Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident MMag. Maislinger sowie die Hofräte Dr. Terlitza und Dr. Horvath als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. in Schimpfhuber, über die Revision des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. September 2022, 1. W189 2256096 1/6E und 2. W189 22560951/5E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (mitbeteiligte Parteien: 1. mj. K A und 2. mj. H A, beide vertreten durch S E), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
1Mit dem angefochtenen Erkenntnis erteilte das Bundesverwaltungsgericht der Erstmitbeteiligten, einer russischen Staatsangehörigen, in der Sache antragsgemäß eine Aufenthaltsberechtigung plus nach § 55 Abs. 1 AsylG 2005 für die Dauer von 12 Monaten und hob eine gegen sie gerichtete Rückkehrentscheidung mit Nebenaussprüchen ersatzlos auf. Weiters stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass eine Rückkehrentscheidung gegen die Zweitmitbeteiligte, ebenso eine russische Staatsangehörige, in Bezug auf ihren Herkunftsstaat auf Dauer unzulässig sei und erteilte ihr ebenso eine Aufenthaltsberechtigung plus nach § 55 Abs. 1 AsylG 2005 für die Dauer von 12 Monaten. Die Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen mit der näher ausgeführten Begründung nach Art. 133 Abs. 4 BVG für zulässig, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, ob den mj. Mitbeteiligten mit Blick auf § 9 Abs. 5 Z 1 Integrationsgesetz auch ohne Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung eine Aufenthaltsberechtigung plus nach § 55 Abs. 1 AsylG 2005 oder aber nur eine (schlichte) Aufenthaltsberechtigung nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005 zu erteilen sei.
2 Gegen die in Bezug auf die Zweitmitbeteiligte mit der Feststellung der dauerhaften Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung verbundeneErteilung jeweils einer Aufenthaltsberechtigung plus nach § 55 Abs. 1 AsylG 2005 an die Mitbeteiligten richtet sich die vorliegende ordentliche Amtsrevision des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (Behörde), die sich der Zulässigkeitsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts im Wesentlichen anschließt und daran anknüpfend rügt, dass den Mitbeteiligten jeweils nur eine (schlichte) Aufenthaltsberechtigung nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005 anstelle der Aufenthaltsberechtigung plus nach § 55 Abs. 1 AsylG 2005 zuzuerkennen gewesen wäre.
3 Im Zuge der Bearbeitung der Revisionssache wurde vom Verwaltungsgerichtshof im Informationssystem Zentrales Fremdenregister erhoben, dass den Mitbeteiligten inzwischen jeweils ein Aufenthaltstitel „Rot Weiß RotKarte plus“ gemäß § 41a Abs. 9 NAG, zunächst mit Gültigkeit bis 1. September 2024 und zuletzt mit Gültigkeit bis 3. September 2028 erteilt wurde.
4 Im Hinblick darauf teilte der Verwaltungsgerichtshof der Behörde unter Einräumung einer Äußerungsmöglichkeit mit verfahrensleitender Verfügung vom 9. Oktober 2025 mit, dass die Revision mittlerweile als gegenstandslos geworden zu erachten sei.
5 Die Behörde gab innerhalb der eingeräumten Frist keine Äußerung ab.
6Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Revision mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde.
7 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist bei einer Revision nach Art. 133 Abs. 1 Z 1 BVG unter einer Klaglosstellung gemäß § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses eingetreten ist. Vielmehr liegt ein Einstellungsfall wegen Gegenstandslosigkeit insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber infolge Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Artkein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung hat und somit materiell klaglos gestellt wurde. Diese Judikatur gilt auch für Fälle einer Amtsrevision (vgl. VwGH 31.3.2025, Ra 2022/17/0041, mwN).
8 Ein Rechtsschutzbedürfnis liegt demnach nicht vor, wenn eine Entscheidung nur über abstrakttheoretische Rechtsfragen herbeigeführt werden soll, denen keine praktische Relevanz mehr zukommen kann. Das Rechtsschutzinteresse ist zu verneinen, wenn es (aufgrund der geänderten Umstände) für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, bzw. wenn die Erreichung des Verfahrensziels für ihn keinen objektiven Nutzen mehr hat, den in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen somit insoweit nur mehr theoretische Bedeutung zukommt (vgl. erneut VwGH 31.3.2025, Ra 2022/17/0041, mwN).
9 Vorliegend wurde nach dem oben Gesagten den Mitbeteiligten inzwischen jeweils ein Aufenthaltstitel „Rot Weiß RotKarte plus“ gemäß § 41a Abs. 9 NAG mit Gültigkeit zuletzt bis 3. September 2028 erteilt. Im Hinblick darauf kommt es jedoch auf die in der Revision aufgeworfene Frage, ob das Bundesverwaltungsgericht eine (schlichte) Aufenthaltsberechtigung nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005 anstelle der Aufenthaltsberechtigung plus nach § 55 Abs. 1 AsylG 2005 zu erteilen gehabt hätte, nicht mehr an. Diese Frage istda den Mitbeteiligten in der Zwischenzeit ohnedies jeweils der vorgenannte Aufenthaltstitel nach dem NAG rechtskräftig erteilt wurde und damit eine Titelerteilung gemäß § 55 AsylG 2005 nicht mehr in Betracht kommtohne praktische Relevanz (vgl. zu ähnlich gelagerten Fallkonstellationen VwGH 18.9.2024, Ra 2021/17/0166, mwN; sowie erneut VwGH 31.3.2025, Ra 2022/17/0041, mwN). Die Beantwortung der Frage wäre nur mehr von abstrakt theoretischem Interesse, für die Behörde hätte sie keinen objektiven Nutzen mehr. Gegenteiliges wurde auch von der Behörde nicht behauptet.
10In Anbetracht dessen war die Revision aufgrund des nachträglichen Wegfalls des rechtlichen Interesses der Behörde in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Wien, am 13. November 2025
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