JudikaturBVwG

W123 2300173-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
17. Oktober 2024

Spruch

W123 2300173-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Indien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.09.2024, Zl. 1355074801/231063650, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Indien, stellte am 01.06.2023 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 02.06.2023 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Der Beschwerdeführer gab zu seinem Fluchtgrund an, dass er von der indischen Regierung verfolgt werde, weil er den Führer „Amritpal“, der für die Gründung des „Khalistan“ sei, unterstützen würde. Der Führer „Amritpal“ sei bereits von der Regierung unauffindbar gemacht worden. Nun würden alle seine Anhänger verfolgt. Bei einer Rückkehr in seine Heimat befürchte der Beschwerdeführer, dass er wie der Führer unauffindbar gemacht werde.

3. Am 16.08.2024 fand die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) statt. Die Niederschrift lautet auszugsweise:

„[…]

F: Schildern Sie die Gründe, warum sie Ihr Heimatland verlassen und einen Asylantrag gestellt haben, von sich aus vollständig und wahrheitsgemäß und so detailreich wie möglich.

Sie werden darauf hingewiesen, dass falsche und vage Angaben die Glaubwürdigkeit Ihres

Vorbringens beeinträchtigen können.

A: Ich bin Befürworter von Khalistan. Das ist der Regierung nicht recht.

F: Hatten Sie eine wichtige Funktion oder Mitgliedschaft innerhalb der Bewegung inne oder waren Sie nur Unterstützer?

A: Ich war Unterstützer.

F: Wurden Sie als Einzelperson in Indien persönlich verfolgt oder bedroht? Was ist genau

geschehen?

A: Die Polizei hat mich verfolgt.

F: WH der Frage. Was genau ist passiert?

A: Ich war unterwegs und sie wollten uns dort einengen und festnehmen.

F: Wurden Sie dann festgenommen oder sind Sie entkommen? Bitte werden Sie genauer.

A: Ich bin entkommen.

F: Wann ist der Vorfall welcher die Ausreise auslöste genau geschehen?

A: 19. März. 2023.

F: Was war der eine Vorfall welcher Sie zur Ausreise bewegte - Bitte schildern Sie diesen Vorfall der Verfolgung detailreich und mit allen möglichen Einzelheiten.

A: Es wurde vielen Khalistan Anhängern ein Terroristen-Akt angehängt. Da war mir klar, dass es ernst wird und ich bin gegangen.

F: Sind Sie in Ihrer Heimat vorbestraft?

A: Nein.

F: Haben sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, Ihr Heimatland zu verlassen, vollständig geschildert?

A: Ja.

F: Was befürchten Sie im Falle Ihrer Rückkehr nach Indien?

A: Ich würde als Terrorist gesehen werden und inhaftiert werden.

[…]“

4. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage betrage (Spruchpunkt VI.).

5. Mit Schriftsatz vom 02.10.2024 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften. Unter der Überschrift „Ergänzendes Vorbringen“ führte der Beschwerdeführer aus, dass der Vorfall mit der Polizei an einem Nachmittag im Februar oder März 2023 stattgefunden habe. Der Beschwerdeführer und drei namentlich genannte Freunde, welche auch Unterstützer der Bewegung gewesen seien, seien an dem Tag hingegangen. Plötzlich sei die Polizei aufgetaucht, habe die Versammlung ohne Vorwarnung aufgelöst, die Gruppe weggejagt und einige festgenommen. Der Beschwerdeführer habe fliehen können. Am gleichen Tag habe der Beschwerdeführer das Land verlassen, da er eine Furcht vor seiner Verhaftung gehabt habe. In der Beschwerde wurde ferner darauf hingewiesen, dass für eine Verfolgungsgefahr keine besondere Exponiertheit erforderlich sei. Die indischen Behörden würden Mitglieder und Unterstützer der Bewegung unabhängig von der Intensität der Aktivität beobachten und verfolgen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Indien, gehört der Volksgruppe der Sikh an und bekennt sich zur Religionszugehörigkeit des Sikhismus. Seine Muttersprache ist Hindi/Punjabi.

Der Beschwerdeführer ist in Indien, XXXX , Bundesstaat Punjab, geboren und aufgewachsen. Er besuchte 12 Jahre die Grundschule und war Student.

Der Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos. In Indien leben sein Vater sowie seine beiden Schwestern, mit denen er in Kontakt steht. Ferner verfügt der Beschwerdeführer noch über viele Verwandte im Bundesstaat Punjab. Das Studium des Beschwerdeführers in Indien wurde von seinen Eltern finanziert.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine Familienangehörige in Österreich. Sonstige integrationsbegründende Merkmale im Bundesgebiet liegen nicht vor.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig sowie strafrechtlich unbescholten.

1.2. Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft machen, dass er bei einer allfälligen Rückkehr nach Indien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer wie immer gearteten Verfolgung ausgesetzt wäre bzw. ein besonderes Interesse an der Person des Beschwerdeführers besteht bzw. bestehen könnte.

Ferner konnte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen, dass er im Falle einer Abschiebung nach Indien in seinem Recht auf Leben gefährdet wird, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wird oder eine Rückkehr nach Indien für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

Im Fall seiner Rückkehr nach Indien verfügt der Beschwerdeführer zudem über die Möglichkeit, außerhalb seiner Heimatstadt zu leben und einer Beschäftigung nachzugehen.

1.3. Zum Herkunftsstaat (Auszug der Staatendokumentation):

Politische Lage

Letzte Änderung: 28.11.2023

Die 1950 (2 ½ Jahre nach Erlangung der Unabhängigkeit) in Kraft getretene Verfassung Indiens basiert auf der westlich-liberalen Staatstradition. Indien ist ein demokratischer Rechtsstaat mit einem Mehrparteiensystem (ÖB New Delhi 7.2023). Es steht – trotz partieller innenpolitischer Spannungen – auf einer soliden, säkular ausgerichteten Verfassung. Die föderal verfasste Republik verfügt über rechtsstaatliche Strukturen mit einem Mehrparteiensystem. Das Unionsparlament ist in zwei Kammern unterteilt. Das Oberhaus vertritt die Interessen der 28 Unionsstaaten und acht Unionsgebiete (AA 5.6.2023).

Der föderal strukturierten Republik gehören (nach der Abschaffung der Autonomie von Jammu, Kaschmir und Ladakh und Teilung in zwei Unionsterritorien im Jahr 2019) 28 Unionsstaaten (auch Bundes- oder Regionalstaaten) und acht direkt von der Zentralregierung verwaltete Unionsterritorien an. Das Prinzip der Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative (Parlament) und einer unabhängigen Justiz ist in der Verfassung verankert. Oberhaupt der Indischen Union ist der Staatspräsident, der von einem Gremium der Abgeordneten des Bundes und der Länder gewählt wird und großteils Repräsentativfunktionen wahrnimmt (ÖB New Delhi 7.2023; vgl. FH 2023). Zudem fungiert der indische Präsident auch als Oberbefehlshaber der Armee (KAS 7.2022). Der Präsident wird von den Gesetzgebern der Bundesstaaten und des Landes für eine fünfjährige Amtszeit gewählt (FH 2023). Neben seiner allgemeinen repräsentativen Funktion entscheidet der Präsident, welche Partei am besten in der Lage ist, eine Regierung zu bilden. Weiters umfassen seine legislativen Befugnisse u. a. die Auflösung oder Einberufung des Parlaments. Zu seinen exekutiven Befugnissen gehört die Ernennung des Obersten Richters Indiens aus einer Liste, die ihm vom Obersten Gerichtshof übermittelt wird (KAS 7.2022). Seit Ende Juli 2022 hat den Posten des Präsidenten erstmals eine indigene Frau inne, die der Santal-Gemeinschaft (einer der ältesten und größten indigenen Gruppen Indiens) angehört (KAS 7.2022).

Die Gewaltenteilung zwischen Parlament und Regierung folgt britischem Muster (AA 5.6.2023). Die Exekutive besteht aus dem Staatspräsidenten, dem Vizepräsidenten und dem Ministerrat mit dem Premierminister an der Spitze. Die Minister werden auf Vorschlag des Premierministers vom Staatspräsidenten ernannt. Der Staatspräsident steht formal der Regierung vor, die tatsächliche Macht liegt jedoch beim Premierminister und dem von ihm zusammengesetzten Ministerrat. Der Vizepräsident ist zugleich Vorsitzender des Oberhauses (Rajya Sabha) des Unionsparlaments. Der Premierminister und sein Kabinett sind kollektiv dem Unterhaus (Lok Sabha) verantwortlich (ÖB New Delhi 7.2023; vgl. FH 2023, USDOS 20.3.2023a).

In den Bundesstaaten liegt die Exekutive formal beim jeweiligen Gouverneur, der vom Staatspräsidenten ernannt wird, und dem Ministerrat, an dessen Spitze der Ministerpräsident (Chief Minister) steht. Der Gouverneur ernennt den Ministerpräsidenten und die von diesem vorgeschlagenen Minister, die kollektiv der gesetzgebenden Versammlung des Unionsstaates (Vidhan Sabha/Legislative Assembly) verantwortlich sind (ÖB New Delhi 7.2023).

Die Unionsterritorien werden direkt von der Zentralregierung verwaltet, wobei einige Unionsterritorien (Delhi, Puducherry) auch über eine eigene parlamentarische Versammlung und eine Regierung verfügen und somit de facto eine Zwischenstellung zwischen Regionalstaat und Unionsterritorium einnehmen (ÖB New Delhi 7.2023).

Seit fast sieben Jahrzehnten finden freie und faire Wahlen statt (BS 23.2.2022; vgl. FH 24.2.2022). Das Parteiensystem ist relativ stabil und gesellschaftlich verwurzelt, wobei allerdings informelle Verfahren, Fraktionszwang und Klientelismus vorherrschen (BS 23.2.2022).

Indien verfügt über eine weitverzweigte Parteienlandschaft, die von fortschreitender Regionalisierung und Parteineugründungen geprägt ist. Das frühere Zweiparteiensystem ist durch ein kompetitives (regional verankertes) Mehrparteiensystem abgelöst worden (ÖB New Delhi 7.2023). Neben den großen nationalen Parteien Kongress (in ihren Wurzeln sozialistisch inspirierte nationale Sammlungsbewegung), Bharatiya Janata Party (BJP, hindu-nationalistisch) sowie überregional wirkenden kommunistischen Parteien gibt es eine Vielzahl von Regionalparteien, die in einzelnen Bundesstaaten allein oder in Koalitionen die Landesregierungen bilden, aber auch auf nationaler Ebene zunehmend nach politischer Bedeutung streben (AA 5.6.2023).

Im April/Mai 2019 wählten etwa 900 Mio. Wahlberechtigte ein neues Unterhaus. Im System des einfachen Mehrheitswahlrechts („first past the post“) konnte die BJP unter der Führung des amtierenden Premierministers Narendra Modi ihr Wahlergebnis von 2014 nochmals verbessern. Der BJP-Spitzenkandidat und amtierende Premierminister Narendra Modi wurde im Amt bestätigt (AA 5.6.2023; vgl. KAS 4.2022). Die BJP gewann 37,76 % der Stimmen und 55,8 % der Sitze im Parlament. Hingegen errang die INC 19,7 % der Stimmen und 9,7 % der Parlamentssitze (India Votes, ohne Datum).

Die 28 Bundesstaaten und acht Unionsterritorien haben ein hohes Maß an Autonomie und tragen die Hauptverantwortung für Recht und Ordnung (USDOS 12.4.2022). Hinsichtlich der Staatlichkeit weist das Gewaltmonopol des Staates auf seinem Territorium geringe Probleme auf. Die große Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert den indischen Nationalstaat als legitim. Die Legitimität des Nationalstaates wird jedoch in abgelegenen Gebieten, in denen der Staat und seine Institutionen praktisch nicht vorhanden sind, die von kleinen ethnischen Gruppen und Stämmen bewohnt werden, und die auch durch die Präsenz von Rebellenorganisationen gekennzeichnet sind, in Frage gestellt (BS 23.2.2022).

Aktivisten und Minderheitengruppen zufolge wandelt sich Indien allmählich von einer säkularen multikulturellen Nation zu einem hinduistisch geprägten Staat. Unter der seit 2014 amtierenden Regierung von Premierminister Narendra Modi ist demnach der säkulare Charakter des Landes ins Hintertreffen geraten (DW 15.8.2022). Die Hindutva-Ideologie, von der sich die regierende BJP leiten lässt, befürwortet die Vorherrschaft der Hindus und sieht die Errichtung eines "Hindu-Staates" (einer "Hindu Rashtra") vor, wobei Nicht-Hindus nicht alle Rechte eingeräumt werden, die den Hindus zukommen (Böll 12.7.2022). Die BJP gehört zu einem Netzwerk von Organisationen, in dessen Zentrum die radikal hindunationalistische Kaderorganisation "Rashtriya Swayamsevak Sangh" (RSS) steht, die ursprünglich von den italienischen Faschisten in den Zwanzigerjahren inspiriert wurde (Böll 12.7.2022).

Die von der Bharatiya Janata Party (BJP) geführte Regierung setzte ihre systematische Diskriminierung und Stigmatisierung von religiösen und anderen Minderheiten, insbesondere von Muslimen, fort. BJP-Anhänger verübten zunehmend gewalttätige Angriffe gegen bestimmte Gruppen. Die hinduistische Mehrheitsideologie der Regierung spiegelte sich in der Voreingenommenheit der Institutionen, einschließlich der Justiz und der Verfassungsorgane wie der Nationalen Menschenrechtskommission, wider (HRW 12.1.2023).

Sicherheitslage

Letzte Änderung: 28.11.2023

Hinduradikale Gruppen verursachen immer wieder gewalttätige Auseinandersetzungen mit Angehörigen religiöser Minderheiten, v. a. Muslime, gelegentlich aber auch mit nicht traditionell eingestellten Hindus (AA 5.6.2023). Der gegen Minderheiten wie Muslime und Christen gerichtete Hindu-Radikalismus wird von offizieller Seite selten in die Kategorie Terror eingestuft, vielmehr als „communal violence“ bezeichnet. Das Innenministerium gibt jedoch seit 2017 keine entsprechenden Daten mehr weiter, und Zivilgesellschaften berichten, dass die Regierung nicht auf Auskunftsbegehren (nach dem Right to Information) reagiert (ÖB New Delhi 7.2023).

Insgesamt sind die meisten Inder tagtäglich keinen nennenswerten Sicherheitsbedrohungen ausgesetzt, mit einigen Ausnahmen in bestimmten, abgelegenen Gebieten. Diejenigen, die in Städten leben, können zivilen Unruhen ausgesetzt sein, einschließlich gewalttätiger Ausschreitungen, die von Zeit zu Zeit im ganzen Land auftreten. Die Ursachen für zivile Unruhen sind komplex und vielfältig und können ethnische und religiöse Spannungen, Aufstände und Terrorismus sowie politische und ideologische Gewalt umfassen. In den meisten Fällen werden die meisten Inder solche Situationen vermeiden (DFAT 29.9.2023). Über soziale Medien verbreitete Fehlinformationen führen gelegentlich zu Gewalt. Über Social-Media-Plattformen wie Facebook, Snapchat, Twitter, WhatsApp und YouTube werden Gerüchte über angebliche Straftaten verbreitet, die zu gelegentlichem Vigilantismus führen. Diese Ereignisse sind unvorhersehbar, bleiben aber meist lokal begrenzt (DFAT 29.9.2023). Das Potenzial von Eskalationen besteht vor allem zwischen hinduistischen und muslimischen Bevölkerungsgruppen. Es waren jedoch auch wiederholt Angriffe hinduistischer Fundamentalisten auf christliche Kirchen zu verzeichnen (EDA 14.11.2023).

Nach wie vor sind auch die sogenannten Ehrenmorde ein Problem, vor allem in Punjab, Uttar Pradesh und Haryana (mit geschätzten mehreren hundert Fällen jährlich) (ÖB New Delhi 7.2023). Diese sind i. d. R. darauf zurückzuführen, dass das Opfer gegen den Willen seiner Familie geheiratet hat oder heiraten will (USDOS 12.4.2022). Die Ahndung von Ehrenmorden ist schwierig, da diese oft als Selbstmord oder natürlicher Tod ausgelegt werden (ÖB New Delhi 7.2023; vgl. USDOS 12.4.2022).

Sicherheitslage in einzelnen Bundesstaaten

Die Streitkräfte des Landes, die Sicherheitskräfte der einzelnen Bundesstaaten und paramilitärische Kräfte lieferten sich Gefechte mit terroristischen Gruppen in mehreren östlichen Bundesstaaten sowie in Jammu und Kaschmir und mit maoistischen Terroristen im Norden, im Zentrum und im Osten des Landes. Die Intensität der Gewalt in diesen Gebieten nahm jedoch weiter ab (USDOS 20.3.2023b).

In den nordöstlichen Bundesstaaten, vor allem in Manipur, Meghalaya, Mizoram, Nagaland und Assam war über Jahrzehnte eine Vielzahl von Rebellengruppen aktiv. Die Regierung geht durch den Einsatz von Sicherheitskräften, Verhandlungen, Rehabilitierungsmaßnahmen und Budgeterstattungen für Sicherheitsmaßnahmen der Bundesstaaten dagegen vor (AA 5.6.2023).

Dem österreichischen Außenministerium (BMEIA) zufolge besteht in den westlichen Teilen von Ladakh ein hohes Sicherheitsrisiko (BMEIA 14.11.2023). Laut [deutschem] Auswärtigem Amt ist im Unionsterritorium Ladakh die Sicherheitslage grundsätzlich stabil. In den direkten Grenzregionen kann es zu Zusammenstößen zwischen indischen und pakistanischen und indischen und chinesischen Sicherheitskräften kommen (AA 5.6.2023).

Laut BMEIA besteht weiters ein hohes Sicherheitsrisiko in den Grenzgebieten und in der Gegend westlich von Mulbek, in den Gebieten entlang der pakistanischen und der chinesischen Grenze, in der unmittelbare Nachbarschaft zur pakistanischen Grenze, in den Bundesstaaten Rajasthan und Punjab sowie in den Gebieten westlich der Orte Jaisalmer und Bikaner. In den Bundesstaaten Chhattisgarh und Jharkand, in den östlichen Landesteilen von Maharashtra und Madhya Pradesh, sowie vereinzelt in Odisha und Bihar sind linksgerichtete Aufständische aktiv, die immer wieder Anschläge auf öffentliche Einrichtungen bzw. öffentliche Verkehrsmittel und Sicherheitskräfte verüben (BMEIA 14.11.2023).

In den nordöstlichen Bundesstaaten (Arunachal Pradesh, Assam, Nagaland, Manipur, Meghalaya, Mizoram und Tripura) sind vereinzelt aufständische Gruppen aktiv (BMEIA 14.11.2023; vgl. AA 14.11.2023). Diese führen dort einen Kampf gegen die Staatsgewalt und fordern entweder Unabhängigkeit oder mehr Autonomie (FH 2023). Gegen militante Gruppierungen, die für die Unabhängigkeit bestimmter Regionen eintreten und/oder radikalen (z. B. maoistisch-umstürzlerischen) Auffassungen anhängen, geht die Regierung mit großer Härte und Konsequenz vor. Sofern solche Gruppen der Gewalt abschwören, sind i.d.R. Verhandlungen über ihre Forderungen möglich. Gewaltlose Unabhängigkeitsgruppen können sich politisch frei betätigen (AA 5.6.2023; vgl. ÖB New Delhi 8.2021).

Der maoistische Aufstand in der ost- und zentralindischen Bergregion dauert an. Neben anderen Übergriffen haben die Rebellen angeblich illegale Steuern erhoben, Lebensmittel und Unterkünfte beschlagnahmt und Kinder und Erwachsene entführt und zwangsrekrutiert. Lokale Zivilisten und Journalisten, die als regierungsfreundlich gelten, wurden angegriffen (FH 2023). Die radikalen Gruppierungen operieren in weiten Teilen des östlichen Kernindiens, vor allem im sogenannten „Red Corridor“ (Schwerpunkte in Chhattisgarh, Odisha, Jharkand, Bihar, West Bengal). Ihre Gesamtzahl wird nunmehr auf unter 10.000 Personen geschätzt. Zwar stellen gewalttätige linksextremistische Gruppen (sog. „Naxaliten“ oder „maoistische Guerilla“) weiter eine innenpolitische Herausforderung für die indische Regierung dar; seit dem entschiedenen Vorgehen indischer Sicherheitskräfte (2009 – Operation Green Hunt) gepaart mit gezielter Wirtschaftsförderung in betroffenen Gebieten ist jedoch ein starker Rückgang dieser Gruppierungen zu verzeichnen (AA 5.6.2023).

Nachdem die Lage im Punjab in den letzten Jahren ruhig war, gab es im Frühjahr 2023 ein erneutes Aufflammen der seperatistischen Khalistan-Bewegung. Deren Anführer befindet sich nach seiner Flucht in Haft. Der Konflikt beschränkte sich auf Auseinandersetzungen zwischen bewaffneten Separatisten und der Polizei, Zivilisten waren nicht betroffen (ÖB New Delhi 7.2023).

Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung: 28.11.2023

Das Justizsystem gliedert sich in den Supreme Court: Oberstes Gericht mit Sitz in Delhi; als Verfassungsgericht regelt er die Streitigkeiten zwischen Zentralstaat und Unionsstaaten. Er fungiert auch als Appellationsinstanz für bestimmte Kategorien von Urteilen der untergeordneten Gerichte, namentlich bei Urteilen, welche eine Interpretation der Verfassung beinhalten oder bei Todesurteilen. Den High Court: Obergericht in jedem Unionsstaat. Kollegialgericht als Appellationsinstanz sowohl in Zivil- wie auch in Strafsachen. Er führt auch die Dienst- und Personalaufsicht über die Untergerichte des Staates, um so die Justiz von den Einflüssen der Exekutive abzuschirmen. Sowie dem Subordinate Civil and Criminal Courts: untergeordnete Gerichtsinstanzen in den Distrikten der jeweiligen Unionsstaaten, in Zivil- und Strafrecht aufgeteilt. Fälle werden durch Einzelrichter entschieden. Richter am District und Sessions Court entscheiden in Personalunion sowohl über zivilrechtliche wie auch strafrechtliche Fälle (als District Judge über Zivilrechtsfälle, als Sessions Judge über Straffälle). Unterhalb des District Judge gibt es noch den Subordinate Judge, unter diesem den Munsif für Zivilsachen. Unter dem Sessions Judge fungiert der 1st Class Judicial Magistrate, unter diesem der 2nd Class Judicial Magistrate, jeweils für minder schwere Strafsachen (ÖB New Delhi 7.2023).

Die Justiz ist in Indien von der Legislative und der Exekutive getrennt (DFAT 29.9.2023). Das Gesetz sieht eine unabhängige Justiz vor und die Regierung respektierte im Allgemeinen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz, doch kam es im Justizsystem zu Verzögerungen, Kapazitätsproblemen und Korruption auf den unteren Ebenen. Das Justizsystem war nach wie vor stark überlastet und verfügte nicht über moderne Fallverwaltungssysteme. Das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren ist gesetzlich verankert, außer in Verfahren, bei denen es um Amtsgeheimnisse oder die Sicherheit des Staates geht, und die Justiz hat dieses Recht im Allgemeinen durchgesetzt (USDOS 20.3.2023b). Die Justiz in Indien arbeitet formell unabhängig von den politischen Staatsorganen (FH 2023). Es gibt eine verfassungsmäßig garantierte unabhängige Gerichtsbarkeit mit dreistufigem Instanzenzug (AA 5.6.2023). Die häufig überlange Untersuchungshaft/Verfahrensdauer aufgrund überlasteter und unterbesetzter Gerichte sowie Korruption schränken die Rechtssicherheit aber deutlich ein (USDOS 20.3.2023b; vgl. FH 2023, ÖB New Delhi 7.2023). Sehr problematisch ist zudem die sehr lange Verfahrensdauer von Strafverfahren. Die Regeldauer (von der Anklage bis zum Urteil) beträgt mehrere Jahre; in einigen Fällen dauern Verfahren bis zu zehn Jahre. (AA 5.6.2023; vgl. ÖB New Delhi 7.2023). Ca. 77 % aller Gefangenen sind Untersuchungshäftlinge. Fast 71 % der Untersuchungshäftlinge sind zwischen drei Monaten und mehr als fünf Jahren in Haft (AA 5.6.2023). Auch der Zeugenschutz ist mangelhaft, was dazu führt, dass Zeugen aufgrund von Bestechung und/oder Bedrohung vor Gericht häufig nicht frei aussagen. Auch Zeugen können für ihre Vernehmung gemäß Strafprozessordnung über mehrere Tage inhaftiert werden, sofern Fluchtgefahr besteht: Fälle von Sippenhaft sollen nicht vorkommen (AA 5.6.2023).

In einigen ländlichen Gemeinden gibt es Dorfgerichte (manchmal nyaya panchayat genannt), die manche Inder dem formellen Rechtssystem vorziehen. Die Entscheidungen fallen schneller, sind gemeinschaftsbezogen und oft weniger anfällig für Korruption (DFAT 29.9.2023).

Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis lässt sich nicht feststellen und sieht keine unmenschlichen oder erniedrigenden Strafen vor. Die Strafzumessungen bewegen sich regelmäßig im unteren Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens. Allerdings sind vor allem die unteren Instanzen nicht frei von Korruption (AA 5.6.2023; vgl. ÖB New Delhi 7.2023), sind oft politisch besetzt bzw. agieren in vorauseilendem Gehorsam gegenüber lokalen Amtsträgern, wie beispielsweise Abgeordneten. Sehr problematisch ist die häufig sehr lange Verfahrensdauer in Folge von Überlastung der Gerichte. Der mangelnde Zeugenschutz führt dazu, dass Zeugen wegen Bestechung oder Bedrohung vor Gericht häufig „umfallen“ (ÖB New Delhi 7.2023).

In der Verfassung verankerte rechtsstaatliche Garantien (z. B. das Recht auf ein faires Verfahren) werden durch eine Reihe von Sicherheitsgesetzen eingeschränkt. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft; u. a. wurde die Unschuldsvermutung für bestimmte Straftatbestände außer Kraft gesetzt (AA 5.6.2023) z. B. bei Anwendung des Unlawful Activities Prevention Act (UAPA). Es gibt kostenfreie Rechtsberatung für bedürftige Angeklagte, aber in der Praxis ist der Zugang zu kompetenter Beratung oft begrenzt. Gerichte sind verpflichtet, Urteile öffentlich zu verkünden, und es gibt effektive Wege der Berufung auf beinahe allen Ebenen der Justiz. Angeklagte haben das Recht, die Aussage zu verweigern oder sich schuldig zu bekennen (USDOS 12.4.2022). Die Rechte auf ein ordnungsgemäßes Verfahren werden nicht konsequent eingehalten. Die Bürger sehen sich bei der Verfolgung der Rechtsansprüche mit erheblichen Hindernissen konfrontiert, darunter z. B. auch die Forderungen nach Bestechungsgeldern (FH 2023). Generell ist festzuhalten, dass das indische Rechtssystem in vielen Bereichen rechtsstaatlich bedenkliche Verfahrensvorschriften zur Beweislastumkehr kennt (ÖB New Delhi 7.2023).

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass unerlaubte Ermittlungsmethoden angewendet werden, insbesondere um ein Geständnis zu erlangen. Das gilt insbesondere bei Fällen mit terroristischem oder politischen Hintergrund oder solchen mit besonderem öffentlichem Interesse (AA 5.6.2023). Das Heranziehen von erzwungenen Geständnissen (z. B.: durch Gewalt oder Folter) in die Beweislage ist rechtswidrig, kommt aber dennoch vor (ÖB New Delhi 7.2023).

Präventivhaft ist bei Fällen von Gefährdung der öffentlichen Ordnung gesetzlich vorgesehen. Der National Security Act (NSA) aus 1980 erlaubt Vorbeugehaft ohne Anklage oder Gerichtsverfahren bis zu einem Jahr, wenn eine Person als Sicherheitsrisiko eingestuft wird, ohne dass das Gesetz die Sicherheitsgründe näher definiert. Verhaftete Personen müssen innerhalb von 15 Tagen über die Haftgründe informiert werden. Spätestens nach sieben Wochen muss ein Beratungsausschuss über die Rechtmäßigkeit der Inhaftierung befinden (ÖB New Delhi 7.2023).

Das Gesetz zur Verhinderung rechtswidriger Aktivitäten (Unlawful Activities Prevention Act - UAPA), gibt den Behörden die Möglichkeit, Personen in Fällen, die mit Aufständen oder Terrorismus in Verbindung stehen, bis zu 180 Tage ohne Anklage in Haft zu nehmen. Das UAPA kann angewandt werden, wenn die Staatsanwaltschaft Beweise für den Besitz von Schusswaffen oder Sprengstoff oder das Vorhandensein von Fingerabdrücken an einem Tatort vorlegen kann, unabhängig davon, ob die Behörden kriminelle Absichten nachweisen (USDOS 20.3.2023b).

Im Dezember 2019 veröffentlichte das Ministerium für Recht und Justiz den "Scheme on Fast Track Special Courts for Expeditious Disposal of Cases of Rape and Protection of Children against Sexual Offences (POCSO)" Act. Das Gesetz zielt darauf ab, 1.023 Fast-Track-Gerichte im ganzen Land einzurichten, um die 166.882 [Stand 2020] Vergewaltigungs- und POCSO-Gesetzesfälle zu erledigen, die bei verschiedenen Gerichten anhängig sind (USDOS 30.3.2021). Das Gesetz sieht vor, dass in jedem Bezirk mindestens ein Sondergericht für Sexualstraftaten gegen Kinder (POCSO-Gericht) eingerichtet wird, aber die Umsetzung dieser Bestimmung verzögert sich (USDOS 20.3.2023b).

In Teilen des Landes, vor allem in ländlichen Gebieten, erlassen informelle Gemeinderäte Erlasse zu sozialen Bräuchen. Ihre Beschlüsse führen manchmal zu Gewalt oder Verfolgung von Personen, die gegen die sozialen Normen verstoßen, insbesondere Frauen und Angehörige der unteren Kasten (FH 2023). In Indien gibt es zudem die Möglichkeit der Alternative Dispute Reolution (ADR / Alternative Streitbeilegung). ADR bietet die Möglichkeit, alle Arten von Angelegenheiten zu lösen, einschließlich zivilrechtlicher, kommerzieller, industrieller und familiärer Angelegenheiten usw., bei denen die Menschen nicht in der Lage sind, eine Verhandlung zu beginnen und eine Einigung zu erzielen. Im Allgemeinen wird bei ADR eine neutrale dritte Partei eingesetzt, die den Parteien hilft, miteinander zu kommunizieren, die Differenzen zu erörtern und den Streit zu lösen. Das Verfahren verläuft ohne Einschaltung gerichtlicher Institutionen (Legal Service India, ohne Datum).

In Indien wird kein einheitliches Zivilrecht angewandt, sondern nach Religionszugehörigkeit unterschieden. Das staatliche Familien- und Erbrecht gilt für Hindus und Angehörige anderer Religionsgemeinschaften, nicht aber für Muslime. Familienrechtliche Streitigkeiten werden vor den örtlichen Gerichten entschieden, manchmal in freier Interpretation des vermuteten Rechts (ÖB New Delhi 7.2023).

Sicherheitsbehörden

Letzte Änderung: 28.11.2023

Für die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung sind in erster Linie die Bundesstaaten und Unionsterritorien zuständig (USDOS 20.3.2023b; vgl. DFAT 29.9.2023), wobei die Zentralregierung die politische Kontrolle ausübt. Die Polizei fällt in die Zuständigkeit der Bundesstaaten. Das Innenministerium kontrolliert die meisten paramilitärischen Kräfte, den Inlandsnachrichtendienst und die nationalen Strafverfolgungsbehörden und bietet Schulungen für leitende Beamte der staatlichen Polizeikräfte an. Die zivilen Behörden haben die Sicherheitskräfte wirksam kontrolliert (USDOS 20.3.2023b).

Das Militär kann im Inland eingesetzt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit notwendig ist. Die u. a. auch in den von linksextremistischen Gruppen (sog. Naxaliten) betroffenen Bundesstaaten Zentralindiens eingesetzten paramilitärischen Einheiten Indiens unterstehen zu weiten Teilen dem Innenministerium. Auch die Nachrichtendienste Indiens im Inland ("Intelligence Bureau") wie Ausland (Research and Analysis Wing) handeln auf gesetzlicher Grundlage. Sie unterstehen über den Nationalen Sicherheitsberater direkt dem Premierminister (AA 5.6.2023). Das Militär verfügt nach dem Armed Forces (Special Powers) Act von 1958 über weitreichende Befugnisse, wenn der Notstand ausgerufen wird. Das Gesetz erlaubt es den Sicherheitskräften, Häuser zu durchsuchen, Personen und Räumlichkeiten ohne Durchsuchungsbefehl zu durchsuchen oder zu verhaften und auf Sicht zu schießen. Diese Befugnisse gelten sowohl in Jammu und Kaschmir als auch in Teilen des Landes, in denen separatistische Kräfte auf freiem Fuß sind (DFAT 29.9.2023). Das indische Militär ist der zivilen Verwaltung unterstellt und hat in der Vergangenheit wenig Interesse an einer politischen Rolle gezeigt (BICC 7.2023).

Das Defense Security Corps sorgt für die Sicherheit der Einrichtungen des Verteidigungsministeriums. Die Border Security Force (BSF) ist für die indisch-pakistanische und indisch-bangladeschische Grenze zuständig; die Sashastra Seema Bal (SSB) bewacht die indisch-nepalesische und indisch-bhutanische Grenze. Die Central Reserve Police Force (CRPF) umfasst eine Rapid Reaction Force (RAF) zur Bekämpfung von Unruhen und das Commando Battalion for Resolute Action (COBRA) zur Aufstandsbekämpfung. Die Assam Rifles unterstehen der administrativen Kontrolle des Ministeriums für innere Angelegenheiten, während die operative Kontrolle dem Verteidigungsministerium (insbesondere der indischen Armee) untersteht. Die Territorialarmee (TA) ist eine militärische Reservetruppe, die sich aus freiwilligen Teilzeitkräften zusammensetzt, die die indische Armee unterstützen; sie ist Teil der regulären Armee und hat die Aufgabe, die reguläre Armee von statischen Aufgaben zu entlasten und die zivilen Behörden bei Naturkatastrophen zu unterstützen und die wesentlichen Dienste in Notfällen aufrechtzuerhalten, sowie bei Bedarf Einheiten für die reguläre Armee bereitzustellen (CIA 7.11.2023).

Nach dem Armed Forces Special Powers Act (AFSPA) kann die Zentralregierung einen Bundesstaat oder ein Unionsterritorium zu einem "Unruhegebiet" erklären und die Sicherheitskräfte in diesem Staat ermächtigen, tödliche Gewalt anzuwenden, um "Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten" und jede Person festzunehmen, "gegen die ein begründeter Verdacht besteht", ohne den Festgenommenen über die Gründe für die Festnahme zu informieren. Das Gesetz bietet den Sicherheitskräften außerdem Immunität vor ziviler Strafverfolgung für Handlungen, die in Regionen unter dem AFSPA begangen werden (USDOS 20.3.2023b).

Die indische Polizei (Indian Police Service) untersteht den Bundesstaaten (AA 5.6.2023) und ist keine direkte Strafverfolgungs- oder Vollzugsbehörde. Sie fungiert als Ausbildungs- und Rekrutierungsstelle für Führungsoffiziere der Polizei in den Bundesstaaten (BICC 7.2023). Im Hinblick auf die föderalen Strukturen ist die Polizei dezentral in den einzelnen Bundesstaaten organisiert (BICC 7.2023; vgl. USDOS 12.4.2022). Die einzelnen Einheiten haben jedoch angesichts eines nationalen Polizeigesetzes, zahlreichen nationalen Strafrechten und der oben beschrieben zentralen Rekrutierungsstelle für Führungskräfte eine Reihe von Gemeinsamkeiten. Allgemein ist die Polizei mit der Strafverfolgung, Verbrechensprävention und -bekämpfung sowie Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung betraut und übt gleichzeitig eine teilweise Kontrolle über die verschiedenen Geheimdienste aus. Innerhalb der Polizei gibt es eine Kriminalpolizei (Criminal Investigation Department: CID), in die wiederum eine Sondereinheit (Special Branch) integriert ist. Während erstere mit nationalen und bundesstaatenübergreifenden Verbrechen betraut ist, hat die Sondereinheit Informationsbeschaffung und Überwachung jeglicher subversiver Elemente und Personen zur Aufgabe. In fast allen Bundesstaaten sind spezielle Polizeieinheiten aufgestellt worden, die sich mit Frauen und Kindern beschäftigen. Kontrolliert wird ein Großteil der Strafverfolgungsbehörden vom Innenministerium (Ministry of Home Affairs) (BICC 7.2023).

Die rechtsstaatliche Kontrolle der Polizei ist defizitär. Es zeigt sich vor allem ein den Anforderungen an einen modernen Rechtsstaat nicht adäquater Ausbildungs- und Ausrüstungsstand der Polizei (AA 5.6.2023). Übergriffe (AA 5.6.2023) und Korruption innerhalb der Polizei ist nach wie vor ein Problem (FH 2023; vgl. AA 5.6.2023). Darüber hinaus wird von Folter, Misshandlung und Vergewaltigung durch Strafverfolgungs- und Sicherheitsbeamte berichtet (FH 2023). Dies schlägt sich in einem mangelhaften Vertrauen der Bevölkerung nieder und hat damit auch mittelbar Auswirkungen auf andere Menschenrechtsbereiche, z. B. die Bereitschaft zu Strafanzeigen bei Menschenrechtsverstößen. Besonders in sogenannten Unruhegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden (AA 5.6.2023).

Im März reduzierte die indische Regierung die Zahl der Bezirke, die unter das Gesetz über die Sondervollmachten der Streitkräfte (AFSPA) fallen, in einigen nordöstlichen Bundesstaaten. In Jammu und Kaschmir sowie in 43 von 90 Bezirken in vier nordöstlichen Bundesstaaten blieb das Gesetz jedoch weiterhin in Kraft, sodass Angehörige der Sicherheitskräfte selbst bei schweren Menschenrechtsverletzungen straffrei ausgehen können (HRW 12.1.2023).

Die Polizeikräfte können bei Bedarf durch Einheiten des Militärs oder paramilitärische Kräfte verstärkt werden. Paramilitärische Kräfte sind Kräfte die auf Grund sondergesetzlicher Ermächtigungen handeln, welche zum Teil Grundrechte einschränken oder außer Kraft setzen und die dem indischen Innenministerium unterstehen (ÖB New Delhi 7.2023).

Es gab Berichte über willkürliche oder unrechtmäßige Tötungen durch die Regierung oder ihre Vertreter, einschließlich außergerichtlicher Tötungen von mutmaßlichen Kriminellen und Terroristen (USDOS 20.3.2023b). Trotz der Trainings für Sicherheitskräfte bleiben willkürliche Verhaftungen, Folter und erzwungene Geständnisse verbreitet. Die Sicherheitsbehörden sind überarbeitet, unterbezahlt und oft politischem Druck ausgesetzt, was in weiterer Folge zu Korruption führt (ÖB New Delhi 7.2023).

Die Behörden verstärkten ihre Bemühungen, Aktivisten der Zivilgesellschaft und unabhängige Journalisten zum Schweigen zu bringen, indem sie politisch motivierte Anklagen, einschließlich Terrorismus, erhoben, um diejenigen, die Missstände in der Regierung aufdeckten oder kritisierten, ins Gefängnis zu bringen. Die Regierung nutzte Vorschriften zur Finanzierung aus dem Ausland und Vorwürfe finanzieller Unregelmäßigkeiten, um Rechtsgruppen, politische Gegner und andere zu schikanieren (HRW 12.1.2023; vgl. AI 28.3.2023).

Allgemeine Menschenrechtslage

Letzte Änderung: 28.11.2023

Indien hat 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet (AA 5.6.2023). Alle wichtigen Menschenrechte sind verfassungsrechtlich garantiert (ÖB New Delhi 7.2023; vgl. AA 5.6.2023). Die Umsetzung dieser Garantien ist allerdings häufig nicht in vollem Umfang gewährleistet. Indien bleibt ein Land extremer Kontraste. Es gibt viel Positives: stabile Demokratie, verfassungsrechtlich garantierte bürgerliche Freiheiten, fortschrittliche Rechtsprechung und eine beeindruckend vielfältige und lebendige Zivilgesellschaft. Aber es existieren eben auch enorme Defizite, eklatante Grundrechtsverletzungen und eine gesellschaftliche Realität, die aus westlicher Sicht häufig schockierend wirkt. Die Menschenrechtssituation spiegelt die komplexe Lebenswirklichkeit eines multiethnischen und multireligiösen Landes wider, die sich aus jahrtausendealten kulturellen Traditionen speist, die in Teilen die Durchsetzung universeller Menschenrechte behindern. Der Alltag vieler Bevölkerungsgruppen ist von systematischer gesellschaftlicher Benachteiligung geprägt. Ursache hierfür sind häufig tief verwurzelte soziale Praktiken wie das Kastenwesen und der niedrige Bildungsstand von Teilen der Bevölkerung und weniger systematische Menschenrechtsverletzungen durch den Staat (AA 5.6.2023).

Eine verallgemeinernde Bewertung der Menschenrechtslage ist für Indien kaum möglich: Drastische Grundrechtsverletzungen und Rechtsstaatsdefizite koexistieren mit weitgehenden bürgerlichen Freiheiten, fortschrittlichen Gesetzen und engagierten Initiativen der Zivilgesellschaft (AA 5.6.2023). Menschenrechtsverletzungen werden auch von Terroristen in Jammu und Kaschmir, in den nordöstlichen Bundesstaaten und in den vom maoistischen Terrorismus betroffenen Gebieten begangen wurden, darunter Tötungen und Folter von Angehörigen der Streitkräfte, der Polizei, von Regierungsbeamten und Zivilisten, Entführungen sowie die Rekrutierung und den Einsatz von Kindersoldaten (USDOS 20.3.2023b).

Die Verfassung garantiert bürgerliche Freiheiten, einschließlich der Meinungs- und Religionsfreiheit, aber die Schikanen gegen Journalisten, Nichtregierungsorganisationen (NRO) und andere Regierungskritiker haben unter Modi erheblich zugenommen. Die BJP hat zunehmend staatliche Einrichtungen genutzt, um politische Gegner ins Visier zu nehmen. Muslime, registrierte Kasten (Dalits) und registrierte Stämme (Adivasis) werden nach wie vor wirtschaftlich und sozial ausgegrenzt (FH 2023).

Die Verfassung garantiert den Bürgern das Recht, ihre eigene Sprache, Schrift und Kultur zu bewahren (DFAT 29.9.2023).

Die Gesetze gestatten der Regierung das Abhören von Gesprächen zum Schutz der Souveränität und Integrität des Landes, der Sicherheit des Staates, der freundschaftlichen Beziehungen zu ausländischen Staaten, der öffentlichen Ordnung oder zur Verhinderung der Anstiftung zur Begehung einer Straftat. Es gab Berichte, wonach Regierungsbehörden willkürlich oder unrechtmäßig oder ohne entsprechende rechtliche Befugnisse auf private Kommunikation zugriffen, diese sammelten oder nutzten und Praktiken entwickelten, die einen willkürlichen oder unrechtmäßigen Eingriff in die Privatsphäre ermöglichen, einschließlich des Einsatzes von Technologien zur willkürlichen oder unrechtmäßigen Überwachung oder Beeinträchtigung der Privatsphäre von Personen (USDOS 20.3.2023b).

Die indische Regierung erfüllt die Mindeststandards für die Beseitigung des Menschenhandels nicht vollständig, unternimmt jedoch erhebliche Anstrengungen, um dies zu erreichen. Die Hauptverantwortung für die Bemühungen zur Bekämpfung des Menschenhandels lag bei den indischen Bundesstaaten und Unionsterritorien, die von der Zentralregierung politisch beaufsichtigt wurden (USDOS 15.6.2023).

Seit 1993 gibt es eine Nationale Menschenrechtskommission als unabhängiges Organ, die auf Antrag oder von Amts wegen Menschenrechtsverletzungen untersuchen und Empfehlungen an die Regierung richten oder beim Obersten Gerichtshof die Einleitung von Strafverfolgungsmaßnahmen beantragen kann. Ihre Kompetenz erstreckt sich allerdings nicht auf Überprüfung von Menschenrechtsverletzungen durch das Militär. Obwohl sie keine Weisungsbefugnis zur Einleitung von Strafverfahren hat und mangels Ermittlungsbefugnissen auf die Zusammenarbeit mit Ermittlungsbehörden und Polizei angewiesen ist, trägt sie zunehmend auch durch in der Öffentlichkeit ausgeübten Druck und durch Zusammenarbeit mit NGOs zur Ahndung und zur Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen bei. Der Protection of Human Rights Act, 1993, empfiehlt, dass jeder Bundesstaat eine Menschenrechtskommission einrichtet, die es in der Mehrzahl der Unionsstaaten bereits gibt (ÖB New Delhi 7.2023).

Meinungs- und Pressefreiheit

Letzte Änderung: 28.11.2023

Die Verfassung sieht zwar die Meinungsfreiheit vor, erwähnt aber nicht ausdrücklich die Pressefreiheit. Einzelpersonen kritisierten die Regierung routinemäßig öffentlich und privat über Online-Plattformen, Fernsehen, Radio oder in Printmedien. Die Regierung respektierte im Allgemeinen das Recht auf freie Meinungsäußerung (USDOS 20.3.2023b). Allerdings werden häufig Gesetze aus der Kolonialzeit und andere Gesetze herangezogen, um vermeintliche Kritik an der Regierung durch einfache Bürger zu bestrafen. Die Behörden haben Sicherheits-, Verleumdungs-, Aufruhr- und Hassredengesetze sowie Anklagen wegen Missachtung des Gerichts eingesetzt, um kritische Stimmen in den Medien zum Schweigen zu bringen. Hindu-nationalistische Kampagnen, die darauf abzielen, Formen der Meinungsäußerung, die als "antinational" gelten, zu unterbinden, haben die Selbstzensur noch verschärft (FH 2023).

Die unabhängigen Medien waren aktiv und brachten im Allgemeinen eine große Vielfalt an Meinungen zum Ausdruck. Das Gesetz verbietet Inhalte, die religiöse Gefühle verletzen oder Feindschaft zwischen Gruppen schüren könnten. Die Behörden beriefen sich auf diese Bestimmungen, um Printmedien, Rundfunk und Fernsehen, digitale Medienplattformen, einschließlich Streaming-Dienste, sowie die Veröffentlichung oder Verbreitung von Büchern zu beschränken (USDOS 20.3.2023b). Obwohl Medienberichte über Menschrechtsverletzungen, Korruption und politische Skandale breiten Niederschlag finden (AA 5.6.2023), werden sie durch informelle Maßnahmen teilweise eingeschränkt bzw unter Druck gesetzt (AA 5.6.2023; vgl. FH 24.2.2022).

Journalisten und NRO berichteten, dass Regierungsbeamte sowohl auf lokaler als auch auf nationaler Ebene Medienunternehmen durch physische Schikanen und Angriffe einschüchterten, Druck auf die Eigentümer ausübten, Sponsoren ins Visier nahmen, zu leichtfertigen Klagen anregten und in einigen Gebieten Kommunikationsdienste wie Mobiltelefone und das Internet blockierten und die Bewegungsfreiheit einschränkten. Einige NRO behaupteten, dass strafrechtliche Verfolgung und Ermittlungen zur Einschüchterung von regierungskritischen Journalisten eingesetzt würden. Online- und Handy-Belästigungen waren weit verbreitet, und die Berichte über Internet-"Trolling" nahmen weiter zu. In einigen Fällen nutzte die Polizei Informationen von anonymen Nutzern sozialer Medien als Vorwand, um Strafverfahren gegen Journalisten einzuleiten (USDOS 20.3.2023b).

Die Behörden verstärkten ihre Bemühungen, Aktivisten der Zivilgesellschaft und unabhängige Journalisten zum Schweigen zu bringen, indem sie politisch motivierte Anklagen, einschließlich Terrorismus, erhoben, um diejenigen, die Missstände in der Regierung aufdeckten oder kritisierten, ins Gefängnis zu bringen (HRW 12.1.2023; vgl. FH 2023). Solche Angriffe werden nur selten geahndet, und in einigen Fällen war die Polizei daran beteiligt oder hat aktiv daran mitgewirkt (FH 2023). Die Regierung nutzte Vorschriften zur Finanzierung aus dem Ausland und Vorwürfe finanzieller Unregelmäßigkeiten, um Rechtsgruppen, politische Gegner und andere zu schikanieren (HRW 12.1.2023). Es gab auch Berichte über Terroristen und Extremisten, die Tötungen, Gewalt und Einschüchterungen gegen regierungskritische Journalisten verübten (USDOS 20.3.2023b).

Das Gesetz erlaubt es der Regierung, Internetseiten und -inhalte zu sperren und das Versenden von Nachrichten, die die Regierung als aufrührerisch oder beleidigend ansieht, zu kriminalisieren. Sowohl die Zentralregierung als auch die Regierungen der Bundesstaaten sind befugt, Richtlinien zum Sperren, Abfangen, Überwachen oder Entschlüsseln von Computerdaten zu erlassen. Es gab Berichte, dass die Regierung gelegentlich Nutzer digitaler Medien wie Chatrooms und die Kommunikation zwischen Personen überwachte (USDOS 20.3.2023b). Die im Feber 2021 erlassenen Information Technology (Intermediary Guidelines and Digital Media Ethics Code) Rules ermöglichen darüber hinaus eine stärkere staatliche Kontrolle über Online-Inhalte (HRW 13.1.2022).

Am 03.10.23 führten die Behörden Razzien in den Räumen des unabhängigen und regierungskritischen Online- Mediums „NewsClick“ durch und verhafteten dessen Chefredakteur sowie einen weiteren Mitarbeiter, weil das Medienunternehmen mutmaßlich Gelder aus China erhalten hatte. Unter dem Vorwand der Bekämpfung von Terrorismus und Geldwäsche hat die Regierung in jüngster Vergangenheit ihre Finanz- und Antiterrorgesetzgebung verschärft und gegen regierungskritische Personen eingesetzt. Nicht nur unabhängige Medien geraten ins Visier, auch gemeinnützige Organisationen werden nicht selten in ihrer Arbeit behindert (BAMF 9.10.2023).

Die Internetfreiheit in Indien hat sich während des Berichtszeitraums (Juni 2022 - Mai 2023) verschlechtert, nachdem es im Vorjahr zu einer geringfügigen Verbesserung gekommen war. Die Regierung verhängt weiterhin Internetsperren und erwägt eine Gesetzgebung, die ihre rechtlichen Befugnisse für solche Einschränkungen erweitern würde (FH 4.10.2023). Access Now dokumentierte 2022 das fünfte Jahr in Folge die meisten Internetabschaltungen in Indien mit 84 von insgesamt 187 Internetsperren in 35 Ländern, seit 2017 jedoch erstmals weniger als 100. Von den 84 Abschaltungen ereigneten sich 49 im von Indien verwalteten Teil Kaschmirs und machten somit 58 % der Sperren verglichen mit noch 80 % im Jahr 2021 aus. Die Abschaltungen des Internets erfolgen in der Regel als Reaktion auf Unruhen und werden gelegentlich von gleichzeitig angeordneten Ausgangssperren begleitet (BAMF 6.3.2023).

Falschinformationen werden häufig online verbreitet, und Journalisten, Nichtregierungsorganisationen (NRO) und Angehörige von Randgruppen sind nach wie vor der Gefahr ausgesetzt, im Internet Opfer von Hassreden und Schikanen zu werden (FH 4.10.2023).

Im aktuellen Ranking des Press Freedom Index 2022 der NGO Reporter ohne Grenzen (RSF) belegt Indien Platz 150 von 180 bewerteten Ländern, was eine Verschlechterung um acht Plätzen im Vergleich zu 2021 darstellt (RSF 2023).

Das Gesetz verbietet Inhalte, die religiöse Gefühle verletzen oder Feindschaft zwischen Gruppen schüren könnten. Behörden berufen sich auf diese Bestimmungen, um Print- und Rundfunkmedien, digitale Medienplattformen - einschließlich Streaming-Dienste - und die Veröffentlichung oder Verbreitung von Büchern einzuschränken (USDOS 20.3.2023b).

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

Letzte Änderung: 28.11.2023

Das Gesetz garantiert die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 20.3.2023b; vgl. ÖB New Delhi 7.2023) mit Ausnahme von Konfliktregionen (AA 5.6.2023). Trotz einiger Einschränkungen der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, wie z. B. eine Bestimmung der Strafprozessordnung, welche die Behörden ermächtigt, die Versammlungsfreiheit einzuschränken und Ausgangssperren zu verhängen, wenn "sofortige Verhinderung oder schnelle Abhilfe" erforderlich ist, finden regelmäßig friedliche Demonstrationen statt. Die Regierungen der Bundesstaaten und der Zentralregierung unterbrechen häufig Mobilfunk- und Internetdienste, um Proteste zu unterbinden (FH 2023).

Die Behörden verlangten häufig Genehmigungen und Anmeldungen für Paraden oder Demonstrationen, und die lokalen Regierungen respektierten im Allgemeinen das Recht, sich friedlich zu versammeln und seine Meinung zu äußern. Eine Ausnahme bildete Jammu und Kaschmir, wo die Regierung des Bundesstaates separatistischen politischen Parteien manchmal die Genehmigung für öffentliche Versammlungen verweigerte und Sicherheitskräfte Berichten zufolge Mitglieder politischer Gruppen, die friedlich protestierten, festnahmen und angriffen. In Zeiten ziviler Unruhen in Jammu und Kaschmir griffen die Behörden auf das Gesetz zurück, um öffentliche Versammlungen zu verbieten und Ausgangssperren zu verhängen (USDOS 20.3.2023b; vgl. ÖB New Delhi 7.2023).

Das Gesetz sieht die Vereinigungsfreiheit vor, und die meisten inländischen NRO arbeiteten frei und ohne Einmischung. Die verstärkte Überwachung und Regulierung einiger NRO, die ausländische Mittel erhielten, durch die Regierung wurde von der Zivilgesellschaft kritisiert. In einigen Fällen setzte die Regierung ausländische Banklizenzen aus oder fror die Konten von NRO ein, die angeblich ohne Genehmigung ausländische Gelder erhielten oder ausländische und inländische Gelder unrechtmäßig vermischten (USDOS 20.3.2023b; vgl.ÖB New Delhi 7.2023).

Das Gesetz sieht das Recht auf die Gründung von und den Beitritt zu Gewerkschaften sowie auf Tarifverhandlungen vor, aber es gibt keine gesetzliche Verpflichtung für Arbeitgeber, eine Gewerkschaft anzuerkennen oder Tarifverhandlungen zu führen (USDOS 20.3.2023b; vgl. FH 2023). Die Durchsetzung des Gesetzes variierte von Staat zu Staat und von Sektor zu Sektor. Die Gewerkschaften waren von der Regierung unabhängig, aber vier der fünf großen Verbände waren mit großen politischen Parteien verbunden. Staatliche und lokale Behörden behinderten mitunter die Registrierung von Gewerkschaften, unterdrückten unabhängige Gewerkschaftsaktivitäten und machten von ihrer Befugnis Gebrauch, Streiks für illegal zu erklären und Gerichtsurteile zu erzwingen (USDOS 20.3.2023b; vgl. FH 2023). Gewerkschaften spielen in Indien jedoch eine relativ geringe Rolle, da nur etwa 10 % der arbeitenden Bevölkerung im formellen Sektor beschäftigt sind und nur ca. 8 % der indischen Arbeitnehmer gewerkschaftlich organisiert sind (ÖB New Delhi 7.2023).

Während die Regierung das Recht auf Vereinigungsfreiheit im Allgemeinen respektiert, kommt es zu einer verstärkten Überwachung und Regulierung von NGOs, die ausländische Mittel erhalten. Nach Ansicht von Finanzexperten und Vertretern von NGOs schränkt die neue Gesetzgebung im Rahmen des Foreign Contribution Regulation Act 2020 (FCRA) die Möglichkeiten kleinerer, regionaler Organisationen zur Mittelbeschaffung und die Zusammenarbeit zwischen der Regierung und der Zivilgesellschaft stark ein (USDOS 12.4.2022).

Es gibt keine Beschränkungen für die Gründung politischer Parteien oder für die Teilnahme von Einzelpersonen jeglicher Gemeinschaft an den Wahlen (USDOS 20.3.2023b).

Opposition

Die Parteienlandschaft ist vielfältig und die politische Opposition kann sich frei betätigen. Neben den großen nationalen Parteien Kongress (in ihren Wurzeln sozialistisch inspirierte nationale Sammlungsbewegung), Bharatiya Janata Party (BJP, hindu-nationalistisch) sowie überregional wirkenden kommunistischen Parteien gibt es eine Vielzahl von Regionalparteien, die in einzelnen Bundesstaaten allein oder in Koalitionen die Landesregierungen bilden, aber auch auf nationaler Ebene zunehmend nach politischer Bedeutung streben (AA 5.6.2023). In den letzten acht Jahren hat sich die Bharatiya Janata Party (BJP) als dominierende Kraft in der indischen Politik etabliert (CEIP 12.7.2022). Auf bundesstaatlicher und nationaler Ebene lösen sich allerdings regelmäßig verschiedene Parteien in der Regierung ab (FH 2023).

Politische Parteien können sich im Allgemeinen ohne Einmischung bilden, und in der Praxis konkurrieren eine Vielzahl von Parteien, die eine Reihe von Ansichten und Interessen vertreten (FH 2023). Die Wahlen zu Gemeindeversammlungen, Stadträten und Parlamenten auf bundesstaatlicher wie nationaler Ebene sind frei, gleich und geheim. Sie werden - ungeachtet von Problemen, die aus der Größe des Landes, verbreiteter Armut bzw. hoher Analphabetenrate und örtlich vorkommender Manipulationen resultieren - nach Einschätzung internationaler Beobachter korrekt durchgeführt. Behinderungen der Opposition kommen insbesondere auf regionaler und kommunaler Ebene vor, z. B. durch nur eingeschränkten Polizeischutz für Politiker, Vorenthalten von Genehmigungen für Wahlkampfveranstaltungen, tätliche Übergriffe durch Anhänger anderer Parteien. Derartige Vorkommnisse werden von der Presse aufgegriffen und können von den politischen Parteien öffentlichkeitswirksam thematisiert werden. Sie ziehen i. d. R. Sanktionsmaßnahmen der unabhängigen und angesehenen staatlichen Wahlkommission (Election Commission of India) nach sich (AA 5.6.2023). Die Regierungspartei hat dennoch verschiedene Instrumente eingesetzt, um die Wahlkampftätigkeit der Oppositionsparteien einzuschränken (FH 2023).

Parteien von landesweiter Bedeutung sind die hindu-konservative Partei „Bharatiya Janata Party (BJP)“, die seit 2014 an der Macht ist, und die säkulare Kongresspartei „Indian National Congress (INC)“, einstige Regierungspartei und nun führende Oppositionspartei. Unter der Führung der BJP kam es 2019 mit einem Stimmenanteil von knapp 44 % zu einem erdrutschartigen Sieg für die Parteienkoalition National Democratic Alliance (NDA) (ÖB New Delhi 7.2023).

Wahlberechtigt ist jeder indische Staatsbürger ab 18, sofern er nicht aus bestimmten Gründen (Unzurechnungsfähigkeit, Verbrechen, etc.) ausgeschlossen ist. Die Wahlbeteiligung ist generell hoch und zeugt vom ausgeprägten politischen Bewusstsein der indischen Bürger. So betrug die Wahlbeteiligung bei der Parlamentswahl 2019 67 % und war damit höher als bei Wahlen in der Vergangenheit. Im Großen und Ganzen laufen die Wahlen frei und fair ab. Wahlmanipulationen kommen trotzdem z.B. in Form mehrfacher Stimmabgabe auch bei elektronischer Wahlmöglichkeit vor. Teilweise kommt es zu Gewaltausbrüchen zwischen der Anhängerschaft verschiedener Parteien (ÖB New Delhi 7.2023).

Gegen militante Gruppierungen, die meist für die Unabhängigkeit bestimmter Regionen eintreten und/oder radikale (z. B. maoistisch-umstürzlerische) Auffassungen anhängen, geht die Regierung mit großer Härte und Konsequenz vor. Sofern solche Gruppen der Gewalt abschwören, sind in der Regel Verhandlungen über ihre Forderungen möglich. Gewaltlose Unabhängigkeitsgruppen können sich politisch frei betätigen (AA 5.6.2023).

Die undurchsichtige Finanzierung der politischen Parteien gibt Anlass zu ernster Besorgnis. Ein 2017 eingeführtes System von Wahlanleihen ermöglicht es, die Identität der Spender der State Bank of India mitzuteilen, sie aber vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Dies hat der BJP erhebliche Vorteile bei der Mittelbeschaffung verschafft (FH 2023). Darüber hinaus hat die Regierung über das Criminal Bureau of Investigation selektiv Antikorruptionsermittlungen gegen Oppositionspolitiker durchgeführt und dabei Anschuldigungen gegen politische Verbündete unbeachtet gelassen (FH 2023).

Im Mai stoppte der Oberste Gerichtshof in einer einstweiligen Verfügung die Anwendung des aus der Kolonialzeit stammenden Gesetzes gegen Aufwiegelung, das von den Behörden wiederholt zur Verhaftung friedlicher Regierungskritiker eingesetzt wurde (HRW 12.1.2023).

Auslandsaktivitäten bestimmter Gruppen (radikale Sikhs, Kashmiris) werden von der Regierung durch den Geheimdienst beobachtet. Aktivist:innen, die im Ausland eine in Indien verbotene terroristische Vereinigung unterstützen, werden hierfür nach ihrer Rückkehr strafrechtlich verfolgt (AA 5.6.2023).

Religionsfreiheit

Letzte Änderung: 28.11.2023

Zu religiösen Mischehen siehe Kapitel "Relevante Bevölkerungsgruppen / Ehen".

Die Verfassung garantiert Religionsfreiheit (USCIRF 5.2023; vgl. USDOS 15.5.2023, AA 5.6.2023). Artikel 25 gewährt allen Menschen Gewissensfreiheit, einschließlich des Rechts, eine Religion auszuüben, sich zu einer Religion zu bekennen und zu verbreiten (USCIRF 5.2023; vgl. USDOS 15.5.2023). Trotzdem hat sich im Jahr 2022 die Lage der Religionsfreiheit in Indien weiter verschlechtert. Während des gesamten Jahres hat die indische Regierung auf nationaler, bundesstaatlicher und lokaler Ebene religiös diskriminierende Maßnahmen gefördert und durchgesetzt, darunter Gesetze, die auf religiöse Konversion, interreligiöse Beziehungen, das Tragen von Hijabs und das Schlachten von Kühen abzielen und sich negativ auf Muslime, Christen, Sikhs, Dalits und Adivasi auswirken (USCIRF 5.2023).

Laut Schätzungen aus dem Jahr 2011 gibt es 79,8 % Hindus, 14,2 % Muslime, 2,3 % Christen und 1,7 % Sikhs. Kleinere religiöse Gruppen gehören Buddhisten, Jains, Baha'is, Juden, Zoroastrier (Parsis) und nicht-religiöse Personen (USCIRF 5.2023; vgl. USDOS 15.5.2023, CIA 7.11.2023). Sie entsenden auch jeweils Vertreter in eine staatliche Nationale Minderheiten-Kommission (ÖB New Delhi 7.2023).

Das Zusammenleben der Religionen ist weitgehend friedlich (AA 5.6.2023). Im Jahr 2022 kam es zu zahlreichen Angriffen auf religiöse Minderheiten und ihre Gebetsstätten. Abrisse von Moscheen in muslimischen Gemeinden führten zu Verhaftungen und gewaltsamen Zusammenstößen (USCIRF 5.2023). Es gab auch Fälle von kommunaler Gewalt zwischen religiösen Gruppen (USDOS 15.5.2023). Spannungen zwischen Hindus (80 % der Bevölkerung) und Muslimen – den beiden größten Glaubensgemeinschaften führen regelmäßig zu Ausschreitungen (ÖB New Delhi 7.2023).

Das Bundesgesetz sieht für sechs religiöse Gruppen einen offiziellen Minderheitenstatus vor: Muslime, Sikhs, Christen, Parsis, Jains und Buddhisten. Die Regierungen der Bundesstaaten können religiösen Gruppen, die in einer bestimmten Region eine Minderheit darstellen, den Status einer Minderheit nach dem Recht des jeweiligen Bundesstaates zuerkennen. Angehörige anerkannter Minderheitengruppen haben Anspruch auf staatliche Unterstützungsprogramme. Laut Verfassung ist die Regierung dafür verantwortlich, religiöse Minderheiten zu schützen und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Kultur und religiösen Interessen zu wahren (USDOS 15.5.2023).

Personenstandsgesetze legen für Angehörige bestimmter Religionsgemeinschaften zivilrechtliche Regeln für Heirat, Scheidung, Adoption und Erbschaft fest, die auf Religion, Glauben und Kultur beruhen. Hinduistische, christliche, parsische, jüdische und islamische Personenstandsgesetze sind rechtlich anerkannt und können gerichtlich durchgesetzt werden (USDOS 15.5.2023). Langfristig plant die regierende Bharatiya Janata Party (BJP) die Einführung eines einheitlichen Zivilrechts, das vermutlich zu Lasten der Autonomie von religiösen Minderheiten gehen würde (AA 5.6.2023).

Die von der Bharatiya Janata Party (BJP) geführte Regierung setzte ihre systematische Diskriminierung und Stigmatisierung von religiösen und anderen Minderheiten, insbesondere von Muslimen, fort. BJP-Anhänger verübten zunehmend gewalttätige Angriffe gegen bestimmte Gruppen. Die hinduistische Mehrheitsideologie der Regierung spiegelte sich in der Voreingenommenheit der Institutionen, einschließlich der Justiz und der Verfassungsorgane wie der Nationalen Menschenrechtskommission, wider (HRW 12.1.2023).

Konversionsgesetze verbieten "erzwungene" Konversionen, wobei (je nach staatlichem Gesetz) Gewalt "Verlockung", Betrug oder Nötigung bedeuten kann. Die Gesetze schreiben vor, dass für die Umwandlung ein bürokratisches Verfahren (Formulare, Gebühren, Genehmigungen) durchgeführt werden muss. Die Strafen und die Durchsetzung sind von Staat zu Staat unterschiedlich, können aber Gefängnisstrafen beinhalten. Viele dieser Gesetze wurden als Reaktion auf den so genannten "Liebesdschihad" erlassen, eine angebliche Praxis, bei der muslimische Männer hinduistische Frauen (oder Mädchen) heiraten, um sie zum Islam zu bekehren (DFAT 29.9.2023). Dreizehn der 28 Bundesstaaten des Landes - Assam, Arunachal Pradesh, Chhattisgarh, Gujarat, Haryana (Stand: März), Himachal Pradesh, Karnataka, Jharkhand, Madhya Pradesh, Odisha, Rajasthan, Uttarakhand und Uttar Pradesh - haben Gesetze zur Einschränkung der Konversion. Obwohl in keinem dieser Gesetze bestimmte Glaubensrichtungen genannt werden, werden sie in der Praxis häufiger gegen Nicht-Hindus angewandt (USDOS 15.5.2023).

Mehrere Urteile des Obersten Bundesgerichts und des Obersten Gerichtshofs haben die Präsidialverordnung von 1950 bestätigt, die im Wesentlichen besagt, dass diejenigen die zu einer anderen Religion konvertieren - insbesondere Islam oder Christentum - und den Hinduismus, Buddhismus oder Sikhismus aufgeben, ihren rechtlichen Status als registrierte "Scheduled Castes" und damit den Anspruch auf Leistungen und Vorteile, die sich daraus ergeben, verlieren (OpIndia 23.9.2022).

Im Hinduismus gilt die Kuh als heilig (DFAT 29.9.2023; vgl. USCIRF 4.2020). In fünfundzwanzig der 28 Staaten gelten teilweise oder vollständige Beschränkungen für die Schlachtung von Rindern. Die Strafen variieren von Staat zu Staat und können je nachdem, ob es sich um eine Kuh, ein Kalb, einen Stier oder einen Ochsen handelt, unterschiedlich sein. Das Verbot betrifft vor allem Muslime und Angehörige der "Scheduled Castes" und "Scheduled Tribes", die traditionell Rindfleisch konsumieren. In den meisten Bundesstaaten, in denen das Schlachten von Rindern verboten ist (USDOS 15.5.2023). Im Laufe des Jahres kam es in verschiedenen Bundesstaaten zu Übergriffen auf Angehörige religiöser Minderheiten, darunter Tötungen, Übergriffe und Einschüchterungen. Dazu gehörten Vorfälle von "Kuh-Vigilantismus" gegen Nicht-Hindus aufgrund von Vorwürfen des Schlachtens von Kühen oder des Handels mit Rindfleisch (USDOS 15.5.2023).

Die Nationale Minderheitenkommission, der Vertreter der sechs benannten religiösen Minderheiten angehören, und die Nationale Menschenrechtskommission untersuchen Vorwürfe der religiösen Diskriminierung. Das Ministerium für Minderheitenangelegenheiten kann ebenfalls Untersuchungen durchführen. Diese Behörden haben keine Durchsetzungsbefugnisse, führen jedoch Untersuchungen auf der Grundlage schriftlicher Beschwerden über straf- oder zivilrechtliche Verstöße durch und legen die Ergebnisse den Strafverfolgungsbehörden vor. In 18 der 28 Bundesstaaten des Landes und im National Capital Territory Delhi gibt es staatliche Minderheitenkommissionen, die ebenfalls Vorwürfe religiöser Diskriminierung untersuchen. (USDOS 15.5.2023).

Sikhs

Letzte Änderung: 28.11.2023

Im Bundesstaat Punjab sind 60 % der Bevölkerung Sikhs (ÖB New Delhi 7.2023). Der Sikhismus ist die vorherrschende Religion im Punjab. Auch in den benachbarten Bundesstaaten Haryana, Delhi, Rajasthan, Uttar Pradesh und Uttarakhand gibt es eine große Zahl von Sikhs (DFAT 29.9.2023).

In Artikel 25 b (II) der Verfassung wird festgehalten, dass zum Hinduismus auch Personen, die sich zur Religion der Sikhs, Buddhisten und Jain bekennen, miteingeschlossen werden (USDOS 2.6.2022). Im Dezember 2019 verabschiedete das Parlament das Citizenship (Amendment) Act (CAA), das einen beschleunigten Weg zur Staatsbürgerschaft für Sikhs vorsieht (AA 5.6.2023; vgl. USDOS 2.6.2022).

Sikhs können ihre Religion in allen Landesteilen ohne Einschränkung ausüben (ÖB New Delhi 8.2021). Sie können aber Ziele örtlich begrenzter Diskriminierung werden. Es wird angenommen, dass Sikhs in Indien im Allgemeinen einem geringen Maß an offizieller und gesellschaftlicher Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt sind (DFAT 29.9.2023). Die Sikhs, 60 % der Bevölkerung des Punjabs, stellen im Punjab einen erheblichen Teil der Beamten, Richter, Soldaten und Sicherheitskräfte. Auch hochrangige Positionen stehen ihnen (auch bundesweit – praktisch alle indischen Generalstabschefs der Bundesarmee waren bisher Sikhs) offen. Es gibt derzeit keine Hinweise darauf, dass Sikhs alleine aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit von der Polizei willkürlich verhaftet oder misshandelt würden. Verhaftungen erfolgen allerdings, sobald jemand offen eine verbotene Organisation (z. B. das Khalistan Movement) unterstützt (ÖB New Delhi 7.2023).

Auslandsaktivitäten bestimmter Gruppen (Sikhs, insbes. Khalistan-Separatisten, Kaschmiris) werden von indischer Seite beobachtet und registriert. Personen, die im Ausland eine in Indien verbotene Vereinigung unterstützen, werden nach ihrer Rückkehr in Indien strafrechtlich verfolgt. Sikh-Exilgruppierungen im westlichen Ausland unterstützen radikale Sikh Bewegungen auch finanziell (ÖB New Delhi 7.2023).

Bewegungsfreiheit

Letzte Änderung: 28.11.2023

Die Niederlassungsfreiheit (ÖB 8.2021; vgl FH 2023) sowie landesweite Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Migration und Repatriierung werden gesetzlich gewährt, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 20.3.2023; vgl. AA 22.9.2021, ÖB 8.2021). Allerdings verlangen das Innenministerium und die Regierungen der Bundesstaaten von ihren Bürgern Sondergenehmigungen, wenn sie in bestimmte Bundesstaaten reisen wollen (USDOS 20.3.2023; vgl. ÖB 8.2021). In den Bundesstaaten Arunachal Pradesh, Nagaland, Mizoram und Manipur sind sogenannte Inner Line Permits erforderlich (USDOS 20.3.2023). Sikhs aus dem Punjab haben die Möglichkeit, sich in anderen Landesteilen niederzulassen. Sikh-Gemeinden gibt es im ganzen Land verstreut (ÖB 8.2021). Die Bewegungsfreiheit wird in einigen Teilen des Landes durch aufständische Gewalt oder kommunale Spannungen behindert (FH 24.2.2022).

Grundsätzlich ist Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes gewährleistet. Es gibt nach wie vor kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem, sodass ein Großteil der Bevölkerung keinen Ausweis besitzt. Die Einführung der Aadhaar-Karte im Jahre 2009 hat hieran nichts geändert, da die Registrierung nach wie vor auf freiwilliger Basis erfolgt. Dies begünstigt die Niederlassung in einem anderen Landesteil im Falle von Verfolgung (AA 5.6.2023). Auch bei laufender strafrechtlicher Verfolgung ist nicht selten ein unbehelligtes Leben in ländlichen Bezirken eines anderen Landesteils möglich (AA 5.6.2023; vgl. ÖB New Delhi 7.2023) ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss (ÖB New Delhi 7.2023). Durch die Verknüpfung vieler Dienstleistungen mit der biometrischen Aadhaar Karte wird die Auffindbarkeit einzelner Personen für Behörden erleichtert (ÖB New Delhi 7.2023).

Die Regierung kann jedem Antragsteller einen Reisepass verweigern, wenn er sich außerhalb des Landes an Aktivitäten beteiligt, die "der Souveränität und Integrität der Nation schaden" (USDOS 20.3.2023b). Der Trend, die Ausfertigung und Aktualisierung von Reisedokumenten für Bürger aus Jammu und Kaschmir zu verzögern, hält weiterhin an. Eine Bearbeitung kann bis zu zwei Jahre dauern. Berichten zufolge unterziehen die Behörden in Jammu und Kaschmir geborene Antragsteller - einschließlich der Kinder von dort stationierten Militäroffizieren - zusätzlichen Sicherheitsüberprüfungen, bevor sie entsprechende Reisedokumente ausstellen (USDOS 12.4.2022).

Eine Ausreiseverweigerung ist aus Gründen der nationalen Sicherheit möglich (AA 5.6.2023; vgl. ÖB New Delhi 7.2023).

Meldewesen

Letzte Änderung: 28.11.2023

In Indien gibt es weder ein zentralisiertes Meldewesen oder Personenstands- oder auch Strafregister (AA 5.6.2023). Im Jahr 2009 führte Indien allerdings Aadhaar ein, ein digitales Identitätssystem für die fast 1,4 Milliarden Menschen des Landes (UCLA 13.4.2022). Das Aadhaar-Programm weist jedem Einwohner (auch Ausländer) eine eindeutige 12-stellige Nummer zu, die mit den biometrischen Daten der Person verknüpft ist - alle 10 Fingerabdrücke und ein Iris-Scan. Mittlerweile wurden über 1,3 Milliarden Aadhaar-Registrierungen vorgenommen, womit ein Großteil der indischen Bevölkerung erfasst ist (ÖB New Delhi 7.2023). Durch die Verknüpfung vieler Dienstleistungen mit der biometrischen Aadhaar Karte wird die Auffindbarkeit einzelner Personen für Behörden erleichtert (ÖB New Delhi 7.2023).

Das Nationale Bevölkerungsregister (NPR) ist ein Register, das Angaben zu Personen enthält, die gewöhnlich in einem Dorf oder einer ländlichen Gegend oder einer Stadt oder einem Bezirk oder einem abgegrenzten Gebiet innerhalb eines Bezirks in einer Stadt oder einem städtischen Gebiet wohnen. Das NPR wurde erstmals 2010 erstellt und 2015 gemäß Citizenship (Registration of Citizens and Issue of National Identity Cards) Rules, 2003, die auf der Grundlage des Citizenship Act, 1955, erstellt wurden, aktualisiert. Um die Änderungen aufgrund von Geburten, Todesfällen und Migration zu berücksichtigen, werden die NPR zusammen mit den Wohnungslisten und Wohnungsvorgängen der kommenden Volkszählung aktualisiert. Ziel der NPR ist es, eine umfassende Datenbank der üblichen Einwohner des Landes zu erstellen (Census India 11.8.2023).

Grundversorgung und Wirtschaft

Letzte Änderung: 28.11.2023

Allgemeine Wirtschaftsleistung

Die indische Wirtschaft hat sich von der bereits vor COVID bestehenden Krise erholt und erreichte im Finanzjahr 2021/22 ein Wachstum von 8,7 %, für das Jahr 2023/24 wurde von der Weltbank ein Wachstum von 6,3 % prognostiziert. Trotz negativer externer Faktoren (RU/UA Krieg, Lieferkettenengpässe, Inflation (6,7 % 2022/23) wird die indische Wirtschaft als resilient eingestuft (ÖB New Delhi 7.2023). Indien ist damit die am stärksten wachsende Volkswirtschaft aller G20-Staaten. Diese Dynamik wird von einem wiedererstarkten Privatkonsum und einem enormen Investitionsprogramm der Regierung getragen (WKO 30.10.2023).

Die Landwirtschaft stieg um 3,7 % (15 % BIP-Anteil), der wiedererstarkende Industriesektor um 4,5 % (30 % BIP-Anteil) sowie der Dienstleistungsbereich um 7,6 % (55 % BIP-Anteil), wobei hier die IT-Services dominieren (WKO 9.2023).

Arbeitsmarkt

Von den etwas 500 Millionen Arbeitskräften sind 90 % im informellen Sektor tätig (ÖB New Delhi 7.2023; vgl. AA 5.6.2023), auch wenn nach manchen Analysen der Anteil der formell Beschäftigten steigt. Von den 10 % im organisierten Sektor Beschäftigten, die über formelle soziale Absicherung und Arbeitsschutz verfügen, arbeiten 70 % im staatlichen Bereich. Nur 5 % der Gesamtarbeitskräfte sind ausgebildete Fachkräfte. Nicht mehr ganz die Hälfte der arbeitenden Bevölkerung ist in der Landwirtschaft tätig (ÖB New Delhi 7.2023).

Es besteht eine umfassende und internationalen Standards im Wesentlichen entsprechende Arbeits- und Sozialgesetzgebung, aber sie betrifft nur die Beschäftigten in formellen Arbeitsverhältnissen - das sind ca. 8 %. Die übrigen 92 % sind im „informellen“ Sektor tätig, in dem geregelte Arbeitsverhältnisse mit angemessenen und regelmäßigen Einkünften die Ausnahme sind und soziale Absicherung praktisch unbekannt ist. Gewerkschaften konzentrieren sich immer noch ganz überwiegend auf den (kleinen) formellen Sektor und sind zumeist parteipolitisch gebunden (AA 5.6.2023).

Die nationale Arbeitsvermittlungsagentur, welche bei dem Ministerium für Arbeit und dem Direktorat für Arbeit und Training angesiedelt ist, bietet Arbeitssuchenden Stellen an. Letztere müssen sich dort selbst registrieren und werden sofort informiert, sobald eine passende Stelle verfügbar ist. Einige Bundesstaaten bieten Arbeitssuchenden eine finanzielle Unterstützung für die Dauer von drei Jahren. Für weitere Informationen sollte die jeweilige lokale Vermittlungsagentur kontaktiert werden. Diese bieten auch Beratungen an, bei denen Informationen über die Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen und die Verbesserung der Fähigkeiten entsprechend der Marktnachfrage zur Verfügung gestellt werden (IOM 8.2022).

Die Arbeitslosenrate betrug für 2022/2023 10,5 % und für 2023/2024 wird eine Rate von 7,1 % prognostiziert (WKO 9.2023).

Das Gesetz verbietet alle Formen von Zwangs- oder Pflichtarbeit, aber Zwangsarbeit, einschließlich Schuldknechtschaft für Erwachsene und Kinder, war weiterhin weit verbreitet (USDOS 20.3.2023b; vgl. FH 2023).

Die Gesetze der Bundesstaaten legen Mindestlöhne und Arbeitszeiten fest. Der tägliche Mindestlohn variierte, lag aber über dem offiziell geschätzten Armutseinkommen. Die Regierungen der Bundesstaaten legen einen gesonderten Mindestlohn für Landarbeiter fest. Das Gesetz schreibt auch sichere Arbeitsbedingungen vor (USDOS 20.3.2023b).

Nahrungsmittelsicherheit, Armut

Etwa 34 % aller Inder seien von multi-dimensionaler Armut betroffen (16,4 %) oder gefährdet (18,7 %) (AA 5.6.2023). 10 % der Bevölkerung leben unter der absoluten Armutsgrenze (USD 2,15 Tag Kaufkraft). Dies ist eine signifikante Verbesserung, 2004 waren es noch ca. 40 %, 2011 22,5 % (ÖB New Delhi 7.2023).

Es gibt in Indien einen politischen Konsens zum Recht auf Nahrung. Zwei Drittel der indischen Bevölkerung haben einen entsprechenden gesetzlichen Anspruch auf fünf Kilogramm Getreide und Hülsenfrüchte pro Monat (AA 5.6.2023). Zusätzlich werden Preise für gewisse Nahrungsmittel staatlich gestützt (ÖB New Delhi 7.2023). Vorübergehende Notlagen können durch Armenspeisungen im Tempel, insbesondere der Sikh-Tempel, die auch gegen kleinere Dienstleistungen Unterkunft gewähren, ausgeglichen werden (AA 5.6.2023). Nach offiziellen Angaben sind 36 % der unter 5-Jährigen untergewichtig (AA 5.6.2023).

Auch wenn die mittel- bis langfristigen Folgen der Pandemie noch nicht absehbar sind, dürfte es für Indien nicht einfach werden, das in der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung gesetzte Ziel zu erreichen, die absolute Armut bis zum Jahr 2030 gänzlich zu beenden (AA 5.6.2023).

Wohnraum und Sozialwesen

Die Regierung betreibt eine Vielzahl von Programmen zur Finanzierung von Wohnungen. Diese richten sich jedoch zumeist an Personen unterhalb der Armutsgrenze. Weiters bieten die Regierungen eine Vielzahl an Sozialhilfen an, die sich ebenfalls an unterprivilegierte Gruppen, wie die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze, richten. Diese Programme werden grundsätzlich durch die lokalen Verwaltungen umgesetzt (Panchayat). Das staatliche Sozialversicherungsprogramm (National Social Assistance Programme) erfasst nur die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze oder physisch Benachteiligte. Das staatliche Rentensystem National Pension System (NPS) ist ein freiwilliges, beitragsbasiertes System, welches den Teilnehmern ermöglicht, systematisch Rücklagen während ihres Arbeitslebens anzulegen (IOM 8.2022).

Zahlreiche Sozialprogramme sollen die Lebensbedingungen der Bevölkerung verbessern. De facto ist der Zugang zu Sozial- und Gesundheitsleistungen in vielen Teilen Indiens noch wegen gravierender qualitativer und quantitativer Mängel, Korruption und Missmanagement beschwerlich bzw. oft verwehrt. Mit der Einführung der Identifikationsnummer "Aadhaar" und der davon unabhängigen Eröffnung von Bankkonten für jeden Haushalt in Indien konnten erste Erfolge bei der Eindämmung von Korruption und beim "verlustfreien" Transfer staatlicher Sozialleistungen verbucht werden. Mit dem Haushaltsgesetz 2018 wurde die Einführung einer Krankenversicherung für rund 100 Mio. Familien bzw. etwa 500 Mio. Menschen beschlossen (AA 5.6.2023).

Das Recht auf Sanitärversorgung erfährt durch die aktuelle Regierung besondere Aufmerksamkeit: unter Indiens Bevölkerung hatten 2015 noch rund 59 % (626 Mio.) der Menschen keinen Zugang zu sanitären Einrichtungen. Im Rahmen der ambitionierten „Clean India“ Kampagne ist in nur fünf Jahren der Anteil aller Inder:innen mit Zugang zu funktionierenden Toiletten auf etwa 85 % gestiegen (AA 5.6.2023).

Die Kriterien für die Inanspruchnahme von Sozialleistungen sind komplex und variieren je nach Ort; der Zugang zu solchen Programmen sollte nicht vorausgesetzt werden. Selbst wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, ist es nicht möglich, sich allein von Sozialhilfeprogrammen zu ernähren (DFAT 29.9.2023).

Der Aadhaar, enthält eine 12-stellige eindeutige Identifikationsnummer (UID). Sie wird indischen Staatsbürgern ausgestellt, um ihre Identität auf der Grundlage demografischer und biometrischer Informationen festzustellen. Sie bietet eine Plattform für Sozialleistungen, Vergünstigungen und Subventionen. Die Beantragung einer Aadhaar-Karte ist kostenlos und das System ist freiwillig, aber in der Praxis ist die Registrierung für alltägliche Aktivitäten erforderlich. Für den Erhalt einer Aadhaar-Karte sind keine umfangreichen Unterlagen erforderlich, und es stehen mehrere Optionen zur Verfügung, so dass sie auch für ärmere Bürger ohne Papiere oder Analphabeten zugänglich ist. Die Verwendung biometrischer Daten, einschließlich Gesichtsauthentifizierung, Iris- und Fingerabdruckdaten, soll die doppelte Vergabe von UIDs an ein und dieselbe Person reduzieren oder verhindern. In der Praxis wird er oft als Personalausweis verwendet (DFAT 29.9.2023).

Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe oder ein anderes soziales Netz. Rückkehrer sind auf die Unterstützung der Familie oder Freunde angewiesen (AA 5.6.2023).

Rückkehr

Letzte Änderung: 28.11.2023

Jede:r Inder:in hat das Recht auf Ausreise und Rückkehr in das eigene Land (AA 5.6.2023). Die Einreise ist ohne ein gültiges Reisedokument grundsätzlich nicht möglich. Ein von einem EU-Land ausgestelltes Heimreisepapier wird von der indischen Regierung nicht anerkannt. Die Ausstellung der nötigen Heimreisedokumente durch die indische Botschaft im jeweiligen EU-Land ist in der Regel mit einem zeitaufwendigen Verfahren verbunden, da es in Indien u. a. kein Meldewesen gibt (ÖB New Delhi 7.2023).

Es bestehen keine Hinweise darauf, dass eine Asylantragstellung zu nachteiligen Konsequenzen nach der Rückkehr führt (AA 5.6.2023; vgl. DFAT 29.9.2023, ÖB New Delhi 7.2023). Zur Festnahme ausgeschriebene Personen müssen allerdings bei Einreise mit Verhaftung und Übergabe an die Strafverfolgungsbehörden rechnen (AA 5.6.2023; vgl. ÖB New Delhi 7.2023).

Auslandsaktivitäten bestimmter Gruppen (radikale Sikhs, Kaschmirs) werden von der Regierung durch den Geheimdienst beobachtet. Aktivist:innen, die im Ausland eine in Indien verbotene terroristische Vereinigung unterstützen, werden hierfür nach ihrer Rückkehr strafrechtlich verfolgt (AA 5.6.2023; vgl. ÖB New Delhi 7.2023), sofern ihre Aktivitäten den indischen Behörden bekannt geworden sind. Es ist strafbar, zu Terrorgruppen Kontakte zu unterhalten oder an Handlungen beteiligt zu sein, die die Souveränität, Integrität oder Sicherheit Indiens gefährden (ÖB New Delhi 7.2023).

Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind nicht bekannt (AA 5.6.2023).

Die Rückkehrberatung in Österreich ist seit 1.1.2021 von der Bundesbetreuungs- und Unterstützungs-Agentur (BBU GmbH) angeboten. Es gibt Beratungsstellen in allen neun Bundesländern. Es steht den Personen frei, an welche Rückkehrberatungsorganisation sie sich wenden. Im Falle einer verpflichteten Rückkehrberatung wird eine bestimmte Rückkehrberatungsorganisation genannt. Grundsätzlich ist jenes Bundesland zuständig, in dem der Asylwerber, Fremde bzw. Ausreisepflichtige wohnt. Darüber hinaus findet Rückkehrvorberatung auch für Personen in Schub- oder Strafhaft statt (BBU 2023).

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in die Beschwerde.

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die zur Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers sowie zu seinen persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen im Herkunftsstaat und in Österreich getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde, den Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bzw. in der Einvernahme vor der belangten Behörde sowie aus den diesbezüglichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid, die in der Beschwerde nicht bestritten wurden.

2.3. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

2.3.1. Die belangte Behörde wies zutreffend in ihrer Beweiswürdigung darauf hin, dass der Beschwerdeführer höchst oberflächliche (bzw. keine detailreichen) Angaben zu seinen Fluchtgründen vorbrachte. Trotz Aufforderung, sein Vorbringen „so detailreich wie möglich“ bzw. „genauer“ zu werden darzulegen, blieb der Beschwerdeführer in seinen Antworten äußerst knapp (vgl. etwa AS 83). Zutreffend wies die belangte Behörde auch darauf hin, dass der Beschwerdeführer nicht als „exponierte“ Person qualifiziert werden kann.

2.3.2. Das Bundesverwaltungsgericht hält ergänzend zur Beweiswürdigung der belangten Behörde fest, dass der Beschwerdeführer – im Ergebnis – eine politische Verfolgung in Indien geltend macht, für die es laut den Länderberichten keine Grundlage gibt. Selbst wenn der Beschwerdeführer tatsächlich ein Anhänger oder sogar ein Mitglied der Khalistan-Bewegung gewesen wäre (der Beschwerdeführer behauptete nicht einmal, ein Mitglied gewesen zu sein bzw. legte diesbezüglich keine Bescheinigungen, vgl. vielmehr AS 83, arg. „A: Ich bin Befürworter von Khalistan. Das ist der Regierung nicht recht. F: Hatten Sie eine wichtige Funktion oder Mitgliedschaft innerhalb der Bewegung inne oder waren Sie nur Unterstützer? A: Ich war Unterstützer.“), finden sich in den Länderberichten keine Informationen, wonach Vertreter der derzeit regierenden Partei Bharatiya Janata Party (BJP) Mitglieder von anderen Parteien, insbesondere Oppositionsparteien, systematisch verfolgen würden. Vielmehr ist Indien eine Mehrparteiendemokratie mit freien Wahlen und einer unabhängigen Justiz, welche von der Regierung (im Allgemeinen) respektiert wird. Die Verfassung garantiert bürgerliche Freiheiten, einschließlich der Meinungs- und Religionsfreiheit bzw. der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit (vgl. oben, II., 1.3.). Zudem existieren keine Berichte dahingehend, wonach die Sicherheitsbehörden (im konkreten die indische Polizei) Personen alleine aufgrund des Umstandes, dass diese an Versammlungen bzw. Demonstrationen teilgenommen haben, gezielt verfolgen würden.

2.3.3. Auch die Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz waren nicht geeignet, plausibel und nachvollziehbar darzulegen, warum der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Indien einer gezielten (individuellen) Verfolgung ausgesetzt wäre, zumal die Behauptung, wonach für eine Verfolgungsgefahr keine besondere Exponiertheit erforderlich sei, keine Deckung in den Länderberichten findet.

Zudem ist das ergänzende Vorbringen im Beschwerdeschriftsatz bereits in zeitlicher Hinsicht nicht mit den ursprünglichen Angaben des Beschwerdeführers vereinbar: Der Beschwerdeführer gab nämlich – insoweit übereinstimmend in der Erstbefragung und in der Einvernahme vor der belangten Behörde – an, dass er am 15.04.2023 aus seinem Wohnort per Flug legal Indien verlassen hätte (vgl. AS 21 und 82). Hingegen wird im Beschwerdeschriftsatz plötzlich behauptet, dass der (offenbar fluchtauslösende) Vorfall mit der Polizei an einem Nachmittag im Februar oder März 2023 stattgefunden hätte und der Beschwerdeführer daraufhin noch „am gleichen Tag“ das Land verlassen hätte (vgl. AS 159). Abgesehen davon, dass dem Bundesverwaltungsgericht kein Grund ersichtlich ist, warum das sog. „Ergänzende Vorbringen“ im Beschwerdeschriftsatz überhaupt notwendig war bzw. warum der Beschwerdeführer nicht bereits von sich aus in der Einvernahme vor der belangten Behörde alles Wesentliche erzählte, ist dieser Widerspruch doch auffällig.

Soweit der Beschwerdeführer eine angebliche Sikh-Diskriminierung behauptet, ist auf die Länderberichte hinzuweisen, wonach Sikhs ihre Religion in allen Landesteilen ohne Einschränkung ausüben können und im Allgemeinen einem geringen Maß an offizieller und gesellschaftlicher Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt sind. Zudem gibt es derzeit keine Hinweise darauf, dass Sikhs alleine aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit von der Polizei willkürlich verhaftet oder misshandelt werden (vgl. oben, II., 1.3.). Zwar wird in den Länderberichten auch darauf hingewiesen, dass die von der BJP geführte Regierung eine Politik der Diskriminierung und Stigmatisierung betreibt. Diese richtet sich jedoch insbesondere gegen Muslime sowie Angehörige des christlichen Glaubens. Auch aus diesem Grunde ist der Beschwerdeführer als nicht besonders gefährdet zu qualifizieren.

2.3.4. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer legal mit dem Flugzeug ausgereist ist (vgl. AS 21 und 82). Wäre der Beschwerdeführer somit tatsächlich im Fokus der Sicherheitsbehörden gestanden, wäre ihm wohl eine legale Ausreise verunmöglicht worden. Ein weiterer Umstand, der gegen eine Verfolgung des Beschwerdeführers in Bezug auf seinen Herkunftsstaat spricht.

2.3.5. Insgesamt betrachtet steht daher fest, dass die belangte Behörde ein mangelfreies Ermittlungsverfahren geführt und in ihrer Begründung die Ergebnisse, die für die Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat und dem Beschwerdeführer hinsichtlich seines Vorbringens zu einer Bedrohungssituation keine Glaubwürdigkeit zukommt.

2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die von der belangten Behörde in dem gegenständlich angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihr in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Die belangte Behörde hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Dem Beschwerdeführer wurde zudem ermöglicht, zu den Länderfeststellungen der belangten Behörde eine Stellungnahme abzugeben, worauf dieser jedoch verzichtete (vgl. AS 85).

Es wurden somit im gesamten Verfahren keine substantiierten Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde hinsichtlich des Status des Asylberechtigten:

3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK), droht.

Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht – diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann –, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. „inländische Fluchtalternative“ vor. Der Begriff „inländische Fluchtalternative“ trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).

Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße – möglicherweise vorübergehende – Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).

3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Beschwerde nicht begründet ist:

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

Eine gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgungsgefahr aus solchen Gründen wurde weder im Verfahren vor der belangten Behörde, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht glaubhaft gemacht (vgl. Beweiswürdigung, II., 2.3).

Da sohin keine Umstände vorliegen, wonach es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat in asylrelevanter Weise bedroht wäre, ist die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten durch die belangte Behörde im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht existiert.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Abweisung der Beschwerde hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten:

3.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Unter „realer Gefahr“ ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen („a sufficiently real risk“) im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird – auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören –, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; 08.06.2000, Zl. 99/20/0203; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände („exceptional circumstances“) vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter „außergewöhnlichen Umständen“ können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443; 13.11.2001, Zl. 2000/01/0453; 09.07.2002, Zl. 2001/01/0164; 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr („real risk“) – die bloße Möglichkeit genügt nicht – damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137).

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reicht eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 MRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können oder um die Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative zu verneinen (vgl. etwa VwGH 25.5.2020, Ra 2019/19/0192).

3.2.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gegeben sind:

Dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.

Im Hinblick auf die Feststellungen zur allgemeinen Situation, wonach die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet ist, kann auch nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer, der in Indien aufgewachsen ist, im Falle einer Rückkehr in eine ausweglose Lage geriete. Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen erwachsenen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Er verfügt darüber hinaus über eine 12-jährige Schulbildung und Studium. Er wird daher im Herkunftsstaat in der Lage sein, zumindest durch Gelegenheitsarbeiten ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Zudem verfügt der Beschwerdeführer über familiäre Anknüpfungspunkte in Indien, welche ihn bei seiner Rückkehr (gegebenenfalls zumindest organisatorisch) unterstützen könnten, weshalb auch von daher nicht angenommen werden kann, der Beschwerdeführer geriete im Falle einer Rückkehr in eine lebensbedrohliche Notlage. Schwierige Lebensumstände genügen für eine Schutzgewährung im Sinne des § 8 AsylG nicht.

Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), liegt nicht vor.

Auf Grund der eben dargelegten Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat erübrigt sich eine weitere Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005.

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Bescheides:

3.3.1. Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

„1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.“

Der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers wurde mit dem vorliegenden Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch jenem des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz in Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und es ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen.

Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Indien kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers ist nicht geduldet; er ist kein Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor.

3.3.2. Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wird.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden, als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes, fand. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Unter dem „Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen. In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu (vgl. Sisojeva ua/Lettland, EuGRZ 2006, 554).

3.3.3. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Der erwachsene Beschwerdeführer ist ledig, hat keine Kinder und lebt in keiner Ehe, eheähnlichen Beziehung oder in einer dem gleichkommenden Partnerschaft. Es besteht somit kein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK in Österreich, weshalb die Rückkehrentscheidung nicht in das Recht auf Achtung des Familienlebens eingreifen würde.

Der Beschwerdeführer reiste illegal nach Österreich ein und stellte in weiterer Folge im Juni 2023 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er verfügte nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des bloß vorübergehenden Aufenthaltsrechts in seinem Asylverfahren (vgl. dazu EGMR 08.04.2008, 21878/06, Nnyanzi/Vereinigte Königreich, demzufolge der Gerichtshof es nicht erforderlich erachtete, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob während des fast zehnjährigen Aufenthalts des betreffenden Beschwerdeführers ein Privatleben im Sinne des Art. 8 EMRK entstanden ist).

Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration des Beschwerdeführers sind nicht hervorgekommen (vgl. insbesondere AS 84, woraus hervorgeht, dass der Beschwerdeführer lediglich als Zeitungszusteller arbeitet, keine Familienangehörigen und Freunde in Österreich hat, nicht Deutsch spricht, keine Kurse absolvierte bzw. nicht in Mitglied eines Vereins ist).

Die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers fällt bei der vorzunehmenden Abwägung nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht ins Gewicht. Laut Judikatur bewirkt die strafrechtliche Unbescholtenheit weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen (vgl. VwGH 21.01.1999, 98/18/0424). Der Verwaltungsgerichtshof geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht substantiiert vorgebracht worden, welche im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen ließen.

Die belangte Behörde ist des Weiteren auch nach Abwägung aller dargelegten persönlichen Umstände zu Recht davon ausgegangen, dass ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK) von Amts wegen nicht zu erteilen ist.

3.3.4. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 leg.cit. in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffene amtswegige Feststellung keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass allenfalls auch unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens die Abschiebung in den Herkunftsstaat Indien unzulässig wäre (vgl. VwGH 16.12.2015, Zl. Ra 2015/21/0119).

Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung vorliegen, war die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. und V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 iVm Abs. 9 FPG sowie §§ 55 und 57 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.3.5. Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

3.6. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss.

Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Der Sachverhalt ist im Gegenstand aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung – ungeachtet des Parteienantrages – unterbleiben konnte.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter A) zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

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