Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner sowie die Hofräte Mag. Berger und Dr. Horvath als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der L Z, vertreten durch Mag. Alfons Umschaden, MBA, M.B.L., Rechtsanwalt in 1010 Wien, Domgasse 4/9, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. August 2021, W153 2238377 1/3E, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Ein Aufwandersatz wird nicht zugesprochen.
1.1. Die Revisionswerberin, eine chinesische Staatsangehörige, hält sich (jedenfalls) seit Dezember 2019 in Österreich bei ihren beiden hier lebenden minderjährigen Kindern auf. Am 12. Februar 2020 stellte sie den hier gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005.
1.2. Diesen Antrag wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 23. November 2020 gemäß § 58 Abs. 9 Z 2 AsylG 2005 als unzulässig zurück. Es führte dazu im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin verfüge über einen bis September 2024 gültigen slowenischen Aufenthaltstitel. Im Hinblick darauf sei sie jedoch berechtigt, einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG zu stellen. Der hier gegenständliche Antrag sei daher gemäß § 58 Abs. 9 Z 2 AsylG 2005 als unzulässig zurückzuweisen.
1.3. Die Revisionswerberin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde.
2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 31. August 2021 wies das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die Beschwerde der Revisionswerberin mit der Maßgabe, dass der Antrag gemäß § 58 Abs. 9 Z 1 AsylG 2005 zurückgewiesen werde als unbegründet ab. Es führte dazu im Wesentlichen aus wie bereits die Behörde im bekämpften Bescheid. Weiters hielt es fest, die Revisionswerberin habe einen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 49 NAG; jedenfalls sei nicht hervorgekommen, dass sie die diesbezüglichen Erteilungsvoraussetzungen nicht erfülle. Bereits das Vorliegen eines derartigen Anspruchs nach dem NAG (eine tatsächliche Antragstellung sei nicht erforderlich) reiche aus, um den Zurückweisungsgrund des § 58 Abs. 9 Z 1 AsylG 2005 zu verwirklichen.
Das Verwaltungsgericht sprach ferner aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
2.2. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die außerordentliche Revision (unter anderem) mit einem Antrag auf Kostenersatz. Die Revisionswerberin führt zur Zulässigkeit der Revision unter dem Gesichtspunkt eines Abweichens von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs im Wesentlichen aus, das Verwaltungsgericht sei davon ausgegangen, dass sie einen Aufenthaltstitel nach dem NAG beantragen könne und deshalb der hier gegenständliche Antrag als unzulässig zurückzuweisen sei. Es habe dabei jedoch die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen des § 49 NAG nicht näher geprüft, insbesondere habe es die insoweit gebotenen Erhebungen unterlassen (so habe es etwa die Revisionswerberin nicht gehört und die von ihr beantragte mündliche Verhandlung nicht durchgeführt). Bei Vornahme der erforderlichen Erhebungen hätte sich ergeben, dass die Erteilungsvoraussetzungen des § 49 NAG nicht erfüllt seien und daher der herangezogene Zurückweisungsgrund nicht verwirklicht sei.
3.1. Der Verwaltungsgerichtshof erhob im Zuge der Bearbeitung der Revisionssache, dass der Revisionswerberin aufgrund ihres Antrags vom 24. April 2024 mittlerweile ein Aufenthaltstitel nach dem NAG, und zwar eine „Rot Weiß Rot Karte“ gemäß § 41 Abs. 2 Z 1 NAG (Fachkraft in Mangelberufen) mit Gültigkeit von 10. Juni 2024 bis 10. Juni 2026 erteilt wurde.
3.2. Im Hinblick darauf teilte der Verwaltungsgerichtshof der Revisionswerberin unter Einräumung einer Äußerung mit verfahrensleitender Verfügung vom 29. August 2024 mit, dass die Revision mittlerweile als gegenstandslos geworden zu erachten sei.
3.3. Die Revisionswerberin gab innerhalb der dafür eingeräumten Frist keine Äußerung ab.
4.1. Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Revision mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde.
4.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, ist bei einer Revision nach Art. 133 Abs. 1 Z 1 B VG unter einer Klaglosstellung gemäß § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses eingetreten ist. Vielmehr liegt ein Einstellungsfall wegen Gegenstandslosigkeit insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber infolge Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung hat und somit materiell klaglos gestellt wurde (vgl. etwa VwGH 26.2.2024, Ra 2023/17/0130, Pkt. 5.2., mwN).
Ein Rechtsschutzbedürfnis liegt demnach nicht vor, wenn eine Entscheidung nur über abstrakt theoretische Rechtsfragen herbeigeführt werden soll, denen keine praktische Relevanz mehr zukommen kann. Das Rechtsschutzinteresse ist immer dann zu verneinen, wenn es (auf Grund der geänderten Umstände) für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, bzw. wenn die Erreichung des Verfahrensziels für ihn keinen objektiven Nutzen mehr hat, den in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen somit insoweit nur mehr theoretische Bedeutung zukommt (vgl. etwa VwGH 18.3.2024, Ra 2020/22/0081, Pkt. 3.2., mwN).
5.1. Vorliegend wies das Verwaltungsgericht den gegenständlichen Antrag (auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005) gemäß § 58 Abs. 9 Z 1 AsylG 2005 als unzulässig zurück, weil es davon ausging, dass ein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 49 NAG bestehe. Dem tritt die Revision mit dem Vorbringen entgegen, das Verwaltungsgericht habe die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen des § 49 NAG nicht entsprechend geprüft, andernfalls wäre es zum Ergebnis gelangt, dass die Erteilungsvoraussetzungen des § 49 NAG nicht erfüllt seien und folglich der herangezogene Zurückweisungsgrund nicht verwirklicht sei.
Nach den Erhebungen des Verwaltungsgerichtshofs wurde der Revisionswerberin freilich inzwischen ein Aufenthaltstitel gemäß § 41 Abs. 2 Z 1 NAG mit Gültigkeit bis Juni 2026 erteilt. Im Hinblick darauf kommt es jedoch auf die in der Revision aufgeworfene Frage, ob das Verwaltungsgericht zu Recht vom Vorliegen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 49 NAG ausging und ob aus dem Grund eine Zurückweisung des gegenständlichen Antrags gemäß § 58 Abs. 9 Z 1 AsylG 2005 zu erfolgen habe (oder nicht), nicht mehr an. Diese Frage ist da die Revisionswerberin inzwischen ohnehin über einen Aufenthaltstitel nach dem NAG verfügt und damit die Zuerkennung des beantragten (weiteren) Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 nicht mehr in Betracht kommt (siehe § 58 Abs. 9 Z 2 AsylG 2005; vgl. auch VwGH 30.4.2020, Ra 2017/22/0187, Pkt. 5.2. und 6.) ohne praktische Relevanz. Ihre Klärung wäre nur mehr von abstrakt theoretischem Interesse, für die Rechtsstellung der Revisionswerberin hätte sie keinen objektiven Nutzen mehr.
5.2. In Anbetracht dessen war die vorliegende Revision aufgrund des nachträglichen Wegfalls des rechtlichen Interesses der Revisionswerberin in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
6.1. Wird eine Revision ohne formelle Aufhebung der angefochtenen Entscheidung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses unter sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt, so ist die Kostenentscheidung nicht gemäß § 55 VwGG, sondern gemäß § 58 Abs. 2 VwGG zu treffen (vgl. etwa VwGH 25.3.2024, Ra 2021/17/0131 bis 0136, Pkt. 5.1., mwN).
6.2. Im Hinblick darauf, dass die Frage des hypothetischen Schicksals der Revision nicht ohne nähere Prüfung zu lösen wäre und die Entscheidung über den von der Revisionswerberin gestellten Kostenantrag daher einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Verwaltungsgerichtshof nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird (§ 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG).
Wien, am 18. September 2024
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