Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Mag. Obrist als Vorsitzenden sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichts Dr. Nemati und Mag. Ladner-Walch als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* , vertreten durch Dr. Gernot Moser, Mag. Philipp Moser, Mag. Dominik Kellerer, Rechtsanwälte in Schwaz, wider die beklagte Partei B* , vertreten durch die BLS Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen (eingeschränkt und ausgedehnt) EUR 7.630,-- s.A., über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse EUR 7.630,-- s.A.) gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 6.3.2025, **-136, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird n i c h t Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen ihrer Vertreterin binnen 14 Tagen die mit EUR 1.458,67 (darin enthalten EUR 243,11 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die (ordentliche) Revision ist n i c h t zulässig.
Entscheidungsgründe:
Am 29.1.2023 ereignete sich um etwa 13.30 Uhr in ** im ** im Skigebiet ** „C*“ im Zufahrtsbereich zur Talstation der Sesselbahn ** ein Skiunfall, an dem die Klägerin als – regular fahrende – Snowboarderin und der Beklagte als Alpinskifahrer beteiligt waren. Bei dieser Kollision wurden beide Beteiligten verletzt.
Zum Unfallzeitpunkt herrschten beste Wetter- und Skiverhältnisse und im Unfallbereich reger Ski-Betrieb.
Die Kollisionsstelle befindet sich im Zufahrtsbereich zur Talstation der genannten Sesselbahn, wo mehrere Pisten zusammentreffen und überdies eine Zufahrt zu einem im Nahebereich der Talstation befindlichen Gasthaus besteht. Die Kollisionsstelle ist keiner Piste zuordenbar und liegt ca 40 m vom Einstiegskreuz zur Sesselbahn entfernt. Die Klägerin kam von der Ausfahrt der Sprunganlage „C*“, der Beklagte hingegen von der roten Piste Nr **.
Der C* ist in fünf Fahrlinien von unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad organisiert, deren Ausfahrten zur Talstation der Sesselbahn führen.
Die Pistenbenützer von der gegenüber dem C* liegenden Piste Nr ** (rot) werden über eine ca 45 m lange Zufahrt über den ** zum Einstiegsbereich der Sesselbahn geführt. Über diesen Zufahrtshang und den Einstiegsbereich der Sesselbahn wird auch zum genannten Gasthaus zugefahren.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine sehr gute Snowboarderin. Der Beklagte verfügt demgegenüber über weniger Fahrpraxis. Er fährt, seit dem er 12 Jahre alt ist, etwa einmal jährlich eine Woche Ski.
Die Klägerin machte sich vor dem Unfall auf dem Weg zur Talstation der Sesselbahn und fuhr auf den zweiten Kicker (Sprungschanze eines Snowboardparks), auf dem sie stehen blieb und sich versicherte, ob sie weiterfahren konnte. In weiterer Folge fuhr sie am linken Rand des Landehangs auf einer Breite von ca 2 m mit Abrutschen und Umspringen von Front- auf die Backside ab. Der Landehang dieses zweiten Kickers war mit ca 30° sehr steil und ca 50 m lang und ging nach etwa 35 bis 40 m in flaches Gelände über. Vom Übergang ins Flache waren es noch ca 100 m bis zur Kollisionsstelle. Die Klägerin fuhr entlang der Hangfalllinie, kantete das Board wechselnd von der Front- auf die Backside und fuhr dabei ca 0,5 m aus der Hangfalllinie. Ihre Annäherungsgeschwindigkeit betrug ca 10 bis 15 km/h. Sie musste diese Geschwindigkeit halten, damit sie es bis zur Talstation des Sessellifts schaffte. Bei der Ausfahrt aus dem C* querte sie zunächst die Zubringerpiste zu einer Gondelbahn und fuhr dann in den Kollisionsbereich ein, in dem auch mit Gegenverkehr zu rechnen war.
Hätte die (regular fahrende) Klägerin die rechte Seite ihrer Fahrtrichtung entsprechend der hohen Verkehrsdichte und einer solchen komplexen Pistennebenfläche beobachtet, so hätte sie den Beklagten insbesondere bei den Schwüngen auf der Backsidekante im Blickfeld haben müssen. Ein unfallvermeidendes Ausweich- oder Bremsmanöver wäre dann möglich und erfolgreich gewesen.
Der Beklagte fuhr gemeinsam mit seiner Gattin die rote Piste Nr ** ab. Seine letzte Haltestelle befand sich ca 2 m rechts der blauen Pistenfahne am oberen Ende des Zufahrtshangs zur Talstation der Sesselbahn. Der Beklagte fuhr den ca 45 m langen und 17° steilen Zufahrtshang in engeren Schwüngen ab. Am unteren Ende fuhr er dann aufrecht geradeaus bis zur 47 m entfernten Kollisionsstelle. Er achtete dabei zunächst auf die von links kommenden Personen und blickte dann auch zum von ihm anvisierten Gasthaus und stellte dabei fest, dass er anschieben wird müssen. Auf den letzten 11 m vor der Kollision betrug seine Fahrgeschwindigkeit über 19 km/h, jedoch unter 26 km/h.
Die Klägerin befand sich im 90°-Sichtfeld des Beklagten. Bei entsprechender Aufmerksamkeit hätte der Beklagte die Klägerin sohin sehen müssen. Er richtete unmittelbar vor der Kollision seinen Blick wieder in Fahrtrichtung, achtete jedoch zu wenig auf von links kommende Pistennutzer. Die Klägerin fuhr von links vorne auf den Beklagten zu. Dieser nahm unmittelbar vor der Kollision keinen Ausweich- oder Bremsversuch mehr vor. Die Fahrgeschwindigkeit des Beklagten war nicht ausschlaggebend für den Zusammenstoß.
Die Klägerin erlitt unfallkausal eine diskret dislozierte Fraktur der Nase, eine Gehirnerschütterung, eine Zerrung und Prellung der Schultermuskulatur links sowie beidseitige Prellungen an Knien und Handgelenken. Als Folge der Gehirnerschütterung kam es zu einer Bewusstlosigkeit sowie zu einer mehrstündigen Amnesie. Das intermittierende Verstopfungsgefühl in der Nase der Klägerin mit einem erschwerten Schnäuzen ist nicht unfallkausal, sondern auf ein Trockenheitsproblem der Schleimhäute zurückzuführen.
Die Klägerin litt aufgrund ihrer unfallkausalen Verletzungen in komprimierter Form 1 Tag an starken Schmerzen, für 2 Tage an mittelstarken Schmerzen sowie für 19 Tage an leichten Schmerzen.
In diesem verkürzt – und nicht immer wörtlich – wiedergegebenen Umfang kann der im Berufungsverfahren maßgebliche Sachverhalt als unstrittig vorangestellt werden.
Im Berufungsverfahren sind die Fragen eines Mitverschuldens der Klägerin und bezüglich der Schadenshöhe die Ausmittlung ihres Schmerzengelds strittig.
Die Klägerin begehrte aus diesem Skiunfall zuletzt die Zahlung eines Schadenersatzes von EUR 7.630,-- s.A. (zusammengesetzt aus EUR 7.000,-- an Schmerzengeld und eingeschränkt EUR 630,-- an Haushaltshilfekosten). Ein von ihr zunächst ebenso geltend gemachtes Feststellungsbegehren wurde fallen gelassen.
Sie brachte – soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung – zusammengefasst vor, dass der Beklagte unter Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt und Aufmerksamkeit rechtswidrig und schuldhaft gegen sie kollidiert sei. Obwohl sich im umliegenden Nahbereich des Kollisionsbereichs mehrere Hinweisschilder mit der Aufforderung, langsam zu fahren, befunden hätten, dies weil dort mehrere Pisten zusammenführten, habe der Beklagte von der roten Piste Nr ** kommend eine überhöhte Fahrgeschwindigkeit in Schussfahrt eingehalten. Die Klägerin hingegen sei zu dieser Zeit mit einer den örtlichen Gegebenheiten entsprechenden angepassten Geschwindigkeit gefahren. Für sie sei ein unfallvermeidendes Verhalten nicht mehr möglich gewesen. Sie habe sich auch im Vorrang befunden und habe noch ein Ausweichmanöver nach hinten links vorzunehmen versucht. Der Beklagte habe seinen Blick zuletzt wohl auf jenes Gasthaus, das er anvisiert habe, gerichtet und erst knapp vor der Kollision wieder in Fahrtrichtung geblickt.
Die Klägerin habe neben der stundenlangen Bewusstlosigkeit, den Kratzern und Schwellungen einen Nasenbeinbruch sowie eine Gehirnerschütterung erlitten. Für ihr physisches sowie psychisches Ungemach stehe ihr ein Schmerzengeld von zumindest EUR 7.000,-- zu, dies für alles Ungemach und für die Einschränkung in der altersgemäßen Lebensführung. Sie müsse nach wie vor regelmäßig Schmerzmedikation einnehmen und mehrminütige Schlafpausen einlegen.
Der Beklagte bestritt und wandte – soweit noch von Relevanz – ein, dass er am Ende der von ihm genutzten Piste mit moderater Geschwindigkeit an der Talstation der Sesselbahn vorbeigefahren sei. Für ihn sei die Klägerin plötzlich und unvorhersehbar in seinem Blickfeld aufgetaucht und in ihn hineingefahren. Sie habe den Unfall allein verursacht und verschuldet bzw treffe sie jedenfalls ein erhebliches Mitverschulden. Die Kollisionsstelle habe sich an einer Stelle befunden, an welcher mehrere Pisten zusammenführten. Hinweisschilder hätten darauf hingewiesen, dort langsam zu fahren, weshalb der Beklagte mit einer der Pistensituation angepassten Geschwindigkeit gefahren sei. Die Klägerin sei dagegen hangabwärts, von einer Rennstrecke kommend, mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren.
Die dem Beklagten aus dem Skiunfall entstandenen Schäden von zusammen EUR 21.627,08 (darin enthalten EUR 15.000,-- an Schmerzengeld) würden einer allenfalls zu Recht bestehenden Klagsforderung gegenüber kompensando eingewandt.
Das Erstgericht erkannte mit dem angefochtenen Urteil – ausgehend von einer gleichteiligen Verschuldensteilung – die Klagsforderung mit EUR 2.165,-- zu Recht und die Gegenforderung des Beklagten in der selben Höhe ebenso als zu Recht bestehend, weshalb das Begehren auf Zahlung von EUR 7.630,-- s.A. abgewiesen wurde ( Punkte 1. bis 3. des Urteils ).
Das Erstgericht legte seiner Entscheidung den bereits eingangs referierten Sachverhalt und zudem zwei in die Feststellungen aufgenommene Lichtbilder mit Ergänzungen des skitechnischen Sachverständigen zugrunde. Auf diese Feststellungen kann verwiesen werden.
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht von der Anwendbarkeit österreichischen Rechts aus und kam nach Darstellung der im Skisport einzuhaltenden Sorgfaltspflichten zur Beurteilung eines beiderseitigen Verschuldens der Unfallbeteiligten. Bei der Unfallsstelle habe es sich im Hinblick auf das Zusammentreffen mehrerer Pisten und Zufahrten zu verschiedenen Liften und einem Gasthaus um einen neuralgischen Pistenbereich gehandelt. Beide Beteiligten hätten im Hinblick auf diese besondere Konstellation ein Verschulden zu verantworten, da sie beiderseits nicht auf Sicht gefahren und entsprechend aufmerksam gewesen seien. Beide hätten den Unfall bei entsprechender Aufmerksamkeit und geringerer Geschwindigkeit verhindern können, weshalb eine Verschuldensteilung im Ausmaß 1 : 1 angemessen sei.
In Anbetracht der von der Klägerin erlittenen Verletzungen stehe ihr in globaler Beurteilung ein Schmerzengeld von EUR 3.700,-- sowie zuzüglich an Haushaltshilfekosten ein Schadenersatz von EUR 630,-- zu. Unter Berücksichtigung ihres Mitverschuldens ergebe dies eine berechtigte Klagsforderung von EUR 2.165,--.
Demgegenüber habe jedoch auch der Beklagte Verletzungen erlitten, die einen Schmerzengeldanspruch in Höhe von EUR 5.280,-- rechtfertigten, weshalb unter Berücksichtigung der Verschuldensquote des Beklagten bereits feststehe, dass die berechtigte Gegenforderung die Höhe der Klagsforderung erreiche und daher das Zahlungsbegehren zur Gänze abzuweisen sei.
Das Urteil ist in seinem Ausspruch, dass die Klagsforderung mit EUR 2.165,-- zu Recht bestehe, mangels Anfechtung durch den Beklagten in Teilrechtskraft erwachsen.
Gegen den Ausspruch, dass die Gegenforderung bis zur Höhe der Klagsforderung ebenso zu Recht bestehe und daher insgesamt das Klagebegehren abzuweisen sei, richtet sich die Berufung der Klägerin .
Sie behauptet darin die Rechtsmittelgründe der unrichtigen rechtlichen Beurteilung sowie der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und strebt die Abänderung des Urteils im Sinne einer gänzlichen Klagsstattgebung und sohin mit dem Ausspruch, dass die Gegenforderung insgesamt nicht zu Recht bestehe, an. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt in seiner Berufungsbeantwortung, dem gegnerischen Rechtsmittel einen Erfolg zu versagen.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
I. Zum anzuwendenden Recht
Der Beklagte ist offenkundig ein deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Deutschland. Insoweit ist ein Auslandsbezug hinsichtlich dieses in Österreich stattgefundenen Skiunfalls gegeben.
Die Parteien haben somit ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht im selben Staat. Der Unfallort ist in Österreich gelegen, weshalb infolge der allgemeinen Kollisionsnorm des Art 4 Abs 1 Rom II-VO das Erstgericht zutreffend das Recht des Staates angewendet hat, in dem der Schaden eingetreten ist.
Die Parteien haben die Frage der Rechtsanwendung im Berufungsverfahren auch nicht mehr in Frage gestellt.
II. Zur Verfahrensrüge
Eingangs ihrer Berufung führt die Klägerin aus, dass sie auch einen Verfahrensmangel bzw eine Mängelrüge, sohin eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens, geltend mache.
Dieser Berufungsgrund wurde im Weiteren inhaltlich in keiner Weise eingeführt, weshalb sich ein weiteres Eingehen darauf erübrigt.
Auf die – ohnedies eine Frage der Richtigkeit der rechtlichen Beurteilung betreffenden – sekundären Feststellungsmängel wird im Folgenden bei Behandlung der Rechtsrüge einzugehen sein.
III. Zur Rechtsrüge
1. Zum Grund des Anspruchs
1.1. Die Klägerin bemängelt darin, dass ihr das Erstgericht zu Unrecht ein Mitverschulden angelastet bzw dieses unrichtig gewichtet habe. Unter Einbeziehung der festgestellten Kollisionsgeschwindigkeit des Beklagten von zumindest 19,5 km/h und des Umstandes, dass er erst unmittelbar vor der Kollision seinen Blick überhaupt wieder in Fahrtrichtung gerichtet und zu wenig auf von links kommende Pistenbenützer geachtet habe, hätte das Erstgericht schon bei Vergleich des Fahrverhaltens der Klägerin, die den Unfallbereich beobachtet und eine wesentlich geringere Annäherungsgeschwindigkeit eingehalten habe, von einer Verschuldensteilung von zumindest 3 : 1 zu Lasten des Beklagten ausgehen müssen.
Darüber hinaus liege dazu auch ein sekundärer Feststellungsmangel vor. Sie habe im erstinstanzlichen Verfahren auf für den Beklagten maßgebliche Schilder mit der Aufforderung, langsam zu fahren, hingewiesen.
Hiezu ist zu erwägen:
1.2. Der insoweit behauptete sekundäre Feststellungsmangel liegt schon deshalb nicht vor, da bereits aus dem einen Bestandteil der Feststellungen bildenden Lichtbild 7 (US 10) ein derartiges für den Beklagten maßgebliches Hinweisschild ersichtlich und daher vom Erstgericht ohnedies konstatiert worden ist.
Wie im Übrigen noch darzulegen ist, ist es für einen derartigen neuralgischen Pistenbereich wie der hier vorliegenden Unfallstelle ohnedies erforderlich, dass alle Pistennutzer mit höchster Aufmerksamkeit und einer derartigen Geschwindigkeit fahren, dass sie jederzeit ausweichen oder anhalten können. Allein deswegen kommt es auf den Umstand, ob damals nur in Ankommrichtung des Beklagten ein derartiges Hinweisschild aufgestellt war oder auch in Ankommrichtung der Klägerin, nicht an.
Das Erstgericht hat zum hier zu beurteilenden Unfallgeschehen auch alle erforderlichen und nötigen Feststellungen getroffen. Wie der Beklagte zutreffend in seiner Berufungsbeantwortung hinweist, unterlässt die Klägerin auch die Darstellung dessen, aus welchen Beweisergebnissen welche weiteren konkreten Feststellungen zum Unfallhergang noch zu treffen gewesen wären.
Die bloße Behauptung, dass ein sekundärer Feststellungsmangel vorliege, reicht nicht aus, um einen Feststellungsmangel berechtigt annehmen zu können.
1.3. Eine Rechtsrüge ist nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn der Rechtsmittelwerber von den getroffenen Feststellungen ausgeht. Insoweit aber ein Wunschsachverhalt unterstellt und nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgegangen wird, ist die rechtliche Beurteilung des Ersturteils nicht zu überprüfen (RS0043605, RS0043312, RS0041585 ua).
Soweit der Beklagte in seiner Rechtsrüge von einer wesentlich geringeren Annäherungsgeschwindigkeit ihrerseits ausgeht, kann bei den für die Beteiligten festgestellten Mindestgeschwindigkeiten (10 km/h hinsichtlich der Klägerin, zumindest 19 km/h hinsichtlich des Beklagten) nicht von einem derart maßgeblichen und wesentlichen Geschwindigkeitsunterschied gesprochen werden.
1.4. Beide Streitteile beschrieben bereits in ihren Prozessbehauptungen ihr Annäherungsverhalten bzw ihre Bewegungslinien grundsätzlich übereinstimmend. Die Unfallstelle und der Unfallbereich mit mehreren querenden und kreuzenden Pisten oder Hauptfahrlinien im Nahebereich mehrerer Talstationen von Beförderungsanlagen und auch eines Gasthauses mitten im Skigebiet ist überdies auf den einen Bestandteil des Urteils bildenden Lichtbildern (insbesondere Bild 2 auf US 13) dargestellt.
Es ergibt sich somit ohne Zweifel, dass sich der Unfall im Kreuzungsbereich mehrerer Pisten bzw Hauptfahrlinien im Nahebereich von Talstationen von Lift- bzw Seilbahnanlagen und Restaurants ereignet hat.
1.5. Skifahrer haben im Einklang mit dem allgemeinen Sorgfaltsgebot, insbesondere im Hinblick auf die körperliche Integrität, danach zu trachten, dass sie andere nicht gefährden. Die FIS-Regeln sind ebenso wie der vom Österreichischen Kuratorium für alpine Sicherheit erarbeitete Pistenordnungsentwurf (sogenannte POE-Regeln) zwar keine gültigen Rechtsnormen, doch kommt ihnen als Zusammenfassung der Sorgfaltspflichten, die bei der Ausübung des alpinen Skisports im Interesse aller Beteiligten zu beachten sind, und bei der Anwendung des allgemeinen Grundsatzes, dass sich jeder so verhalten muss, dass er keinen anderen gefährdet, erhebliche Bedeutung zu (RS0023793, RS0023410 [T2]).
Nach der FIS-Regel 1 (Rücksichtnahme auf andere Skifahrer und Snowboarder) und auch schon nach allgemeinen Grundsätzen muss sich jeder Skifahrer und Snowboarder so verhalten, dass er keinen anderen gefährdet oder schädigt. In neuralgischenPistenbereichen, wie etwa einem Kreuzungs- oder Gegenverkehrsbereich oder im Nahebereich von Liftstationen, besteht daher eine Verpflichtung zu besonderer Vorsicht und Aufmerksamkeit sowie zur Beobachtung des „entgegenkommenden bzw kreuzenden Verkehrs“ (1 Ob 16/12b; 5 Ob 11/18f; 1 Ob 59/19m).
Gemäß der FIS-Regel 2(Beherrschung der Geschwindigkeit und der Fahrweise) besteht für jeden Skifahrer und Snowboarder das Gebot des Fahrens auf Sicht (RS0023345, RS0023544, RS0023868) und zur kontrollierten Fahrweise (RS0023429).
1.6. Nach dem festgestellten Sachverhalt (insbesondere Lichtbild 2 auf US 13) näherten sich beide Beteiligten auf gleichwertigen Pisten und im letzten Annäherungsverhalten in einem (stumpfen) Winkel. Dies bedeutet, dass sich die Fahrlinien der Unfallbeteiligten ungefähr in Gegenrichtung (Gegenverkehr) bewegt haben.
Nach dem Sachverhalt bestanden in diesem Fahrbereich mit Gegenverkehr für beide Beteiligten beiderseits aus großen Distanzen Einblick und Sichtmöglichkeiten. Die Streitteile hätten einander lange vor der Kollision als Gefahr wahrnehmen und damit bei sorgfältiger vorausschauender Beobachtung des restlichen Pistenverkehrs den Gegner als Gefahr erkennen können. Dennoch hat keiner der beiden vor dem Unfall seine Geschwindigkeit deutlich reduziert oder gar angehalten. Beide Streitteile waren zum Kollisionszeitpunkt mit einer Geschwindigkeit von jedenfalls zumindest 10 km/h unterwegs.
1.7. Gerade im Kreuzungsbereich zweier gleichwertiger Pisten bzw gleichwertiger Hauptfahrlinien, insbesondere im Nahebereich von Talstationen von Liften und Seilbahnen oder im Nahebereich von Gastronomiebetrieben, ist damit zu rechnen, dass verschiedenste Fahrlinien von den Pistennutzern verwendet werden. Dies zieht nach sich, dass im gegebenen Fall etwa die sonstigen Verhaltensnormen der FIS-Regeln Nr 3, 4 und 5 für die Beurteilung dieses Unfallgeschehens keine Bedeutung haben. Eine Vorrangsituation ist in einem derartigen Kreuzungsbereich nicht gegeben. Ebenso kommt es nicht darauf an, wer von weiter hinten oder oben gekommen ist.
Sichtbehinderungen haben in Annäherung der beiden Streitteile nicht bestanden. Die von beiden benützten und kreuzenden Pisten sind im Verhältnis zueinander nicht als Haupt- oder Nebenpisten anzusehen. Der Unfall ereignete sich vielmehr im Kreuzungsbereich zweier gleichwertigen Pisten oder Fahrlinien. Dort besteht jedenfalls kein „Vorrang-Nachrang-Verhältnis“ (vgl 1 Ob 59/19m).
Bei Benützung von ihrer Verkehrsbedeutung nach gleichrangigen Pisten oder Hauptfahrlinien, die einander kreuzen, fährt keiner der beiden Wintersportler „in eine Abfahrt ein“, sondern bewegt sich jeder der beiden unfallbeteiligten Wintersportler auf der von ihm benützten Abfahrt oder Hauptfahrlinie weiter. Einzig entscheidend ist dabei, dass beide Streitteile den Bereich der Unfallstelle (einer Pistenkreuzung) durchkreuzend durchfahren haben. Infolge dieser für beide Beteiligten in gleicher Weise besonders neuralgischen Stelle war besondere Vorsicht geboten.
Entsprechend dem aus der FIS-Regel Nr 1 ableitbaren allgemeinen Rücksichtnahmegebot wird von jedem Wintersportler verlangt, dass solche Kreuzungsbereiche mit erhöhter Aufmerksamkeit und Vorsicht befahren werden und dass beim Einfahren in solch einen Bereich auch stetsdie Ankommrichtung der Benützer der anderen Piste bzw Hauptfahrlinie beobachtet wird (1 Ob 16/12b mwN). Beide Beteiligten waren daher in gleicher Weise verpflichtet, nur mit erhöhter Aufmerksamkeit und Vorsicht in diesem Bereich zu fahren, weil eine Pistenkreuzung (mit Gegenverkehr) erfahrungsgemäß zu den besonders neuralgischen und kollisionsträchtigen Pistenbereichen zählt. Beide Beteiligten waren daher verpflichtet, stets in alle möglichen Ankommrichtungen von kreuzenden und entgegenkommenden Skifahrern zu achten und eine derart geringe Geschwindigkeit einzuhalten, dass im Falle einer Gefahr ein jederzeitiges Anhalten oder Ausweichen möglich gewesen wären.
1.8. Diesen Sorgfaltsanforderungen haben beide Streitteile in gleicher Weise nicht entsprochen. Bei entsprechender Aufmerksamkeit hätten beide den anderen rechtzeitig als Gefahr wahrnehmen und den Unfall vermeiden können. Weder die Klägerin noch der Beklagte haben die Geschwindigkeit vermindert oder sind zum Unfallszeitpunkt bereits gestanden, sondern sind beide auf den von ihnen anvisierten Pistenhauptfahrlinien weitergefahren.
Bei einem von einem Wintersportler bei Ausübung des Skisports zu erwartenden sorgfaltsgemäßen Verhalten hätte jeder der beiden in einen derartigen neuralgischen Bereich nur mit einer noch solch geringen Geschwindigkeit einfahren dürfen, dass ihm ein jederzeitiges Anhalten oder Ausweichen möglich gewesen wäre. Schon deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob irgendwelche Schilder des Pistenbetreibers auf die Notwendigkeit des Langsam-Fahrens hingewiesen haben.
1.9. Beide Streitteile hätten – was aus den Urteilsannahmen ableitbar ist – in Annäherung an die beiderseits ausreichend einsehbare Unfallstelle den Unfall vermeiden können, wenn sie ausreichend aufmerksam gefahren, den späteren Unfallgegner wahrgenommen und rechtzeitig (durch Anhalten oder Abbremsen) reagiert hätten. Demnach konnten beide Parteien bei einer ausreichend freien Sichtweite grundsätzlich die Gefahrenlage erkennen und hätten ihr Verhalten auf diese Gefahrenlage problemlos einstellen können. Beide Streitteile haben demnach in gleicher Weise gegen die aus der FIS-Regel Nr 1 abzuleitende Verpflichtung zur Vorsicht und Aufmerksamkeit verstoßen (vgl 1 Ob 59/19m, 1 Ob 16/12b ua).
1.10. Eine unterschiedliche Gewichtung des jeweils gleichen Aufmerksamkeitsfehlers zu Lasten eines der beiden Wintersportler ist bei der gegebenen Situation indes nicht sachgerecht, weil nach den Urteilsannahmen keiner der Beteiligten das primär auslösende Verhalten gesetzt hat. Genauso wenig ist nach den Urteilsannahmen das Annäherungsverhalten eines der Streitteile wesentlich sorgfaltswidriger als jenes des Unfallsgegners zu beurteilen (vgl 3 Ob 171/05a, 1 Ob 16/12b). Eine unterschiedliche Gewichtung der Verschuldensteile (etwa im Ausmaß von 3 : 1 zu Lasten des Beklagten, wie von der Klägerin gewünscht) ist daher nicht gerechtfertigt.
Das Erstgericht ist bei der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhalts ohne Rechtsirrtum von einem gleichteiligen Verschulden ausgegangen.
2. Zum Schmerzengeld
2.1. In ihrer Rechtsrüge zitiert die Klägerin dazu zunächst zwar zutreffend die von der Rechtsprechung zur Ausmittlung des Schmerzengeldes entwickelten Rechtsgrundsätze, führt im Weiteren jedoch einzig aus, dass in Anbetracht der erlittenen Verletzungen ein Schmerzengeld von EUR 7.000,-- und nicht lediglich ein solches von EUR 3.700,-- maßgeblich sei. Das Erstgericht hätte „amtswegig“ das mit derartigen Unfällen stets einhergehende psychische Ungemach erkennbar in seine Entscheidung aufnehmen müssen.
Hiezu ist zu erwägen:
2.2. Soweit insoweit ein – wiederum nicht konkretisierter – sekundärer Feststellungsmangel gerügt wird, liegt dieser nicht vor.
Die Feststellungsgrundlage ist nur dann mangelhaft, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind und dies Umstände betrifft, die nach dem Vorbringen der Parteien und den Ergebnissen des Verfahrens zu prüfen waren (RS0053317).
Konkrete Behauptungen zu einem besonders berücksichtigungswürdigen psychischen Ungemach, zu seelischen Schmerzen oder zu Unfallfolgen in psychischer Hinsicht hat die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren nicht aufgestellt. Auch in ihrer nunmehrigen Rechtsrüge wird nicht näher dargelegt, worin jenes psychische Ungemach zu erblicken sei, das vom Erstgericht nicht berücksichtigt wurde.
Das Erstgericht hat ausführlich alle unfallkausalen Verletzungen der Klägerin festgestellt. Dass daraus bei der Klägerin Spät- oder Dauerfolgen, insbesondere in psychischer Hinsicht, vorlägen, geht nicht hervor.
Der behauptete sekundäre Feststellungsmangel liegt daher auch insoweit nicht vor.
2.3. Das Schmerzengeld soll grundsätzlich eine einmalige Abfindung für das gesamteUngemach sein, das der Verletzte aus dem Unfall erlitten und voraussichtlich (in der Zukunft) zu erdulden hat. Dabei ist grundsätzlich eine Globalbemessung vorzunehmen (RS0031196, RS0031055, ua).
Bei der Bemessung des Schmerzengeldes ist einerseits auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, andererseits ist aber zur Vermeidung einer völligen Ungleichmäßigkeit der Rechtsprechung ein objektiver Maßstab anzulegen. Es darf der von der Judikatur ganz allgemein gezogene Rahmen für die Bemessung nicht im Einzelfall gesprengt werden (RS0031075; 2 Ob 83/14s; 2 Ob 108/15v). Bei den festgestellten Schmerzperioden handelt es sich überdies lediglich um eine Bemessungshilfe und keineswegs um eine Berechnungsmethode (RS0122794; 2 Ob 108/15v; Danzl/Karner in KBB 7, § 1325 ABGB, Rz 30).
2.4. Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen und dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt sind für die Globalbemessung des Schmerzengeldes die von der Klägerin beim Unfall erlittenen Verletzungen (dislozierte Nasenfraktur, Gehirnerschütterung, Zerrung und Prellungen) und der Behandlungsverlauf zu berücksichtigen. Dauerfolgen wurden nicht festgestellt.
Ausgehend von den dargestellten Grundsätzen der Schmerzengeldbemessung ist die vom Erstgericht nach § 273 ZPO global ausgemittelte Festsetzung des Schmerzengelds mit (ungekürzt) EUR 3.700,-- nicht zu beanstanden, sondern vielmehr innerhalb des dem Erstgericht zustehenden Ermessensspielraums gelegen. In Anbetracht aller Verletzungsfolgen und auch insgesamt aller negativen (physischen und ohnedies nicht näher konkretisierten psychischen) Auswirkungen ist die Höhe des vom Erstgericht ausgemittelten Schmerzengeldbetrags nicht korrekturbedürftig.
Vergleichsjudikate werden von der Klägerin in ihrer Rechtsrüge ohnedies nicht zitiert.
3. Die Rechtsrüge der Klägerin und damit ihre Berufung sind sohin insgesamt nicht berechtigt.
IV. Verfahrensrechtliches
1.Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die Bestimmungen der §§ 50, 41 Abs 1 ZPO. Der Beklagte hat die Kosten seiner erfolgreichen Berufungsbeantwortung richtig und tarifgemäß verzeichnet.
2.Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO waren bei der vorliegenden, auf den Einzelfall abgestellten Berufungsentscheidung nicht zu lösen. Die Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle für die Zulässigkeit einer (ordentlichen) Revision liegen somit nicht vor.
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