Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der in der Revisionssache mitbeteiligten Parteien 1. H GmbH und 2. Mag. Ing. K, beide vertreten durch die Blum, Hagen und Partner Rechtsanwälte GmbH in 6800 Feldkirch, Liechtensteinerstraße 76, den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 17. Juli 2023, LVwG 434 1/2022 R6, mit dem der vom Bürgermeister der Landeshauptstadt Bregenz in Bregenz, vertreten durch die Thurnher Wittwer Pfefferkorn Partner Rechtsanwälte GmbH in 6850 Dornbirn, Messestraße 11, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 17. Mai 2023, 1. LVwG 434 1/2022 R6 und 2. LVwG 305 1/2022 R6, betreffend Auskunft nach dem UIG und dem L UIG, erhobenen Revision gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, gemäß § 30 Abs. 3 VwGG aufzuheben, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 3 VwGG wird dem Antragnicht stattgegeben.
1 Mit den angefochtenen, im Beschwerdeverfahren ergangenen Erkenntnissen des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg (Verwaltungsgericht) wurde der Antrag der Antragsteller auf Übermittlung von Umweltinformationen in Zusammenhang mit der Erlassung einer Fußgängerzonenverordnung der Stadt Bregenz gemäß § 1 Abs. 2 Landes Umweltinformationsgesetz zurückgewiesen (Spruchpunkt I.), jedoch gemäß § 8 iVm § 2 Umweltinformationsgesetz stattgegeben und der Behörde aufgetragen, die näher bezeichneten beantragten Umweltinformationen den Antragstellern mitzuteilen (Spruchpunkt II). Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für zulässig erklärt.
2 Mit Beschluss vom 17. Juli 2023, LVwG-434-1/2022-R6, gab das Verwaltungsgericht dem mit der dagegen gerichteten ordentlichen Revision der belangten Behörde (des Bürgermeisters der Stadt Bregenz) verbundenen Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, statt. Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, dass im Fall eines Erfolgs der Revision es nicht möglich wäre, eine bereits erfolgte Mitteilung der begehrten Information rückgängig zu machen, was einen unverhältnismäßigen Nachteil iSd § 30 Abs. 2 VwGG nämlich die Unwiederbringlichkeit der durch die Umsetzung der angefochtenen Entscheidung in die Wirklichkeit eintretenden Folgen begründe.
3 In der Revisionsbeantwortung stellten die Antragsteller an den Verwaltungsgerichtshof den Antrag, den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 17. Juli 2023 gemäß § 30 Abs. 3 VwGG aufzuheben. Dies begründeten sie im Wesentlichen damit, dass der Revisionswerber nicht ausreichend dargelegt habe, welche konkreten Nachteile ihm durch die Offenlegung der begehrten Umweltinformationen erwüchsen, und dass die bloße Behauptung, dass einmal herausgegebene Umweltinformationen nicht mehr zurückgefordert werden könnten, noch keine ausreichende Begründung für eine aufschiebende Wirkung darstelle.
4 Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
5 Von zwingenden öffentlichen Interessen im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG kann nur gesprochen werden, wenn die konkrete Interessenslage öffentliche Rücksichten berührt, die einen umgehenden Vollzug der angefochtenen Entscheidung gebieten. Der Umstand, dass öffentliche Interessen am Vollzug einer Maßnahme bestehen, berechtigt nicht ohne weiteres schon zur Annahme, dass eben diese Interessen auch eine sofortige Verwirklichung der getroffenen Maßnahmen zwingend gebieten (vgl. etwa VwGH 31.5.2022, Ra 2022/10/0063).
6 Bei der gemäß § 30 Abs. 2 VwGG gebotenen Interessenabwägung ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass die aufschiebende Wirkung ein die Funktionsfähigkeit des Rechtsschutzsystems der Verwaltungsrechtsordnung stützendes Element ist. Die Rechtsschutzfunktion des Verwaltungsgerichtshofes soll durch den Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses während der Dauer des Revisionsverfahrens nicht ausgehöhlt bzw. ausgeschaltet werden. Die Interessenabwägung schlägt daher in der Regel dann zugunsten der revisionswerbenden Partei aus, wenn der ihr durch den Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses (Beschlusses) drohende Nachteil im Falle eines Erfolges der Revision nicht (oder nur schwer) rückgängig gemacht werden könnte (vgl. etwa VwGH 1.9.2022, Ra 2022/10/0104, mwN).
7 Nach § 30 Abs. 3 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision Beschlüsse gemäß Abs. 2 von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn er die Voraussetzungen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben.
8 Das Verfahren nach § 30 Abs. 3 VwGG dient dazu, einerseits eine Überprüfung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes auf Basis der diesem bereits vorliegenden Entscheidungsgrundlagen und andererseits die Berücksichtigung von wesentlichen Änderungen, die auch die Stellung eines neuen Antrages rechtfertigen würden, zu ermöglichen (vgl. etwa VwGH 12.4.2022, Ra 2022/05/0023, mwN).
9 Dem nunmehr an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Antrag auf Aufhebung dieser Entscheidung nach § 30 Abs. 3 VwGG wird keine wesentliche Änderung der Voraussetzungen vorgebracht.
10 Nach dem oben Gesagten rechtfertigt die nicht näher konkretisierte Behauptung der Antragsteller, die begehrten Umweltinformationen stünden im Zusammenhang mit der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer und deren Zurückhaltung stellten jedenfalls eine Verletzung des öffentlichen Interesses dar, nicht die Aufhebung des Beschlusses über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, zumal angesichts des Umstandes, dass eine einmal erteilte Mitteilung der Umweltinformationen nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (vgl. dazu ausführlich erneut VwGH 31.5.2022, Ra 2022/10/0063), die Interessenabwägung zugunsten des Revisionswerbers ausfallen musste.
Wien, am 14. September 2023