Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Samm, die Senatspräsidentin Dr. Pollak und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Kreil, über die Revision der Z GmbH in I, vertreten durch die Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH Co KG in 1010 Wien, Schubertring 6, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 28. November 2022, Zl. LVwG 2022/37/2406 7, betreffend Parteistellung im Verfahren zur Übertragung einer Krankenanstalt nach dem Tiroler Krankenanstaltengesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Tiroler Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. Dr. S K, Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Z GmbH in I, und 2. A GmbH in I, vertreten durch die Freshfields Bruckhaus Deringer Rechtsanwälte PartGmbB in 1090 Wien, Peregringasse 4), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat den Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von jeweils € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit Bescheiden vom 6. August 2001 und vom 22. November 2001 erteilte die belangte Behörde der Rechtsvorgängerin der Revisionswerberin die krankenanstaltenrechtliche Errichtungs- bzw. die Betriebsbewilligung für eine private Krankenanstalt in der Rechtsform eines selbständigen Ambulatoriums zur operativen Behandlung von Fehlsichtigkeiten des menschlichen Auges an einem näher genannten Standort in Innsbruck.
2 Mit Beschluss vom 20. Mai 2021 eröffnete das Landesgericht Innsbruck auf Antrag der Revisionswerberin das Konkursverfahren über das Vermögen der Revisionswerberin und bestellte den Erstmitbeteiligten zum Masseverwalter. Die von der Revisionswerberin ebenfalls beantragte Schließung des Unternehmens wurde mit Beschluss des Insolvenzgerichtes vom 7. Juni 2021 bewilligt.
3 Auf Antrag der beiden Mitbeteiligten bewilligte die belangte Behörde mit Bescheid vom 8. August 2022 gemäß § 6 Abs. 1 und 2 iVm. § 3a Abs. 2 lit b und f Tiroler Krankenanstaltengesetz (Tir KAG) die Übertragung der privaten Krankenanstalt von der Revisionswerberin auf die Zweitmitbeteiligte als neue Rechtsträgerin und nahm die freiwillige Betriebsunterbrechung zur Kenntnis.
4Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Beschluss wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den genannten Bescheid mangels Parteistellung zurück. Gleichzeitig sprach es gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
5 Das Verwaltungsgericht stellte über den oben dargestellten Verfahrensgang hinaus fest, das gesamte Anlage- und Umlaufvermögen der Gemeinschuldnerin sei verkauft und der Mietvertrag über die Betriebsanlage aufgekündigt worden. Der Masseverwalter habe dem Insolvenzgericht die mit der Zweitmitbeteiligten abgeschlossene Vereinbarung zur Übertragung der krankenanstaltenrechtlichen Bewilligungen zur Kenntnis gebracht und deren Nichtuntersagung beantragt. Das Insolvenzgericht habe mit Beschluss vom 12. Mai 2022 die Nichtuntersagung dieser Vereinbarung ausgesprochen. Die Zweitmitbeteiligte sei seit April 2022 Mieterin der früheren Betriebsräumlichkeiten der Revisionswerberin in Innsbruck und habe geplant, den Betrieb der Krankenanstalt mit 1. April 2023 aufzunehmen. Das Insolvenzverfahren sei noch anhängig. Eine Löschung der Revisionswerberin im Firmenbuch sei bislang nicht erfolgt.
6Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Revisionswerberin durch Beschluss des Insolvenzgerichts vom 20. Mai 2021 sei gemäß § 2 Abs 1 Insolvenzordnung (IO) das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen der Revisionswerberin und damit die Insolvenzmasse der freien Verfügung der Revisionswerberin entzogen worden. Ab diesem Zeitpunkt sei die Vertretungsbefugnis betreffend die Insolvenzmasse gemäß § 83 IO auf den bestellten Masseverwalter und damit den gesetzlichen Vertreter übergegangen.
7 Strittig sei, ob es sich wovon die Revisionswerberin im Hinblick auf ihre Parteistellung ausgehe bei der Errichtungs- und der Betriebsbewilligung für das Augenambulatorium um höchstpersönliche und damit nicht verwertbare Rechte handle. Die vom Landesgesetzgeber geschaffene Möglichkeit der Übertragung krankenanstaltenrechtlicher Bewilligungen mache deutlich, dass diesanders als bei Gewerbelizenzen und Gewerbeberechtigungen, welche nach § 38 Abs. 1 GewO 1994 nicht übertragbar seien nicht der Fall sei. Die Bewilligungen für das Ambulatorium seien daher Teil der Insolvenzmasse, zu deren Verwertung in Form der Übertragung der Krankenanstalt an die Zweitmitbeteiligte der Erstmitbeteiligte als Masseverwalter befugt gewesen sei. Daraus folge, dass der nicht durch den Masseverwalter vertretenen Revisionswerberin mangels Parteistellung im Verfahren zur Übertragung der Krankenanstalt keine Beschwerdelegitimation zukomme.
8 Gegen diesen Beschluss des Verwaltungsgerichts richtet sich die vorliegende, unter Anschluss der Verfahrensakten vorgelegte außerordentliche Revision, zu der die Mitbeteiligten im vom Verwaltungsgerichtshof eingeleiteten Vorverfahren jeweils eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet haben, die Revision kostenpflichtig zurück- bzw. abzuweisen.
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).
10Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
11Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (vgl. etwa VwGH 15.1.2024, Ra 2023/11/0120, mwN).
12 Das Tiroler Krankenanstaltengesetz (Tir KAG), LGBl. Nr. 5/1958 idF LGBl. Nr. 161/2021, lautet auszugsweise:
„§ 3a
(1) Die Landesregierung hat über ein Ansuchen um die Erteilung der Errichtungsbewilligung mit schriftlichem Bescheid zu entscheiden.
(2) Die Errichtungsbewilligung ist zu erteilen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
a) ...
b) Das Eigentum an der für die Krankenanstalt vorgesehenen Betriebsanlage oder das sonstige Recht zu deren Benützung muß nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht werden.
...
f) Der Bewilligungswerber muss volljährig, entscheidungsfähig und verlässlich sein. Bei juristischen Personen oder eingetragenen Personengesellschaften hat die zur Vertretung nach außen berufene Person diese Voraussetzungen zu erfüllen. Als nicht verlässlich sind insbesondere Personen anzusehen, die
1. nach den gewerberechtlichen Vorschriften von der Ausübung eines Gewerbes auszuschließen sind oder
2. wegen Übertretung von Vorschriften auf dem Gebiet des Krankenanstaltenrechtes oder des Gesundheitswesens rechtskräftig bestraft worden sind und von denen deshalb ein ordnungsgemäßer Anstaltsbetrieb nicht erwartet werden kann.
...
§ 6
Verpachtung, Übertragung, Änderung der Bezeichnung
(1) Die Verpachtung einer Krankenanstalt, ihre Übertragung auf einen anderen Rechtsträger und jede Änderung ihrer Bezeichnung bedürfen der Bewilligung der Landesregierung.
(2) Die Verpachtung oder Übertragung einer Krankenanstalt oder eines ihrer Teile ist zu bewilligen, wenn der Pächter bzw. der neue Träger der Krankenanstalt die Voraussetzungen nach § 3a Abs. 2 lit. b und f erfüllt. Die Änderung der Bezeichnung ist zu bewilligen, wenn die neue Bezeichnung nicht zu Zweifeln über den Anstaltszweck führt und öffentliche Interessen nicht beeinträchtigt werden.
...“
Die InsolvenzordnungIO, RGBl. Nr. 337/1914 idF BGBl. I Nr. 29/2010, lautet auszugsweise:
„Beginn der Wirkung, Insolvenzmasse
§ 2. (1) Die Rechtswirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens treten mit Beginn des Tages ein, der der öffentlichen Bekanntmachung des Inhalts des Insolvenzedikts folgt.
(2) Durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Schuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Insolvenzverfahrens erlangt (Insolvenzmasse), dessen freier Verfügung entzogen.
...
§ 180. (1) ...
(2) Die Konkursmasse ist vom Masseverwalter, wenn es nicht zu einem Sanierungsplan kommt, zur gemeinschaftlichen Befriedigung der Konkursgläubiger zu verwenden.“
13Rechte und Bewilligungen zählen zum der Exekution unterworfenen Vermögen iSd. § 2 Abs. 2 IO, wenn ihre Pfändung zulässig ist. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist die Pfändung von Rechten, die als solche nicht übertragbar sind (zB höchstpersönliche Rechte) dann zulässig, wenn sie wenigstens ihrer Ausübung nach übertragen werden können (vgl. nur OGH 17.12.1980, 3 Ob 55/80, zur Bewilligung zum Betrieb eines Kindergartens; 15.9.1999, 3 Ob 218/99a, zu einer Schischulbewilligung; 26.8.2009, 3 Ob 126/09i, zu einer Bordellbewilligung). Der Verwaltungsgerichtshof kam etwa im Zusammenhang mit einem personengebundenen Wasserrecht zum Ergebnis, dass dieses Recht der Ausübung nach übertragbar und daher pfändbar sei, weshalb es zur Konkursmasse zähle (VwGH 26.3.2009, 2007/07/0127).
14 Gemäß § 6 Abs. 1 Tir KAG bedarf u.a. die Übertragung einer Krankenanstalt einer Bewilligung der Landesregierung. Sie ist zu erteilen, wenn der neue Träger der Krankenanstalt die Voraussetzungen nach § 3a Abs. 2 lit. b und f erfüllt (Abs. 2). Das Tir KAG geht also ausdrücklich von der Übertragbarkeit einer Krankenastalt auf einen neuen Rechtsträger aus.
15Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 15. Oktober 2015, Ro 2014/11/0031, im Zusammenhang mit den inhaltsgleichen Bestimmungen des Oö KAG (§ 9 leg. cit. entspricht § 6 Tir KAG) ausgeführt,
„dass mit der Bewilligung der Übertragung einer Krankenanstalt - weil über diese ohne neuerliche Beurteilung der Voraussetzungen für die Errichtungs- und Betriebsbewilligung (soweit sie nicht ausdrücklich in § 9 Oö. KAG 1997 genannt sind) zu entscheiden ist - auch bestehende krankenanstaltenrechtliche Errichtungs- und Betriebsbewilligungen mit den daraus erwachsenden Rechten und Pflichten (insbesondere Einhaltung von Auflagen und sonstigen Nebenbestimmungen) ex lege, somit unabhängig von einer diesbezüglichen Anordnung in einer Bewilligung gemäß § 9 leg. cit., auf den Erwerber der Krankenanstalt als nunmehrigen Bewilligungsinhaber übergehen.
Andernfalls müsste man nämlich (da das Oö. KAG 1997, wie erwähnt, die Übertragung bloß der Errichtungs- oder Betriebsbewilligung auf eine andere Person nicht vorsieht) davon ausgehen, dass der Erwerber einer ihm übertragenen Krankenanstalt diese losgelöst von den genannten Bewilligungen und den darin (insbesondere in Auflagen) vorgeschriebenen Verpflichtungen errichten und betreiben darf, was dem Gesetzgeber mangels entsprechender Anhaltspunkte im Oö. KAG 1997 nicht unterstellt werden kann.“
16 Anders als die zuvor erwähnten Bewilligungen sind krankenanstaltenrechtliche Bewilligungen somit nicht nur „der Ausübung nach“ übertragbar. Vielmehr wird der Erwerber, der die für eine Errichtungsbewilligung notwendigen Voraussetzungen (vorliegend des § 3a Abs. 2 lit b und f Tir KAG) erfüllt, bei Bewilligung der Übertragung einer Krankenanstalt selbst Inhaber der Berechtigungen.
17 Sind die krankenanstaltenrechtliche Errichtungs- und Betriebsbewilligung und die Krankenanstalt selbst nach § 6 Tir KAG aber übertragbar, zählen diese Rechte zu dem der Exekution unterworfenen Vermögen und damit im Insolvenzfallzur Insolvenzmasse iSd § 2 Abs. 2 IO.
Hinsichtlich dieses durch die Insolvenzeröffnung der freien Verfügung des Gemeinschuldners entzogenen Vermögens ist dieser verfügungsunfähig und insoweit prozessunfähig. Vielmehr ist der Masseverwalter insofern gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners (vgl. etwa VwGH 6.12.2022, Ra 2022/07/0066, mwN).
Ist aber der Masseverwalter allein verfügungsberechtigt über die Masse, kommt dem Gemeinschuldner in Verfahren betreffend die Verwertung der Masse (hier durch Übertragung der krankenanstaltenrechtlichen Bewilligungen) keine Parteistellung zu.
18 Die von der Zulässigkeitsbegründung der Revision aufgeworfene Frage, ob krankenanstaltenrechtliche Errichtungs- und Betriebsbewilligungen zur Insolvenzmasse gehören, über die im Insolvenzfall nur der Masseverwalter verfügungsberechtigt ist, kann also auf Basis des klaren Gesetzes iVm. der dazu bereits ergangenen Judikatur beantwortet werden, ohne dass es dazu weiterer Judikatur bedürfte.
19 Da das Verwaltungsgericht auf dieser Basis die Parteistellung der Revisionswerberin zutreffend verneint hat, hängt das Schicksal der Revision iSd. Art. 133 Abs. 4 B VG nicht von der Beantwortung der in der Zulässigkeitsbegründung weiter angesprochenen (generalisierenden) Fragen ab.
20 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
21Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff. VwGG iVm. der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 14. März 2025