Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Gosch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Oberlandesgerichts Mag. a Pfisterer und die Richterin des Oberlandesgerichts Dr. in Nemati als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* B* , vertreten durch Dr. Rainer Wechselberger, Rechtsanwalt in 6290 Mayrhofen, wider die beklagte Partei C* D* , vertreten durch MMag. Stefan Zajic, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, wegen EUR 16.866,00 s.A. gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 20.01.2025, **-15, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
1. Der Berufung wird k e i n e Folge gegeben.
2. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen zu Handen ihres Vertreters die mit EUR 1.958,22 (darin enthalten EUR 326,37 an USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
3. Die Revision ist n i c h t zulässig.
entscheidungsgründe :
Der Kläger ist selbständiger Immobilienmakler und betreibt das Einzelunternehmen B* Immobilien in **.
In dieser Funktion wurde der Kläger im November 2022 von der E* KG mit der Vermittlung des in deren Eigentum stehenden Geschäftslokals G16 in der Gewerbeimmobilie mit der Liegenschaftsadresse **, beauftragt.
[…]
Die Monatsvorschreibung für Betriebs- und Heizkosten der F* GesmbH für das Geschäftslokal G16 belief sich ab 01.01.2022 auf netto EUR 2.117,16, brutto EUR 2.496,03 und setzte sich zusammen wie folgt:
Diese Betriebskostenvorschreibung für das Jahr 2022 wurde dem Kläger von der E* KG im November 2022 übermittelt.
Die F* GesmbH gab der E* KG mit Schreiben vom 20.12.2022 die monatliche Betriebskostenvorschreibung für 2023 (gültig ab 01.01.2023) mit netto EUR 3.626,42, brutto EUR 4.307,15, bekannt. Diese setzte sich zusammen wie folgt:
Diese Betriebskostenvorschreibung für das Jahr 2023 wurde in weiterer Folge nicht von der E* KG an den Kläger weitergeleitet. Der Kläger fragte bei der E* KG weder im Dezember 2022 noch im Jänner oder Februar 2023 nach, ob es eine aktuelle Betriebskostenvorschreibung für das Jahr 2023 gebe.
Im Jänner 2023 erstellte der Kläger unter anderem auf Basis der ihm von der E* KG übermittelten Betriebskostenvorschreibung für das Jahr 2022 ein Exposé für das Objekt G16.
Auf Seite 2 dieses Exposés wurden die Eckdaten des Objekts wie folgt zusammengefasst:
[...]
Daten im Überblick
[...]
Der Beklagte ist Gesellschafter und Geschäftsführer der G* GmbH, FN **, welche an der Firmenanschrift **, ein Elektroinstallationsunternehmen betreibt.
Im Februar 2023 wurde der Beklagte bei einer Internetrecherche auf das Objekt G16 in der ** aufmerksam. Er verfügte zum damaligen Zeitpunkt über ca. EUR 70.000,00 – EUR 80.000,00, die er in eine Immobilie investieren wollte. Der darüber hinausgehende Kaufpreis sollte von einer Bank kreditfinanziert werden. Vor der Besichtigung des Objektes stand für den Beklagten noch nicht fest, ob er das Objekt über die G* GmbH oder im eigenen Namen erwerben wollte. Nach der Besichtigung entschied er sich, das Objekt im eigenen Namen zu erwerben und zu vermieten. Auch eine Vermietung des Objektes oder Teile hiervor an die G* GmbH war für den Beklagten nicht ausgeschlossen.
Auf Anfrage des Beklagten übermittelte ihm der Kläger mit E-Mail vom 14.02.2023 das von ihm erstelle Exposé für das Objekt G16.
Mit E-Mail vom 15.02.2023 fragte der Beklagte beim Kläger nach, ob dieser über eine genaue Betriebs- und Heizkostenaufstellung verfüge und ihm diese übermitteln könne.
Der Kläger übermittelte daraufhin mit E-Mail vom 16.02.2023 die Betriebs- und Heizkostenvorschreibung für das Jahr 2022 an den Beklagten.
An der Besichtigung des Objekts G16 am 17.02.2023 nahmen der Kläger, der Beklagte sowie dessen Bruder, H* D*, teil.
Über die Betriebskosten wurde bei der Besichtigung nicht im Detail gesprochen.
Mit E-Mail vom 20.02.2023 übermittelte der Kläger das Kaufanbotsformular sowie den „Mietvertrag“ für die Garagen bei der Immobilie ** an den Beklagten.
Am 21.02.2023 unterzeichnete der Beklagte das ihm vom Kläger übermittelte Kaufanbot, welches auszugsweise nachstehenden Inhalt aufwies:
„B*
ImmobilienmaklerK a u f a n b o t
Durch Vermittlung des Immobilienmaklers A* B* (Firma B*-Immobilien) stellen wir als Kaufinteressenten nach eingehender Besichtigung des unten beschriebenen Objekts folgendes befristetes, rechtsverbindliches und unwiderrufliches Kaufanbot:
1. Kaufobjekt
Objektart : Geschäftseinheit G 16
Grundbuchsdaten: KG ** EZ ** GstNr.: ** Anteile: 548/8413
Anschrift : **
Kaufpreis (lastenfrei): EUR 468.500,- (= in Worten: Vierhundertachtundsechzigtausend)
[…]
3. Gültigkeit des Kaufanbots
[…] Als Kaufinteressenten bleiben wir bis zum 03.03.2023 24.02.2023 [Anm: handschriftliche Änderung durch den Beklagten] gerechnet ab dem heutigen Tag an dieses Kaufanbot gebunden.
[…]
4. Besichtigung, Übergabe, Zustand
Als Kaufinteressenten haben wir das Kaufobjekt eingehend besichtigt und kennen daher seinen Zustand.
[…]
6. Kosten, Steuern und Gebühren
Sämtliche Kosten, Steuern und Gebühren für den Eigentumserwerb (ausgenommen allfällige Kosten für die Lastenfreistellung) werden von uns bezahlt. Dies sind insbesondere die Grunderwerbssteuer (3,5 % vom vereinbarten Kaufpreis), die Grundbucheintragungsgebühr (1,1 % vom vereinbarten Kaufpreis), die Vertragserrichtungskosten inkl. Treuhandschaft (1 % vom vereinbarten Kaufpreis zzgl. 20 % USt. und Barauslagen), die Barauslagen für die Beglaubigungen, die Kosten der grundbücherlichen Durchführung und das käuferseitige Vermittlungshonorar von 3% zzgl. 20% UST.
[…]
7. Vermittlungshonorar
Beide Vertragsteile verpflichten sich der Firma B*-Immobilien für die Vermittlung des gegenständlichen Rechtsgeschäfts die jeweils vereinbarten Vermittlungshonorare, fällig bei erfolgter Willensübereinstimmung (d.h. nach fristgerechter Annahme dieses Kaufanbots durch die Verkäuferin) nach erfolgter Rechnungslegung, zu bezahlen.
[…]
8. Vertragsbedingungen
Die Kaufvertragserrichtung erfolgt unverzüglich nach Annahme des Kaufanbots durch Mag. I* B* in ** und wird dieser hiermit von den Kaufinteressenten damit beauftragt.
[...]
9. Schriftlichkeit, Rücktrittsrecht, Sonstiges
[…]
Treten die Kaufinteressenten oder der Verkäufer nach Annahme dieses Kaufanbotes von der geschlossenen Kaufvereinbarung zurück, so hat der zurücktretende Vertragsteil dem anderen Vertragspartner und dem Immobilienmakler einen allfälligen Schadenersatz (wie z.B. aus entgehenden Provisionsansprüchen gegenüber dem Kaufinteressenten oder dem Verkäufer) sowie die Kosten für die Kaufvertragserrichtung und Übernahme der Treuhandschaft an den beauftragten Vertragsverfasser / Treuhänder zu bezahlen.
[...]“
[...]
Der Beklagte übermittelte das von ihm unterzeichnete Kaufanbot mit E-Mail vom 21.02.2023 an den Kläger, welcher dieses an die E* KG weiterleitete. Am 23.02.2023 wurde dieses von der E* KG gegengezeichnet.
[...]
Am 15.03.2023 schrieb der Beklagte um 15:15 Uhr eine E-Mail an die F* GesmbH und informierte sich über die aktuelle Höhe der Betriebskosten. In dieser E-Mail wies der Beklagte darauf hin, dass er das Objekt G16 erworben habe und der Kaufvertrag derzeit erstellt werde.
Mit E-Mail vom 15.03.2023, 19:12 Uhr, übermittelte der Beklagte dem Kläger seine Anmerkungen zum Kaufvertragsentwurf, erkundigte sich nach dem zeitlichen Ablauf der Vertragsabwicklung und bat den Kläger für ihn die aktuelle Betriebskostenvorschreibung bei der Hausverwaltung anzufordern, da ihm nur die Betriebskostenvorschreibung von 01/2022 vorliegen würde.
Am 21.03.2023 wurde dem Beklagten von der F* GesmbH die Betriebskostenvorschreibung für 2023 übermittelt.
[...]
Nachdem der Beklagte die Betriebskostenvorschreibung für 2023 erhalten hatte, aus der sich monatliche Kosten in Höhe von EUR 4.307,15 anstelle der ihm bekanntgegebenen und seiner Kalkulation zugrunde gelegten Kosten in Höhe von EUR 2.496,03 ergaben, ließ er den Kläger sowie die Verkäuferin per Mail wissen, dass „[Sie] vorher [gemeint: vor Unterfertigung des Kaufvertrages] das Thema mit den Betriebskosten klären müssen“, da diese für ihn keineswegs akzeptabel seien.
Am 27.03.2023 fand ein Telefonat zwischen den Streitteilen statt, da der Beklagte den Kaufvertrag aufgrund der Höhe der Vorschreibung nicht mehr unterfertigen wollte. Der Kläger unterbreitete dem Beklagten nach Rücksprache mit der Verkäuferin das Angebot, den Kaufpreis um EUR 8.000,00 zu reduzieren. Mit diesem Angebot war der Beklagte nicht einverstanden.
Der Beklagte teilte dem Kläger jedoch mit E-Mail vom 31.03.2023 mit, dass er sich einen Kauf trotz der Mehrbelastung aufgrund der höheren Betriebskostenvorschreibung vorstellen könnte, wenn der Kaufpreis auf EUR 320.000,00 reduziert werden würde. Dieses Angebot wurde von der E* KG nicht angenommen.
Mit E-Mail vom 02.05.2023 übermittelte der Kläger die Betriebskosten-Abrechnung 2022 an den Beklagten und teilte diesem mit, dass für das Jahr 2023 der Preis für die Wärme rückwirkend mit 01.01.2023 um fast 50 % kostengünstiger vereinbart werden konnte und dies einer Einsparung von ca. EUR 90.000,00 netto zur Kalkulation entsprechen würde. Weiters bat der Kläger den Beklagten um zwei Terminvorschläge für die Unterfertigung des Kaufvertrages. Der Beklagte reagierte auf dieses E-Mail des Klägers nicht mehr.
Da zwischen den Vertragsparteien keine Einigung gefunden werden konnte, wurde der Kaufvertrag schlussendlich nicht unterfertigt.
Mit Rechnung vom 04.05.2023 machte der Kläger dem Beklagten gegenüber ein Honorar in Höhe von EUR 16.866,00 geltend. […]
Der Beklagte leistete bis dato keine Zahlung an den Kläger.
Nachdem der Kaufvertrag mit dem Beklagten nicht zustande gekommen war, musste der Kläger das Geschäftslokal G16 neuerlich bewerben, wobei ua eine Facebook-Kampagne gestartet wurde. Zudem wurde das Exposé überarbeitet und führte der Kläger diverse Besichtigungen und Telefonate durch.
Das Geschäftslokal G16 wurde mit Kaufvertrag vom 09.10.2023 um einen Kaufpreis von EUR 360.000,00 von der E* KG, FN **, als Verkäuferin an die J* GmbH, FN **, als Käuferin verkauft.
Dem Kläger wurde aufgrund seiner Tätigkeit als Immobilienmakler im Zusammenhang mit diesem Verkauf eine Vermittlungsprovision in Höhe von brutto EUR 12.960,00 (= 3 % des Kaufpreises zzgl USt.) von der J* GmbH bezahlt.
Insoweit ist der Sachverhalt im Berufungsverfahren unstrittig.
Der Kläger begehrt die Zahlung einer Provision von brutto EUR 16.866,00 für die Vermittlung des Kaufanbotes zwischen dem Beklagten als Käufer und der E* KG als Verkäuferin der Geschäftseinheit G16 per Liegenschaftsadresse **. Basierend auf den Angaben der Verkäuferin habe der Kläger ein Exposé samt Nebenkostenübersicht für seine Webseite erstellt. Daraufhin habe sich der Beklagte beim Kläger gemeldet und Interesse am Erwerb des beworbenen Objekts gezeigt. Nach einem Besichtigungstermin habe der Beklagte sowie in weiterer Folge die Verkäuferin ein Kaufanbot über EUR 468.500,00 unterzeichnet. Insofern sei ein rechtsverbindlicher Kaufvertrag hinsichtlich des Erwerbs der Geschäftseinheit G16 zustande gekommen. Der Kläger habe dieses Rechtsgeschäft erfolgreich vermittelt und sei ohne Zweifel verdienstlich geworden – es gebühre ihm daher der Provisionsanspruch.
In weiterer Folge habe der Beklagte um Übermittlung einer aktuellen Betriebskostenvorschreibung gebeten, die er schlussendlich eigenständig bei der zuständigen Hausverwaltung angefordert habe. In der Monatsvorschreibung ab Januar 2023 sei die Heizbelastung mit EUR 1.413,37 angeführt, die restlichen Kosten seien de facto gleich geblieben. Damals sei es zu massiven Erhöhungen an den Rohstoffmärkten gekommen, auch das gegenständliche Objekt, das mit Erdgas versorgt werde, sei davon betroffen gewesen – was der Beklagte natürlich gewusst habe.
Nach Erhalt dieser Monatsvorschreibung habe der Beklagte den Kaufvertrag nicht mehr unterschreiben wollen. Auch ein Angebot seitens der Verkäuferin die Erhöhung der Betriebskosten zu tragen sowie den Kaufpreis um EUR 8.000,00 zu verringern, habe den Beklagten nicht umgestimmt. Sein Gegenangebot den Kaufpreis auf EUR 200.000,00 zu senken, habe wiederum die Verkäuferin nicht akzeptiert. Letztlich sei es nicht zur Unterfertigung des Kaufvertrages gekommen, was jedoch am Provisionsanspruch des Klägers nichts ändere, weshalb dem Beklagten mit Honorarnote vom 04.05.2023 eine Vermittlungsprovision von 3 % des Kaufpreises zuzüglich 20 % Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden sei.
Der Kläger habe den Beklagten nicht in die Irre geführt, sondern ihm alle Informationen bereitgestellt, über die er selbst verfügt habe. Die Betriebs- und Heizkosten seien für den Beklagten außerdem nicht ausschlaggebend gewesen. Erst nach Unterfertigung des Kaufanbots habe der Beklagte nach einer aktuellen Betriebskostenvorschreibung angefragt. Nunmehr im Nachhinein zu konstruieren, dass der Beklagte falsch informiert und in die Irre geführt worden sei, stelle eine reine Schutzbehauptung dar.
Der Beklagtebeantragt kostenpflichtige Klagsabweisung und wendet ein, dass ein Entlohnungsanspruch des Klägers jedenfalls nicht bestehe. Der Beklagte habe sich zwar für die streitgegenständliche Immobilie interessiert und am 21.02.2023 ein Kaufanbot unterbreitet. Neben dem Kaufpreis seien für den Beklagten allerdings auch die Betriebs- und Heizkosten ein ausschlaggebendes Kriterium gewesen. Insofern sei der Beklagte durch die unrichtigen Angaben des Klägers hinsichtlich der Betriebskosten in die Irre geführt worden. Die aktuellen Informationen zu den Kosten müssten dem Kläger vorgelegen haben, jedenfalls sei er als Sachverständiger im Sinne des § 1299 ABGB verpflichtet gewesen, diese einzuholen.
Der Beklagte habe daher am kaufgegenständlichen Angebot nicht mehr festgehalten und den ausdrücklichen Rücktritt eines allenfalls zustande gekommenen Kaufvertrages aus dem Titel des Irrtums, der Arglist sowie jedem erdenklichen sonstigen Rechtsgrund erklärt. Bei Kenntnis der tatsächlichen Betriebs- und Heizkosten hätte der Beklagte das Kaufanbot nie gelegt.
Allenfalls würde ein Dissens vorliegen und sei gar kein rechtswirksames Vertragsverhältnis entstanden. Es würde auch kein beidseitiges Unternehmergeschäft vorliegen, der Beklagte habe beabsichtigt, das Objekt als Privatperson zu erwerben.
Aus prozessualer Vorsicht werde außerdem vorgebracht, dass ein allfälliger Provisionsanspruch zu mäßigen wäre sowie dass der Kläger aus einem späteren Verkauf EUR 12.960 an Provision erhalten habe und vom Beklagten daher lediglich einen Differenzbetrag von EUR 3.906,00 einfordern dürfe.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab und verpflichtete den Kläger zum Kostenersatz. Es traf dazu über den eingangs angeführten Sachverhalt hinaus noch folgende – vom Berufungswerber nunmehr angefochtene – Feststellung (Urteil vom 20.1.2025, ON 15 S 16f):
Entscheidend für die Abgabe des Kaufanbots war für den Beklagten, dass der Kaufpreis in Höhe von EUR 468.500,00 und die im Exposé angegebenen und sich aus der Betriebskostenvorschreibung 2022 ergebenden monatlichen Kosten von EUR 2.496,03 für ihn akzeptabel und finanziell tragbar waren. Der Beklagte hatte zum damaligen Zeitpunkt geplant, das Objekt G16 nach Erwerb um ca. EUR 5.200,00 bis EUR 5.300,00 monatlich zu vermieten, wobei in diesem Betrag bereits die monatlichen Betriebs- und Heizkosten von EUR 2.496,03 inkludiert gewesen wären. Laut Auskunft seiner finanzierenden Bank hätte der Beklagte eine Kreditrate in Höhe von monatlich EUR 2.800,00 zu bezahlen gehabt und wäre diese durch die Mieteinannahmen (nach Abzug der Betriebs- und Heizkosten) abgedeckt gewesen.
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, dass zwischen der Verkäuferin und dem Beklagten zwar wirksam eine Punktation abgeschlossen worden sei, woraus der vermittelnde Makler grundsätzlich seinen Anspruch auf Provision ableiten könne. Allerdings habe sich der Beklagte über die Höhe der aktuellen Betriebskostenvorschreibung geirrt. Dieser Irrtum sei vom Kläger, dessen Verhalten sich die Verkäuferin als Vertragspartnerin des Beklagten anrechnen lassen müsse, veranlasst worden. Der Irrtum sei für den Beklagten wesentlich gewesen, da er bei Kenntnis der tatsächlichen Höhe der voraussichtlichen Kosten das Kaufanbot vom 21.02.2023 nicht abgegeben hätte, auch unter anderen Bedingungen wäre der Vertrag nicht abgeschlossen worden. Insofern würde dem vom Kläger vermittelten Geschäft ein Wurzelmangel anhaften. Das Geschäft sei daher vom Beklagten erfolgreich angefochten und aufgehoben worden. Ein Provisionsanspruch des Klägers stünde nicht zu, sodass die Klage abzuweisen gewesen sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die fristgerechte Berufung des Klägers unter Geltendmachung der Rechtsmittelgründe der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit einem auf vollständige Klagsstattgebung gerichteten Abänderungsantrag. H ilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt in seiner fristgerecht erstatteten Berufungsbeantwortung, dem Rechtsmittel des Klägers keine Folge zu geben.
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
I. Zur Beweisrüge:
Mit seiner Beweisrüge bekämpft der Berufungswerber die oben auf den Seiten 12 und 13 in Fettdruck wiedergegebenen Feststellungen.
Einerseits führt er in seiner Beweisrüge aus, dass diese Feststellungen nicht vom Vorbringen des Beklagten gedeckt und somit überschießend seien. Werden der Entscheidung (unzulässige) überschießende Feststellungen zugrunde gelegt, so wird damit die Sache rechtlich unrichtig beurteilt (vgl. RS0037972 [T11]). Insofern wird die vom Berufungswerber aufgeworfene Frage der überschießenden Feststellungen erst im Rahmen der Rechtsrüge zu behandeln sein.
Andererseits begehrt der Berufungswerber, dass statt der bekämpften Feststellungen folgende Ersatzfeststellungen getroffen werden:
„Entscheidend für die Abgabe des Kaufanbotes für den Beklagten war, dass der Kaufpreis in Höhe von € 468.500,-- akzeptabel und finanziell tragbar war. Für den Beklagten spielte es jedoch keine wesentliche Rolle, wie hoch die monatlichen Betriebskostenvorschreibungen ausfallen, zumal es sich dabei zum einen nur um Akontozahlungen handelte, deren tatsächliche Höhe von der Endabrechnung abhing, und zum anderen er beabsichtigte, das Geschäftslokal zu vermieten, und die Akontozahlungen daher ohnehin den zunächst den jeweiligen Mieter treffen würden, der dann – abhängig vom tatsächlichen Verbrauch – eine entsprechende Betriebskostenabrechnung erhält, woraus sich ein entsprechendes Guthaben oder Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung ergibt.
Der Beklagte hatte zum damaligen Zeitpunkt geplant, das Objekt G 16 nach Erwerb um einen monatlichen Mietzins von netto € 2.800,-- zu vermieten, wobei mit diesen Mieteinnahmen die Kreditrate in Höhe von monatlich € 2.800,-- getilgt bzw. befriedigt worden wäre. Zusätzlich dazu hätte der Beklagte die auf das Mietobjekt anfallenden Heiz- und Betriebskosten an den jeweiligen Mieter weiterverrechnet, zumal es sich dabei um verbrauchsabhängige Aufwendungen handelt, die jeder Mieter zu begleichen hat.
Die anfallende Betriebskosten-Akontozahlung hätte der Beklagte an den jeweiligen Mieter – gemeinsam mit der monatlichen Miete – zur Zahlung weitergegeben, wobei der jeweilige Mieter nach Vorliegen der Jahresabrechnung das entsprechende Guthaben oder eine entsprechende Nachzahlung erhalten hätte.
Insofern wären die Betriebs- und Heizkosten aufseiten des Beklagten bei der Vermietung lediglich Durchlaufposten gewesen, die zusätzlich zum monatlichen Mietzins vom jeweiligen Mieter zu bezahlen gewesen wären.“
Das Erstgericht habe die bekämpfte Feststellung aufgrund der Angaben des Beklagten getroffen, denen das Erstgericht unrichtigerweise vollumfänglich Glauben geschenkt habe. Stattdessen seien aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse und der allgemeinen Lebenserfahrung die begehrten Ersatzfeststellungen zu treffen gewesen.
Es sei allgemein bekannt, dass die mit einem Mietobjekt verbundenen Betriebs- und Heizkosten der Mieter zu tragen habe. In seiner Einvernahme vom 13.12.2024 habe der Beklagte auch ausgesagt, dass die Betriebskosten vom Mieter zu bezahlen seien. Bei richtiger Würdigung dieser Aussage hätte das Erstgericht daher zur Auffassung gelangen müssen, dass es für den Beklagten, der das Objekt vermieten und dabei die anfallenden Betriebskosten auf den Mieter überwälzen habe wollen, keine kaufentscheidende Rolle gespielt habe, ob nun die Betriebskosten-Akontozahlung der Heizkosten etwas höher ausfalle oder nicht.
Wenn dem Beklagten die Betriebskosten tatsächlich so wichtig gewesen wären, so hätte er wohl gleich bei erster Gelegenheit (nämlich bei der Besichtigung des Objektes) darauf gerichtete Fragen gestellt. Unzutreffend sei auch die Mutmaßung des Erstgerichts, wonach der Beklagte bei einer Erhöhung der monatlichen Rate um ca. EUR 1.800,00 keine Mieter gefunden hätte. Das Erstgericht übersehe, dass es sich bei dieser Erhöhung nur um eine Prognose handle. Die tatsächliche Entwicklung sei damals nicht absehbar gewesen, könne aber nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sich keine Mieter gefunden hätten.
Eine allfällige höhere Akontozahlung spiele daher für den Vermieter bzw. den Mieter keine wesentliche Rolle, zumal sich erst aus der Endabrechnung ergeben würde, ob tatsächlich ein derartiger Verbrauch aufgelaufen sei.
Die begehrten Ersatzfeststellungen seien rechtlich relevant, da sie zur Konsequenz hätten, dass es für den Beklagten nicht kaufentscheidend gewesen sei, dass die Betriebskosten-Akontozahlung tatsächlich einen solchen Betrag umfasse, wie im Exposee ausgewiesen.
Dazu ist auszuführen:
1. Den Überlegungen des Berufungsgerichts zur Behandlung der Beweisrüge ist vorauszuschicken, dass gemäß § 272 ZPO die Beweiswürdigung primär dem erkennenden Richter obliegt, das Berufungsgericht hingegen im Wesentlichen nur zu prüfen hat, ob das Erstgericht die Beweisergebnisse schlüssig gewürdigt hat. Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich wären oder dass es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für den Prozessstandpunkt jener Partei, die sich gegen eine Feststellung wendet, sprechen, reicht demgegenüber nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung aufzuzeigen.
2. Das Regelbeweismaß der ZPO ist die hohe, und nicht eine an Sicherheit grenzende, Wahrscheinlichkeit (RS0110701). Es bedarf daher grundsätzlich nicht einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, der Beweis einer Tatsache gilt vielmehr dann als erbracht, wenn das Gericht die Überzeugung dafür erlangt hat, dass ihr Eintritt oder Nichteintritt so wahrscheinlich ist, dass kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch daran zweifelt. In diesem Sinne sind positive oder negative Tatsachenfeststellungen im relevanten Bereich zu treffen.
3. Das Erstgericht, das einen persönlichen Eindruck von den einvernommenen Parteien gewinnen konnte, legte ausführlich und lebensnah dar, warum es den Angaben des Beklagten folgte, wonach für ihn nicht nur die Höhe des Kaufpreises sondern auch die Höhe und finanzielle Tragbarkeit der monatlichen Kosten entscheidend für die Abgabe des Kaufanbotes gewesen seien. Das Erstgericht behandelte in seiner Beweiswürdigung auch die Angaben des Klägers und legte nachvollziehbar dar, dass der Beklagte den glaubhafteren Eindruck gemacht habe als der Kläger und daher die entsprechenden Feststellungen zu treffen gewesen seien (Urteil vom 20.1.2025, ON 15 S 21).
4. Die Argumentation des Berufungswerber, wonach die Höhe der Betriebskosten für den Beklagten nicht kaufentscheidend gewesen sein konnte, da er diese Kosten an einen Mieter weitergegeben hätte, vermag die erstgerichtliche Beweiswürdigung nicht in Zweifel zu ziehen. Bei lebensnaher Betrachtung vermindert die voraussichtliche Erhöhung der Betriebs- und somit auch der insgesamten Mietkosten die Attraktivität des Objekts für allfällige Mieter, wobei auch an das vom Erstgericht angeführte Risiko zu denken ist, dass sich ab einer gewissen Höhe der monatlich für ein Mietobjekt zu tragenden Kosten – mögen diese auch als Akkontozahlungen auch nur teilweise vorläufig zu zahlen sein – keine geeigneten Mieter mehr finden lassen (ON 15 S 21). Dieser Umstand vermindert selbstverständlich auch die wirtschaftliche Attraktivität des Objekts für den Beklagten als potentiellen Erwerber und Vermieter.
5. Auch der vom Berufungswerber wiederholt betonte Umstand, dass die voraussichtliche Erhöhung der Betriebs- und Heizkosten lediglich eine Prognose darstelle, vermag daran nichts zu ändern. Der Kläger räumte selbst ein (ON 12 S10f), dass vorerst der erhöhte Betrag laut Vorschreibung 2023 zu bezahlen gewesen wäre. Außerdem stützt sich das vom Kläger erstellte Exposé ebenfalls (nur) auf Prognosen hinsichtlich des Jahres 2022, dem Beklagten lagen insofern stets nur Schätzwerte vor. Zuletzt ist zu betonen, dass im streitgegenständlichen Zeitraum von der ersten Kontaktaufnahme des Beklagten im Februar 2023 bis zur Ablehnung der jeweiligen Gegenangebote im März 2023 keinesfalls absehbar war, ob die Betriebskosten wieder sinken würden. Für seine Kaufentscheidung konnte der Beklagte daher nur die (voraussichtlichen) Kosten laut Vorschreibung heranziehen.
6. Im Ergebnis hat das Erstgericht die angefochtenen Feststellungen auf eine unbedenkliche, lebensnahe und alle Beweisergebnisse berücksichtigende Beweiswürdigung gestützt (§ 500a ZPO). Diese werden daher vom Berufungsgericht übernommen.
II. Zur Rechtsrüge:
1. Der Berufungswerber moniert, dass das Erstgericht seiner rechtlichen Beurteilung einen nicht festgestellten Sachverhalt zugrunde legen würde, da an keiner Stelle festgestellt worden sei, dass der Beklagte bei Kenntnis der tatsächlichen Höhe der Betriebs- und Heizkosten das Kaufanbot vom 21.2.2023 nicht abgegeben hätte.
1.1. Dabei übersieht der Berufungswerber die Feststellung des Erstgerichts, wonach für den Beklagten die im Exposé angegebenen und sich aus der Betriebskostenvorschreibung 2022 ergebenden monatlichen Kosten von EUR 2.496,03 für die Abgabe des Kaufanbots entscheidend waren (S 17 erster Absatz). Weiters stellte es fest, dass die laut Betriebskostenvorschreibung für das 2023 anfallenden monatlichen Kosten von EUR 4.307,15 keineswegs akzeptabel seien (S 18 erster Absatz) sowie, dass der Beklagte den Kaufvertrag aufgrund der Höhe der Vorschreibung [für das Jahr 2023] nicht mehr unterfertigen wollte (S 18 zweiter Absatz). Diese Feststellungen enthalten jedenfalls implizit die Tatsache, dass der Beklagte bei Kenntnis der höheren Vorschreibung für das Jahr 2023 das Kaufanbot nicht abgegeben hätte.
1.3. Darüber hinaus enthält die rechtliche Beurteilung explizit die (dislozierte) Feststellung (S 26 letzter Absatz), dass der Beklagte bei Kenntnis der tatsächlichen Höhe der monatlichen Betriebs- und Heizkosten das Kaufanbot vom 21.02.2023 (Kaufpreis von EUR 468.500,00) nicht abgegeben hätte. Der Rechtsrüge kommt in diesem Punkt keine Berechtigung zu.
2. Der Berufungswerber führt zudem aus, das Erstgericht habe Feststellungen getroffen und seiner Entscheidung zu Grunde gelegt, die im Vorbringen des Beklagten keine Deckung finden würden. Das Erstgericht habe seine Entscheidung mit der beabsichtigten Vermietung und Weiterverrechnung der erhöhten Heizkostenakontozahlungen begründet, dazu habe der Beklagte kein ausreichendes Tatsachensubstrat erstattet. Das Erstgericht hätte die überschießend getroffenen Feststellungen nicht beachten dürfen und hätte stattdessen dem Klagebegehren stattgegeben müssen.
2.1. Bei der Beurteilung, ob eine Feststellung überschießend ist, ist nicht zu prüfen, ob sie sich wörtlich mit dem Parteienvorbringen deckt, sondern nur, ob sie sich im Rahmen des Klagegrundes oder der Einwendungen des Beklagten hält (OGH 4 Ob 68/24i).
2.2. Mit Einspruch vom 24.7.2024 (ON 3 S 2) brachte der Beklagte hinsichtlich der Höhe der Betriebs- und Heizkosten vor, einem Irrtum unterlegen zu sein. Mit vorbereitendem Schriftsatz vom 17.9.2024 (ON 6 S 3) brachte er ergänzend vor, dass er mit dem streitgegenständlichen Objekt eine Rendite erzielen habe wollen und dafür die Höhe der Betriebskosten ein entscheidendes Kriterium sei, da bei höheren Betriebskosten nur geringer Mietzins lukriert werden können. Darüber hinaus brachte der Beklagte vor (ON 6 S 5), dass er bei Kenntnis der tatsächlichen Betriebs- und Heizkosten das gegenständliche Kaufanbot nie gelegt hätte.
2.3. Die vom Berufungswerber geltend gemachten Feststellungen zur Entscheidungswesentlichkeit der Höhe der Betriebs- und Heizkosten sowie zu einer beabsichtigten Weitervermietung des streitgegenständlichen Objekts bewegen sich im Rahmen dieses Vorbringens. Der Rechtsrüge kommt auch in diesem Punkt keine Berechtigung zu.
3. Zuletzt führt der Berufungswerber aus, das Erstgericht hätte nicht den gesamten Provisionsanspruch des Klägers abweisen dürfen. Dieser Anspruch wäre vielmehr gemäß § 3 Abs 4 MaklerG einer Mäßigung zu unterziehen gewesen, wobei sein vom Erstgericht unterstellter Verstoß gegen die Informations- und Aufklärungspflicht keinen vollständigen Entfall rechtfertigen könne.
3.1. Grundvoraussetzung für die Provisionsmäßigung nach § 3 Abs 4 MaklerG ist zunächst (logischerweise) überhaupt das Entstehen eines Provisionsanspruchs ( Limberg in GeKo Wohnrecht II 2§ 3 MaklerG Rz 49 (Stand 15.1.2024, rdb.at)). Der Prüfung einer allfälligen Minderung hat daher eine Prüfung vorauszugehen, ob überhaupt ein Anspruch auf Provision besteht.
In diesem Punkt setzt sich die Rechtsrüge in keiner Weise mit der klagsabweisenden Argumentation des Erstgerichtes auseinander, sondern geht ohne nähere Begründung vom Vorhandensein eines Provisionsanspruchs aus, insofern ist die Rechtsrüge des Klägers nicht gesetzmäßig ausgeführt (RS0043312 [T13]).
Nichtsdestotrotz ist angesichts der in den übrigen Punkten gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge die materiell-rechtliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nach allen Richtungen hin zu prüfen (RS0043352). Dabei kann jedoch auf das rechtsrichtige Ergebnis des Erstgerichts verwiesen werden, wonach gegenständlich zwischen der Verkäuferin und dem Beklagten als Käufer ein rechtswirksamer (Punktations-)Vertrag zustandegekommen ist, zugleich der die Voraussetzungen für eine Irrtumsanfechtung (wesentlicher Irrtum, Veranlassung durch den Kläger) vorliegen (§ 500a ZPO).
3.2. Zur Frage, ob der rechtswirksame Vertrag in weiterer Folge vom Beklagten erfolgreich aufgehoben wurde, bedarf es hingegen ergänzender Ausführungen:
3.2.1. Dem Vermittler gebührt grundsätzlich für einen ungültigen Vertrag keine Provision. Voraussetzung ist aber, dass die Rechtswirkungen des nichtigen Grundgeschäfts entweder gar nicht eingetreten oder aufgehoben worden sind. Solange das nichtige Geschäft jedoch nicht für nichtig erklärt und in seinen Rechtswirkungen nicht behoben wurde, kann sich der zur Provisionszahlung Verpflichtete dem Vermittler gegenüber nicht auf die Nichtigkeit des Geschäftes berufen und damit seine Zahlungspflicht ablehnen (RS0029675).
3.2.2. Zuletzt hat der Oberste Gerichtshof zu 6 Ob 194/22f bekräftigt, dass die bloße Anfechtungslage nicht als ausreichend für den Entfall der Provision anzusehen sei. Unter Verweis auf die Entscheidungen 9 Ob 308/99f und 7 Ob 272/97v führt er aus, dass ob und aus welchen Gründen das Geschäft (tatsächlich) nicht rechtswirksam wäre, bilde ohne dessen (erfolgreiche) Anfechtung keinen Provisionsausschlussgrund (Rz 23). Für die Versagung des Provisionsanspruches bei (bloß zur Anfechtung berechtigenden) Wurzelmängeln sei die Beseitigung der Rechtswirksamkeit des Vertrags wegen eines Wurzelmangels entscheidend. Allerdings sei nicht wesentlich, ob die Auflösung des Geschäftes durch gerichtliche Anfechtung oder durch außergerichtliche einvernehmliche Auflösung des Vertrages erfolgt sei.
3.3. Das Erstgericht geht in seiner rechtlichen Beurteilung davon aus, dass der Beklagte den rechtswirksam geschlossenen Punktationsvertrag erfolgreich angefochten und aufgehoben hat. Aus den Feststellungen ergibt sich allerdings keine erfolgreiche gerichtliche Anfechtung gegenüber dem Anfechtungsgegner (hier: der Verkäuferin). Es verbleibt allerdings zu prüfen, ob eine außergerichtliche, einvernehmliche Auflösung des Vertrages wegen des geltend gemachten Wurzelmangels erfolgt ist.
3.4. Der Beklagte stützt sich in seinem erstinstanzlichen Vorbringen klar erkennbar darauf, dass der allenfalls zustande gekommene Kaufvertrag zwischen ihm und der Verkäuferin aufgrund des vom Kläger veranlassten Irrtums aufgehoben wurde. Er brachte weiters vor, dass nach Bekanntwerden seines Irrtums die Verkäuferin ein Gegenangebot erstattet hätte, das der Beklagte abgelehnt habe. Ein Gegenangebot seitens des Beklagten habe wiederum die Verkäuferin abgelehnt. Zuletzt bringt er vor, dass das Kaufobjekt zwischenzeitlich an eine dritte Person verkauft worden sei. Insofern stützt sich das Vorbringen des Beklagten neben dem eigenen Rücktritt vom Vertrag, außerdem auf eine nach Aufkommen des Irrtums auch auf Verkäuferseite vorhandene Unwilligkeit am geschlossenen Geschäft festzuhalten.
3.5. Im Rahmen dieses Vorbringens stellt das Erstgericht fest (Urteil ON 15 S 18ff), dass der Beklagte nach Erhalt der Betriebskostenvorschreibung 2023 den Kläger und die Verkäuferin wissen ließ, dass dieses Thema geklärt werden müsse und die Kosten laut der neuen Vorschreibung für ihn keineswegs akzeptabel seien. Weiters wurde festgestellt, dass zuerst die Verkäuferin ein Gegenangebot (Reduktion des Kaufpreises um EUR 8.000,00) unterbreitete, das der Beklagte ablehnte und sodann die Verkäuferin ein neuerliches Gegenangebot des Beklagten (Reduktion des Kaufpreises auf EUR 320.000,00) ablehnte.
Zuletzt stellt das Erstgericht fest, dass zwischen den Vertragsparteien keine Einigung gefunden werden konnte, weswegen der Kaufvertrag schlussendlich nicht unterfertigt wurde und der Kläger das Geschäftslokal G16 neuerlich bewerben musste. Das Geschäftslokal ist sodann mit Kaufvertrag vom 9.10.2023 von der Verkäuferin an einen neuen Käufer verkauft worden.
3.6. Anhand der erstgerichtlichen Feststellungen ist von einer schlüssigen, einvernehmlichen Auflösung der Punktation auszugehen, die aufgrund des Irrtums des Beklagten und somit aufgrund eines dem Rechtsgeschäft anhaftenden Wurzelmangels erfolgte:
3.6.1. Eine stillschweigende Erklärung im Sinne des § 863 ABGB besteht in einem Verhalten, das primär etwas anderes als eine Erklärung bezweckt, dem aber dennoch auch ein Erklärungswert zukommt, der vornehmlich aus diesem Verhalten und den Begleitumständen geschlossen wird. Sie kann in einer positiven Handlung (konkludente oder schlüssige Willenserklärung) oder in einem Unterlassen (Schweigen) bestehen. Nach den von Lehre und Rechtsprechung geforderten Kriterien muss die Handlung – oder Unterlassung – nach der Verkehrssitte und nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen eindeutig in einer Richtung zu verstehen sein, also den zwingenden Schluss zulassen, dass die Parteien einen Vertrag schließen, ändern oder aufheben wollten. Es darf kein vernünftiger Grund bestehen, daran zu zweifeln, dass ein ganz bestimmter Rechtsfolgewille vorliegt, wobei stets die gesamten Umstände des Einzelfalls zur Beurteilung heranzuziehen sind (RS0109021).
3.6.2. Beide Vertragsparteien der Punktation haben durch ihr Verhalten zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht, dass sie sich nicht länger an die Punktation gebunden wissen wollen, soll heißen, dass sie die Punktation aufheben wollen.
Seitens des Beklagten kommt ein derartiger Wille eindeutig zum Ausdruck in seiner Mitteilung an die Verkäuferin, wonach die Betriebskosten laut Vorschreibung 2023 unakzeptabel seien, in seiner Ablehnung des Gegenangebotes von Verkäuferseite sowie zuletzt in seiner Ablehnung weiterer Verhandlungen im Mai 2023. Diese Ablehnung der Vereinbarung entstammt eindeutig dem zwischenzeitig aufgeklärten Irrtum über die Höhe der Betriebskosten.
Seitens der Verkäuferin kommt allerspätestens mit dem Verkauf des gegenständlichen Vertragsobjektes an einen anderen Käufer eindeutig zum Ausdruck, dass sie sich nicht länger an die mit dem Beklagten vereinbarte Punktation gebunden wissen wollte. Auch hinsichtlich der Verkäuferin ist in den Feststellungen kein anderweitiges Motiv für das Abgehen von der geschlossenen Punktation als der beim Beklagten veranlasste Irrtum und das direkt daraus resultierende Scheitern der Nachverhandlungen in den Feststellungen erkennbar.
3.7. Im Ergebnis liegt somit keine bloße Anfechtungslage vor, sondern wurde die gegenständliche Punktation einvernehmlich und aufgrund des Irrtums des Beklagten aufgehoben. Damit erweist sich der vom Kläger vermittelte Vertrag als ungültig, wodurch eine allfällige Provisionspflicht jedenfalls entfallen ist. Das Klagebegehren war daher abzuweisen.
4. Der Rechtsrüge des Klägers sowie der Berufung insgesamt kommt somit keine Berechtigung zu.
III. Zusammenfassung und Verfahrensrechtliches:
1. Die Beweisrüge des Klägers hat sich als nicht berechtigt erwiesen. Das Erstgericht hat nachvollziehbar begründet, warum es die Höhe der Betriebs- und Heizkosten für den Beklagten als wesentlich für die Abgabe des Kaufanbotes ansah und entsprechende Feststellungen traf.
2. Mit seiner Rechtsrüge ist der Kläger ebenfalls nicht durchgedrungen. Der Entscheidung wurden keine überschießenden Feststellungen zu Grunde gelegt, gleichzeitig hat das Erstgericht alle für die rechtliche Beurteilung erforderlichen Feststellungen getroffen.
3. Im Rahmen der amtswegigen Prüfung der materiell-rechtlichen Richtigkeit des Ersturteils hat sich zwar ergeben, dass die bloße Anfechtungslage nicht als ausreichend für den Entfall des Provisionsanspruch anzusehen ist. Allerdings brachten beide Vertragsteile der Punktation mit ihrem festgestellten Verhalten schlüssig zum Ausdruck, dass sie nicht länger an die geschlossene Vereinbarung gebunden sein wollten. Zu dieser Auflösung kam es aufgrund des beim Beklagten vorliegenden und vom Kläger veranlassten (wesentlichen) Irrtum, insofern aufgrund eines dem vermittelten Vertrag anhaftenden Wurzelmangels. Nach der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshof beseitigt eine derartige Auflösung den Provisionsanspruch des Maklers. Die vom Berufungswerber begehrte Mäßigung der Provision war daher nicht vorzunehmen.
4. Der Berufung des Klägers war daher keine Folge zu geben.
5. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die §§ 50, 41 Abs 1 ZPO. Der Beklagte hat die Kosten seiner Berufungsbeantwortung zutreffend verzeichnet.
6. Das Berufungsgericht konnte sich bei seiner Entscheidung auf die zitierte und ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs stützen. Der Entscheidung kommt auch keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, die zu klärende Frage, ob eine stille Willenserklärung vorliegt, stellt in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage dar (RS0109021 [T6]). Gemäß § 502 Abs 1 ZPO war daher auszusprechen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist.
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