Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Dampf als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. a Hagen und Mag. a Obwieser als weitere Mitglieder des Senats in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 3 erster Fall SMG über die Berufung der Staatsanwaltschaft Innsbruck wegen des Ausspruchs über die Strafe und des unterbliebenen Ausspruchs über den Verfall gegen das einzelrichterliche Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 7.8.2025, GZ ** 16, nach der am 4.11.2025 in Anwesenheit der Schriftführerin Rp Mag. a Endstrasser, des Sitzungsvertreters der Oberstaatsanwaltschaft EOStA Mag. Kuznik und des Verteidigers RA MMag. Johannes Wechselberger, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten öffentlich durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung am selben Tag zu Recht erkannt:
Der Berufung wird t e i l w e i s eFolge gegeben und gemäß § 20 Abs 3 StGB ein Geldbetrag von EUR 2.700,-- für verfallen erklärt.
Im Übrigen wird der Berufung n i c h t Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch die rechtskräftige Abweisung eines Antrages auf Konfiskation enthält, wurde A* des „Verbrechens“ (richtig: Vergehens; vgl dazu RIS-Justiz RS0131857 und RS0089896) des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 3 erster Fall SMG schuldig erkannt.
Demnach hat er von mindestens Oktober 2024 bis zum 14.05.2025 in ** und andernorts vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge von 1,36 Grenzmengen, nämlich zumindest 30 g Kokain mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 68,25 % Cocain, welches er von bislang unbekannten Lieferanten mit dem Vorsatz, es in Verkehr zu setzen, erworben und besessen hatte, B* und C* um einen Grammpreis von zumindest € 90,-- überlassen, wobei er selbst an Suchtmittel gewöhnt war und die Straftat vorwiegend deshalb begangen hat, um sich für seinen persönlichen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen.
Hiefür wurde er nach dem ersten Strafsatz des § 28a Abs 3 SMG unter Anwendung des § 37 Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe von 300 Tagessätzen à EUR 12,--, im Uneinbringlichkeitsfall 150 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, und gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Gemäß § 43a Abs 1 StGB wurde ein Teil der Geldstrafe von 150 Tagessätzen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Einen Verfallsausspruch enthält das Erkenntnis trotz Antrag der Staatsanwaltschaft (ON 8) nicht. Begründend wurde dazu ausgeführt, da sich der Angeklagte mit der Übertragung des Eigentums am sichergestellten Betrag von EUR 600,-- an die Republik Österreich als Verfallsbetrag einverstanden erklärt habe, gehe der darauf bezugnehmende Verfallsantrag der Staatsanwaltschaft ins Leere (US 7).
Die gegen dieses Urteil von der Staatsanwaltschaft rechtzeitig angemeldete (ON 12) und fristgerecht schriftlich ausgeführte (ON 17) Berufung richtet sich zum einen gegen den Ausspruch über die Strafe zum Nachteil des Angeklagten, zum anderen gegen den unterbliebenen Verfallsausspruch und mündet in die Anträge, die vom Erstgericht verhängte Strafe auf ein schuld- und tatangemessenes Ausmaß zu erhöhen sowie gemäß § 20 Abs 3 iVm Abs 4 StGB die Vermögenswerte, die durch die mit Strafe bedrohten Handlungen vom Angeklagten erlangt wurden, für verfallen zu erklären und den Angeklagten zur Zahlung von EUR 2.100,-- zu verurteilen. Argumentativ wird vorgebracht, das Erstgericht habe bei der Strafbemessung generalpräventive Aspekte zu wenig berücksichtigt und die vorliegenden Milderungsgründe zu stark gewichtet. Ausgehend von den Urteilsfeststellungen, wonach der Angeklagte zumindest 30 Gramm Kokain um einen Grammpreis von zumindest EUR 90,-- überlassen habe, hätte das Erstgericht neben den an die Republik übertragenen EUR 600,-- den weiteren Betrag von EUR 2.100,-- für verfallen erklären müssen.
Der Angeklagte beantragt in seiner Gegenausführung der Berufung keine Folge zu geben, weil die Strafe schuld- und tatangemessen sei und auch generalpräventiven Erwägungen gerecht werde und das Erstgericht den sichergestellten Betrag von EUR 600,-- für verfallen erklärt habe, weshalb ein weiterer Verfall nicht notwendig sei (ON 18).
Die Oberstaatsanwaltschaft nahm von einer schriftlichen Stellungnahme zur Berufung Abstand, beantragte aber in der Berufungsverhandlung, dem Rechtsmittel Folge zu geben.
Der Berufung kommt teilweise Berechtigung zu.
Bei der Strafbemessung ging das Erstgericht von einer bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe reichenden Strafbefugnis aus und berücksichtigte mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten, der mit der Tat in auffallendem Widerspruch steht sowie das reumütiges Geständnis; erschwerende Umstände lagen nicht vor.
Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe vollständig erfasst und entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft auch richtig gewertet.
Mit Blick auf die die Grenzmenge (§ 28b) nur geringfügig übersteigenden Suchtgiftquanten (US 3) reflektiert die verhängte Geldstrafe unter Berücksichtigung der zutreffenden Strafzumessungsgründe und allgemeiner Strafbemessungsgrundsätze des § 32 StGB sowie des Strafrahmens (bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe) den Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat hinreichend und trägt sämtlichen Aspekten der Täterpersönlichkeit wie auch spezial- und generalpräventiven Überlegungen ausreichend Rechnung, weshalb sie keiner Anhebung bedarf.
Aufgrund des bisher ordentlichen Lebenswandels des Angeklagten und seiner Beteuerungen, er habe den Kokainkonsum aufgegeben (ON 15, 3), bedarf es aus spezialpräventiven Erwägungen keiner Anhebung des unbedingten Teils der Geldstrafe und wird mit dem Vollzug der Hälfte der Sanktion auch generalpräventiven Erfordernissen ausreichend Rechnung getragen (§ 43a Abs 1 StGB).
Die Höhe des Tagessatzes bedarf angesichts der vom Erstgericht unbedenklich festgestellten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Angeklagten ebenfalls keiner Korrektur.
Unberücksichtigt blieb vom Erstgericht hingegen, dass der Angeklagte aufgrund einer Festnahmeanordnung am 14.5.2025 um 06:40 Uhr festgenommen und am 14.5.2025 um 13:45 Uhr wieder auf freien Fuß gesetzt wurde (ON 7.2). Dies konnte jedoch wegen der Anfechtungsrichtung nicht aufgegriffen werden ( Ratz,WK-StPO § 283 Rz 5 f), weshalb auf die Bestimmung des § 400 Abs 2 StPO hingewiesen wird.
Zum Verfallserkenntnis:
Nach § 20 Abs 1 StGB hat das Gericht Vermögenswerte, die für die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung oder durch sie erlangt wurden, für verfallen zu erklären. Soweit die dem Verfall nach Abs 1 leg cit unterliegenden Vermögenswerte - wie hier - nicht sichergestellt oder beschlagnahmt sind, hat das Gericht nach § 20 Abs 3 StGB einen Geldbetrag für verfallen zu erklären, der den nach Abs 1 leg cit erlangten Vermögenswerten entspricht (Wertersatzverfall).
Weil der Angeklagte nach den unbedenklichen Sachverhaltsannahmen des Erstgerichts durch die dem Schuldspruch zugrunde liegende strafbare Handlung einen Geldbetrag von zumindest EUR 2.700,-- erlangte (US 3) und Gründe des § 20a StGB für ein Unterbleiben des Verfalls nicht vorliegen, war gemäß § 20 Abs 3 StGB ein Geldbetrag von EUR 2.700,-- für verfallen zu erklären. Die Erklärung des Verteidigers in der Hauptverhandlung, man sei mit der Übertragung des Eigentumsrechts an den (im Zuge der Hausdurchsuchung) sicherstellten EUR 600,-- an die Republik Österreich als Verfallsbetrag einverstanden, begründet noch keine tatsächliche Eigentumsübertragung, sondern hat lediglich die Bedeutung der Zustimmung an das Erstgericht, auf diesen Geldbetrag im Falle eines rechtskräftigen Wertersatzverfallsausspruchs zur Vereinfachung der Vollstreckung (§ 409 StGB; vgl dazu auch Seite 135 f des Leitfadens Vermögensrechtliche Anordnungen) direkt zuzugreifen, weshalb der Ausschlussgrund nach § 20a Abs 2 Z 3 StGB hinsichtlich dieses Geldbetrags nicht vorliegt. Ausgehend davon war in diesbezüglicher Stattgebung der Berufung der Staatsanwaltschaft ein Wertersatzverfallsbetrag von EUR 2.700,-- (RIS-Justiz RS0131562) auszusprechen.
Die Kostenentscheidung ist Folge des Ausgangs des Berufungsverfahrens. Sie gründet in der angezogenen Gesetzesstelle.
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