1R47/25a – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekurs- und Berufungsgericht in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH , FN **, **, vertreten durch Gibel Zirm Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte ParteiB* UG , **, Deutschland, vertreten durch Bruckmüller RechtsanwaltsgmbH in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert EUR 3.000) und Feststellung (Streitwert EUR 3.000; Gesamtstreitwert EUR 6.000), über den Rekurs und die Berufung der klagenden Partei (Rekursinteresse EUR 3.000; Berufungsinteresse EUR 3.000) gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien und den darin aufgenommenen Beschluss vom 29.1.2025, **-16, in nicht öffentlicher Sitzung
Spruch
I. durch den Senatspräsidenten Mag. Weixelbraun als Vorsitzenden sowie den Richter Mag. Eilenberger-Haid und die Richterin Mag. a Marchgraber beschlossen:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 5.000, nicht jedoch EUR 30.000.
Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
II. durch den Senatspräsidenten Mag. Weixelbraun als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. a Marchgraber und den Kommerzialrat Dr. Seybold zu Recht erkannt:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 2.287,35 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt EUR 30.000.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin mit Sitz in Österreich produziert und vertreibt seit März 2021 das Produkt „C*“, ein Schnupfpulver, das aus verschiedenen Wachmachern besteht, über den D*-Marketplace auf der Internetplattform ** und über ihre Website. Das Schnupfpulver wird in Fläschchen aus braunem Buntglas mit schwarzem Kunststoffverschluss verkauft, auf deren Vorderseite die Bildmarke zu „**“ (** bei E*) abgedruckt ist:
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Am 14.9.2021 meldete die Klägerin nachfolgendes Gemeinschaftsgeschmacksmuster (Nr **, ./B) an. Dieses wurde am selben Tag in der Klassifizierung 09-01 Flaschen mit Verschlusskappen, Gefäße [Verpackung] eingetragen:
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Im Registrierungsantrag hatte die Klägerin die Maße des Fläschchens mit „ Höhe der Flasche mit Stöpsel: 27,4 mm Maße des Fläschchens: Außendurchmesser: 16 mm Beschreibung: Flaschenhöhe: 25 mm Maße des Deckels: Höhe: 10 mm Durchmesser: 15,2 mm “ angeführt (./C, S 4).
Es kann nicht festgestellt werden, dass es (1) vor dem Anmeldetag des Geschmacksmusters der Klägerin oder (2) vor dem ersten Inverkehrbringen des Produktes der Klägerin Fläschchen gab, die die gleichen Merkmale der Linien, Konturen, Gestalt, Oberflächenstruktur, Verzierung und Aufdruck wie die Fläschchen der Klägerin aufwiesen. Ungefüllte Flaschen aus Braunglas mit schwarzem Schraubverschluss existierten sowohl vor dem Anmeldetag als auch vor dem Inverkehrbringen des Produkts der Klägerin 2021 und sind im Einzel- und Großhandel erhältlich.
Der Geschäftsführer der Beklagten, F*, beschloss Anfang 2022 ein C* Produkt auf den Markt zu bringen. Die Beklagte mit Sitz in Deutschland vertreibt seit dem Jahr 2022 das Produkt „G*“ über ihre Website ** und über den D*-Marketplace unter dem Händlernamen „G*“. Die Beklagte verpackt ihr Produkt ebenfalls in Fläschchen aus braunem Buntglas mit schwarzem Kunststoffverschluss:
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Der Geschäftsführer der Beklagten kaufte die Glasfläschchen zu Beginn des Vertriebs 2022 unbedruckt auf der Internetplattform D*. Er ließ für das Design der Fläschchen Sticker drucken, die dann händisch einzeln auf den Flaschen angebracht wurden. Als das Unternehmen der Beklagten wuchs, ließ sie bedruckte Fläschchen in China herstellen, die das gleiche Aussehen wie die zunächst über D* bestellten Fläschchen hatten. Die Beklagte hatte keine Kenntnis über die Geschmacksmusteranmeldung der Klägerin.
Die Fläschchen der Beklagten unterscheiden sich von den Klagemustern auf folgende Weise:
Die Klägerin brachte gegen die Beklagte auf ** eine Beschwerde (Nr **) wegen Verstoß gegen das Geschmacksmusterrecht und Lauterkeitsrecht ein. Am 24.11.2023 erhielt die Beklagte die Benachrichtigung von D*, dass die Klägerin mit dieser Beschwerde behaupte, das Angebot der Beklagten verletze die Rechte der Klägerin an ihrem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster und es seien auf der Produktdetailseite Wording und Graphiken kopiert worden (./D).
Da die Klägerin keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab, stellte die Beklagte am 21.12.2023 beim Landgericht München I einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gegen die Klägerin. Das Landgericht München I - 42. Zivilkammer erließ am 3.1.2024 eine Einstweilige Verfügung (./15) mit dem Inhalt, dass der Klägerin (unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten) untersagt wurde, gegenüber D* zu behaupten und/oder behaupten zu lassen, die Beklagte verletze in dem Angebot auf ** das Recht der Klägerin an ihrem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster und/oder kopiere Graphiken und Wording von der Homepage ** (unter Verweis auf die Beschwerde an D* vom 24.11.2023, Beschwerdenummer **).
Auf dem Markt existieren neben den Produkten der Parteien auch C* Produkte anderer Hersteller, die ihr Pulver ebenfalls in Flaschen füllen. Es gibt auch Hersteller, die ihre Produkte in anderen Verpackungen vertreiben.
Die Klägerin begehrte mit der am 13.12.2023 eingebrachten Klage, die Beklagte zur Unterlassung zu verhalten, ihre Produkte, wie beispielsweise das Produkt „G*“ oder ähnliche Produkte, in Buntglasfläschchen mit schwarzem Verschluss entsprechend den Maßen und dem Aussehen desjenigen Buntglasfläschchens, für welches das Geschmacksmuster mit der Eintragungsnummer ** beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) registriert ist, innerhalb der Mitgliedsstaaten der europäischen Union (in eventu: innerhalb Österreichs) online oder in Geschäften aller Art zu vertreiben.
Weiters begehrte die Klägerin die Feststellung, dass die von ihr zur Beschwerdenummer ** veranlasste und der Beklagten am 24.11.2023 zur Kenntnis gebrachte Meldung bei **, wonach die Beklagte durch den Vertrieb ihres Produktes in Buntglasfläschchen, welche das Design der Buntglasfläschchen der Klägerin kopieren, die Geschmacksmusterrechte der Klägerin verletzt hat und durch Kopieren der Graphiken und des Wording der Homepage der Klägerin gegen Lauterkeitsrecht verstoße, zu Recht erfolgte und keine unlautere Geschäftspraktik aufseiten der Klägerin darstellte, dass somit kein diesbezüglicher Unterlassungsanspruch der Beklagten gegen die Klägerin und insbesondere auch kein Anspruch der Beklagten gegenüber der Klägerin auf Schadenersatz und auf Ersatz von Vertretungskosten besteht.
Die Beklagte richte durch das Anbieten ihrer Produkte in deutscher Sprache und die Lieferung auch nach Österreich den Vertrieb auf das nationale Marktgebiet aus. Die Beklagte bewerbe ihr Produkt als natürlichen Wachmacher und vertreibe dieses in identen Fläschchen wie die Klägerin. Das Produkt der Klägerin sei als eingetragenes und als nicht eingetragenes Geschmacksmuster geschützt, weil es neu sei und eine Eigenart aufweise. Die Beklagte verstoße durch die Nachahmung nicht nur gegen Unionsrecht, sondern auch gegen Lauterkeitsrecht, weil die Vermarktung eines Produktes, die eine Verwechslungsgefahr mit den Gütern eines Mitbewerbers hervorrufe, eine irreführende Geschäftspraktik begründe. Weiters beute die Beklagte durch die Nachahmung des Designs bewusst die Arbeitsleistung der Klägerin aus und verstoße somit gegen das Verbot der unmittelbaren Leistungsübernahme. Eventualiter sei jedenfalls von einer nachschaffenden Übernahme der Leistung der Klägerin durch die Beklagte auszugehen.
Die internationale Zuständigkeit ergebe sich für die Rechtsverletzung basierend auf dem Gemeinschaftsgeschmacksmusterrecht aus Art 82 Abs 5 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster ( GGV ). Aufgrund des Verstoßes der Beklagten gegen das Lauterkeitsrecht richte sich die internationale Zuständigkeit nach Art 7 Z 2 EuGVVO. Die internationale Zuständigkeit des Handelsgerichts Wien für das Feststellungsbegehren resultiere aus einer Verletzung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters sowie des Lauterkeitsrechts durch die Beklagte.
Die Beklagte bestritt und wendete hinsichtlich des Feststellungsbegehrens das Fehlen der internationalen und der [gemeint] örtlichen Zuständigkeit des Handelsgerichts Wien ein. Die Äußerung der Beklagten sei im Ausland erfolgt.
Im Übrigen brachte sie zusammengefasst vor, sie habe weder Konzept noch Design des C* Produktes der Klägerin kopiert oder nachgeahmt. Das Produkt der Beklagten habe keine zum Verwechseln mit jenem der Klägerin ähnliche Erscheinungsform. Das Produkt der Klägerin sei nicht einzigartig und weise keinen hohen Wiedererkennungswert auf. Die Bezeichnung „C*“ sei wie „Energy Drink“ beschreibend für aufputschende Pulver, welche über die Nase aufgenommen werden. Bei dem von der Klägerin verwendeten Fläschchen handle es sich um ein handelsübliches Apothekerfläschchen. Die Registrierung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters der Klägerin sei ausschließlich darauf zurückzuführen, dass die Klägerin auf dieser Verpackung ihr Logo bestehend aus einem Dreieck und einem großen „**“ aufgedruckt habe, diese prägenden Elemente verwende die Beklagte gar nicht. Dem Produkt der Klägerin fehle sowohl die Eigenart als auch die Neuheit. Selbst wenn das Geschmacksmuster der Klägerin rechtswirksam erworben worden wäre, so erstrecke sich der Schutzumfang nur auf den Gesamteindruck. Eine irreführende Geschäftspraktik oder ein Ausbeuten fremder Leistungen liege daher nicht vor.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Unterlassungsbegehren ab. In rechtlicher Hinsicht vertrat es die Auffassung, Gegenstand des Gemeinschaftsgeschmacksmusters sei nicht ein Erzeugnis, sondern dessen Erscheinungsform, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, Gestalt, Oberflächenstruktur und/oder der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst und/oder seiner Verzierung ergebe. Das ausschließliche Nutzungsrecht umfasse nicht nur ein Geschmacksmuster, das mit dem durch das Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschützten identisch ist, sondern jedes Geschmacksmuster, das beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt. Für die Eigenart sei der Gesamteindruck maßgeblich, der beim informierten Benutzer erweckt werde.
Der Flasche alleine komme ausgehend davon weder Neuheit noch Eigenart zu. Zu beurteilen sei jedoch die Flasche in Verbindung mit dem darauf ersichtlichen Design. Aufgrund der – zu Lasten der Beklagten gehenden - Negativfeststellung zu schon vor dem Anmeldetag oder dem ersten Inverkehrbringen der Öffentlichkeit zugänglichen Fläschchen mit gleichen Merkmalen und mangels konkreten Vorbringens und Beweisanboten der Beklagten sei davon auszugehen, dass das Geschmacksmuster der Klägerin neu und eigenartig iSd GGV sei.
Da die Wiedergabe bei der Geschmacksmusteranmeldung in schwarz-weiß erfolgt sei, komme es auf die Farbgestaltung nicht an. Mangels Größenangabe zu den Fläschchen bei der Anmeldung sei beim Vergleich der Produkte auch auf deren Größe nicht Bedacht zu nehmen. Hingegen sei die Form der Flasche, die nicht ausschließlich durch deren technische Funktion, sondern auch durch Überlegungen zur visuellen Erscheinung der Flasche bedingt sei, in den Schutzumfang des Gemeinschaftsgeschmacksmusters einzubeziehen.
Das Produkt der Klägerin sei eindeutig nicht mit dem Geschmacksmuster der Klägerin ident. Das Produkt der Klägerin weise im Hinblick auf die Verwendung von Braunglasflaschen trotz der spezifischen Gestaltung der Flasche nur geringe Eigenart auf, was zu einem kleinen Schutzumfang führe. Ein informierter Benutzer gewinne bei einem Vergleich des geschützten Geschmacksmusters der Klägerin mit dem Produkt der Beklagten aufgrund der unterschiedlichen Gestaltung des Aufdrucks auf der Vorderseite, der als prägendes Element zu werten sei, sowie aufgrund der tatsächlich unterschiedlichen Form der Flasche – mögen sie auch minimal sein – einen unterschiedlichen Gesamteindruck. Ein Eingriff in das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster der Klägerin sei daher zu verneinen.
Ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster gewähre seinem Inhaber das Recht, es zu benutzen und Dritten zu verbieten, es ohne seine Zustimmung zu benutzen, jedoch nur, wenn die angefochtene Benutzung das Ergebnis einer Nachahmung des geschützten Musters ist. Eine Nachahmung liege nicht vor, wenn sie das Ergebnis eines selbständigen Entwurfs eines Entwerfers ist, von dem berechtigterweise angenommen werden kann, dass er das von dem Inhaber offenbarte Muster nicht kannte. Die Verwendung von Braunglasflaschen zur Verpackung eines Pulvers könne keinesfalls eine Nachahmung sein. Das Design der Beklagten beruhe auf einem Entwurf der Beklagten und unterscheide sich in allen Designelementen in einem Ausmaß von jenem der Klägerin, das nahelege, dass die Beklagte das Design der Klägerin nicht nachgeahmt habe.
Auch eine irreführende Geschäftspraktik nach § 2 Abs 3 Z 1 UWG (Imitationsmarketing) liege nicht vor. Die Klägerin habe schon kein ausreichendes Vorbringen zu den Voraussetzungen für eine konkrete Verwechslungsgefahr erstattet. Der Verweis auf eine unbestreitbare Verkehrsgeltung reiche nicht aus. Die Klägerin habe auch keine objektiven Beweisanbote zur Verkehrsgeltung (Urkunden) angeboten und sei damit den Beweis für die Verkehrsgeltung nicht angetreten. Im übrigen liege mangels ausreichender Ähnlichkeit im Hinblick auf die unterschiedliche Gestaltung des Designs der Aufdrucke, die klar und unverwechselbar auf die jeweils vertriebenen Produkte hinwiesen, aber auch keine Verwechslungsgefahr vor. Trotz Ähnlichkeit der Verpackungen sei nicht davon auszugehen, dass das angesprochene Publikum aufgrund der äußeren Form der Glasflaschen (die auch nur ähnlich, aber nicht ident seien, siehe oben) einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Parteien vermute.
Für Produkte, die keinen Sonderrechtsschutz für sich in Anspruch nehmen können, bestehe grundsätzlich Nachahmungsfreiheit. Die Nachahmung sei jedoch bei Hinzutreten besonderer lauterkeitsrelevanter Begleitumstände – wie etwa einer glatten Leistungsübernahme oder einer vermeidbaren Herkunftstäuschung - nach § 1 Abs 1 Z 1 UWG unlauter. Von einer Nachahmung könne keine Rede sein, weil sowohl zwischen den Flaschen als auch zwischen den Aufdrucken Unterschiede bestünden. Es liege daher weder eine glatte Leistungsübernahme noch eine Nachahmung vor. Ebenso wenig komme es zu einer Herkunftstäuschung.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde, in eventu das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Prozessgericht erster Instanz zurückverweisen.
Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Mit dem mit dem Urteil verbundenen angefochtenen Beschluss sprach das Erstgericht hinsichtlich des Feststellungsbegehrens seine internationale Unzuständigkeit aus und wies die Klage in diesem Punkt zurück. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, dass nach der Grundregel des Art 4 EUGVVO die deutschen Gerichte zur Entscheidung berufen seien, weil die Beklagte ihren Sitz in Deutschland habe. Die Klägerin mache mit dem Feststellungsbegehren auch keine Ansprüche gegen die Beklagte aus dem Geschmacksmuster- oder Lauterkeitsrecht geltend, die einen Gerichtsstand nach Art 82 Abs 5 GGV oder nach Art 7 Z 2 EuGVVO begründen würden. Vielmehr verlange sie die Feststellung, dass ein von ihr gesetztes Verhalten keine unlautere Geschäftspraktik darstelle und die Beklagte daraus keine Ansprüche ableiten könne. Die Klägerin behaupte zum Feststellungsbegehren nicht einmal eine in Österreich eingetretene Rechtsverletzung.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass die Zuständigkeit des Handelsgerichts Wien hinsichtlich des Feststellungsbegehrens festgestellt und die Unzuständigkeitseinrede verworfen werde, den angefochtenen Beschluss, wonach die Klage zurückgewiesen wird, zur Gänze aufzuheben und dem erhobenen Feststellungsbegehren in der Sache Folge zu geben; in eventu dem Erstgericht die weitere Behandlung des Feststellungsbegehrens aufzutragen.
Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
I. Der Rekurs ist nicht berechtigt.
I.1.1 Richtig ist, dass Gegenstand der Meldung bei ** auch eine Verletzung des Geschmacksmusterrechtes der Klägerin durch die Beklagte war. Dass die Klägerin in der Beschwerde (auch) eine Verletzung ihres eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters durch die Beklagte behauptet hätte, steht weder fest, noch behauptet dies die Klägerin. Art 82 Abs 5 GGV ist daher schon aus diesem Grund nicht einschlägig.
Das Feststellungsbegehren zielt inhaltlich zudem nicht auf die Feststellung einer Rechtsverletzung durch die Beklagte und - anders als das Unterlassungsbegehren – auch nicht auf die Geltendmachung eines daraus abgeleiteten Anspruchs ab, sondern auf die Feststellung des Nichtbestehens von aus einer von der Klägerin begangenen Rechtsverletzung abgeleiteten Ansprüchen der Beklagten. Mit anderen Worten es geht inhaltlich nicht um eine Rechtsverletzung der Beklagten, sondern um eine solche der Klägerin.
I.1.2Die Zuständigkeit des Art 7 Nr 2 EuGVVO erstreckt sich auch auf lauterkeitsrechtliche Ansprüche (RS0127998 [T1]; RS0115357). Eine negative Feststellungsklage mit dem Antrag festzustellen, dass keine Haftung aus einer unerlaubten Handlung oder einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, besteht, fällt unter Art 7 Nr 2 EuGVVO. Wenn die Umstände, die bei einer negativen Feststellungsklage in Rede stehen, eine Anknüpfung an den Staat rechtfertigen können, in dem sich entweder das ursächliche Geschehen ereignet hat oder der Schaden eingetreten ist oder einzutreten droht, kann der Kläger den Beklagten an einem dieser Orte verklagen (4 Ob 55/18v Punkt 2.1.; 1 Ob 63/20a Punkt 2.1.; 4 Ob 74/20s Punkt 2.1. jeweils unter Hinweis auf C-133/11, Folien Fischer ).
Bei einer negativen Feststellungsklage muss es auch dem „potenziellen Schuldner“ (hier also der Klägerin) möglich sein, vor dem Gericht des Handlungs- oder des Erfolgsorts zu klagen, vor dem auch die vermeintlich Geschädigte klagen könnte. Demnach ist ungeachtet der konkreten Parteirollen zu prüfen, wo der Schädiger – hier die Klägerin - ursächlich gehandelt hat (Handlungsort) bzw der Schaden des Geschädigten eingetreten ist (Erfüllungsort) (4 Ob 55/18v Punkt 2.2.; 1 Ob 63/20a Punkt 2.2.; vgl auch 4 Ob 74/20s Punkt 3.2.).
I.1.3Der Kläger muss in der Klage alle jene Angaben aufnehmen, aus denen das Gericht seine Zuständigkeit erkennen kann. Dabei muss er Zuständigkeitstatbestände nicht in ihrer rechtlichen Konfiguration (richtig) benennen, er muss nur das dafür erforderliche Tatsachensubstrat vorbringen (RS0046204 [T4, T6]). Das gilt auch für die hier strittige Frage der internationalen Zuständigkeit (RS0046204 [T10] = 9 ObA 11/23t); und zwar auch soweit die Prüfung im Anwendungsbereich der EuGVVO zu erfolgen hat (vgl 9 ObA 11/23t).
Die Klägerin hat trotz Unzuständigkeitseinreden der Beklagten kein Vorbringen zum Handlungsort, also wo die Klägerin die Beschwerde erstellte und/oder bei ** einreichte, erstattet (zur Definition des Handlungsortes im Zusammenhang mit einer negativen Feststellungsklage vgl 4 Ob 55/18v Punkt 2.3. mwN; 1 Ob 63/20a Punkt 2.3. mwN). Auch zu einem vom Sitz der Beklagten abweichenden Ort des Schadeneintritts erstattete die Klägerin kein Vorbringen. Das Erstgericht ist daher im Ergebnis zutreffend vom Fehlen der internationalen Zuständigkeit ausgegangen, soweit die Klägerin eine negative Feststellungsklage erhoben hat.
I.2In jedem Beschluss, welcher eine Streitsache für die Instanz vollständig erledigt, ist grundsätzlich auch über die Verpflichtung zum Kostenersatz zu entscheiden (§ 52 Abs 1 ZPO).
Der Beschluss erledigt die Streitsache zwar hinsichtlich des Feststellungsbegehrens, nicht aber auch hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens. Der vorliegende Fall ist daher mit dem eines Teilurteils vergleichbar. Die Kostenentscheidung hat daher nicht im Beschluss sondern im zusammen damit ausgefertigten Urteil zu erfolgen, mit dem die Streitsache endgültig und vollständig erledigt wird (§ 52 Abs 4 ZPO per analogiam). Der Ausspruch eines Vorbehalts im Beschluss kann aufgrund der gemeinsamen Ausfertigung jedoch unterbleiben.
I.3Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands beruht auf den §§ 500 Abs 2, 526 Abs 3 ZPO. Wenngleich die Beklagte den ihr entstandenen Schaden im Abmahnschreiben vom 5.12.2023 (./D) nicht bezifferte, erscheint die von der Klägerin vorgenommene Bewertung im Hinblick auf den von der Beklagten darin angeführten monatlichen Umsatz mit dem Produkt (siehe S 2) und den bis zum Abmahnschreiben bereits angefallenen und darin bezifferten Vertretungskosten von rund EUR 1.300 (siehe S 6) zu niedrig. Da von keiner anhaltenden Beeinträchtigung des Absatzes der Beklagten aufgrund der Beschwerde der Klägerin auszugehen ist und weitere Vertretungskosten nicht ohne weiteres ersichtlich sind, ist die Bewertung zwar mit EUR 5.000, nicht aber auch mit EUR 30.000 übersteigend vorzunehmen.
I.4Der ordentliche Revisionsrekurs ist mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
II. Die Berufung ist nicht berechtigt.
II.5 Mit ihrer Rechtsrüge wendet sich die Beklagte gegen die Annahme des Erstgerichts, es liege kein übereinstimmender Gesamteindruck mit dem eingetragenen Geschmacksmuster vor, und gegen die Verneinung einer Nachahmung eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters der Klägerin.
II.5.1 Vorweg ist klar zu stellen, dass sich die Frage der Neuheit und Eigenart hinsichtlich des eingetragenenGemeinschaftsgeschmacksmusters der Klägerin nicht stellt. Soweit die Klägerin eine Unterlassungsverpflichtung der Beklagten wegen Verletzung ihres eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters begehrt, ist gemäß Art 85 Abs 1 erster Satz GGV von dessen Rechtsgültigkeit auszugehen. Ein Fall des Art 85 Abs 1 zweiter Satz GGV liegt nicht vor.
II.5.2Bei Beurteilung der Frage, ob ein anderes Geschmacksmuster in den Schutzumfang des Gemeinschaftsgeschmacksmusters fällt, ist der jeweilige Gesamteindruck zu ermitteln und zu vergleichen. Es kommt nicht auf einen mosaikartig aufgespaltenen Vergleich von Einzelheiten an. Maßgeblich ist vielmehr die Würdigung des Gesamteindrucks unter dem Blickwinkel, ob sich bei einer Gegenüberstellung zweier Formgebungen insgesamt der Eindruck einer Übereinstimmung ergibt (RS0120720; vgl auch RS0121786). Dies ist danach zu beurteilen, ob beim informierten Benutzer ein anderer Gesamteindruck erweckt wird (RS0120720; Art 10 Abs 1 GGV). Dieser Benutzer unterscheidet sich durch ein gewisses Maß an Kenntnissen und Aufgeschlossenheit für Designfragen vom „durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher“, wenn auch nicht Wissen und Fähigkeiten eines Fachmanns anzulegen sind (RS0122068). Ein hohes Maß an Eigenart gibt dabei Raum für einen großen Schutzumfang, umgekehrt führt geringe Eigenart auch nur zu einem kleinen Schutzumfang (RS0122071). Ist der informierte Benutzer des Geschmacksmusters bereit, trotz geringer Unterschiede zwischen Formenschatz und Geschmacksmuster die Eigenart zu bejahen, muss er gleichermaßen im Verletzungsstreit bei derartigen Unterschieden zwischen dem Geschmacksmuster und der angegriffenen Ausführungsform die Verletzung verneinen (RS0120720 [T4]).
II.5.3Gegenstand des Gemeinschaftsgeschmacksmusters ist nicht ein Erzeugnis, sondern die Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur und/oder der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst und/oder seiner Verzierung ergibt (Art 3 lit a GGV). Geschützt sind demnach weder das Original noch die entsprechend hergestellten Erzeugnisse an sich, sondern die sich am Erzeugnis zeigende Gestaltung (RS0121789). Das Gemeinschaftsgeschmacksmuster verfolgt den vorwiegenden Zweck, zu einer stetigen Entwicklungstätigkeit auf dem Gebiet des Designschaffens anzuregen, und hat - anders als die Kennzeichenrechte - nicht die Aufgabe, die Allgemeinheit vor Produktverwechslungen zu bewahren (RS0122069).
II.5.4Die Klägerin argumentiert mit der Oberflächenstruktur des Glases, dem schwarzen Kunststoff-Drehverschluss und der Bedruckung mit weißer Farbe. Mit dem weiteren Vorbringen zu einer haptischen Wahrnehmung der Bedruckung verstößt die Klägerin gegen das im Berufungsverfahren geltende Neuerungsverbot (§ 482 Abs 2 ZPO).
Auch die Farbe kann eines der Merkmale eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters sein, das den Gesamteindruck prägt. Ob das der Fall ist, entscheidet der Anmelder bei der Anmeldung. Das Merkmal der Farbe kann jedoch nur dann herangezogen werden, wenn die Wiedergabe als farbige Wiedergabe erkennbar ist (RS0126202). Erscheinungsmerkmale, die in der Wiedergabe nicht zweifelsfrei erkennbar sind, können zur Abgrenzung nicht herangezogen werden (ua 4 Ob 193/22v [Rz 13]; 4 Ob 22/19t Punkt 2.1.; 17 Ob 4/10b mwN). Erfolgt die Wiedergabe in schwarz-weiß, so kommt es auf die Farbgestaltung nicht an. Denn aufgrund der schwarz-weiß-Darstellung des Musters in der Anmeldung ist eine besondere Farbgestaltung gerade nicht Gegenstand des Gemeinschaftsgeschmacksschutzes (4 Ob 22/19t Punkt 2.1.; 17 Ob 4/10b mwN).
Die Anmeldung der Klägerin lässt weder ein Farbelement noch bestimmte Schattierungsunterschiede erkennen. Ihr ist daher nicht einmal zu entnehmen, dass es sich um einen schwarzen oder um einen nur im Vergleich zur sonstigen Gestaltung dunkleren Schraubverschluss handelt. Die Anmeldung enthält auch keinerlei Hinweise auf den Werkstoff. Aufgrund des Schraubverschlusses ist nicht zwingend auf eine Glasflasche zu schließen, weil auch Kunststoffflaschen mittels Schraubverschluss verschließbar sind. Zudem ist nach Anmeldung das auf dem Fläschchen abgebildete „**“ wie auch das dahinter liegende Dreieck – anders als auf den tatsächlich vertriebenen Fläschchen der Klägerin – nicht ausgefüllt, sondern lediglich mittels Konturen gezeichnet. Bei der Beurteilung des Eingriffs in das Muster der Klägerin ist aber ausschließlich dieses Muster, nicht aber das von der Klägerin tatsächlich vertriebene Produkt mit dem Eingriffsgegenstand zu vergleichen (4 Ob 76/13z). Vergleicht man das angemeldete Muster mit dem von der Beklagten vertriebenen Produkt, zeigt sich insofern ein erheblich abweichender Gesamteindruck. Im übrigen ist auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts zu verweisen, wonach die Gläschen mit dem Schraubverschluss in ihrer Form zumindest geringfügig unterschiedlich ausgestaltet sind und sich auch das Design dadurch unterscheidet, dass bei dem Muster der Klägerin das Dreieck hinter dem „**“ liegt und letzteres aus dem Dreieck herausragt während beim Eingriffsgegenstand der gesamte Aufdruck (Text und Auge) innerhalb eines Vierecks bleiben. Ausgehend von einem – wie vom Erstgericht bereits zutreffend festgehalten - geringen Schutzumfang des Gemeinschaftsgeschmacksmusters der Klägerin aufgrund eines geringen Grads an Eigenheit liegt jedenfalls kein Eingriff der Beklagten vor.
II.6.1Richtig ist, dass die GGV auch für nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster Schutz bietet (Art 11 und Art 19 Abs 2 GGV; siehe dazu auch die Erwägungsgründe 17 und 25). Ein nicht eingetragenes Geschmacksmuster wird geschützt, soweit es neu ist und Eigenart hat (Art 11 Abs 1 iVm Art 4 Abs 1 GGV). Ein Geschmacksmuster gilt als neu, wenn der Öffentlichkeit im Fall nicht eingetragener Gemeinschaftsgeschmacksmuster vor dem Tag, an dem das Geschmacksmuster, das geschützt werden soll, erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, kein identisches Geschmacksmuster zugänglich gemacht worden ist (Art 5 Abs 1 lit a GGV). Geschmacksmuster gelten als identisch, wenn sich ihre Merkmale nur in unwesentlichen Einzelheiten unterscheiden (Art 5 Abs 2 GGV). Ein Geschmacksmuster hat Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes, vorbekanntes Geschmacksmuster bei diesem Benutzer hervorruft (Art 6 Abs 1 GGV).
II.6.2 In Verfahren betreffend eine Verletzungsklage oder eine Klage wegen drohender Verletzung eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters haben die Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichte, wenn der Rechtsinhaber Beweis für das Vorliegen der Voraussetzungen von Art 11 GGV erbringt und angibt, inwiefern sein Geschmacksmuster Eigenart aufweist, von der Rechtsgültigkeit des Gemeinschaftsgeschmacksmusters auszugehen (Art 85 Abs 2 GGV). Die Schutzvoraussetzungen für nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster hat daher derjenige zu behaupten und zu beweisen, der sich auf die Verletzung eines ihm zustehenden nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters beruft. Die vom Erstgericht zitierte Fundstelle ( Seiser in Thiele (Hrsg), Geistiges Eigentum (2018) Rechtsprechung zum Gemeinschaftsgeschmacksmuster, 133) ist nicht einschlägig soweit es um ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster geht. Gegenstand der dort zitierten Entscheidung (EuG, T-114/16, Laher und de sauna ) war die Nichtigerklärung eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters und damit einen Anwendungsfall des Art 85 Abs 1 GGV.
Das Erstgericht hat zur Frage der Neuheit eine Negativfeststellung getroffen (US 10, s. auch US 14). Diese bezieht sich ausgehend von den Ausführungen des Erstgerichts (s. dazu auch US 11) nicht nur auf das eingetragene Geschmacksmuster, sondern auch auf die von der Klägerin tatsächlich verwendeten Fläschchen und damit auf das behauptete nicht eingetragene Geschmacksmuster. Das non liquet geht zu Lasten der Klägerin. Es ist daher davon auszugehen, dass dem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster die notwendige Schutzvoraussetzung der Neuheit fehlt. Die Frage einer Nachahmung iSd Art 19 Abs 2 GGV stellt sich mangels geschützten Musters insofern nicht.
II.7.1Die Klägerin kommt im Berufungsverfahren nicht mehr auf einen behaupteten Verstoß der Beklagten gegen die Generalklausel des § 1 UWG zurück (zur insofern eingeschränkten Überprüfungsbefugnis des Berufungsgerichts vgl RS0043352 [T10, T30]; RS0043338 [T6]; RS0043573 [T13]). Ausgehend vom Urteilsantrag käme – unabhängig vom weitergehenden Tatsachenvorbringen (vgl ON 1, S 2f und S 4; ON 9, S 8), das sich offensichtlich auf das (zurückgewiesene) Feststellungsbegehren bezog - nur eine Verpflichtung der Beklagten zur Unterlassung der Nachahmung der von der Klägerin tatsächlich verwendeten Fläschchen - als qualitatives Minus - in Betracht. Der Beklagten ist in diesem Zusammenhang aber ohnedies keine unlautere Geschäftspraktik nach dem UWG vorzuwerfen:
II.7.2Im Interesse der Wettbewerbsfreiheit ist vom Grundsatz der Nachahmungsfreiheit auszugehen. Für Produkte, die keinen Sonderrechtsschutz für sich in Anspruch nehmen können, besteht daher grundsätzlich Nachahmungsfreiheit (RS0132651; vgl auch RS0078743). Die Nachmachung gewerblicher Erzeugnisse, die keinen Formalschutz genießen, ist nur dann nach dem UWG zu beurteilen, wenn bei der Nachahmung Begleitumstände vorliegen, aus denen sich die Sittenwidrigkeit der Handlung ergibt (RS0078188; RS0078138). Entscheidend für die Frage, ob die Nachahmung sittenwidrig ist, ist bewusste Nachahmung, die dadurch herbeigeführte Gefahr von Verwechslungen und die Zumutbarkeit einer andersartigen Gestaltung (RS0078297; RS0078227).
Das Erstgericht hat entgegen der Auffassung der Berufungswerberin – wenngleich disloziert in der rechtlichen Beurteilung (US 18) – festgestellt, dass das Design der Beklagten auf einem Entwurf der Beklagten beruht. Das Erstgericht ist, wie sich auch aus den weiteren Ausführungen ergibt (insb US 18), auf Tatsachenebene davon ausgegangen, dass sich die Beklagte bei der Gestaltung ihres Designs nicht bewusst an das Design der Klägerin anlehnte oder dieses nachahmte. Ein planmäßiges Vorgehen und bewusstes Kopieren, das eine Sittenwidrigkeit iSd § 1 UWG begründen könnte (vgl zu diesem Erfordernis RS0078587; RS0078156 [T4]; RS0078297 [T31]; zu Warenverpackungen im Speziellen RS0078184), steht damit entgegen der Klägerin nicht fest. Andere Begleitumstände, aus denen sich die Sittenwidrigkeit der Handlung ergeben könnte, hat sie nicht behauptet.
II.8Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO (zur Bemessungsgrundlage s. Beschluss gemäß § 7 RATG ON 13.2, S 3).
II.9Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands beruht auf den §§ 500 Abs 2 ZPO. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin der Beklagten eine anhaltende Verletzung mit dauerhaften Auswirkungen vorwirft, ist der Streitwert trotz eines ausgehend vom Inhalt des Abmahnschreiben vom 5.12.2023 (./D) bloß vierstelligen monatlichen Umsatzes mit EUR 30.000 übersteigend festzusetzen.
II.10Die ordentliche Revision ist mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Zur Frage der Rechtsgültigkeit von Gemeinschaftsmarken existiert eine klare gesetzliche Regelung (vgl RS0042656). Darüber hinaus waren lediglich von den Umständen des Einzelfalls abhängige Fragen zu klären.