5R52/25s – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Guggenbichler als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. a Aigner und den Richter Mag. Einberger in der Rechtssache der klagenden Partei A*, geb. **, **, vertreten durch die Poduschka Partner Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. B* GmbH, FN **, **, und 2. C* AG, **, Deutschland, beide vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen (zuletzt) EUR 13.865,37 sA, über den Rekurs der zweitbeklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom 19.03.2025, **-75, in nicht öffentlicher Sitzung den
B E S C H L U S S
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 1.018,86 (darin enthalten EUR 169,81 USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung
Am 12.6.2015 schloss der Vater des Klägers einen Kaufvertrag über einen ** (kurz „PKW“), zu einem Kaufpreis von EUR 46.217,90 mit der erstbeklagten KFZ-Händlerin. Die Zweitbeklagte ist die Fahrzeug- und Motorenherstellerin. Im PKW ist ein **-Motor der Baureihe ** mit einer Motorleistung von 110 kW verbaut, der gemäß Euro-6-Abgasnorm zertifiziert ist. Der PKW verfügt über eine in die Motorelektronik integrierte Software, die dafür sorgt, dass die Abgasrückführung nur in einem bestimmten Temperaturbereich in vollem Umfang erfolgt und außerhalb dieses Temperaturbereichs immer weiter reduziert wird („Thermofenster“). Dabei wird beim PKW die volle AGR-Rate nur in einem Temperaturbereich von etwa 15°C bis 39°C erreicht. Zwischen einer Temperatur von 15°C und 10°C wird die Abgasrückführungsrate von 100 % auf 50 % abgesenkt. In einem Bereich zwischen 10°C bis ca. - 12°C/- 13°C sodann konstant gehalten, um dann bei -15°C vollkommen deaktiviert zu werden. Im höheren Temperaturbereich beginnt die Abrampung (die sukzessive stufenweise Reduzierung der Abgasrückführung) ab 39 °C und wird das AGR ab 42 °C vollständig deaktiviert. Aufgrund der in Österreich und im übrigen Unionsgebiet herrschenden klimatischen Verhältnisse ist daher eine uneingeschränkte Abgasrückführung bei normalem Fahrzeugbetrieb nicht ganzjährig, insbesondere nicht im Winter, möglich. Dieses Thermofenster ist nicht ausschließlich erforderlich, um unmittelbare Gefahren für den Motor in Form von Schäden oder Unfällen durch eine Fehlfunktion einer Komponente des Abgasrückführungssystems abzuwenden. Zum Zeitpunkt der Typenbewilligung hätten somit auch andere technische Lösungen zur Verfügung gestanden, um den Motor außerhalb dieses Temperaturbereichs vor unmittelbaren und plötzlichen Schäden zu schützen. Darüber hinaus dient gerade die erste Abrampung auf die halbe Abgasrückführungsrate nicht ausschließlich dem Schutz des Motors, sondern vorrangig der Verlängerung der Lebensdauer des AGRs und der Verringerung des Ausfallrisikos. Das KFZ verfügt weiters über eine Höhenabschaltung, also eine Abschalteinrichtung, die ab einer bestimmten Höhe die Wirksamkeit der Abgasrückführung reduziert, um eine sichere Verbrennung zu ermöglichen. Würde der Motor trotz unvollständiger Verbrennung weiterbetrieben, würde es zu einem Motorschaden kommen, was allerdings auch durch einen Notlauf vermieden werden kann. Die Höhenabschaltung ist derart gestaltet, dass ab etwa 1000 Höhenmetern die AGR-Rate sukzessive abgesenkt wird. Der PKW verfügt über eine aufrechte Typengenehmigung und Zulassung in Österreich. Er war von keinem Rückruf betroffen. Er kann uneingeschränkt im Straßenverkehr verwendet werden, ist technisch sicher und fahrbereit. Der PKW wurde am 26.8.2015 auf den Vater des Klägers als Leasingnehmer erstzugelassen. Am 2.9.2015 schloss der Vater des Klägers zur Finanzierung des PKW einen Leasingvertrag mit der D*gesellschaft m.b.H. Vereinbart war bei einer Investitionssumme von EUR 46.217 und einer Vorschreibungsdauer von 1.9.2015 bis 31.8.2020 eine monatliche Leasingrate von EUR 431 brutto. Der Vater leistete gegenüber der Leasinggeberin eine Anzahlung von EUR 8.400 brutto. Der Vater erwarb den PKW letztlich zum Restwert. Dazu war er vertraglich nicht verpflichtet; es handelte sich um eine wirtschaftliche Entscheidung. Im April 2021 trat die E* GmbH, verschmolzen mit der D*gesellschaft m.b.H, ihre gegenständlichen Ansprüche an den Vater der Klägers ab. Nach dessen Tod gelangte der PKW im Erbwege in das Eigentum des Klägers. Beim Kauf gingen sowohl der Kläger als auch sein Vater davon aus, dass das Fahrzeug den geltenden Normen entspricht. Hätte der Vater des Klägers im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags gewusst, dass der PKW vom Abgasskandal betroffen ist bzw eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut ist, hätte er diesen nicht bzw nicht zu den gegebenen Konditionen erworben und auch nicht geleast. Der Kaufpreis entsprach dem angemessenen Wert des Fahrzeugs. Wäre zum Zeitpunkt des Kaufs bekannt gewesen, dass im PKW eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut ist und daher die latente Gefahr eines Zulassungsentzugs besteht, hätte der PKW um 5 bis 15 % billiger angeboten werden müssen als das verordnungskonforme Vergleichsfahrzeug, damit er ebenso gerne und wahrscheinlich gekauft wird.
Der Klägerbegehrte zuletzt von beiden Beklagten zur ungeteilten Hand EUR 13.865,37 sA; gegenüber der Erstbeklagten gestützt auf Schadenersatz, listige Irreführung, Irrtumsanpassung und gewährleistungsrechtliche Preisminderung; gegenüber der Zweitbeklagten gestützt auf Schadenersatz wegen einer Schutznormverletzung und § 874, § 1295 Abs 2 ABGB. Dazu brachte er - zusammengefasst und soweit für das Rekursverfahren relevant - Folgendes vor:
Der PKW sei mangelhaft, weil darin eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut sei. Der Kläger habe davon ausgehen dürfen, dass das erworbene Fahrzeug den geltenden gesetzlichen Bestimmungen (Euro Abgasnorm 6) entspreche und nicht erst durch eine Software eine solche Übereinstimmung fingiert werde. Hätte der Kläger bzw sein Vater davon im Kaufzeitpunkt gewusst, wäre das Fahrzeug nicht um den bezahlten Kaufpreis erworben worden. Die Zweitbeklagte habe bewusst unzulässige Abschalteinrichtungen im Fahrzeug verbaut, dies der Typengenehmigungsbehörde nicht offengelegt und damit vorsätzlich gesetzwidrige Fahrzeuge in Verkehr gebracht. Der Schaden des Klägers liege im Erwerb eines überteuerten Fahrzeugs, weil er bei Kenntnis der Manipulationen 30% weniger bezahlt hätte. Das entspreche dem objektiven Minderwert, der für das Fahrzeug zum Ankaufszeitpunkt bezahlt worden wäre. Gegenüber der Erstbeklagten sei der Kläger im Umfang der Wertminderung auch zur Preisminderung berechtigt. Verbesserung scheide aus, weil eine solche gar nicht angeboten worden sei. Aufgrund des Irrtums über das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung sei der Kläger auch zur Irrtumsanpassung berechtigt. Der PKW leide an einem Rechtsmangel, weil er über keine Typengenehmigung verfüge. Die Gewährleistungsfrist dafür beginne erst in jenem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Käufer davon Kenntnis erlangt habe. Der Kläger habe erst im Jahr 2021 vom Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung erfahren. Abgesehen davon sei die Erfüllung der Abgasnorm Euro 6 ausdrücklich zugesichert worden, weshalb die Verjährungsfrist erst mit Erkennbarkeit des Mangels zu laufen beginne.
Die Beklagten bestritten das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach, beantragten Klagsabweisung und wendeten zusammengefasst ein:
Der PKW sei mit keiner unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet und von keinem Rückruf betroffen. Vielmehr sei das KFZ technisch sicher, fahrbereit und könne uneingeschränkt im Straßenverkehr benützt werden. Die EG-Typengenehmigung sowie die Zulassung seien weiterhin aufrecht. Ein Mangel liege somit nicht vor. Das Fahrzeug entspreche dem Kaufvertrag. Das gegenständliche Thermofenster sei zum Motorenschutz sowohl zulässig als auch üblich und entspreche in Dieselmotoren dem Stand der Technik. Die Abgasrückführung sei bei allen Fahrten aktiv. Die Zweitbeklagte habe das Vorhandensein der temperaturabhängigen Abschalteinrichtung dem KBA als Typengenehmigungsbehörde offengelegt. Das KBA habe diese stets für zulässig erachtet. Die Zweitbeklagte habe sich auf diese Beurteilung verlassen dürfen. Selbst wenn das verbaute Thermofenster also eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellte, läge daher ein entschuldbarer Rechtsirrtum vor. Höhere Rohemissionen aufgrund einer Reduktion der AGR-Rate würden durch den SCR-Katalysator als Abgasnachbehandlungssystem kompensiert, sodass damit keine erhöhten Stickoxide ausgestoßen würden. Das Vorliegen eines relevanten Irrtums werde ebenso bestritten wie eine (arglistige) Veranlassung eines solchen durch die Beklagten. Die Erstbeklagte habe auch keine Kenntnis von dem vom Kläger behaupteten Mangel gehabt. Es fehle an einem arglistigen oder vorsätzlich sittenwidrigen Verhalten der Beklagten. Allfällige gewährleistungsrechtliche und irrtumsrechtliche Ansprüche seien bereits verjährt.
Mit Urteil vom 26.9.2024 (ON 62) wies das Erstgericht die Klage gegenüber beiden Beklagten ab. Im Umfang der Abweisung des Klagebegehrens gegenüber der Erstbeklagten erwuchs dieses Urteil unbekämpft in Rechtskraft. Das Verfahren zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten ist daher rechtskräftig beendet.
Im Umfang der Abweisung des Klagebegehrens gegenüber der Zweitbeklagten hob das Berufungsgericht das Urteil mit Beschluss vom 5.3.2025 zu 5 R 193/24z auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht begründete seine Entscheidung zusammengefasst dahingehend, dass dem Kläger bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen Schadenersatzansprüche gegen die Zweitbeklagte wegen einer Verletzung der Schutznorm nach Art 5 Abs 2 VO 715/2007/EG zustehen. Dafür bedürfe es jedoch vor dem Hintergrund höchstgerichtlicher Rechtsprechung ergänzender Feststellungen zu einer allfälligen Wertdifferenz im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags, insbesondere dazu, welchen Verkehrswert das Fahrzeug in Kenntnis der unzulässigen Abschalteinrichtung aufgewiesen habe, respektive zu welchem Preis ein solches Fahrzeug (damals) gehandelt worden wäre.
Auch das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung iSv Art 3 Z 10 VO 715/2007/EG stehe nicht (abschließend) fest. Der Kläger sei für das Vorliegen einer „Abschalteinrichtung“ im Sinn dieser Bestimmung nach allgemeinen Regeln behauptungs- und beweispflichtig. Sei ihm dieser Nachweis gelungen, sei angesichts des grundsätzlichen Verbots von Abschalteinrichtungen (Art 5 Abs 2 Satz 1 VO 715/2007/EG) zunächst von der Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung auszugehen. Die Beklagte (als Herstellerin) treffe sodann die Beweislast dafür, dass diese unter eine der Ausnahmen des Art 5 Abs 2 VO 715/2007/EG falle. Der Oberste Gerichtshof habe bereits klargestellt, dass einerseits zwischen verschiedenen Arten von (möglichen) Abschalteinrichtungen und andererseits zwischen den Systemen der Abgasrückführung (Thermofenster) und der Abgasnachbehandlung (SCR-Katalysator) als unterschiedliche Bestandteile des Emissionskontrollsystems zu unterscheiden sei. Griffen die(se) technischen Systeme ineinander, sei auf das Gesamtergebnis, also auf das „Emissionskontrollsystem in seiner Gesamtheit“ abzustellen. Bei Vorliegen eines Thermofensters komme es daher darauf an, ob die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems insgesamt (dh unter Einschluss der Abgasnachbehandlung) verringert werde. Auch hier verfüge der PKW nach den Feststellungen einerseits über verschiedene Systeme der Abgasrückführung (Thermofenster, Höhenabschaltung) sowie andererseists auch über Systeme der Abgasnachbehandlung (Oxidationskatalysator, SCR-Katalysator, Partikelfilter). Zur Beurteilung, ob eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliege, könne daher beim konkreten Fahrzeug nicht allein auf das Vorhandensein eines Thermofensters oder einer Höhenabschaltung abgestellt werden. Zum Zusammenwirken dieser verschiedenen Systeme habe das Erstgericht aber keine Feststellungen getroffen. Damit könne derzeit auch nicht beurteilt werden, ob im Fall der Reduktion der Abgasrückführung (also bei aktivem Thermofenster oder aktiver Höhenabschaltung) eine unveränderte „Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems insgesamt“ sichergestellt sei oder nicht. Damit sei der Nachweis des Vorliegens einer Abschalteinrichtung im Sinn des Art 3 Z 10 VO 715/2007/EG noch nicht erbracht. Sollte dem Kläger im fortgesetzten Verfahren der Nachweis einer Abschalteinrichtung gelingen, läge es sodann an der Zweitbeklagten, den Beweis für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes zu führen. Unabhängig davon, ob die in Art 5 Abs 2 Satz 2 lit a bis c VO 715/2007/EG normierten Voraussetzungen erfüllt seien, sei die Abschalteinrichtung aber jedenfalls unzulässig, wenn sie den überwiegenden Teil des Jahres funktionieren müsste, damit der Motor vor Beschädigung oder Unfall geschützt und der sichere Betrieb des Fahrzeugs gewährleistet sei. Dass die zuständige Typengenehmigungsbehörde das Vorliegen einer gemäß Art 5 Abs 2 VO 715/2007/EG unzulässigen Abschalteinrichtung nicht beanstandet habe, reiche nach der Rechtsprechung des OGH nicht aus, um das Vorliegen einer solchen Einrichtung oder den vom Kläger geltend gemachten außervertraglichen Schadenersatzanspruch zu verneinen.
Mit dem angefochtenen Beschlussunterbrach das Erstgericht das Verfahren nach Anhörung beider Parteien bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über den am 19.02.2025 vom Obersten Gerichtshof zu 7 Ob 163/24g gestellten Antrag auf Vorabentscheidung und sprach aus, dass die Fortsetzung des Verfahrens nur auf Parteiantrag erfolge.
Zur Begründung führte es zusammengefasst aus, es sei zweckmäßig und geboten, mit der Entscheidung bis zu jener des EuGH über ein bereits gestelltes Vorabentscheidungsersuchen zuzuwarten und das Verfahren zu unterbrechen, wenn dieselben Erwägungen betreffend Auslegungszweifel gemeinschaftsrelevanter Vorschriften auch für die vorliegende Rechtssache gelten. Dies sei prozessökonomisch sinnvoll, weil ein Gericht auch in Rechtssachen, in denen es nicht unmittelbar Anlassgericht sei, von einer allgemeinen Wirkung der Vorabentscheidung des EuGH auszugehen und diese auch für andere als die unmittelbaren Anlassfälle anzuwenden habe. Eine Unterbrechung setze keinen identen, sondern nur einen vergleichbaren Sachverhalt voraus, der dieselben Rechtsfragen aufwerfe. Die in dem Vorabentscheidungsersuchen genannten Fragestellungen seien auch für die Beurteilung des im vorliegenden Fall geltend gemachten Schadenersatzanspruchs insbesondere im Hinblick auf die Darlegungs- und Beweislast und die Frage, welche Auswirkungen die Nichteinhaltung der Grenzwerte im realen Fahrbetrieb habe, relevant. Die Unterbrechung des Verfahrens erweise sich daher als prozessökonomisch.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Zweitbeklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufzutragen.
Der Kläger beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1.Das Ersuchen eines Gerichts um Vorabentscheidung begründet zwar keine Unterbrechungs- oder Aussetzungspflicht eines anderen Gerichts (vgl RS0114648). Wenn dieselben Auslegungszweifel betreffend gemeinschaftsrelevante Vorschriften auch für andere Rechtssachen gelten, ist es nach stRsp aber zweckmäßig und geboten, mit der Entscheidung bis zu jener des EuGH über ein bereits gestelltes Vorabentscheidungsersuchen zuzuwarten und weitere Verfahren zu unterbrechen. Dies ist prozessökonomisch sinnvoll, weil ein Gericht auch in Rechtssachen, in denen es nicht unmittelbar Anlassfallgericht ist, von einer allgemeinen Wirkung der Vorabentscheidung des EuGH auszugehen und diese auch für andere als die unmittelbaren Anlassfälle anzuwenden hat (RS0110583, RS0109951; 10 Ob 9/20a; vgl auch 4 Ob 213/19f). Auch der Oberste Gerichtshof unterbricht aktuell anhängige Verfahren, die mit diesen Rechtsfragen in Zusammenhang stehen (siehe zuletzt etwa 10 Ob 53/24b, 6 Ob 200/24s, 6 Ob 74/25p, 10 Ob 13/25x, 3 Ob 187/24g, 5 Ob 71/24p, 1 Ob 174/24f uvm), und ihm nachfolgend auch die Oberlandesgerichte (vgl zuletzt etwa OLG Wien 16 R 129/25w, 3 R 69/25a, 12 R 33/25y, 14 R 55/25y, 15 R 192/24a, 16 R 70/25v, OLG Graz 2 R 17/25z ua).
2.Wenngleich das Erstgericht den angefochtenen Beschluss nur auf das zu 7 Ob 163/24g gestellte Vorabentscheidungsersuchen gestützt hat, ist darauf hinzuweisen, dass der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 27.2.2025 zu 8 Ob 99/24b dem EuGH weitere Fragen im Zusammenhang mit dem sogenannten „Dieselskandal“ zur Vorabentscheidung vorgelegt hat.
3. Die Beklagte argumentiert im Wesentlichen, eine Unterbrechung nach § 190 ZPO sei nicht angezeigt, weil für die Beurteilung der Präjudizialität die konkrete Ausgestaltung der im Klagsfahrzeug verbauten technischen Einrichtungen und deren Auswirkungen auf die Emissionsgrenzwerte im Realbetrieb maßgeblich sei. Da der Sachverhalt in diesem Punkt höchst strittig sei, bedürfe es nicht nur zwingend der Einholung eines Sachverständigengutachtens, sondern auch belastbarer und nachvollziehbarer Feststellungen des Erstgerichts. Erst auf dieser Grundlage wäre zu beurteilen, ob von einem vergleichbaren Sachverhalt auszugehen sei, der es zweckmäßig erscheinen ließe, das gegenständliche Verfahren zu unterbrechen.
3.1Dem schließt sich das Rekursgericht nicht an. In dem dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegenden Vorlageverfahren geht es - ebenso wie im eingangs erwähnten weiteren Verfahren 8 Ob 99/24b - um die Beurteilung des von der Beklagten behaupteten „Gesamtsystems“ zur Abgasreduktion und dessen Wirksamkeit. Auch im hier zu beurteilenden Fall ist die Frage entscheidungswesentlich, ob angesichts des vom Kläger behaupteten „Thermofensters“ von einer unzulässigen Abschalteinrichtung auszugehen ist und wen die - auch hier strittige - Behauptungs- und Beweislast dafür trifft, dass es in einem Dieselmotor ein Zusammenwirken einzelner Komponenten des Emissionskontrollsystems gibt, das zu einem unveränderten Funktionieren des Gesamtsystems führt. Die Beantwortung der an den EuGH herangetragenen Vorlagefragen ist daher auch hier schon für die Beurteilung der Behauptungs- und Beweislast für ein Funktionieren des Emissionskontrollsystems „in seiner Gesamtheit“ relevant.
4.Der Oberste Gerichtshof geht von einer allgemeinen Wirkung der Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs aus und wendet diese auch für andere als den unmittelbaren Anlassfall an (RS0110583; RS0109951 [T8]). Wenn dieselben Erwägungen betreffend Auslegungszweifel gemeinschaftsrelevanter Vorschriften auch für eine andere Rechtssache gelten, kann es daher zweckmäßig und geboten sein, mit der Entscheidung bis zu jener des EuGH über ein bereits gestelltes Vorabentscheidungsersuchen zuzuwarten. Dem Erstgericht ist daher darin zuzustimmen, dass es zweckmäßig und geboten ist, mit der Entscheidung bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über das bereits gestellte Vorabentscheidungsersuchen zuzuwarten und das gegenständliche Verfahren zu unterbrechen.
5. Dem Rekurs war daher nicht Folge zu geben.
6.Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens im Zwischenstreit beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Der vom Kläger verzeichnete Streitgenossenzuschlag war nicht zuzusprechen, weil ihm im Rekursverfahren nur die Zweitbeklagte gegenüberstand.
7.Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses beruht auf § 528 Abs 2 Z 2 ZPO.