Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr. in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, über die Revision der E E, vertreten durch die Jaeger Partner Rechtsanwälte OG in Linz, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 26. Juli 2023, LVwG 153750/12/KHu, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag nach der Oö. Bauordnung 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Gosau; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Dezember 2022 wurde der Revisionswerberin gemäß § 50 Abs. 3 Oö. Bauordnung 1994 Oö. BauO 1994 aufgetragen, binnen sieben Tagen die den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Nutzung eines näher bezeichneten Objektes auf einem Grundstück in G durch Unterlassung der touristischen Vermietung herzustellen.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass dem Spruch des angefochtenen Bescheides folgender Absatz angefügt wurde: „Von diesem Auftrag nicht umfasst ist die Vermietung eines abgegrenzten Teils der genannten Wohnung (etwa eines Schlafraumes), wenn Sie die Wohnung zur Deckung Ihres dauernden Wohnbedarfes nutzen und diese auch während des Zeitraums der Einmietung von Gästen bewohnen.“ Die Erfüllungsfrist setzte das Verwaltungsgericht mit vier Wochen ab Zustellung der Entscheidung fest. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass eine Revision gegen dieses Erkenntnis gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
3 Begründend führte das Verwaltungsgericht soweit hier maßgeblich aus, die Revisionswerberin sei Wohnungseigentümerin einer Wohnung in einem Gebäude in G mit insgesamt vier Wohnungen. Das Grundstück, auf dem sich das Gebäude befinde, sei im aktuell gültigen Flächenwidmungsplan als Bauland Wohngebiet gewidmet, wobei das Grundstück diese Widmung auch im Zeitpunkt der Baubewilligung aufgewiesen habe. Seit 20. November 2020 habe die Revisionswerberin ihren Hauptwohnsitz in der verfahrensgegenständlichen Wohnung gemeldet.
4 Die Wohnung werde auf einer näher bezeichneten Homepage als „Apartment E“ angeboten. Sie sei unter anderem mit zwei Schlafräumen, einer vollwertigen Küche, einem Wohnraum, einem Abstellraum, einem Badezimmer sowie einem WC ausgestattet. Gäste würden grundsätzlich die gesamte Wohnung mieten, wobei ihnen ein Abstellraum in der Wohnung und ein Kellerraum nicht zugänglich seien; in diesen Räumen würden (auch) private Gegenstände der Revisionswerberin gelagert. Ansonsten stehe Gästen die gesamte Wohnung zur alleinigen Nutzung zur Verfügung. Lediglich wenn Bekannte der Revisionswerberin die Wohnung nützten, könne es sein, dass sich (auch) die Revisionswerberin selbst in der Wohnung aufhalte. In einem Betrachtungszeitraum von 472 Tagen in der Zeitspanne von Mai 2021 bis August 2022 sei die Wohnung an 226 Tagen an fremde Gäste und an 246 Tagen „nicht an externe Gäste“ vergeben worden. Im Zeitraum von 1. Jänner bis 31. Mai 2023 sei die Wohnung an 52 Tagen an fremde Gäste vergeben worden. Die Revisionswerberin blockiere die Zeiträume für die Eigennutzung im Buchungsportal.
5 Die Zulässigkeit der Vermietung für touristische Zwecke sei anhand des Tatbestandes der Privatzimmervermietung iSd § 22 Oö. ROG 1994 zu prüfen. Der Entscheidung werde dabei das Vorbringen der Revisionswerberin, die Wohnung diene der Deckung ihres dauernden Wohnbedarfs und es liege in der Wohnung ein Hausstand der Revisionswerberin vor, zugrunde gelegt, wobei es auf die Frage, wo der melderechtliche Hauptwohnsitz iSd § 1 Abs. 7 Meldegesetz 1991 zu verorten sei, nicht ankomme. Aus näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergebe sich, dass das Vorliegen einer Privatzimmervermietung iSd § 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994 ein räumliches Naheverhältnis zum Hausstand des Vermieters voraussetze, wobei es sich um eine Beschäftigung im Rahmen des eigenen Hausstandes handeln müsse. Wenn die Revisionswerberin die gesamte Wohnung (oder alle relevanten Teile der Wohnung) vermiete, könne sie während dieser Zeit nicht dort wohnen und ihren Haushalt führen; sie stille dann ihr Wohnbedürfnis woanders. Während der Dauer der jeweiligen Mietverhältnisse fehle es somit an einem räumlichen Naheverhältnis zum Hausstand der Revisionswerberin sowie an der Beschäftigung „im Rahmen des eigenen Hausstandes“ (Hinweis auf VwGH 24.5.2022, Ro 2021/05/0012). Während der Zeit der Überlassung der gesamten Wohnung könne zudem nicht davon gesprochen werden, dass eine Unterordnung der Vermietung unter die anderen häuslichen Tätigkeiten erfolge, weil die Revisionswerberin dann keinen Haushalt in der besagten Wohnung führe (Hinweis auf VwGH 27.11.2003, 2002/06/0041). Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass es ausreichend wäre, wenn die Kriterien der häuslichen Nebenbeschäftigung bloß während jener Zeiten, in denen die Vermietung gerade nicht erfolgt weil die Revisionswerberin die Wohnung dann selbst bewohnt vorhanden wären. Während der Dauer der Mietverhältnisse seien die Voraussetzungen für das Vorliegen der Privatzimmervermietung iSd § 22 Abs. 1 Oö. ROG 1994 daher nicht erfüllt. Im Ergebnis verstoße die Revisionswerberin während jener Zeiten, in denen sie die gesamte Wohnung für touristische Zwecke überlasse, gegen die Flächenwidmung. Der Bauauftrag der belangten Behörde finde in der Oö. BauO 1994 jedenfalls seine Deckung, jedoch sei die ausgesprochene pauschale Untersagung der touristischen Vermietung zumindest potentiell überschießend, weil im Wohngebiet die Privatzimmervermietung grundsätzlich zulässig sei, weshalb eine Spruchkorrektur vorzunehmen gewesen sei.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob eine gemäß § 22 Oö. ROG 1994 im Bauland Wohngebiet gelegene Wohnung, die der Deckung des dauernden Wohnbedürfnisses einer Person diene, in der ein Hausstand dieser Person vorliege und an welcher der Hauptwohnsitz dieser Person gemeldet sei, in Zeiten, in denen diese Person die Wohnung nicht benötige, insbesondere wegen Urlaubs sowie Aufenthalts in der Wohnung des Freundes, wiederkehrend an (fremde) Personen kurzfristig vermietet werden dürfe. Damit in Zusammenhang stehend fehle Rechtsprechung zur Frage, ob der eigene Hausstand bzw. das Vorliegen eines Wohnungsverbandes aufgegeben werde, wenn eine Person temporär von einer solchen Wohnung aus den eben genannten Gründen abwesend sei.
11 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der iSd Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
12 Nach § 22 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 Oö. ROG 1994, LGBl. Nr. 114/1993 in der Fassung LGBl. Nr. 125/2020, sind als Wohngebiete solche Flächen vorzusehen, die für Wohngebäude für den dauernden Wohnbedarf bestimmt sind. Die Privatzimmervermietung im Ausmaß bis zu zehn Betten als häusliche Nebenbeschäftigung ist zulässig.
13 In dem die Revisionswerberin betreffenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 2022, Ro 2021/05/0012, wurde auf die Abgrenzung des Begriffs der „häuslichen Nebenbeschäftigung“ zur gewerblichen Tätigkeit unter Rückgriff auf § 2 Abs. 1 Z 9 Gewerbeordnung 1994 hingewiesen. Nach Artikel III der Bundes Verfassungsgesetznovelle 1974, BGBl. Nr. 444/1974, zählt die Privatzimmervermietung, also die durch die gewöhnlichen Mitglieder des eigenen Hausstandes als häusliche Nebenbeschäftigung ausgeübte Vermietung von nicht mehr als zehn Fremdenbetten, nicht zu den Angelegenheiten des Gewerbes iSd Art. 10 Abs. 1 Z 8 B VG.
14 Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass es sich bei der „häuslichen Nebenbeschäftigung“ um eine solche im Rahmen des eigenen Hausstandes handeln muss, welche somit ein Naheverhältnis zum Hausstand des Vermieters voraussetzt (vgl. etwa VwGH 18.4.2023, Ro 2020/06/0004, Rn. 16; 9.9.2024, Ra 2024/06/0127; vgl. erneut VwGH 24.5.2022, Ro 2021/05/0012, Rn. 26). Vergleichsmaßstab für die Unterordnung der Nebenbeschäftigung sind die anderen häuslichen Tätigkeiten, nicht aber eine weitere Erwerbstätigkeit. Im Vergleich zu den anderen häuslichen Tätigkeiten, das sind die in einem Haushalt bei Durchschnittsbetrachtung anfallenden Tätigkeiten, darf die häusliche Nebenbeschäftigung eine umfänglich nur untergeordnete Rolle einnehmen (vgl. VwGH 27.11.2003, 2002/06/0041).
15 Das Verwaltungsgericht begründete das Fehlen einer Beschäftigung der Revisionswerberin „im Rahmen des eigenen Hausstandes“ und der Unterordnung unter die anderen häuslichen Tätigkeiten damit, dass sie die gesamte Wohnung bzw. alle relevanten Teile der Wohnung vermietet habe, weshalb sie während der Dauer der Vermietung nicht dort gewohnt und daher auch den dortigen Haushalt nicht geführt habe. Das räumliche Naheverhältnis der Revisionswerberin würde anlässlich jeder Vermietung der gesamten Wohnung aufgegeben (Hinweis auf VwGH 18.4.2023, Ra 2023/06/0042).
16 Zu vergleichbaren Sachverhalten und Rechtsfragen hat sich der Verwaltungsgerichtshof mittlerweile mehrfach im Rahmen von Zurückweisungen der jeweiligen Revisionen geäußert (vgl. zur insoweit vergleichbaren Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. a Tiroler Privatzimmervermietungsgesetz VwGH 18.4.2023, Ra 2023/06/0042, auf das bereits das Verwaltungsgericht verwiesen hat, und VwGH 29.6.2023, Ra 2023/06/0095; zur vergleichbaren Begriffsbestimmung „Privatzimmervermietung“ des § 5 Z 10 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 vgl. erneut VwGH 9.9.2024, Ra 2024/06/0127). In allen Fällen erachtete der Verwaltungsgerichtshof die Beurteilung der Verwaltungsgerichte, der zufolge im Hinblick auf die Abwesenheit der Vermieter von den vermieteten Wohnungen im Zeitraum der Vermietung und der dadurch bedingten fehlenden Haushaltsführung nicht vom Vorliegen eines Wohnungsverbandes der Vermieter, in dessen Rahmen die Gäste hätten aufgenommen werden können, auszugehen sei, als nicht unvertretbar.
17 Die von der Revisionswerberin unter Bezugnahme auf die beiden erstgenannten Beschlüsse vertretene Ansicht, es sei diesen nicht zu entnehmen, dass die (zeitweise) vermietete Wohnung an sich der Deckung des Wohnbedarfs der jeweiligen Vermieterin gedient habe und dass dort ein Hausstand vorgelegen sei, vermag der Verwaltungsgerichtshof angesichts der anderslautenden Wiedergaben des Inhaltes der dort angefochtenen Entscheidungen in den genannten Beschlüssen nicht zu teilen. Eine Abweichung des gegenständlichen Revisionsfalles von den oben genannten Revisionsfällen vermag die Revisionswerberin auch nicht mit ihrem Vorbringen aufzuzeigen, sie habe ihren Hausstand bzw. Wohnungsverband nicht aufgelöst, weil sie nur temporär abwesend gewesen sei. Auch nach den den oben angeführten Beschlüssen zugrundeliegenden Sachverhalten handelte es sich um bloß vorübergehende Abwesenheiten der Vermieter (im Beschluss vom 9.9.2024, Ra 2024/06/0127, ging es beispielsweise um die Vermietung über einen Zeitraum von drei Tagen).
18 Mit der gegenständlichen Zulässigkeitsbegründung wurde vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung und der Vergleichbarkeit der Sachverhalte und Rechtsfragen sohin keine fehlende Rechtsprechung zum Vorliegen einer Beschäftigung im Rahmen des eigenen Hausstandes trotz Abwesenheit des Vermieters während der Dauer der Vermietung dargetan.
19 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 15. Oktober 2025