Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident MMag. Maislinger und die Hofrätin Dr. in Lachmayer, den Hofrat Dr. Bodis, die Hofrätin Dr. in Wiesinger sowie den Hofrat Mag. M. Mayr, LL.M., als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Karger, LL.M., MA, über die Revision des Finanzamtes Österreich gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 10. November 2022, RV/7102015/2016, betreffend Einkommensteuer 2014 (mitbeteiligte Partei: G, vertreten durch die Eckhardt Wirtschaftsprüfung und SteuerberatungsgmbH in Pöttsching), zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
1 Die Mitbeteiligte veräußerte im Jahr 2014 ein im Jahr 2004 angeschafftes Grundstück, auf dem sich ein infolge eines Brandes weitgehend zerstörtes (ehemaliges) Wohngebäude befand.
2Das Finanzamt ermittelte (nach Durchführung einer Nachschau) die Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen gemäß § 30 EStG 1988, indem es vom erzielten Veräußerungserlös lediglich die (niedrigeren) Anschaffungskosten des Grund und Bodens in Abzug brachte, und setzte die Einkommensteuer für das Jahr 2014 entsprechend fest. Begründend führte es aus, im Hinblick darauf, dass das Gebäude durch den Brand wertlos geworden sei („Brandruine“), seien die Anschaffungskosten des Gebäudes mit entsprechenden, von der Mitbeteiligten erhaltenen Versicherungsentschädigungen auszugleichen und daher nicht vom Veräußerungserlös in Abzug zu bringen.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde in der eingewendet wurde, das Gebäude sei nicht wertlos und weiters liege aufgrund der anzuwendenden „Einheitstheorie“ ein einheitliches Wirtschaftsgut vor wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung ab, woraufhin die Mitbeteiligte einen Vorlageantrag stellte.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde der Mitbeteiligten gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 Folge und setzte die Einkommensteuerunter Zugrundelegung negativer Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen gemäß § 30 EStG 1988 neu fest. Es sprach weiters aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig sei.
5 Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, die Mitbeteiligte habe im Jahr 2004 eine bebaute Liegenschaft mit näher genannten Anschaffungskosten die laut Anlageverzeichnis im näher dargelegten Ausmaß auf Grund und Boden einerseits und Gebäude andererseits entfielen erworben. Einen Teil des Gebäudes (18,37 %) habe die Mitbeteiligte vermietet und eine kumulierte AfA in näher angeführter Höhe geltend gemacht.
6 In der Nacht von 3. auf 4. Jänner 2012 sei es zu einem Brand gekommen, bei dem das Gebäude großteils zerstört worden sei. Die Mitbeteiligte habe in der Folge Versicherungsentschädigungen, die den entstandenen Schaden am Gebäude abgedeckt hätten, erhalten.
7 Im Jahr 2014 habe die Mitbeteiligte das Grundstück um einen näher genannten, (weit) unter den ursprünglichen Anschaffungskosten liegenden Preis verkauft. Im Kaufvertrag sei mehrmals ausgeführt worden, dass es sich bei dem Gebäude um eine „Brandruine“ handle. Darin werde u.a. folgendes festgehalten:
„Der Käufer nimmt genehmigend zur Kenntnis, dass das auf der vertragsgegenständlichen Liegenschaft befindliche Gebäude eine Brandruine ist, welche über keine funktionsfähige Heizung und teilweise über kein Dach verfügt
[...]
Beide Vertragsteile stellen fest, dass es sich bei dem auf der vertragsgegenständlichen Liegenschaft errichteten Gebäude um eine Brandruine handelt, welche objektiv abbruchreif ist.“
8 Zum Zustand des Gebäudes im Verkaufszeitpunkt führte das Bundesfinanzgericht aus, es habe im gesamten Haus weder Wasser noch Strom (die Anschlüsse seien vorhanden, aber unbrauchbar; die Kabel seien verschmort) gegeben, die Armaturen hätten teilweise gefehlt, es seien schwere Schäden durch Löschwasser entstanden. Der Keller und „Kostraum“ auf der südöstlichen Seite seien nutzbar, die Räume darüber allerdings nur nach aufwändiger Renovierung. Die „Durchfahrt“ weise schwere Mauerschäden aufgrund des Löschwassers auf. Es sei nur ein provisorisches Dach (Abdeckung mit Holzbrettern) vorhanden. Der Haustechnikkeller sei desolat, der „linke Bereich“ des Erdgeschoßes bestehe nur noch aus Grundmauern mit provisorischem Dach. Das angrenzende „Stadelgebäude“ sei sanierungsbedürftig (speziell das Dach), der „hinten liegende“ Stadel weise einen dem Alter entsprechenden Zustand auf.
9 Das nach dem Brand verbliebene Gebäude sei im Veräußerungszeitpunkt wertlos gewesen.
10 Auch das Finanzamt habe der Mitbeteiligten vorgehalten, dass das Gebäude beim Verkauf wertlos gewesen sei und sie aufgefordert, ihre gegenteilige Behauptung entsprechend nachzuweisen; ein solcher Nachweis sei nicht erfolgt.
11 In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesfinanzgericht, entsprechend der vor dem 1. StabG 2012 geltenden Rechtslage sei die ertragsteuerliche Behandlung von Grundstücken von der sogenannten „Einheitstheorie“ geprägt gewesen. Nach dieser Theorie habe der Grundstücksbegriff den Grund und Boden und das Gebäude gesamthaft als ein einheitliches Wirtschaftsgut umfasst. Diese auf den Reichsfinanzhof zurückgehende und einige Jahrzehnte lang in der Judikatur des deutschen Bundesfinanzhofs fortgeführte Sichtweise sei auch vom Verwaltungsgerichtshof übernommen und bis zum Inkrafttreten des 1. StabG 2012 beibehalten worden.
12 Der Unterschied zwischen dem teilweisen Wertverlust und Untergang eines Gebäudes habe auf Grund der Aufgabe der Einheitstheorie mitunter auch steuerliche Konsequenzen: Sinke der Wert eines Gebäudes auf einen unter den Anschaffungskosten liegenden Betrag, werde im Fall der Veräußerung zu diesem Preis ein Veräußerungsverlust realisiert. Werde das Gebäude dagegen zerstört, sei eine Veräußerung desselben und somit die Realisierung des Verlustes nicht mehr möglich, weil bei einer Veräußerung von bloßem Grund und Boden auch nur dessen Anschaffungskosten für die Ermittlung der Einkünfte berücksichtigt werden könnten. Abweichend davon könnten die Anschaffungskosten von Grund und Boden und inzwischen zerstörtem Gebäude dann bei der Veräußerung des Grund und Bodens abgezogen werden, wenn zum Zeitpunkt der Anschaffung des bebauten Grundstückes noch die Einheitstheorie wirksam gewesen sei und Grund und Boden und Gebäude daher ein einheitliches Wirtschaftsgut dargestellt hätten.
13 Dies gelte auch dann, wenn der Steuerpflichtige für das zerstörte Gebäude eine Versicherungsentschädigung erhalten habe. Ebenso spiele es insoweit keine Rolle, ob das Gebäude vermietet worden sei.
14 Die Einkünfte der Mitbeteiligten aus der Grundstücksveräußerung seien somit negativ. Es habe daher keine Berücksichtigung von Einkünften aus Grundstücksveräußerungen zu erfolgen.
15 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Bundesfinanzgericht mit der fehlenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Fragen, wie bei vor dem 1. April 2012 erworbenen Grundstücken die Zerstörung von Gebäuden bei der Ermittlung der Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen zu berücksichtigen sei sowie inwieweit dabei erhaltene Versicherungsentschädigungen zu berücksichtigen seien.
16Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Amtsrevision, in der zur Zulässigkeit ergänzend vorgebracht wird, es liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, ob das Abzugsverbot für Aufwendungen und Ausgaben, die in unmittelbarem Zusammenhang mit nicht steuerpflichtigen Einkünften stünden, unmittelbare Auswirkungen auf die Berücksichtigung der Anschaffungskosten eines Gebäudes im Rahmen der Einkünfteermittlung nach § 30 Abs. 3 EStG 1988 habe. Eine Ausdehnung des Abzugsverbotes auf Aufwendungen und Ausgaben, die wirtschaftlich den Werbungskosten entsprächen, steuerlich aber den Anschaffungskostennebenkosten zugeordnet würden, sei nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht unsachlich (Verweis auf VfGH 14.6.2017, G 336/2016). Offen sei aber, ob das Abzugsverbot des § 20 Abs. 2 EStG 1988 auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung den Abzug von Anschaffungskosten einschränke, wenn diese für die Ermittlung von Einkünften von den Einnahmen in Abzug zu bringen seien.
17Weiters fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch zur Frage, ob im Falle der Beschädigung eines Gebäudes, wodurch dessen Anschaffungskosten grundsätzlich zum Teil als Werbungskosten im Wege der Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) einkünftemindernd zu berücksichtigen seien, im Veräußerungsfall für die Ermittlung der Einkünfte nach § 30 Abs. 3 EStG 1988 auch dann in einem gekürzten Umfang zu berücksichtigen seien, wenn die AfaA wegen des unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhanges mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen dem Abzugsverbot unterlegen sei.
18 Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung ohne Kostenantrag.
19 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
20 Die Revision ist zulässig und begründet.
21Gemäß § 30 Abs. 1 EStG 1988 (idF ab Inkrafttreten des 1. StabG 2012, BGBl. I Nr. 22/2012) sind private Grundstücksveräußerungen Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (grundstücksgleiche Rechte).
22Gemäß § 30 Abs. 3 EStG 1988 (idF ab Inkrafttreten des 1. StabG 2012, BGBl. I Nr. 22/2012) ist als Einkünfte der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten anzusetzen. Die Anschaffungskosten sind um Herstellungsaufwendungen und Instandsetzungsaufwendungen zu erhöhen, soweit diese nicht bei der Ermittlung von Einkünften zu berücksichtigen waren.
23Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, ist die Frage, was das Einkommensteuergesetz unter dem Begriff „Grundstück“ verstanden wissen will, unter Bedachtnahme auf den Zweck der jeweiligen Gesetzesbestimmung und die Gesetzessystematik zu ermitteln (vgl. VwGH 27.5.2025, Ro 2024/15/0018, mwN).
24 Im vorliegenden Fall hat die Mitbeteiligte nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes ein mit einem (beschädigten) Gebäude bebautes Grundstück veräußert. In der Amtsrevision wird auch nicht in Abrede gestellt, dass es sich bei der auf dem veräußerten Grundstück befindlichen Baulichkeit trotz ihrer vom Bundesfinanzgericht festgestellten Wertlosigkeit aufgrund der entstandenen Brandschädenum ein Gebäude handelt. Wird aber ein mit einem Gebäude bebautes Grundstück veräußert, sind die Einkünfte grundsätzlich gemäß § 30 Abs. 1 iVm Abs. 3 EStG 1988 durch Abzug der (historischen) Anschaffungskosten (allenfalls Herstellungskosten) sowohl des Grund und Bodens als auch des Gebäudes vom Veräußerungserlös zu ermitteln.
25 Das Finanzamt ist allerdings mit der in der Amtsrevision vertretenen Rechtsansicht, wonach eine (im außerbetrieblichen Bereich) nicht steuerbare Versicherungsentschädigung für den beim Gebäude eingetretenen Wertverlust im Rahmen der Einkünfteermittlung zu berücksichtigen ist, im Recht.
26Gemäß § 20 Abs. 2 erster Teilstrich EStG 1988 dürfen bei der Ermittlung der Einkünfte Aufwendungen und Ausgaben nicht abgezogen werden, soweit sie mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Diese Bestimmung ist Ausdruck des allgemeinen steuerlichen Rechtsgrundsatzes, wonach der fehlenden Steuerpflicht auf der einen Seite das Abzugsverbot auf der anderen Seite gegenübersteht (vgl. VwGH 19.2.2025, Ra 2025/13/0008, mwN). Für die Verknüpfung von Ausgaben und Einnahmen hat der Gesetzgeber auf den „unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang“ abgestellt. Hiefür genügt ein klar abgrenzbarer, objektiver Zusammenhang zwischen beiden Größen (vgl. VwGH 27.7.2016, Ra 2015/13/0043, mwN).
27 Entschädigungen für Wertminderungen von bebauten oder unbebautenGrundstücken (zu denen auch Ersatzleistungen auf Grund eines Versicherungsvertrages gehören), sind im außerbetrieblichen Bereich (anders im betrieblichen; vgl. VwGH 22.9.2021, Ra 2020/15/0003, mwN) weder im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 28 EStG 1988 (vgl. dazu VwGH 31.1.2018, Ro 2016/15/0034; 28.3.2012, 2008/13/0242; 19.9.1989, 89/14/0107; siehe dazu etwa Bodis/Hammerl/Weigand in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn , EStG 23, § 28 Tz 11/2) noch als Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen gemäß § 30 Abs. 1 EStG 1988 (es liegt gerade kein Veräußerungsgeschäft vor) zu erfassen und daher nicht steuerbar (siehe dazu etwa Jakom/Kanduth Kristen , EStG, 2025, § 30 Rz 18; Kampitsch/Reinold in Hofstätter/Reichel , EStG 73 § 30 Rz 21).
28Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfolgt bei der Ermittlung der Einkünfte aus Spekulationsgeschäften eine Annäherung an die Regelung im betrieblichen Bereich. Mit § 30 Abs. 4 EStG 1988 (idF vor dem BBG 2011, insoweit durch dieses aber nicht verändert) wurde das Abflussprinzip des § 19 Abs. 2 EStG 1988 durchbrochen; alle Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen aus der Anschaffung des Spekulationsobjektes und seiner Erhaltung bis zur Veräußerung erwachsen, waren in einer Art Vermögensvergleich dem Veräußerungserlös gegenüberzustellen und solcherart der Überschuss bzw. Verlust aus dem Spekulationsobjekt zu ermitteln (vgl. VwGH 20.10.2022, Ra 2022/13/0017; 25.4.2018, Ra 2016/13/0012).
29 Auch bei der Ermittlung der Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen wirkt sich der Aufwand aus der Anschaffung des Grundstücks (damit insbesondere auch die Anschaffungsoder Herstellungskosten) erst im Zeitpunkt der Veräußerung aus, indem dieser Aufwand vom erzielten Veräußerungserlös in Abzug gebracht wird. Damit handelt es sich bei den Anschaffungskosten um Aufwendungen, die gemäß § 20 Abs. 2 erster Teilstrich EStG 1988, soweit sie mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, bei der Ermittlung der Einkünfte nicht abgezogen werden dürfen. Wird wie im vorliegenden Revisionsfallder beim Steuerpflichtigen entstandene und aufgrund der Beschädigung frustrierte Aufwand aus der Anschaffung des Grundstücks bzw. Gebäudes durch eine nicht steuerbare Versicherungsleistung ersetzt, steht diese Versicherungsleistung im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit diesem Aufwand. Bei der Ermittlung der bei Veräußerung des Grundstücks erzielten Einkünfte gemäß § 30 Abs. 3 EStG 1988 ist der Aufwand aus der Anschaffung somit die Anschaffungskosten in einem derartigen Fall um die empfangene Versicherungsleistung entsprechend zu kürzen (vgl. auch Quantschnigg/Schuch , Einkommensteuer Handbuch, § 30 Tz 35).
30Das angefochtene Erkenntnis war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am 23. Oktober 2025
Rückverweise