Rückverweise
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner sowie die Hofräte Mag. Berger und Dr. Horvath als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 31. Jänner 2022, W153 1433093 3/23E, betreffend Zurück bzw. Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bzw. 57 AsylG 2005 und Behebung einer Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen (mitbeteiligte Partei: K M, in O), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
1.1. Mit Bescheid vom 31. Jänner 2020 sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Behörde) aus, dass der Antrag des Mitbeteiligten, eines georgischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 abgewiesen, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Georgien festgestellt und eine 14-tägige Frist für seine freiwillige Ausreise eingeräumt werde.
1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Beschwerde und beantragte hilfsweise die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005.
1.3. Im September 2021 ehelichte der Mitbeteiligte seine Lebensgefährtin, eine - über einen Aufenthaltstitel „Rot Weiß Rot Karte plus“ verfügende russische Staatsangehörige.
2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis sprach das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgericht) über die Beschwerde des Mitbeteiligten gegen den Bescheid vom 31. Jänner 2020 wie folgt ab: Soweit mit dem Bescheid ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 versagt wurde, wies es die Beschwerde mit der Maßgabe, dass der betreffende Antrag gemäß § 58 Abs. 9 Z 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen werde, als unbegründet ab. Soweit mit dem Bescheid eine Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen erlassen wurde, gab es der Beschwerde statt und behob die diesbezüglichen Aussprüche ersatzlos. Soweit hilfsweise ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 beantragt wurde, wies es das Begehren ab. Ferner sprach es aus, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
2.2. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die gegenständliche außerordentliche Amtsrevision der Behörde, in der im Wesentlichen geltend gemacht wird, das Verwaltungsgericht habe die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem AsylG 2005 als unzulässig erachtet bzw. verwehrt, weil der Mitbeteiligte aufgrund seiner Ehe einen Aufenthaltstitel für Familienangehörige gemäß § 46 NAG beanspruchen könne. Es habe in dem Zusammenhang jedoch nicht hinreichend geprüft bzw. begründet, ob für einen solchen Anspruch sämtliche (insbesondere auch die allgemeinen) Erteilungsvoraussetzungen des 1. Teils des NAG erfüllt seien.
3.1. Im Zuge der Bearbeitung der Revisionssache wurde vom Verwaltungsgerichtshof im Informationssystem Zentrales Fremdenregister erhoben, dass dem Mitbeteiligten inzwischen ein Aufenthaltstitel „Rot Weiß Rot - Karte plus“ gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 NAG, mit Gültigkeit zunächst bis 6. September 2024 und zuletzt bis 7. September 2027, erteilt wurde.
3.2. Im Hinblick darauf teilte der Verwaltungsgerichtshof der Behörde unter Einräumung einer Äußerung mit verfahrensleitender Verfügung vom 11. März 2025 mit, dass die Revision mittlerweile als gegenstandslos geworden zu erachten sei.
3.3. Die Behörde gab innerhalb der eingeräumten Frist keine Äußerung ab.
4.1. Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Revision mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde.
4.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist bei einer Revision nach Art. 133 Abs. 1 Z 1 B VG unter einer Klaglosstellung gemäß § 33 Abs. 1 VwGG nicht nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses eingetreten ist. Vielmehr liegt ein Einstellungsfall wegen Gegenstandslosigkeit insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber - infolge Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art - kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung hat und somit materiell klaglos gestellt wurde (vgl. etwa VwGH 26.2.2024, Ra 2023/17/0130, Pkt. 5.2., mwN). Diese Judikatur gilt auch für Fälle einer Amtsrevision (vgl. etwa VwGH 18.3.2024, Ra 2020/22/0081, Pkt. 3.2., mwN).
4.3. Ein Rechtsschutzbedürfnis liegt demnach nicht vor, wenn eine Entscheidung nur über abstrakt theoretische Rechtsfragen herbeigeführt werden soll, denen keine praktische Relevanz mehr zukommen kann. Das Rechtsschutzinteresse ist zu verneinen, wenn es (aufgrund der geänderten Umstände) für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird, bzw. wenn die Erreichung des Verfahrensziels für ihn keinen objektiven Nutzen mehr hat, den in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen somit insoweit nur mehr theoretische Bedeutung zukommt (vgl. etwa VwGH 18.9.2024, Ra 2021/17/0166, Pkt. 4.2., mwN).
5.1. Vorliegend wurde nach dem oben Gesagten dem Mitbeteiligten inzwischen ein Aufenthaltstitel „Rot Weiß Rot Karte plus“ gemäß § 46 Abs. 1 Z 2 NAG mit Gültigkeit zuletzt bis September 2027 erteilt. Im Hinblick darauf kommt es jedoch auf die in der Revision aufgeworfene Frage, ob das Verwaltungsgericht zu Recht vom Vorliegen eines derartigen Anspruchs nach dem NAG ausging und ob infolge dessen eine Zurück- bzw. Abweisung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bzw. 57 AsylG 2005 sowie eine Behebung der Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen zu erfolgen habe, nicht mehr an. Diese Frage ist - da dem Mitbeteiligten in der Zwischenzeit ohnedies der vorgenannte Aufenthaltstitel nach dem NAG rechtskräftig erteilt wurde und damit eine Titelerteilung gemäß §§ 55 bzw. 57 AsylG 2005 sowie die Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen jedenfalls nicht mehr in Betracht kommt - ohne praktische Relevanz (vgl. zu ähnlich gelagerten Fallkonstellationen erneut VwGH 18.9.2024, Ra 2021/17/0166, diesmal Pkt. 5.1., mwN; 26.2.2024, Ra 2023/17/0130, diesmal Pkt. 7.1. bis 8.2.). Die Beantwortung der Frage wäre nur mehr von abstrakt-theoretischem Interesse, für die Behörde hätte sie keinen objektiven Nutzen mehr. Gegenteiliges wurde auch von der Behörde nicht behauptet.
5.2. In Anbetracht dessen war die Revision aufgrund des nachträglichen Wegfalls des rechtlichen Interesses der Behörde in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Wien, am 31. März 2025