JudikaturVwGH

Ra 2023/06/0095 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
29. Juni 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofräte Mag. Rehak und Mag. Bayer als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, in der Revisionssache der M P in M, vertreten durch die Mag. Antonius Falkner Rechtsanwalt GmbH in 6414 Mieming, Barwies 329/5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 30. März 2023, LVwG 2022/26/3039 6, betreffend eine Übertretung des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2022 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Schwaz; mitbeteiligte Partei: Gemeinde Eben am Achensee), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde der Beschwerde der Revisionswerberin gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 18. Oktober 2022, mit welchem ihr eine Übertretung des § 13a Abs. 1 und 3 in Verbindung mit § 13 Tiroler Raumordnungsgesetz 2022 (TROG 2022) zur Last gelegt, über sie eine Geldstrafe in der Höhe von € 4.000 (Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden) verhängt und ihr ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt worden war, insofern Folge gegeben, als die verhängte Strafe auf € 3.000 (Ersatzfreiheitsstrafe auf 25 Stunden) herabgesetzt, der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens reduziert und der angefochtene Bescheid mit Maßgaben im Spruch bestätigt wurde. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

5 In seiner Begründung stellte das Verwaltungsgericht zunächst fest, dass die Revisionswerberin Eigentümerin eines näher bezeichneten Grundstückes sei und sich in dem auf diesem Grundstück befindlichen Gebäude 16 Wohneinheiten sowie zwei Geschäftslokale befänden, wobei kein Wohnungseigentum begründet worden sei. Die verfahrensgegenständliche Wohneinheit Top 15 im Dachgeschoß des Gebäudes sei weder im Freizeitwohnsitzverzeichnis der Gemeinde eingetragen noch habe die Revisionswerberin diese Wohnung als Freizeitwohnsitz angemeldet. Die Top 15 umfasse eine Küche, ein Schlafzimmer, ein Wohnzimmer, ein Bad/WC, einen Vorraum sowie einen Balkon und weise eine Wohnnutzfläche von 59,07 m 2 auf. Die Revisionswerberin habe die Wohnung Top 15 grundsätzlich selbst benützt und dort ihren Hauptwohnsitz begründet. In den Zeiträumen, in denen die Wohnung an ständig wechselnde Personen vermietet worden sei, habe sich die Revisionswerberin nicht mehr selbst in dieser Wohnung aufgehalten, sondern bei ihrem Sohn in der Wohnung Top 16, in anderen Wohnungen des gegenständlichen Gebäudes, aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit fallweise auswärts oder sie habe bei ihren fünf Autominuten entfernt wohnenden Eltern gewohnt bzw. genächtigt.

6 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass nach § 2 Abs. 1 lit. a Privatzimmervermietungsgesetz die zu vermietenden Wohnungen bzw. sonstigen Wohnräume zum gemeinsamen Hausstand des Vermieters gehören müssten, was jedenfalls dann der Fall sei, wenn die Gäste im Rahmen des Wohnungsverbandes des Vermieters in demselben Haus aufgenommen würden. Den Erläuternden Bemerkungen zu dieser Bestimmung lasse sich entnehmen, dass der häusliche Zusammenhang zwischen Haushaltsführung des Privatzimmervermieters und der Unterbringung von Gästen gewahrt sein müsse. Diesem Kriterium solle durch die Gesetzesnovelle dadurch Rechnung getragen werden, dass die zu vermietenden Wohnungen bzw. sonstigen Wohnräume zum Hausstand des Vermieters gehören müssten, was jedenfalls dann gegeben sei, wenn die Gäste im Rahmen des Wohnungsverbandes des Vermieters in demselben Haus aufgenommen würden.

7 Im Revisionsfall könne ein Wohnungsverband nicht erblickt werden, wenn die Revisionswerberin diesen Verband auflöse, indem sie aus ihrer Wohnung gleichsam vorübergehend ausziehe, die Wohnung an Gäste vermiete und dabei außerhalb des Gebäudes übernachte. Die Revisionswerberin habe im gegenständlichen Gebäude keine Haushaltsführung mehr gehabt, wenn diese Wohnung an Gäste vermietet gewesen sei und sie währenddessen auswärts genächtigt. Eine ausschließlich als Privatzimmervermietung zu qualifizierende Vermietung während des vorgeworfenen Zeitraumes sei daher zu verneinen.

8 Die gegenständliche Vermietung an ständig wechselnde Personen stelle weder eine ohnehin nicht behauptete reine Wohnraumvermietung dar noch könne diese als Privatzimmervermietung qualifiziert werden; auch unter der Annahme einer gastgewerblichen Beherbergung von Gästen seien die in § 13 Abs. 1 lit. a TROG 2022 genannten Voraussetzungen nicht erfüllt (wird näher ausgeführt).

9 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision führt die Revisionswerberin aus, es liege ein Begründungsmangel vor, weil sich das Verwaltungsgericht nicht mit dem von ihrem Rechtsvertreter in der mündlichen Verhandlung am 10. Februar 2023 abschließend erstatteten Vorbringen, wonach im Revisionsfall eine Vermietung gemäß § 13 Abs. 1 lit. d TROG 2022 erfolgt sei, auseinandergesetzt.

10 Weiters wird ausgeführt, dass das Verwaltungsgericht seine Rechtsansicht auf § 2 Abs. 1 lit. a Privatzimmervermietungsgesetz gestützt habe, zu welcher Bestimmung bislang keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege. Der Verwaltungsgerichtshof habe konkret die Rechtsfrage zu beantworten, ob ein Vermieter nach § 2 Privatzimmervermietungsgesetz bei Aufnahme von Gästen in seinem Haus für den Zeitraum der Anwesenheit seiner Gäste im Haus nächtigen und aufhältig sein müsse, um einen Wohnungsverband im Sinn des Gesetzes zu begründen.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

11 Zunächst ist festzuhalten, dass der Rechtsvertreter der Revisionswerberin in der mündlichen Verhandlung am 10. Februar 2023 abschließend vorgebracht hat, dass „eine Privatzimmervermietung gemäß § 13 Abs 1 lit d Tiroler Raumordnungsgesetz“ erfolgt sei. Da sich der Rechtsvertreter der Revisionswerberin in dieser Äußerung somit ebenso wie im gesamten, bis zu diesem Zeitpunkt durchgeführten Verfahren ausdrücklich auf eine erfolgte Privatzimmervermietung berufen hat, bestand für das Verwaltungsgericht allein aufgrund des Umstandes, dass bei dem nachfolgenden Gesetzeszitat die lit. d (statt auf die die Privatzimmervermietung regelnde lit. c) des § 13 Abs. 1 TROG 2022 genannt wird, keine Veranlassung für die Annahme, die Revisionswerberin hätte nunmehr das Vorliegen einer solchen Ferienwohnung behauptet, zumal die Anführung der falschen lit. auch auf einen Tippfehler, wie er der Revisionswerberin in Punkt 2.2 der Zulässigkeitsbegründung selbst unterlaufen ist, zurückgeführt werden kann. Der behauptete Begründungsmangel liegt daher nicht vor.

12 Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in einem anderen, dieselbe Revisionswerberin betreffenden Verfahren (vgl. VwGH 18.4.2023, Ra 2023/06/0042) festgehalten, dass es nach dem insoweit klaren Wortlaut des § 2 Abs. 1 lit. a Privatzimmervermietungsgesetz nicht genügt, wenn sich die vermietete Wohnung in demselben Haus wie die Wohnung des Vermieters befindet, sondern dass darüber hinaus die Gäste im Rahmen des Wohnungsverbandes des Vermieters aufgenommen werden müssen.

13 Zur zweiten Zulässigkeitsfrage existiert zudem bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die auf den Revisionsfall übertragen werden kann (vgl. VwGH 5.10.2016, Ra 2016/06/0118, mwN). So hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VwGH 18.4.2023, Ro 2020/06/0004, zur inhaltlich insoweit vergleichbaren Bestimmung des § 5 Z 10 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 mit näherer Begründung, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen, dass allein der Umstand, dass die vermietete Wohneinheit im selben Geschoßwohnbau wie die Vermieterwohnung liegt, bei fehlender räumlich funktioneller Verbindung der beiden Wohneinheiten das Vorliegen eines Hausverbandes nicht zu begründen vermag. Dies gilt umso mehr, wenn der Vermieter, wie im Revisionsfall die Revisionswerberin, über gar keine von ihr bewohnte (andere) Wohneinheit im selben Wohngebäude verfügt (vgl. dazu auch die im zuvor genannten Erkenntnis enthaltenen Ausführungen zu der aus kompetenzrechtlichen Gründen erforderlichen Abgrenzung der als häusliche Nebenbeschäftigung anzusehenden Privatzimmervermietung von der gewerblichen Tätigkeit). Im Revisionsfall ist das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Abwesenheit der Revisionswerberin im Zeitraum der Vermietung der gegenständlichen Wohnung und der dadurch bedingten fehlenden Haushaltsführung, zutreffend nicht vom Vorliegen eines Wohnungsverbandes der Revisionswerberin, in dessen Rahmen die Gäste hätten aufgenommen werden können, ausgegangen. Eine Unvertretbarkeit dieser einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes zeigt die Revision nicht auf (vgl. dazu VwGH 3.1.2023, Ra 2022/06/0243, mwN).

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 29. Juni 2023

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