Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Iby als Vorsitzenden sowie den Richter Mag. Resetarits und den KR Binder in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH , FN **, **, vertreten durch Dr. Stephan Müller Rechtsanwalts GmbH in Wien, wider der beklagte Partei B* GmbH , FN **, **, vertreten durch Höhne, In der Maur Partner Rechtsanwälte GmbH Co KG in Wien, wegen EUR 39.960,00 s.A., über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 25.04.2025, **-17, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 3.676,02 (darin enthalten EUR 612,67 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig .
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte beauftragte die Klägerin im Februar 2022 mit der Vermittlung des Verkaufs sämtlicher vermieteter Wohnungen der Liegenschaft ** in **. Für die Wohnungen im neu ausgebauten Dachgeschoß wurde vereinbart, dass die Beklagte keine Provisionen an die Klägerin zu zahlen hat. Die klagsgegenständlichen Wohnungen Top 16+17 und Top 21 liegen nicht im Dachgeschoß.
Die Klägerin vermittelte die C* GmbH als Käuferin mehrerer Wohnungen, mit der die Beklagte auch einen Kaufvertrag abschloss. Die Verkäuferprovision wurde mit E-Mail des Geschäftsführers der Beklagten an den Geschäftsführer der Klägerin vom 13.04.2022 mit 1% vorgeschlagen. Der Kaufvertrag wurde letztlich nicht durchgeführt, weil keine Zahlung seitens der C* GmbH erfolgte.
Nach dem Scheitern des Verkaufs an die C* GmbH entschloss sich die Beklagte im Herbst 2022 die Wohnungen einzeln zu verkaufen. Dazu wurde der Klägerin ein Exklusivrecht zur Vermarktung dieser Wohnungen eingeräumt. Es bestand keine Vereinbarung, dass die Klägerin unentgeltlich für die Beklagte tätig werden oder die Klägerin nur eine Käufer- und keine Verkäuferprovision erhalten sollte.
Am 08.11.2022 fand zwischen den Geschäftsführern beider Parteien sowie dem Vertreter der späteren Erwerberin des Top 21 eine Besprechung statt. Es kann nicht festgestellt werden, ob bei dieser Besprechung zwischen den Parteien vereinbart wurde, dass für das Top 21 keine Verkäuferprovision zu zahlen ist. Am 29.11.2022 wurde ein Kaufvertrag betreffend die Wohnung Top 21 abgeschlossen. Die Klägerin erhielt eine Käuferprovision, deren Höhe nicht feststellbar ist.
Am 09.02.2023 schrieb der Geschäftsführer der Klägerin eine E-Mail an den Geschäftsführer der Beklagten, in der er anfragte, ob eine Verkäuferprovision iHv 1,25% netto verrechnet werden dürfte. Diese E-Mail blieb unbeantwortet.
Am 04.07.2023 wurde ein Kaufvertrag betreffend die Wohnungen Tops 16+17 abgeschlossen, vor Verkauf der Wohnungen wurde die Höhe der Verkäuferprovision nicht festgelegt. Die Klägerin erhielt auch bei diesem Kauf eine Käuferprovision, deren Höhe nicht feststellbar ist.
Drei Tage später stellte die Klägerin für die Vermittlung der Tops 16-17 sowie 21 eine Verkäuferprovision von 1,5% des jeweiligen Kaufpreises zzgl USt in Rechnung.
Am 10.01.2024 erklärte der Geschäftsführer der Beklagten, dass er die Rechnungen selbstverständlich bezahlen wolle und werde.
Die Klägerin begehrt diese Maklerprovison aus den zwei Kaufverträgen und bringt vor, ihr sei ein Alleinvermittlungsauftrag hinsichtlich dieser Wohnungen erteilt worden. Sie habe die beiden Wohnungen erfolgreich vermittelt und sei damit verdienstlich geworden. Der Geschäftsführer der Beklagten habe mehrfach versichert, die offenen Rechnungen zu begleichen, was als ausdrückliche mündliche Vereinbarung über die Höhe der Provision zu werten sei. Selbst wenn dem nicht so wäre, sei der Maklervertrag im Zweifel entgeltlich. Die zuletzt verrechnete Provision entspreche einem ortsüblichen und angemessenen Entgelt.
Die Beklagte beantragt Klagsabweisung und steht zusammengefasst auf dem Standpunkt, die begehrte Provision von 1,5% sei niemals vereinbart worden. Im Gegenteil habe der Geschäftsführer der Beklagten festgehalten, dass keine mündlichen oder schriftlichen Vereinbarungen über eine Provision bestehen. Die Provision sei auch nicht nachträglich vereinbart worden. Die Klägerin habe für die Vermittlungen bereits Käuferprovisionen erhalten, eine zusätzliche Verkäuferprovision sei nie vereinbart worden und wäre auch unüblich.
Das Erstgericht beraumte mit Beschluss vom 23.08.2024 für den 17.01.2025 eine vorbereitende Tagsatzung an und gab bekannt, dass die Tagsatzung bereits auch der Beweisaufnahme diene. In der Tagsatzung vom 17.01.2025 vernahm es den Geschäftsführer der Klägerin und erstreckte die Tagsatzung aufgrund der Entschuldigung des Geschäftsführer des Beklagten sodann auf den 24.01.2025. Am Ende der Tagsatzung vom 24.01.2025 beantragte die Beklagte nach der Vernehmung ihres Geschäftsführers die Ladung des Zeugen Dr. D* zum Beweis dafür, dass zwischen den Streitteilen hinsichtlich der Wohnung Top 21 keine Verkäuferprovision vereinbart gewesen sei. Der Beweisantrag habe nicht früher gestellt werden können, weil der Geschäftsführer der Beklagten erst jetzt damit konfrontiert werde, dass eine Provision zur Wohnung Top 21 weiterhin verlangt werde. Das Erstgericht schloss die Verhandlung am selben Tag.
Mit dem angefochtenen Urteilgab das Erstgericht dem Klagebegehren statt. Es stellte den auf den Urteilsseiten 2 bis 5 ersichtlichen Sachverhalt fest, auf den verwiesen wird. Rechtlich erwog es, das Beweisverfahren habe ergeben, dass zwischen den Parteien ein Maklervertrag bestanden habe. Aus dem Beweisverfahren gehe auch eindeutig hervor, dass die Klägerin zuerst in einer rechtsgeschäftlichen Beziehung zur Beklagten gestanden sei, bevor die Käufer aufgetreten seien. Es bräuchte daher eine Vereinbarung zwischen den Parteien, um die Verkäuferprovision auszuschließen. Eine solche Vereinbarung sei aber nur hinsichtlich der Wohnungen im Dachgeschoß vorgelegen. Damit habe die Beklagte ihren Prozessstandpunkt, wonach vereinbart worden sei, dass sie keine Provision iSd § 6 MaklerG zu zahlen habe, nicht unter Beweis stellen können. Die Verdienstlichkeit der Klägerin sei unstrittig, die Provision sei auch angemessen. Im Beweisverfahren sei auch festgestellt worden, dass die Klägerin jeweils eine Rechnung über 1,5% des Kaufpreises gelegt habe. Damit habe sie ihre Bereitschaft gezeigt, von dem Provisionsanspruch von 3% abzugehen. Dieses Angebot sei vom Geschäftsführer der Beklagten zumindest konkludent am 10.01.2024 angenommen worden, womit der Klagsanspruch auch aus diesem Grund zu Recht bestehe.
Der Beweisantrag auf Einvernahme des Zeugen Dr. D* sei verspätet gestellt worden und hätte zu einer nicht hinnehmbaren Verzögerung des Verfahrens geführt. Der Antrag sei erst nach Aufnahme aller relevanten Beweise am Ende der zweiten Beweistagsatzung gestellt worden. Bereits aus der Mahnklage ergebe sich, dass die Klägerin eine Provision für die Wohnung Top 21 verlange.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil in einem die Klage abweisenden Sinne abzuändern. Hilfsweise strebt sie die Aufhebung des Urteils an.
Die Klägerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Mängelrüge
Die Berufungswerberin wendet sich gegen die Unterlassung der Einvernahme des Zeugen Dr. D*. Der Beweisantrag sei nicht grob schuldhaft verspätet gestellt worden. Das Erstgericht habe den Beweisantrag auch nicht zurückgewiesen. Neue Beweisanträge für „altes Vorbringen“ dürften zudem nur zurückgewiesen werden, wenn die Verspätung auf einer Verschleppungsabsicht (§ 275 Abs 2 ZPO) beruhe.
1.1.Nach § 179 ZPO können die Parteien bis zum Schluss der Verhandlung neue auf den Gegenstand dieser Verhandlung bezügliche tatsächliche Behauptungen und Beweismittel vorbringen. Solches Vorbringen kann aber vom Gericht auf Antrag oder von Amts wegen zurückgewiesen werden, wenn es, insbesondere im Hinblick auf die Erörterung des Sach- und Rechtsvorbringens (§ 182a ZPO), grob schuldhaft nicht früher vorgebracht wurde und seine Zulassung die Erledigung des Verfahrens erheblich verzögern würde. Entgegen den Berufungsausführungen gilt § 179 2. Satz ZPO nach weit überwiegender Lehre und Rechtsprechung, der sich das Berufungsgericht anschließt, auch für Anträge von Parteien auf Aufnahme zusätzlicher Beweise, ohne dass neues Vorbringen erstattet wird ( Annerl in Fasching/Konecny 3§ 179 ZPO Rz 52; SalfickyAnwBl 2007/8106; OLG Linz 2 R 56/04z = RL0000056; LGZ Graz 7 R 46/04t; OLG Wien 13 R 73/20f [unveröffentlicht]; OLG Innsbruck 13 Ra 16/23k; Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka 5§ 275 ZPO Rz 3; aA ohne Begründung: Fucik in Rechberger/Klicka 5§ 179 ZPO Rz 2). Entgegen den Berufungsausführungen vertrat auch das Oberlandesgericht Wien in der Entscheidung 13 R 163/06w diese Ansicht („Nach § 179 ZPO kann das Gericht […] Beweisanträge, seien sie [objektiv] zu altem oder zu neuem Tatsachenvorbringen gestellt, zurückweisen, wenn sie grob schuldhaft verspätet vorgebracht wurden“; Klauser/Kodek[in JN–ZPO 18§ 179 ZPO E 4/1] geben den Inhalt der Entscheidung unrichtig wieder).
1.2. Es ist zwar richtig, dass das Erstgericht keinen ausdrücklichen Zurückweisungsbeschluss getroffen hat. Der Erstrichter hat die Abstandnahme von der Beweisaufnahme aber im Urteil begründet, womit er den Beschluss erkennbar in das Urteil aufgenommen hat (zur Zulässigkeit vgl Annerl aaO Rz 87).
1.3. Ein Vorbringen oder Beweisanbot kann nur dann zurückgewiesen werden, wenn es unter Verletzung der Prozessförderungspflicht nicht früher, also verspätet vorgebracht wurde ( AnnerlaaO Rz 54). Nach § 178 Abs 2 ZPO hat jede Partei ihre Vorträge so zeitgerecht und vollständig zu erstatten, dass das Verfahren möglichst rasch durchgeführt werden kann (Prozessförderungspflicht). § 179 Satz 2 ZPO pönalisiert also die Verletzung der Prozessförderungspflicht durch die Parteien (RW0000452). Der Grad der Vorwerfbarkeit eines Verstoßes gegen die Prozessförderungspflicht ist im Einzelfall und unter Berücksichtigung der Umstände zu prüfen. Je naheliegender ein früheres Beweisanbot gewesen wäre, umso schwerer der Verstoß ( Fucik aaORz 3). Richtig ist zwar, dass die Präklusion iSd § 179 ZPO erst nach der Erörterung des Sach- und Rechtsvorbringens der Parteien in der vorbereitenden Tagsatzung eintritt (RS0119743). Die Beklagte hat den Beweisantrag aber nicht in der vorbereitenden Tagsatzung, sondern erst in der (zweiten) Tagsatzung vom 24.01.2025 gestellt. Die Frage, ob sie den Antrag in der vorbereitenden Tagsatzung gestellt hätte, wenn ihr Geschäftsführer zu dieser gekommen wäre, ist irrelevant.
1.4. Im Verfahren war ausschließlich die Frage strittig, ob und welche Vereinbarung hinsichtlich der Maklerprovision für die Wohnungen Tops 16+17 und Top 21 getroffen wurde. Der Umstand, dass am 08.11.2022 eine Besprechung stattfand, an der die Geschäftsführer beider Parteien und der Zeuge Dr. D* teilnahmen, war dem Geschäftsführer der Beklagten freilich bekannt, sodass nicht nachvollziehbar ist, weshalb die Einvernahme des Zeugen – sofern sie von der Beklagten als relevant erachtet wurde - nicht bereits früher beantragt worden ist. Aufgrund der Erörterungen am Ende der Tagsatzung vom 17.01.2025 musste den Parteien klar sein, dass die Verhandlung in der Tagsatzung vom 24.01.2025, wobei der Termin sogar in Absprache mit dem Geschäftsführer der Beklagten festgesetzt wurde, geschlossen werden sollte. Ausgehend davon hätte ein durchschnittlich sorgfältiger Parteienvertreter im Sinne der Prozessförderungspflicht das Beweisanbot spätestens in der Tagsatzung vom 17.01.2025 gestellt. Der Beweisantrag wurde somit grob schuldhaft verspätet gestellt.
1.5.Ein Zurückweisungsbeschluss darf nur dann ergehen, wenn das neue (verspätete) Beweisanbot auch tatsächlich geeignet ist, eine Verzögerung des Prozesses herbeizuführen (RS0036877). Eine Eignung zur Verzögerung des Verfahrens liegt jedenfalls dann vor, wenn – wie hier - durch das neue Beweisanbot eine sonst nicht erforderliche Erstreckung der Verhandlung notwendig wäre (LGZ Wien MietSlg 55.657; RWH0000003; Ziehensack in Höllwerth/Ziehensack 2§ 179 ZPO Rz 7).
Die Voraussetzungen des § 179 S 2 ZPO lagen somit vor, der in das Urteil des Erstgerichts aufgenommene (implizite) Zurückweisungsbeschluss wurde zu Recht gefasst. Ein Verfahrensmangel liegt nicht vor.
2. Rechtsrüge
Die Berufungswerberin meint, aus der Rechtsprechung ergebe sich nicht, dass im Falle der Doppelvertretung eines Immobilienmaklers, der Provisionen der Käufer erhalte, eine gesonderte Vereinbarung mit dem Verkäufer über die Unentgeltlichkeit seiner Leistung abzuschließen sei. Gerade bei der Vermittlung hochpreisiger Liegenschaften sei es marktüblich, dass die Provision ausschließlich vom Käufer bezahlt werde. Die Bezahlung einer Verkäuferprovision entspreche nicht dem üblichen Brauch der Immobilienmaklerbranche. Bei der Bezahlung einer Käuferprovision müsse die zusätzliche Bezahlung einer Verkäuferprovision gesondert vereinbart werden. Aus der E-Mail vom 09.02.2023 sei die Vereinbarung einer Provision nicht abzuleiten.
2.1. Der Maklervertrag ist in der Regel ein entgeltlicher Vertrag. In die gesetzliche Definition wurde die „entgeltliche“ Vermittlung nur deshalb nicht aufgenommen, weil beim Doppelmakler im Verhältnis zu einem Auftraggeber auch Unentgeltlichkeit vereinbart werden kann (vgl ErläutRV 2 BlgNR 20. GP 15; Gartner/Karandi, MaklerG 3 § 1 Rz 3; Humpel/Michtner in Illedits , Wohnrecht 4§ 1 MaklerG Rz 15). Wurde zur Provisionshöhe nichts vereinbart, so schuldet der Auftraggeber für die vom Makler auftragsgemäß erbrachten Vermittlungsleistungen die ortsübliche bzw eine angemessene Provision ( Gartner/Karandi, aaO § 8 Rz 1).
2.2. Nach den unbekämpften Feststellungen wurde die Klägerin mit der Vermittlung des Verkaufs der klagsgegenständlichen Wohnungen beauftragt und ist für die dann abgeschlossenen Kaufverträge auch verdienstlich geworden. Hinsichtlich der Wohnungen im Dachgeschoß war ausdrücklich die Unentgeltlichkeit ihrer Tätigkeit vereinbart, für die restlichen Wohnungen – hinsichtlich derer gerade keine solche Vereinbarung getroffen wurde -ist daher von einer Entgeltlichkeit der Tätigkeit der Klägerin auszugehen. Eine Vereinbarung über die Höhe der Provision wurde nicht geschlossen; dass die begehrte Provision nicht angemessen wäre, behauptet die Beklagte im Berufungsverfahren aber gar nicht. Auf die Frage, ob nachträglich eine Vereinbarung über die Provisionshöhe geschlossen wurde, kommt es daher nicht entscheidend an.
Der Berufung war der Erfolg zu versagen.
3.Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.
4. Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weilkeine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität zu beantwor ten war.
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