7Ra89/24w – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichtes Dr. Glawischnig als Vorsitzende, die Richter Mag. Zechmeister und Dr. Nowak sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Albert Koblizek und a. o. Univ. Prof. Mag. Dr. Monika Drs und in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, **, vertreten durch Dr. Georg Lugert, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen die beklagte Partei B* GmbH Co KG , **, vertreten durch Dr. Gerhard TAUFNER, Mag. Johann HUBER, Dr. Melanie HABERER, Rechtsanwälte in Melk, wegen EUR 33.000 sA, über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 18.06.2024, ** 35, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 3.400,32 (darin enthalten EUR 566,72 an USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Text
Die Klägerin war bei der Beklagten bis 04.01.2023 beschäftigt. Das Dienstverhältnis endete durch einvernehmliche Auflösung.
Die Klägerin begehrte von der Beklagten EUR 33.000 sA und brachte im Wesentlichen vor, aufgrund von von der Beklagten gegen sie erhobenen Malversationsvorwürfen habe sie sich zu einer Schadenswiedergutmachung in Höhe von EUR 35.000 verpflichtet und diese auch geleistet, wobei davon EUR 2.000 anerkannt würden.
Die Klägerin sei zum Zeitpunkt des Abschlusses dieser Verpflichtung und auch in der Zeit davor nicht geschäftsfähig gewesen. Die Zahlung des nunmehr rückgeforderten Betrages von EUR 33.000 sei überdies von der Beklagten durch die Drohung mit einer Strafanzeige erwirkt worden.
Die Beklagte wendete dagegen insbesondere ein, die Klägerin habe systematisch Geld aus der Kassa entnommen, es sei ein hochgerechneter Schaden von EUR 70.000 entstanden.
Die Klägerin habe einen Schadenersatzanspruch der Beklagten erfüllt, den sie vorsätzlich verursacht habe. Für eine Rückforderung bestehe keine rechtliche Basis.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab und traf die aus den Urteilsseiten 7 bis 10 ersichtlichen Feststellungen, auf die verwiesen wird. Daraus wird hervorgehoben:
„Die Klägerin gab nach weiterem Zögern zu, dass sie etwa EUR 700,00 bis EUR 800,00 pro Woche seit etwa einem halben Jahr durch Manipulationen der Kassa erwirtschaftet habe.“ ( bekämpfte Feststellung 1 )
„Da die stichprobenartigen Überprüfungen der Kassabons von früheren Zeiträumen schon Auffälligkeiten gezeigt hatten, da in der Kassabonliste bei Tabakverkäufen Beträge von EUR 0,40 und EUR 0,50 aufschienen, um diese Beträge aber kein Tabak verkauft wird, ging die beklagte Partei von einem weitaus längeren Zeitraum, nämlich von über einem Jahr aus.“ ( bekämpfte Feststellung 2 )
„In weiterer Folge setzten C* und D* folgendes Schriftstück auf:
‚Schadensbetrag: Die ermittelte Schadenssumme beträgt EUR 35.000.
Dieser Betrag muss bis 05.01.2023 an unser Konto […] überwiesen werden.‘
Die Klägerin las sich das Schriftstück daraufhin in Ruhe durch und unterfertigte es. Im Zuge des Gesprächs im Büro wurde der Klägerin auch die Möglichkeit gegeben, das Büro kurzfristig zum Nachdenken, Rauchen und Telefonieren mit ihrem Lebensgefährten zu verlassen. Die Klägerin wurde auch nicht unter Druck gesetzt.“ ( bekämpfte Feststellung 3 )
„Zum Zeitpunkt der Einigung über die Schadenswiedergutmachung am 04.01.2023 war die Klägerin geschäftsfähig. Durch die klinische sowie die neuropsychologische Untersuchung konnten psychopathologische Störungen, die zu einer krankhaft bedingten Willensbeeinträchtigung führen könnten, ausgeschlossen werden. Weder eine schwere seelische Erkrankung noch eine intellektuelle hochgradige Einschränkung noch eine medikamentöse Intoxikation, die zu einer Geschäftsunfähigkeit führen könnten, lagen vor. Die Diagnose einer Schizophrenie, einer wahnhaften Störung, einer affektiven Störung, einer neurotischen oder persönlichkeitsspezifischen Störung oder intellektuellen Minderbegabung kann nicht festgestellt werden. Bei der Klägerin zeigt sich auch kein Hinweis auf dependente Persönlichkeitszüge. Die Klägerin war ab 04.01.2023 weder in Krankenstand noch suchte sie zeitnah einen Facharzt für Neurologie/Psychiatrie auf.“
In rechtlicher Hinsicht folgerte das Erstgericht, die Klägerin habe sich am 04.01.2023 gegenüber der Beklagten aufgrund der von ihr verursachten Kassamanipulationen zu einer Schadenswiedergutmachung in Höhe von EUR 35.000 verpflichtet und diesen Betrag auch am nächsten Tag bezahlt. Sie habe den von ihr verursachten Schaden solcherart anerkannt. Zum Zeitpunkt der Einigung über die Schadenssumme sei sie geschäftsfähig gewesen und frei in ihrem Willen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin aus den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt .
1. Zur Beweisrüge
1.1. Um eine Beweisrüge gesetzmäßig auszuführen, muss der Rechtsmittelwerber deutlich zum Ausdruck bringen, welche konkrete Feststellung bekämpft wird, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, welche Feststellung begehrt wird und auf Grund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen die begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre (RS0041835 [T5]; Kodek in Rechberger/Klicka ZPO 5 § 471 Rz 15).
1.2. Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen der Berufungswerberin zum Großteil nicht, weil sie es – bis auf die bekämpften Feststellungen 1 bis 3 – unterlässt anzuführen, welche konkreten Feststellungen sie bekämpft und welche Ersatzfeststellungen sie stattdessen begehrt.
Ausführungen, die sich darauf beschränken, die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung des Erstgerichts oder die Plausibilität einzelner Beweisergebnisse zu behaupten oder in Abrede zu stellen, ohne aber einen Bezug zu konkret getroffenen Urteilsfeststellungen herzustellen und ohne Ersatzfeststellungen zu begehren, entziehen sich einer inhaltlichen Erwiderung.
1.3. Im Übrigen erwecken die Berufungsausführungen keine Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung. Der Berufungssenat teilt die Einschätzung des Erstgerichtes, dass die Klägerin bei ihrer Vernehmung Schutzbehauptungen aufgestellt hat: Es entsteht durchwegs der Eindruck, die Klägerin mache nur dann Zugeständnisse, wenn die Beweislage aus ihrer Sicht derart erdrückend wird, dass Leugnen sinnlos erscheint – und zwar sowohl bei der Vernehmung vor Gericht als auch bei der Konfrontation mit ihren Handlungen durch den Arbeitgeber.
1.3.1. So gab die Klägerin bei ihrer Vernehmung erst auf konkreten Vorhalt an (ON 15.2, Seite 3, vierter Absatz), den gescannten Preis (mittels der Taste F3) händisch gelöscht und einen deutlich niedrigeren Preis eingegeben zu haben (ON 15.2, Seite 3, fünfter Absatz).
Schon in der Klage brachte sie vor, die fehlerhaften Manipulationen könnten einen Betrag von EUR 2.000 nicht übersteigen, weshalb vorsorglich ein Schadensbetrag von EUR 2.000 anerkannt werde, und konzedierte solcherart, dass „Geld weggekommen“ ist.
Sie stellte einen Schaden von EUR 2.000 auch bei ihrer Vernehmung zunächst nicht in Abrede (ON 15.2, Seite 2) und gab also selbst ein vorsätzliches Verhalten zu, das in einer gezielten Kassenmanipulation bestand.
Wenn sie sodann dennoch deponierte: „Nein, genommen habe ich nichts, ich habe nur herumjongliert mit Beträgen. Einmal sind mir EUR 200,00 abhanden gekommen. Ich weiß nicht, wo die hingekommen sind.“ (ON 15.2, Seite 4), so ist dies völlig unglaubwürdig.
1.3.2. Es steht unbekämpft fest, „dass die Klägerin [am 02.01.2023] bei zahlreichen Kassiervorgängen Manipulationen vornahm: Die Klägerin scannte die Waren, die im System mit einem Preis hinterlegt waren. Dann drückte die Klägerin die ‚F3‘-Taste, um den gescannten Preis zu löschen und änderte den Preis händisch auf einen deutlich niedrigeren Betrag im Cent-Bereich oder brach den Kassiervorgang ab, sodass kein Kassabon rauskam. Die Klägerin nahm von den Kunden jedoch die für die Waren tatsächlich hinterlegten Kaufpreisbeträge entgegen.“ (Seite 8 der Urteilsausfertigung).
Ebenso unbekämpft, wenn auch disloziert in der Beweiswürdigung, ist konstatiert, „dass die Klägerin die Manipulationshandlungen bewusst setzte und diese von ihr auch gewollt waren.“ (Seite 11 der Urteilsausfertigung).
In Zusammenschau mit der (wiederum unbekämpften) Feststellung „Durch diese Vorgangsweise entstand der beklagten Partei allein am 02.01.2023 ein Schaden von EUR 717,19 und am 04.01.2023 bis zur Mittagszeit ein Schaden von EUR 442,77; der beklagten Partei fiel in weiterer Folge auch auf, dass die Abschöpfung der Kassa an den Tagen an denen die Klägerin Dienst hatte, auffallend gering war“ (Seite 8 der Urteilsausfertigung) ergibt sich als Schlussfolgerung, dass sich die Klägerin sehr wohl „aus der Kassa bedient“ hat. Die Klägerin erfüllte also das Tatbild der (gewerbsmäßigen) Veruntreuung.
1.3.3. Statt der bekämpften Feststellung 1 begehrt die Berufungswerberin die Ersatzfeststellung: „Die Klägerin wurde ohne jegliche Rechnungsüberprüfung mit dem Vorwurf konfrontiert, dass sie EUR 700,00 bis EUR 800,00 pro Woche, etwa durch ein halbes Jahr hindurch, erwirtschaftet habe, hat aber weder diese Berechnung noch die Höhe des angeblichen Schadens anerkannt.“
1.3.3.1. Es gehört zum Wesen der freien Beweiswürdigung, dass das Gericht sich für eine von mehreren widersprechenden Darstellungen auf Grund seiner Überzeugung, dass diese mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann, entscheidet (RS0043175). Das Gericht hat nach bestem Wissen und Gewissen aufgrund seiner Lebenserfahrung und Menschenkenntnis zu prüfen, ob jener Wahrscheinlichkeitsgrad erreicht ist, der es rechtfertigt, die fragliche Tatsache für wahr zu halten ( Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 272 Rz 1).
1.3.3.2. Der Geschäftsführer der Beklagten gab auf konkrete Nachfrage der Beklagtenvertreterin glaubwürdig an, die Klägerin habe bei dem Gespräch konzediert, dass sie seit etwa einem halben Jahr rund EUR 700 wöchentlich entnommen habe (ON 15.2, Seiten 18 aE, 19). Die Zeugin D* bestätigte diese Depositionen (ON 15.2, Seite 34).
1.3.3.3. Die Klägerin wurde durch die Videoaufzeichnungen überführt; für bloß eineinhalb Arbeitstage ergab sich ein veruntreuter Betrag von knapp EUR 1.150.
Dass die Klägerin angesichts dessen zur Abwendung einer Entlassung und vor allem einer Strafanzeige zugab, etwa EUR 700 wöchentlich für einen Zeitraum von rund einem halben Jahr veruntreut zu haben, geschah nur deshalb, weil ein weiteres Leugnen sinnlos war: Die Klägerin konnte nicht abschätzen, inwieweit die Beklagte in der Lage sein würde, die Zahlen für die Vergangenheit zu überprüfen. Das Zugestehen eines – angesichts der für nur eineinhalb Tage relativ hohen Schadenssumme – äußerst moderat angesetzten Schadensbetrages war daher aus Sicht der Klägerin sinnvoll.
1.3.3.4. Die bekämpfte Feststellung 1 ist somit Ergebnis einer nachvollziehbaren Beweiswürdigung.
1.3.4. Statt der bekämpften Feststellung 2 begehrt die Berufungswerberin die Ersatzfeststellung: „Da die stichprobenartigen Überprüfungen der Kassabonliste bei Tabakverkäufen im Dezember 2022 Beträge von EUR 0,40 und EUR 0,50 aufwiesen, um diese Beträge aber kein Tabak verkauft wird, versuchte die beklagte Partei auf Grundlage dieser Zahlen eine Schadenssumme zu rekonstruieren, die sie in irregulärer Weise auf die Vormonate und gleich auf das ganze Jahr ausdehnte, ohne diesbezügliche Wahrnehmungen in der Kassabonliste gemacht zu haben.“
1.3.4.1. Die Zeugin D* konnte (in ON 15.2, Seite 34) nachvollziehbar darlegen, dass Tabakwaren nicht um rund EUR 0,50 oder EUR 1 verkauft werden (dürfen).
Wenn sie nun angibt, dass sie und der Geschäftsführer („Wir“) davon ausgingen, dass die Manipulationen zu der Zeit begannen, als sich erstmals Preise in solcher Höhe in den Kassabonlisten fanden, so ist dies schlüssig nachvollziehbar.
1.3.5. Statt der bekämpften Feststellung 3 begehrt die Berufungswerberin nachstehende Ersatzfeststellung: „In weiterer Folge setzten C* und D* folgendes Schriftstück auf: […] Die Klägerin unterfertigte dieses Schriftstück, wobei zwar im Zuge der Anfertigung des Schriftstückes der Klägerin Möglichkeit gegeben wurde, das Büro kurzfristig zu verlassen und ein Telefonat zu führen, die Klägerin fühlte sich jedoch durch die Drohung mit der Anzeige und durch die Drohung mit einer Haftstrafe durch den Polizeibeamten unter Druck gesetzt, war jedoch durch ihren körperlichen Zustand nicht in der Lage, die Unterfertigung zu verweigern.“
1.3.5.1. Zur Frage der Geschäftsfähigkeit der Klägerin holte das Erstgericht ein Sachverständigengutachten ein.
Auch der Beweiswert eines Sachverständigengutachtens ist von den Tatsacheninstanzen nach diesen allgemeinen Grundsätzen zu würdigen (RS0043168 [T15], RS0040632, RS0043391). Der Berufungswerberin gelingt es nicht, stichhaltige Gründe darzutun, die Zweifel an der Richtigkeit des Sachverständigengutachtens und den darauf basierenden erstgerichtlichen Feststellungen erwecken: Das Gutachten ist nachvollziehbar und in sich schlüssig, zur Verbreiterung der Beurteilungsbasis wurde auch eine neuropsychologische Testung durchgeführt.
Grundsätzlich ist das Gericht nicht verpflichtet, allfällige Widersprüche zwischen einem Privatgutachten und dem Gutachten eines vom Gericht zur Erstattung eines Gutachtens in einer bestimmten Rechtssache herangezogenen Sachverständigen aufzuklären. Es kann sich vielmehr – insbesondere, wenn der Sachverständige, wie hier, die von der Klägerin vorgelegten medizinischen Unterlagen berücksichtigen konnte – ohne Verfahrensverstoß dem ihm als verlässlich erscheinenden Sachverständigengutachten anschließen (RS0040592).
Dennoch sei angemerkt, dass die ./C ausschließlich die Angaben der Klägerin als Sachverhaltsgrundlage hat, die jedoch in den wesentlichen Punkten widerlegt sind: Die Klägerin hat sich systematisch und unter Setzung von Verschleierungshandlungen aus der Kassa der Beklagten bedient.
1.3.5.2. Die Klägerin überwies am nächsten Tag den vereinbarten Betrag. Nicht erklärlich ist, wieso sie dies tat, wenn sie nicht davon ausgegangen wäre, der Beklagten etwas zu schulden, weil sie zu dieser Zeit ja nicht mehr unter dem Einfluss des Arbeitgebers oder des Polizeibeamten stand und solcherart keinem Druck mehr ausgesetzt war.
Das Berufungsgericht übernimmt somit die Feststellungen des Erstgerichts als das Ergebnis einer nachvollziehbaren Beweiswürdigung und legt sie seiner Entscheidung zugrunde.
2. Zur Rechtsrüge
2.1. Die Berufungswerberin bemängelt das Fehlen von Feststellungen, deren Bezeichnung sie aber unterlässt. Sie spricht hier bloß von „weiter oben bemängelten fehlenden Feststellungen“ (Seite 11 letzter Absatz der Berufung) und nimmt damit – wie aus ihren nachfolgenden Ausführungen erhellt – auf das Sachverständigengutachten Dr.is E* Bezug, genau genommen auf dessen Qualität: „Es kann nicht darüber hinweggesehen werden, dass sich die Sachverständige Dr. E* niemals mit der Klägerin als Person und ihrer Vorgeschichte befasst hat. […] Da die gerichtlich […] bestellte Sachverständige Dr. E* sich mit dieser Persönlichkeitsbeurteilung der Klägerin überhaupt nicht befasst hat, wäre zumindest eine entsprechende Befundaufnahme und neuropsychologische Untersuchung erforderlich gewesen.“
2.2. Weiters führt sie aus (Seite 12 der Berufung):
„Insoweit diese [die Befundaufnahme, Anm] unterlassen wurde, unterliegt das Erstgericht einem Fehler in der rechtlichen Beurteilung. Wie bereits weiter oben festgehalten wurde, hat das Erstgericht aufgrund eines unvollständigen Sachverständigengutachtens ebenso unvollständige Feststellungen getroffen, die es dem Erstgericht unmöglich machten, den Durchblick zum und den Überblick über den zu beurteilenden Sachverhalt zu schaffen. Allein die apodiktische Feststellung der Sachverständigen Dr. E*, wonach nur drei der Kriterien zur Beurteilung der Geschäftsfähigkeit oder mangelnden Geschäftsfähigkeit einer Person herangezogen werden dürfe, stellt eine sehr einseitige Behandlung der menschlichen Psyche dar. […]“
2.3. Die gesetzmäßige Ausführung des Berufungsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erfordert die Darlegung, aus welchen Gründen ausgehend vom konkret festgestellten Sachverhalt die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig erscheint (RS0043603, RS0041719; Kodek in Rechberger/Klicka ZPO 5 § 471 Rz 16). Es reicht nicht, wenn nur allgemein die Unrichtigkeit der erstinstanzlichen rechtlichen Beurteilung behauptet wird, ohne dies zu konkretisieren (RS0043603 [T12], RS0041719 [T4], RS0043605).
Weil die Berufungswerberin nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht, bringt sie die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig zur Darstellung.
2.4. Eine unrichtige oder unvollständige Bezeichnung der Rechtsmittelgründe gereicht dem Rechtsmittelwerber nicht zum Schaden, wenn die Rechtsmittelausführungen die Beschwerdegründe deutlich erkennen lassen (RS0041851). Es kommt nicht darauf an, wie die geltend gemachten Berufungsgründe bezeichnet werden, sondern darauf, welchem Berufungsgrund die Ausführungen im Rechtsmittel zuzuzählen sind (RS0111425). Sind die Rechtsmittelgründe jedoch unzulässigerweise nicht getrennt ausgeführt, gehen Unklarheiten zu Lasten des Rechtsmittelwerbers (RS0041761).
2.4.1. Sollte die Berufungswerberin mit den in Punkt 2.1. der Berufungsentscheidung wiedergegebenen Ausführungen eine Mängelrüge erheben wollen, ist ihr zu erwidern, dass eine Befundaufnahme (also eine Untersuchung) durch die Sachverständige aus dem Fachgebiet der Neurologie und Psychiatrie erfolgte (am 29.01.2024, siehe ON 23.1, Seite 2), und zusätzlich eine neuropsychologische Testung (am 16.02.2024, siehe ON 20.1) vorgenommen wurde.
Ein Mangel des Verfahrens ist nicht erkennbar.
2.4.2. Eine gesetzmäßig ausgeführte Beweisrüge ist in den in Punkten 2.1. und 2.2. der Berufungsentscheidung bezeichneten Ausführungen der Rechtsmittelwerberin ebensowenig zu erblicken, weil sie wiederum weder bekämpfte Feststellungen noch begehrte Ersatzfeststellungen nennt.
3. Der unberechtigten Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf § 2 Abs 1 ASGG iVm §§ 41, 50 ZPO.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil eine im Berufungsverfahren nicht gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge in der Revision nicht mehr nachgeholt werden kann (RS0043573).