukünftig entstehende Abgabenschulden tilgen zu können (Lachmayr, RdW 2023/503).

Da das UStG nur eine Fälligkeit für Vorauszahlungen, nicht aber auch eine eigene Fälligkeit für Abschlusszahlungen und/oder Nachforderungen auf Grund eines Jahresbescheides kennt, ist auf Grund einer Veranlagung stets nur jene Fälligkeit maßgebend, die für die Vorauszahlung vorgesehen ist. Dies ergibt sich zwingend aus § 21 Abs. 5 UStG, wonach eine Nachforderung aufgrund der Veranlagung keine von Abs. 1 und 3 abweichende Fälligkeit begründet (vgl. UFS 9.8.2004, RV/1174-W/04).

Die Haftungsinanspruchnahme setzt eine Kausalität zwischen schuldhafter Pflichtverletzung und Abgabenausfall voraus. Die Pflichtverletzung muss daher zur Uneinbringlichkeit geführt haben. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (VwGH 27.5.2020, Ra 2020/13/0027). Im Hinblick auf die festgestellte schuldhafte Pflichtverletzung des Beschwerdeführers und mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist daher die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit gegeben.

Aus dem einem Haftungspflichtigen eingeräumten Beschwerderecht ergibt sich zudem, dass ihm anlässlich der Erlassung des Haftungsbescheides von der Behörde über den haftungsgegenständlichen Abgabenanspruch Kenntnis zu verschaffen ist (VwGH 18.3.1994, 92/17/0003), und zwar vor allem über Grund und Höhe des feststehenden Abgabenanspruches (vgl. VwGH 25.7.1990, 88/17/0235; VwGH 19.3.2015, 2011/16/0188). Eine solche Bekanntmachung hat durch Zusendung einer Ausfertigung (Ablichtung) des maßgeblichen Bescheides über den Abgabenanspruch, allenfalls durch Mitteilung des Bescheidinhalts zu erfolgen (vgl zB Ellinger/Wetzel, BAO, 194). Gegenständlich wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer im Zuge der Erlassung des Haftungsbescheides eine Kopie des Umsatzsteuerbescheides 2009 vom 23.2.2011 zur Kenntnis gebracht wurde, sodass auch diese Voraussetzung erfüllt ist.

Bezüglich der Verjährungseinrede der hier relevanten Umsatzsteuer 2009 wird auf § 238 BAO verwiesen. Demnach verjährt das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe, wobei § 209a sinngemäß gilt. Zudem wird die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Weiters beginnt mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Da im gegenständlichen Fall innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist (bis zum Ablauf des 31.12.2015) von der belangten Behörde mehrere Unterbrechungshandlungen (zB Haftungs-vorhalt vom 31.7.2013, Außendiensthandlung am 11.9.2012 in Anwesenheit des Beschwerdeführers) gesetzt wurden, begann die fünfjährige Verjährungsfrist neu zu laufen, wodurch die Verjährung der Einhebung durch die unmittelbare Abhängigkeit von der Erledigung der am 11.4.2017 erhobenen Beschwerde nicht eintreten konnte.

Die Haftungsinanspruchnahme liegt im Ermessen (§ 20) der Abgabenbehörde (zB VwGH 28.1.2005, 2002/15/0157; VwGH 8.9.2020, Ra 2020/13/0029). Dieses Ermessen umfasst auch das Ausmaß der Heranziehung zur Haftung (zB VwGH 25.3.2010, 2009/16/0104). Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist (VwGH 25.6.1990, 89/15/0067).

Die streitgegenständliche Abgabenschuld ist bei der Primärschuldnerin nicht einbringlich. Daher dient die Geltendmachung der Haftung dem öffentlichen Interesse an der Sicherung und Einbringung der Abgabenschulden. Demnach ist die Haftungsinanspruchnahme des Beschwerdeführers zweckmäßig. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB VwGH 3.9.2008, 2006/13/0159; VwGH 16.10.2014, Ro 2014/16/0066) ist dem Element der Zumutbarkeit der Heranziehung eines Haftungspflichtigen angesichts lange verstrichener Zeit im Rahmen der behördlichen Ermessensübung besondere Bedeutung beizumessen. Ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld oder der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin einerseits und der bescheidmäßigen Inanspruchnahme zur Haftung andererseits ist ein Umstand, den die Abgabenbehörde bei der Inanspruchnahme zur Haftung im Sinne des Ermessens nicht außer Betracht lassen darf. Ein solcher Umstand kann jedoch auch lediglich einer von mehreren Gesichtspunkten sein, die im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen sind. Inwieweit dieser Gesichtspunkt beim Ermessen Berücksichtigung findet, hängt vom Einzelfall ab (zB VwGH 2.12.2020, Ra 2020/13/0095; VwGH 19.5.2021, Ra 2019/13/0046; BFG 30.6.2021, RV/7105704/2018).

Dahingehend ist festzustellen, dass im gegenständlichen Fall ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld (es betrifft die Umsatzsteuer 2009) oder dem Hervorkommen der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin (***Datum5***) einerseits und der Erlassung des Haftungsbescheides (8.11.2016) andererseits vorliegt. In Abwägung dieser Umstände erachtet das Bundesfinanzgericht eine Herabsetzung des Haftungsbetrages um 25% als angemessen. Vom Beschwerdeführer wurden darüber hinaus keine Gründe vorgebracht, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Ermessensübung bewirken hätten können. Im Ergebnis erfolgte aufgrund der oben ausgeführten Erwägungen daher die Inanspruchnahme des Beschwerdeführers als Haftungspflichtiger für die im Spruch angeführte Abgabenschuldigkeit der ***Firma1*** in Liquidation zu Recht.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis behandelt keine Rechtsfragen, denen im Hinblick auf die zitierte Judikatur grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof war daher nicht zuzulassen.

Wien, am 2. Juni 2025

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