JudikaturVwGH

Ra 2015/21/0119 2 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
16. Dezember 2015

Dem VwG ist anzulasten, dass es sich nicht ausreichend mit der noch erforderlichen Nachbehandlung der Oberschenkelverletzung des Fremden auseinandergesetzt hat. Im Hinblick auf die Thematisierung der Verletzung und der erforderlichen Nachbehandlung in der mündlichen Verhandlung stand nicht das Neuerungsverbot des § 20 Abs. 1 BFA-VG 2014 entgegen. Die Beurteilung des VwG, der Oberschenkelbruch des Fremden sei mittlerweile komplett verheilt, greift demgegenüber in Anbetracht der behauptetermaßen noch notwendigen Operation zur Entfernung des Marknagels zu kurz. Träfe es zu, dass diese Entfernung in Kuba - möglicherweise auch im Hinblick auf die spezifische Situation des Fremden - "nicht möglich sei", so hätte das in die Abwägung nach § 9 BFA-VG 2014 miteinbezogen werden müssen (vgl. E 28. April 2015, Ra 2014/18/0146 bis 0152; VfGH E 21. September 2015, E 332/2015). Da nicht ausgeschlossen ist, dass gegebenenfalls die Erlassung einer Rückkehrentscheidung wegen einer drohenden Verletzung des durch Art. 8 MRK geschützten Privatlebens des Fremden im Hinblick auf die noch in Österreich erforderliche Verletzungsnachbehandlung für vorübergehend unzulässig zu erklären gewesen wäre (wie im Fall des E 28. April 2015, Ra 2014/18/0146 bis 0152, ist auch hier nicht ersichtlich, dass es öffentliche Interessen erforderten, den Aufenthalt des Fremden in Österreich unter Außerachtlassen seiner gegenteiligen privaten Interessen unverzüglich zu beenden), ist der dargestellte Verfahrensfehler relevant.

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