18Bs232/25m – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Frohner als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Lehr und Mag. Primer als weitere Senatsmitglieder in der Maßnahmenvollzugssache des A*wegen Widerrufs der bedingten Entlassung bei einer vorbeugenden Maßnahme nach § 21 Abs 1 StGB über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 30. Juli 2025, GZ **-239, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 22. August 2018, rechtskräftig seit 2. April 2019, AZ **, in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher [nunmehr: forensisch-therapeutisches Zentrum] gemäß § 21 Abs 1 StGB eingewiesen, weil er am 24. Februar 2018 in ** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§ 11 StGB), der auf einer geistig, seelischen Abartigkeit höheren Grades beruhte, nämlich einer unbehandelten paranoiden Schizophrenie, B*
I./ gefährlich mit dem Tod bedroht hat, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er ein ca. 30 cm langes Fleischmesser gegen sie richtete und auf sie zuging;
II./ widerrechtlich gefangen gehalten hat, indem er ihr über längere Zeit verboten hat, die Wohnung zu verlassen und er zu ihr meinte, dass, widrigenfalls, sie schon sehen werde, was passiert,
sohin Taten begangen hat, die jeweils mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht sind und die ihm, wäre er zur Tatzeit nicht aufgrund seiner geistigen und seelischen Abartigkeit höheren Grades zurechnungsunfähig (§ 11 StGB) gewesen, als
zu I./ Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB,
zu II./ Vergehen der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB
zuzurechnen gewesen wären.
Mit Beschluss des Landesgerichts Steyr vom 20. September 2022, AZ **, wurde A* am 26. September 2022 gemäß § 47 StGB unter Bestimmung einer fünfjährigen Probezeit und Anordnung von Bewährungshilfe sowie der Erteilung der Weisungen, in einer geeigneten betreuten Nachsorgeeinrichtung Wohnsitz zu nehmen, die dortige Hausordnung einzuhalten und an tagesstrukturierenden Maßnahmen teilzunehmen, laufend fachärztlich-psychiatrische Behandlung und Kontrolle in Anspruch zu nehmen und die verordnete Medikation (inkl. Depotneuroleptikum) einzunehmen, was mit Blutspiegelkontrollen zu überprüfen ist (alles idealerweise im FTZW), eine ambulante Psychotherapie zu absolvieren (idealerweise wöchentlich beim Grünen Kreis) und Abstinenz von Alkohol, Drogen und sonstigen psychoaktiven Substanzen einzuhalten, was regelmäßig mittels Drogenscreening bzw. CDT-Wert-Bestimmung zu überprüfen ist, bedingt entlassen (ON 12).
Nach mehrfachen Weisungsänderungen, zuletzt mit Beschluss des Erstgerichts vom 10. Oktober 2024 (ON 164), und förmlichen Mahnungen (ON 178, ON 186) sowie Einholung eines neuerlichen Gutachtens der psychiatrischen Sachverständigen Dr. C* (ON 190) beantragte die Staatsanwaltschaft am 11. Februar 2025 den Widerruf der bedingten Entlassung sowie die Verhängung der Widerrufshaft (ON 192). Antragsgemäß wurde sodann über A* - nach dessen gerichtlich angeordneter Festnahme am 12. Februar 2025 - am 13. Februar 2025 aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr gemäß § 180 Abs 3 StVG (173 Abs 1 und Abs 2 Z 3 lit a StPO) die Widerrufshaft mit Frist bis 26. Februar 2025 verhängt (ON 197 und 198). Mit Beschluss vom 25. Februar 2025 setzte das Erstgericht diese nach Durchführung einer Haftprüfungsverhandlung aus demselben Haftgrund mit Wirksamkeit bis 12. März 2025 fort (ON 203).
Mit dem angefochtenen Beschluss widerrief das Landesgericht für Strafsachen Wien durch einen Drei-Richter-Senat (§ 162 Abs 3 StVG) gemäß § 54 Abs 1 StGB die mit Beschluss des Landesgerichts Steyr vom 20. September 2022, AZ **, angeordnete bedingte Entlassung des A* aus der mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 22. August 2018, rechtskräftig seit 2. April 2019, AZ **, gemäß § 21 Abs 1 StGB angeordneten Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A* (243), der keine Berechtigung zukommt.
Gemäß § 54 Abs 1 StGB ist die bedingte Entlassung aus einer der in den §§ 21 bis 23 StGB bezeichneten Anstalten unter den in § 53 StGB genannten Voraussetzungen zu widerrufen, wenn sich aus den dort genannten Umständen ergibt, dass die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, noch besteht.
Gemäß § 53 Abs 2 StGB hat das Gericht die bedingte Entlassung zu widerrufen und die Strafe oder den Strafrest vollziehen zu lassen, wenn der Rechtsbrecher während des vom Gericht bestimmten Zeitraums eine Weisung trotz förmlicher Mahnung mutwillig nicht befolgt oder sich beharrlich dem Einfluss des Bewährungshelfers entzieht und dies nach den Umständen geboten erscheint, um den Rechtsbrecher von der Begehung strafbarer Handlungen abzuhalten.
Demnach ist die bedingte Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug zu widerrufen, wenn eine der in § 53 StGB genannten Widerrufsvoraussetzungen vorliegt, die die Unterbringungsanordnung tragende Gefährlichkeit fortbesteht und die Annahme nicht zu rechtfertigen ist, dass diese außerhalb des Maßnahmenvollzugs „hintangehalten“ (mit anderen Worten: der Vollzug substituiert) werden kann. Falls sich der Fortbestand der Gefährlichkeit manifestiert, ohne dass die Maßnahme substituierbar wäre, ist der Widerruf somit zwingend. Die Gefährlichkeit muss sich also aus dem Umstand der – trotz förmlicher Mahnung mutwilligen – Nichtbefolgung von Weisungen bzw aus der beharrlichen Entziehung aus dem Einfluss des Bewährungshelfers ergeben, welche Umstände symptomatisch für den Fortbestand der Gefährlichkeit sein müssen. Nicht verlangt ist jedoch, dass die Befürchtung daraus allein abgeleitet werden kann ( Haslwanter , WK 2 § 54 Rz 4 ff).
Der Widerruf kann überdies nur erfolgen, wenn die Weisung mutwillig, und nicht etwa aus Nachlässigkeit oder Fahrlässigkeit (vgl dazu Jerabek/Ropper , WK-StGB § 53 Rz 10), nicht befolgt wird. Vor dem Widerruf muss eine förmliche Mahnung des Rechtsbrechers erfolgen, was üblicherweise in Form einer gerichtlichen Vernehmung geschieht. Jedenfalls ist dem Verurteilten (schriftlich oder mündlich) die erteilte Weisung förmlich in Erinnerung zu rufen ( Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB 15§ 53 Rz 8). Wurden dem bedingt Entlassenen mehrere Weisungen erteilt, so kann bereits die mutwillige Nichtbefolgung einer einzigen Weisung zum Gegenstand einer Entscheidung über den Widerruf gemacht werden, sofern (gerade) ihre Einhaltung förmlich eingemahnt und ihr (dennoch) nicht im gerichtlich festgelegten Umfang entsprochen wurde (RIS-Justiz RS0129803).
Sämtliche Voraussetzungen für einen Widerruf liegen gegenständlich vor.
Aus der vom Erstgericht zutreffend dargestellten Chronologie, welche durch ausdrücklichen Verweis zum Bestandteil dieser Entscheidung gemacht wird (zur Zulässigkeit vgl RIS-Justiz RS0119090 [T4], RS0098664 [T3] und RS0098936 [T15])), ergibt sich zwanglos, dass sich bei A* ab Oktober 2023 ein instabiles, psychiatrisches Zustandsbild zeigte, welches zu stationären Aufenthalten in psychiatrischen Abteilungen von Krankenhäusern führte, jedoch keine Stabilisierung eintrat. Vielmehr handelte er den ihm erteilten Weisungen – trotz mehrfacher förmlicher Mahnungen – fortgesetzt zuwider, wobei für die Annahme eines Verstoßes bloß aus Nachlässigkeit bzw Fahrlässigkeit kein Raum bleibt,verstieß er doch wiederholt gegen die Hausordnung der Nachsorgeeinrichtung und konsumierte in den letzten beiden Jahren immer wieder (bewusst und gewollt) Suchtmittel, weil er der Ansicht war, sich dadurch aus einer „Traumasituation“ selbst behandelt (ON 227 AS 3) und wieder Lebenswillen gehabt zu haben, wobei er unumwunden ausführte, er hätte sowieso wieder mit dem Suchtgiftkonsum angefangen, er werde in der Behandlung niedermediziniert und müsse da so viel über sich ergehen lassen (ON 186 AS 2). Es ist daher davon auszugehen, dass er sich den Weisungen - in voller Kenntnis der ihm von den Betreuungseinrichtungen und vom Gericht mehrfach nachdrücklich kommunizierten Verpflichtungen samt den anderenfalls drohenden Konsequenzen - vorsätzlich widersetzte und somit der Widerrufstatbestand nach §§ 54 Abs 1 iVm 53 Abs 2 StGB erfüllt ist.
Die Mutwilligkeit lässt sich - dem Beschwerdevorbringen, wonach diese nur jemandem vorzuhalten sei, der willentlich (zurechnungsfähig) handeln könne, genau dies sei bei ihm aber aufgrund seiner psychischen Erkrankung nicht der Fall (Seite 7 der Beschwerde ON 243), zuwider - auch zwanglos daraus ableiten, dass er auch nach der letzten persönlichen förmlichen Mahnung am 21. Jänner 2025 (ON 186), bei welcher er den Suchtgiftkonsum eingestand, weiterhin entgegen der Hausordnung des Vereins Wobes Suchtgifte konsumierte und ein von der Sachverständigen durchgeführter Schnelltest am 6. Februar 2025 ein positives Ergebnis für Amphetamine und Opioide zeigte (ON 190 AS 9). Außerdem gab er die Weitergabe von Suchtmittel an andere zu (ON 186 AS 3).
Dass der Beschwerdeführer (nach wie vor) an einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung, nämlich einer paranoiden Schizophrenie, leidet, die er in seinem Rechtsmittel selbst nicht in Abrede stellt, geht schlüssig aus dem aktuellen Gutachten der psychiatrischen Sachverständigen Dr. C* (ON 190) hervor, wonach die beim Beschwerdeführer diagnostizierte schwerwiegende und nachhaltige psychische Störung in einem chronischen Stadium mit immer auftretenden und durch Drogenabusus ausgeklinkten akut psychotischen Episoden (ICD-10 F 20.5, F 20.0), weiter besteht sowie eine Cannabinoid-Abhängigkeit in der Vorgeschichte, aktuell ein schädlicher Gebrauch von Amphetaminen (und verdachtsweise von multiplen Substanzen) und Opioiden (ICD-10 F 14, F 11).
Schließlich bestehen auch am Vorliegen der einweisungsrelevanten Gefährlichkeit keine Zweifel.
Zunächst ist nämlich durch die im angefochtenen Beschluss dargestellte Entwicklung anschaulich demonstriert, dass der Beschwerdeführer sukzessive psychisch auffälliger wurde, was offenkundig auch mit dem vermehrten (von den Betreuungseinrichtungen unbemerkt gebliebenen) Konsum von Suchtgift einherging.
Der Verein Grüner Kreis führte in seiner Stellungnahme vom 25. August 2024 aus, dass die Schizophrenieerkrankung im Mittelpunkt der Probleme stehe (ON 157). In seinem Therapieabschlussbericht vom 27. Oktober 2024 hielt er fest, dass die Behandlung der Suchterkrankung nicht mehr im Vordergrund stehe (ON 171).
Im Bericht des Vereins pro mente plus vom 3. Dezember 2024 wurde erstmals festgehalten, dass der Beschwerdeführer aufgrund eines positiven Harntests zugegeben habe, bereits seit zwei Jahren regelmäßig Amphetamine zu konsumieren, er habe „Glück gehabt“, dass der bisherige Drogenkonsum nicht durch die regelmäßigen Tests entdeckt worden sei. Außerdem habe er die Weitergabe von Suchtmittel an andere Heimbewohner zugegeben (ON 175). Ein weiterer Drogentest sei ebenfalls positiv ausgefallen (ON 177). Auch nach dem Bericht des Vereins pro mente plus vom 7. Jänner 2025 habe der Beschwerdeführer weiterhin Suchtmittel konsumiert und einer erneuten freiwilligen stationären Aufnahme in die Psychiatrie nicht zugestimmt (ON 181). Seit Dezember 2024 habe der Beschwerdeführer auch unentschuldigt an keinen weiteren externen Tagesstrukturgruppen mehr teilgenommen (ON 189).
Diese Prognose wird wiederum durch die logisch deduzierte Expertise der Sachverständigen, die den Beschwerdeführer bereits am 31. Juli 2024 begutachtet und ein ausführliches psychiatrisches Gutachten (jedoch in Unkenntnis des Suchtgiftkonsums) erstellt hatte (ON 159), sich ausführlich mit der Krankengeschichte des Beschwerdeführers und seiner Entwicklung nach der bedingten Entlassung auseinandersetzte, untermauert, die insbesondere unter Verweis darauf, dass der Suchtgiftkonsum erfolgt, um die eigene Befindlichkeit - sowohl die depressiven wie die paranoid wahnhaften Symptome und Ängste – vermeintlich besser in den Griff zu bekommen, was allerdings ein Fehlschluss sei, zum Schluss gelangte, dass nach der Person des Betroffenen, seinem aktuellen psychischen Gesundheitszustand, seiner psychiatrisch forensischen und kriminalprognostisch ungünstigen Vorgeschichte sowie infolge zahlreicher Weisungsbrüche und anhaltender psychischer Destabilisierung mit Ausschöpfung der extramuralen ambulanten und stationären psychiatrischen Behandlung eine ungünstige Gefährlichkeitsprognose bestehe, die akut wieder auflebe. Es sei mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten, dass der Betroffene unter dem maßgeblichen Einfluss der aufgeführten psychischen Störungen in absehbarer Zukunft - ab sofort – wiederum eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde. Dazu zählen schwere Körperverletzungen an Menschen, denen er begegnet - inklusive Zufallsopfer - und die er akut wahnhaft besetzt und von denen er sich bedroht fühlt (ON 190 AS 11 ff).
Die negative Entwicklung deckt sich etwa auch mit dem Bericht des Vereins pro mente plus vom 26. März 2024, wonach sich der Beschwerdeführer bedroht fühle (ON 133) und dem Bericht des Vereins Grüner Kreis vom 28. April 2024, wonach er massiv unter paranoiden Wahnvorstellungen leide (ON 134). Auch nach dem Bericht des Vereins pro mente plus vom 26. Juni 2024 (ON 148) bestehen anhaltende Wahngedanken.
In einer wertenden Gesamtschau der Verfahrenschronologie sowie unter Berücksichtigung der Expertise der psychiatrischen Sachverständigen ist entgegen den Ausführungen in der Beschwerde sehr wohl davon auszugehen, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten ist, dass der Beschwerdeführer ohne neuerliche Unterbringung in naher Zukunft unter dem maßgeblichen Einfluss seiner schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung und als Ausfluss der Nichteinhaltung der Weisungen, insbesondere zur Einhaltung der Hausordnung der Nachsorgeeinrichtung inklusive Suchtgift-Karenz, mit Strafe bedrohte Handlungen mit schweren Folgen wie etwa schwere Körperverletzungen begehen werde und diese Gefährlichkeit außerhalb des Maßnahmenvollzugs nicht hintangehalten werden kann. Im Lichte dieser Entwicklungen ist ein Widerruf der bedingten Entlassung daher alternativenlos, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen effektiv entgegenzuwirken.
Dem Beschwerdeeinwand, der Vorwurf der Verweigerung eines Drogentests sei Basis der Entscheidung des Erstgerichts, verkennt, dass der Widerruf der bedingten Entlassung erfolgte, weil der Beschwerdeführer trotz förmlicher Mahnungen (ON 178, ON 186) mutwillig Weisungen nicht befolgte und die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, noch besteht und nicht substituierbar ist. Wesentlicher Umstand dabei ist, dass der Beschwerdeführer entgegen der Hausordnung Suchtgifte konsumiert hat. Ob er in weiterer Folge Drogentests verweigert hat oder nicht, ist bei Beurteilung der Widerrufsvoraussetzungen – dem Beschwerdevorbringen zuwider (Seiten 3 f der Beschwerde ON 243) - aber nicht wesentlich.
Der Beschwerdepunkt, wonach dem Verteidiger die Teilnahme an der Anhörung verwehrt worden sei (Seite 2 der Beschwerde ON 243), wird in weiterer Folge dahingehend von ihm selbst releviert, dass Kritik an der Sitzordnung geübt wird. Der Beschwerdeführer übersieht dabei, dass das entscheidende Gericht durch die am 29. Juli 2025 durchgeführte Anhörung einen unmittelbaren persönlichen Eindruck von der Persönlichkeit des Betroffenen gewinnen sollte (vgl dazu Pieber, WK² StVG § 152a Rz 4). Seinem Verteidiger wurde ohnehin bereits die Gelegenheit eingeräumt, zu den Verfahrensergebnissen Stellung zu nehmen, wovon er auch Gebrauch machte. Die (offensichtliche) Ansicht des Beschwerdeführers, wonach es sich bei der Anhörung um eine (parteiöffentliche) mündliche Verhandlung unter Beiziehung eines Sachverständigen und Aufnahme von Beweisen handelt, verkennt damit den Zweck der Anhörung. Aus diesem Grund ist daher auch die Ladung der Sachverständigen oder von Zeugen anlässlich der Anhörung nicht vorgesehen und fallbezogen auch nicht erforderlich. Die monierte Verletzung von Art 6 Abs 3 EMRK liegt nicht vor.
Der Beschwerdeführer kritisiert zudem, dass das Erstgericht seinen Beweisanträgen nicht entsprochen habe.
Die vom Beschwerdeführer beantragten Beweise sind nicht geeignet, das Kalkül der Sachverständigen in Zweifel zu ziehen. Ein Widerruf nach § 54 StGB hat zu erfolgen, wenn trotz förmlicher Mahnung mutwillig eine Weisung nicht befolgt wird und die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, noch besteht und die Unterbringung nicht substituiert werden kann. Eine (weitere) während der Probezeit nach der bedingten Entlassung begangene Anlasstat iSd § 21 Abs 3 StGB ist jedoch nicht erforderlich. Wesentlich ist, dass die die Unterbringungsanordnung tragende Gefährlichkeit fortbesteht und die Annahme nicht zu rechtfertigen ist, dass diese außerhalb des Maßnahmenvollzugs „hintangehalten“ (mit anderen Worten: der Vollzug substituiert) werden kann. Dieses Kriterium hat das Erstgericht zutreffend auf die Verfahrenschronologie und das Gutachten der Sachverständigen gestützt.
Die Einvernahme des D*, MA, Bezugsbetreuuer bei pro mente plus, ist schon deshalb nicht erforderlich, weil der Umstand, ob Drogentests tatsächlich verweigert wurden, nicht entscheidungswesentlich ist. Entgegen dem Beschwerdevorbringen (Seite 4 der Beschwerde ON 243) wird dem Beschwerdeführer auch kein unkooperatives Verhalten vorgeworfen, welches zum Widerruf nach § 54 StGB führte.
Der Bewährungshelfer des Betroffenen, E* MA, führte in seiner Stellungnahme vom 28. Februar 2025 (ON 211) aus, dass niemals paranoide Eingebungen in der Form deutlich geworden seien, dass der Beschwerdeführer gedacht habe, sich gegen jemanden wehren zu müssen. Aus Sicht der Bewährungshilfe erscheine die Fortführung der bestehenden Weisungen und ein stationärer Entzug mit anschließender Entwöhnung eher geeignet, um den Beschwerdeführer von zukünftiger Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen abzuhalten.
Auch diese Einschätzung ist nicht geeignet, das Kalkül der Sachverständigen zu erschüttern, wonach die Sucht bzw die Suchtbehandlung nicht im Vordergrund stehe, sondern der Konsum von Suchtmittel symptomatisch zu sehen sei, um die eigene Befindlichkeit - sowohl die depressiven wie die paranoid wahnhaften Symptome und Ängste - vermeintlich besser in den Griff zu bekommen, was allerdings ein Fehlschluss sei und zu steten psychotischen Exacerbationen führe. Von einer stationären Suchtbehandlung sei gefährlichkeitsprognostisch forensisch psychiatrisch jedenfalls abzuraten: Der Betroffene fühle sich rasch bedroht, weise eine paranoid sensitive Realitätsverzerrung und akut und latent produktive Symptome auf, könne sich nicht mehr in eine Gruppe einfügen. Es sei naheliegend und bestehe die akute Gefahr, dass er - wie beim Anlassdelikt - aus paranoid wahnhafter Verkennung andere bedroht, die sich seinen Vorstellungen widersetzen bzw von denen er paranoid annehme, dass sie gegen ihn vorgehen, sodass nicht nur qualifizierte Drohungen, sondern auch die handlungsmäßige Umsetzung derselben in schwere Körperverletzungen sehr wahrscheinlich sei (ON 190 AS 12).
Wenn der Beschwerdeführer offenbar aufgrund des für ihn negativen Gutachtens Kritik an der Sachverständigen aufgrund eines „hiergerichtlich praktischen Beispiels vom 24.08.2015“ in einem Hauptverfahren (Seite 7 f der Beschwerde ON 243), dessen Inhalt dem Beschwerdesenat nicht bekannt ist, übt, vermag er damit im vorliegenden Fall keine Mängel des Gutachtens aufzuzeigen.
Eine beharrliche Weigerung des Erstgerichts zur Einholung eines ergänzenden Gutachtens liegt nicht vor, vielmehr legt der Beschwerdeführer nicht dar, weshalb die Sachverständige, die in ihrem Vorgutachten noch davon ausgegangen ist, dass die schizophrene Symptomatik verdachtsweise nicht optimal medikamentös behandelt werde und an erster Stelle eine Optimierung der Medikation empfahl (ON 159 Seite 20), auch bei Berücksichtigung der nach Gutachtenserstattung vorgelegten Stellungnahmen zu einer anderen Einschätzung gelangen sollte, weil ein tatsächlich eingetretenes fremdgefährdendes Verhalten nicht Voraussetzung für den Widerruf der bedingten Entlassung ist, sondern – wie fallbezogen vorliegend - die mutwillige Nichtbefolgung einer Weisung trotz förmlicher Mahnung, das Fortbestehen der Gefährlichkeit und die mangelnde Substituierbarkeit. Weshalb die Stellungnahmen der Institutionen, die den Betroffenen zwar – wie er in seiner Beschwerde ausführt - in den letzten Jahren intensiv betreut haben, die aber offensichtlich die „Selbsmedikation“ durch regelmäßigen Suchtgiftkonsum nicht wahrgenommen haben, zu einer anderen Einschätzung der Sachverständigen geführt hätten, lässt die Beschwerde ebenso offen wie eine Begründung, weshalb ein anderer Sachverständiger bestellt werden sollte und die Kritik an der Dauer der Befundaufnahme am 6. Februar 2025.
Im Übrigen greift der Beschwerdeführer teilweise einzelne Passagen aus der umfangreichen Begründung des angefochtenen Beschluss heraus und stellt diesen wiederum einzelne Argumente gegenüber, ohne die Beweisergebnisse und die erstgerichtlichen Entscheidungsgründe in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen.
Dem Beschwerdevorbringen zuwider stützte das Erstgericht seine Schlussfolgerungen auch nicht auf die weiterhin „verlangsamte in sich gekehrte Kommunikation“ oder den Umstand des „Mürrischseins“ (Seiten 5 und 7 der Beschwerde ON 243), sondern kam aufgrund seines Verhaltens bei der Anhörung und seiner Angaben, er werde die Weisungen „so gut wie möglich einhalten“ (BS 14) zu dem Schluss, dass ihm die Qualität seiner Erkrankung überhaupt nicht bewusst sei (was sich wiederum mit der Einschätzung der Sachverständigen betreffend die „Selbstmedikation“ zur vermeintlichen Verbesserung des psychischen Befindens deckt [ON 190 Seite 9]), weshalb die innewohnende Gefährlichkeit nur extramural hintanzuhalten sei.
Auch das Vorbringen zu einer möglichen Behandlung beim Verein Grüner Kreis und die Schlussfolgerungen des Beschwerdeführers ( „Wird jedoch der Drogenabusus behandelt und geheilt [und diese Möglichkeit hätte es in der stationären Therapie beim Grünen Kreis mit hoher Wahrscheinlichkeit gegeben], dann fällt auch die Weitergabe von Suchtmittel an andere weg. Damit wäre mehr als nur eine Komponente des allenfalls Fremdgefährdungen verursachenden Handelns des betroffenen beseitigt.“ [Seite 6 der Beschwerde ON 243]; „ Sein fremdgefährdendes Verhalten beruht ja ausschließlich, mit Ausnahme des Grundfalles vom 24.02.2018, in der Weitergabe geringer Suchtmittelmengen an andere im Zuge seiner eigenen Suchtmittelkrankheit und -konsumation. “ [Seite 7 der Beschwerde ON 243]) überzeugen nicht. Denn die Einschätzung der Sachverständigen basiert nicht auf dem Umstand, dass der Betroffene Suchtmittel an andere überlassen hat, sondern weil er diese als Selbstmedikation zur vermeintlichen Verbesserung seines psychischen Befindens konsumiert hat, wodurch er sich in einer permanenten labilen und präpsychotischen Grundverfassung befand (ON 190 AS 9 f) und es seit längerem nicht mehr gelingt, den Betroffenen etramural psychisch zu stabilisieren.
Dass das Behandlungskonzept des Vereins Grüner Kreis auch in einem stationären Setting nicht ausreichend auf die psychiatrische Behandlung des Betroffenen ausgerichtet ist, ergibt sich neben dem Gutachten der Sachverständigen (ON 190 Seite 10) bereits aus dem Therapieabschlussbericht des Vereins Grüner Kreis vom 27. Oktober 2024, wonach empfohlen wurde, die aktuelle Psychotherapie im Rahmen der Suchterkrankung zu beenden und den Fokus auf die Beendigung der Schizophrenie, die eine spezifischere medizinische und psychotherapeutische Betreuung erfordert, zu legen (ON 171).
Die Weisung zu einer stationären Suchtgifttherapie stellt somit kein geeignetes Mittel zur Substituierung der Maßnahmenunterbringung dar.
Insgesamt wurde über einen längeren Zeitraum versucht, die einweisungsrelevante Gefährlichkeit des Beschwerdeführers extramural durch auf ihn und seine Bedürfnisse maßgeschneiderte Weisungen, die dann im Verlauf auch mehrfach eine Anpassung erfahren haben, hintanzuhalten. Aufgrund der zwischenzeitlich bekannt gewordenen Selbstmedikation durch Suchtmittelkonsum vermochte die Sachverständige ihre im Vorgutachten (ON 159) noch vertretene Einschätzung, dass der psychische Zustand des Betroffenen durch Weisungsänderungen stabilisiert bzw verbessert werde, nachvollziehbar nicht mehr aufrecht erhalten.
Da der erstgerichtliche Beschluss sohin der Sach- und Rechtslage entspricht, ist der dagegen erhobenen Beschwerde ein Erfolg zu versagen.