1R27/25t – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Mag. Obrist als Vorsitzenden sowie die Richterinnen des Oberlandesgerichts Dr. Vetter und Dr. Nemati als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* , Sekretärin, vertreten durch Mag. Zeno Agreiter, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei B* , Meister im Chemiebereich, vertreten durch Dr. Othmar Knödl, Mag. Manfred Soder, Rechtsanwälte in Rattenberg, wegen ausgedehnt [richtig] EUR 16.991,83 s.A. und Feststellung (Interesse EUR 10.000,--), über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse [richtig] EUR 13.495,92) gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 30.12.2024, ** 47, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird n i c h t Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen zu Handen der Beklagtenvertreter die mit EUR 1.695,42 (darin EUR 282,57 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 5.000,--, nicht aber EUR 30.000,--.
Die (ordentliche) Revision ist n i c h t zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 29.12.2022 gegen 10:00 Uhr ereignete sich im Skigebiet C* auf der Piste Nr. 1 (rot markiert) ein Skiunfall, an welchem die Klägerin als Alpinskifahrerin und der Beklagte als Snowboarder beteiligt waren. Die Klägerin wurde dabei verletzt.
Der Unfall ereignete sich bei guten Sichtbedingungen, harter aber nicht eisiger Piste und belebtem Pistenverkehr. Die Präparierungsfläche der Piste Nr. 1 mit dem Namen „D*“ steigt in einer Breite von rund 20 m nach links und rechts seitlich an. Das Längsgefälle beträgt ca 18°. Der Unfallort befindet sich im unteren Abschnitt dieser Geländeform.
Die Klägerin ist eine durchschnittlich gute Skifahrerin, der Beklagte ist ein fortgeschrittener Snowboarder (linker Fuß vorne). Er kann Bögen bei mittlerem Tempo gezielt ansetzen und sicher fahren.
In diesem Umfang steht der Sachverhalt im Berufungsverfahren unbekämpft fest.
Die Klägerin begehrte aus diesem Unfallgeschehen – neben der Feststellung der Haftung des Beklagten für künftige Schäden – zunächst einen Schadenersatz von EUR 13.100,-- s.A. (Schmerzengeld EUR 15.000,-- abzüglich Zahlung der Haftpflichtversicherung des Beklagten in der Höhe von EUR 2.000,-- sowie pauschale Unkosten von EUR 100,--).
Soweit für das Berufungsverfahren von Interesse brachte die Klägerin zusammengefasst vor, sie sei mit ihren Skiern am rechten Pistenrand mit dem Rücken zur Piste gestanden und habe sich zur Weiterfahrt bereit gemacht. Ihre Skispitzen hätten Richtung Pistenrand bzw leicht talwärts gezeigt. Sie habe über ihre Schulter links nach oben geblickt und den Beklagten auf seinem Snowboard im gesicherten Abstand wahrgenommen. Als sie gerade mit einem Linksschwung Richtung Piste losfahren habe wollen, sei es völlig unerwartet und unvorhersehbar zu einer Kollision mit dem Beklagten gekommen. Der Beklagte sei der Klägerin mit seinem Snowboard hinter der Bindung über die Ski gefahren, sodass sie zu Sturz gekommen sei. Die Kollision sei zu einem Zeitpunkt passiert, als die Klägerin noch gestanden sei bzw sich gerade zum Losfahren bereit gemacht habe, indem sie ihre Skistecken zum Losfahren positioniert habe. Den von der Klägerin beabsichtigten „Linksschwung“ entlang des Pistenrandes habe sie entgegen der Behauptung des Beklagten nicht durchgeführt, weil es bereits zuvor zur Kollision zwischen den Streitteilen gekommen sei. Aus welchen Gründen der Beklagte auf Höhe der Klägerin einen Rechtsschwung gemacht habe, sei nicht nachvollziehbar. Der Beklagte habe aufgrund seines Fahrverhaltens mehrfach gegen die einschlägigen FIS Regeln verstoßen. Ihn treffe das Alleinverschulden an der Kollision.
Mit Schriftsatz vom 26.5.2023 (ON 7) dehnte die Klägerin das Leistungsbegehren um einen Betrag von EUR 3.891,83 s.A. (Heilbehandlungskosten, Fahrtkosten, Haushaltshilfekosten und Pflegekosten) aus.
Im Schriftsatz vom 7.3.2024 (ON 24) dehnte die Klägerin ihr Leistungsbegehren um weitere EUR 3.000,-- s.A. (Schmerzengeld) aus. Ein mündlicher Vortrag dieses Schriftsatzes bzw. eine protokollarische Verlesung/Darlegung dieses Schriftsatzes fand nachfolgend nie statt.
Der Beklagte bestritt und wandte – ebenfalls soweit im Berufungsverfahren noch relevant – zusammengefasst ein, das Alleinverschulden am Skiunfall treffe die Klägerin. Sie habe insbesondere gegen die FIS Regeln 1, 5 und 6 verstoßen. Als sich der Beklagte angenähert habe, sei die Klägerin noch am rechten Pistenrand mit dem Rücken zur Piste und zum Beklagten gestanden. Sie sei dann vom Pistenrand in die Piste eingefahren und habe sich vor dem Anfahren weder nach oben noch nach unten vergewissert, dass sie dies ohne Gefahr für sich und andere tun könne. So wie die Klägerin vor ihrem Anfahren gestanden sei, wäre ein von ihr behaupteter Blick über die linke Schulter ein Blick in Richtung Tal gewesen. Nach ihrem eigenen Vorbringen sei die Klägerin mit ihren Skiern (talwärts gesehen) am rechten Pistenrand gestanden, wobei die Skispitzen Richtung Pistenrand bzw leicht talwärts gezeigt hätten. Aus dieser Position sei ein Blick über die linke Schulter talaufwärts nicht möglich. Der Beklagte sei in gleichmäßigen Kurven mit angepasster Geschwindigkeit talwärts gefahren. Für ihn sei die Kollision nicht vermeidbar gewesen, da die Klägerin so knapp vor ihm in die Piste und den „Fließverkehr“ eingefahren sei, dass er kein kollisionsvermeidendes Verhalten mehr setzen habe können.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Leistungsbegehren von EUR 16.991,83 s.A. sowie das Feststellungsbegehren ab.
Dabei ging es unter anderem vom eingangs verkürzt wiedergegebenen Sachverhalt aus. Insgesamt traf es die auf den Seiten 4 bis 6 des Urteils ersichtlichen Feststellungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Folgende – zur Beurteilung der Haftung dem Grunde nach maßgeblichen – Urteilsannahmen werden zum besseren Verständnis der Berufungsentscheidung hervorgehoben, wobei die von der Klägerin in ihrer Berufung bekämpften Feststellungen in Fettdruck verdeutlicht werden:
„Die Klägerin stand ganz am talseitig rechten Pistenrand, wobei die Skier in Richtung Pistenrand leicht nach unten gerichtet waren. Sie hatte vor, mit einem Linksbogen in die Piste einzufahren. [1] Nicht festgestellt werden kann, ob sie im Stillstand nach oben blickte, indem sie den Kopf über die linke Schulter drehte und den Beklagten in einer Entfernung von etwa 35 bis 40 m bemerkte.
Der Beklagte fuhr mit mittlerem Tempo von 30 bis 35 km/h im rechten Pistenbereich in Bögen mit einem Pistenverbrauch von etwa 10 bis 12 m. Bei den Linksdrehungen nützte er das spezielle – seitlich ansteigende – Gelände zur Stabilisierung des Tempos und überschritt auch den rechten Walzrand, der nicht besonders ausgeprägt war. Er nahm die Klägerin in einer Entfernung aus ca 62 m als am rechten Rand befindliche, stehende Person wahr. Der Beklagte führte vor [gemeint wohl: von] der erstmaligen Wahrnehmung der am Pistenrand stehenden Klägerin bis zur Kollision ca 9 bis 10 Schwünge durch. Zwischen erstmaliger Wahrnehmung der Klägerin durch den Beklagten bis zur Kollision vergingen etwa 24 bis 30 Sekunden. Der Beklagte machte etwa 10 m oberhalb der Klägerin auf der rechten Seite einen Linksbogen in Richtung Pistenmitte und wollte mit einem Rechtsbogen unterhalb bei der Klägerin vorbeifahren. Der Beklagte führt die Drehung des Linksbogens nahe am rechten Pistenrand aus. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die am rechten Rand stehende Klägerin direkt unterhalb vom Beklagten. Der Abstand zwischen dem Beklagten und der Klägerin betrug konstant 5 bis 10 m.
Als der Beklagte den Rechtsschwung ansetzte, nahm er wahr, dass die Klägerin losfuhr. [2a] Für den Fahrbeginn musste sie den rechtsseitigen Kantengriff lösen, die Skier nach talseits links unten eindrehen und auf die linke Kante wechseln. Als er bemerkte, dass sich die Klägerin in Bewegung gesetzt hatte, versuchte er noch seinen Rechtsbogen früher zu schließen, um oberhalb der Klägerin vorbei zu gelangen. Es gelang ihm nicht mehr, seine Fahrlinie ausreichend zu korrigieren, und sein Snowboard stieß hinter der Bindung an den linken Ski der Klägerin an. Dadurch verschob sich das Skiende des linken Skis über den rechten Ski und die Klägerin stürzte auf ihre linke Körperseite. Die Klägerin kam ca 7 m unterhalb des Beklagten mit dem Kopf bergseitig zu liegen, wobei die Skispitzen Richtung Pistenmitte zeigten. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Klägerin 1,5 bis 2 m vom linken Rand der Piste entfernt. [2b] Im Zeitpunkt der Kollision war sie in Bewegung, wobei sie talwärts, leicht nach links fuhr. Nicht festgestellt werden kann, welche Strecke die Klägerin nach der Losfahrt bis zum Kontakt mit dem Beklagten zurückgelegt hatte. Es kann auch nicht festgestellt werden, wie viel Zeit zwischen der Losfahrt bis zum Kontakt mit dem Beklagten vergangen war.
Hätte der Beklagte einen größeren Abstand zur Klägerin eingehalten, dann hätte er den Unfall verhindern können. Er hätte auch auf der linken Pistenseite vorbeifahren können. […]“
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Klägerin sei es nicht gelungen, dem Beklagten ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten nachzuweisen. So habe sie insbesondere nicht unter Beweis stellen können, dass sie im Zeitpunkt des Kontakts gestanden sei. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass sie nach ihrem Halt wieder in die Piste eingefahren sei. Nachdem weder die Fahrstrecke noch die Fahrdauer vor dem Kontakt festgestellt werden habe können, könne dem Beklagten kein Reaktionsverzug oder eine Vorrangverletzung vorgeworfen werden. Auch habe das Beweisverfahren ergeben, dass der vom Beklagten eingehaltene Abstand nicht sorgfaltswidrig gewesen sei. Das Klagebegehren sei daher abzuweisen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin . Sie strebt – gestützt auf die Rechtsmittelgründe der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung – die Abänderung des angefochtenen Urteils unter Berücksichtigung einer Verschuldensteilung 1 : 1 dahingehend an, dass der Beklagte zur Zahlung eines Betrags von EUR 9.995,92 s.A. zu verpflichten sei sowie dass mit Wirkung zwischen den Streitteilen festgestellt werde, dass der Beklagte der Klägerin für sämtliche künftigen Spät- und/oder Dauerfolgen aufgrund des Schiunfalls im Ausmaß von 50 % zu haften habe. Ihr Berufungsinteresse beziffert sie mit EUR 14.995,92 s.A.
Der Beklagte beantragt in seiner Berufungsbeantwortung, dem gegnerischen Rechtsmittel einen Erfolg zu versagen.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
I. Vor der inhaltlichen Behandlung der Berufung ist auf folgenden formellen Aspekt einzugehen:
1. Zur Darlegung ihres Berufungsinteresses schickt die Klägerin ihrem Rechtsmittel voraus, das Erstgericht habe im Urteilskopf zwar den richtigen Gesamtstreitwert von EUR 29.991,83 angeführt, jedoch das Zahlungsbegehren sowohl im Urteilskopf wie auch im Urteilsspruch unrichtig mit nur EUR 16.991,83 beziffert. Das Erstgericht habe die letztmalige Klagsausdehnung mit Schriftsatz vom 7.3.2024 um EUR 3.000,-- übersehen. Ihr Berufungsinteresse bemesse sich folglich eines von ihr im Berufungsverfahren zugestandenen Mitverschuldens von 50 % und der Anfechtung des Urteils unter Berücksichtigung dieses Mitverschuldens mit EUR 9.995,92 für das Leistungs- und EUR 5.000,-- für das Feststellungsbegehren, sohin mit gesamt EUR 14.995,92.
2. Richtig ist, dass der Urteilskopf des Ersturteils insoweit einen Widerspruch in sich birgt, als dort das Zahlungsbegehren mit EUR 16.991,83 s.A. beziffert wird, der Gesamtstreitwert unter Berücksichtigung des Feststellungsinteresses von EUR 10.000,-- jedoch mit EUR 29.991,83 angeführt ist. Richtig ist auch, dass das Erstgericht lediglich ein Zahlungsbegehren von EUR 16.991,83 s.A. abgewiesen hat.
Offensichtlich hat das Erstgericht tatsächlich übersehen, dass die Klägerin mit Schriftsatz vom 7.3.2024 (ON 24) eine weitere Ausdehnung des Zahlungsbegehrens um EUR 3.000,-- (auf EUR 19.991,83 s.A.) formuliert hat. Allerdings wurde dieser Schriftsatz – wohl aufgrund eines weiteren Versehens des Erstgerichts – in der nachfolgenden und letzten Tagsatzung vom 26.9.2024 (ON 42) nicht dargetan, sodass es zu keinem mündlichen Vortrag dieser Klagsausdehnung kam.
3. Im Ergebnis hat also das Erstgericht (ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt, dass das Klagebegehren vollinhaltlich abzuweisen sei) zu Recht lediglich ein Zahlungsbegehren von EUR 16.991,83 abgewiesen. Der weitere Betrag von EUR 3.000,-- wurde mangels mündlichen Vortrags nie verfahrensgegenständlich.
4. Wäre die Klagsausdehnung über EUR 3.000,-- mündlich vorgetragen und damit verfahrensgegenständlich geworden, so würde dem Urteil des Erstgerichts eine Mangelhaftigkeit im Sinne des § 496 Abs 1 Z 1 ZPO („nicht vollständige Erledigung der Sachanträge“) anhaften. Ein solcher Mangel liegt immer dann vor, wenn das Erstgericht über einen Teil des geltend gemachten Anspruchs nicht entscheidet, ohne das Verfahren quantitativ (durch Teilurteil) oder qualitativ (durch Zwischenurteil) einzuschränken.
Wurde aber gegen die Nichterledigung eines Sachantrags weder durch Ergänzungsantrag nach § 423 ZPO noch durch Berufung nach § 496 Abs 1 Z 1 ZPO Abhilfe gesucht, scheidet dieser Anspruch aus dem Verfahren aus (RS0041490). Da die Klägerin in ihrer Berufung keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend macht, wäre daher bei mündlichem Vortrag der Klagsausdehnung der Betrag von EUR 3.000,-- aus dem Verfahren ausgeschieden.
5. Dies führt nun dazu, dass sich das Berufungsinteresse der Klägerin richtig mit EUR 13.495,92 bemisst.
Das Urteil ist im Umfang der Klagsabweisung von EUR 6.995,91 s.A. sowie in Bezug auf die Abweisung des Feststellungsbegehrens im Umfang von 50 % in Teilrechtskraft erwachsen.
II. Zum anzuwendenden Recht :
Obwohl der Beklagte seinen Wohnsitz in Deutschland hat und sohin ein Auslandsbezug gegeben ist, hat das Erstgericht infolge des in Österreich gelegenen Unfallorts zutreffend – ohne dass die Frage der Rechtsanwendung im Rahmen der mündlichen Verhandlung oder im Urteil erörtert wurde – österreichisches Recht zur Anwendung gebracht (Art 4 Abs 1 Rom II VO). Dies wird auch im Berufungsverfahren nicht in Frage gestellt (RS0040169).
III. Zur Beweisrüge :
1. Voranzustellen ist, dass die Beweiswürdigung gemäß § 272 ZPO primär dem erkennenden Erstgericht obliegt. Dieses hat nach sorgfältiger Überlegung unter Berücksichtigung der Ergebnisse des gesamten Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzusehen ist oder nicht (RS0043175; RS0110701). Vom Richter wird dabei die Überzeugung verlangt, hinsichtlich einer tatsächlichen Angabe sei ein solcher Wahrscheinlichkeitsgrad erreicht, der es rechtfertigt, die fragliche Tatsache für wahr zu halten. Dabei reicht es nach der ständigen Rechtsprechung nicht aus, dass eine Tatsache nur wahrscheinlich ist. Vielmehr ist das Regelbeweismaß der ZPO die „hohe“ Wahrscheinlichkeit.
Das Berufungsgericht hat demgegenüber keine Würdigung der Beweisergebnisse vorzunehmen, sondern nur zu überprüfen, ob das Erstgericht die ihm vorliegenden Beweis- und Verfahrensergebnisse schlüssig und nachvollziehbar gewürdigt und keine denkunlogischen Schlüsse gezogen hat. Die Beweiswürdigung des Erstgerichts kann demnach nur dann erfolgreich angefochten werden, wenn der Berufungswerber stichhaltige Gründe ins Treffen führt, die erhebliche Zweifel an den vom Erstgericht vorgenommenen Schlussfolgerungen rechtfertigen können. Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich wären oder dass es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für den Prozessstandpunkt jener Partei, die sich gegen eine Feststellung richtet, sprechen, reicht nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung des Erstgerichts aufzuzeigen. Es ist darzulegen, dass bedeutend überzeugende Ergebnisse für eine andere Feststellung vorliegen. Bereits an dieser Stelle darf angemerkt werden, dass dies der Klägerin mit ihrer Argumentation nicht gelingt.
2. Anstelle der unter der Ziffer 1 in Fettdruck hervorgehobenen Negativfeststellung zu ihrem Blickverhalten begehrt die Klägerin nachfolgende „Ersatzfeststellungen“:
„Die Klägerin hat im Stillstand nach oben geblickt, indem sie den Kopf über die linke Schulter drehte, und den Beklagten in einer Entfernung von 35 bis 40 m wahrgenommen. Aufgrund der Entfernung des Beklagten stellte der Beklagte für die Klägerin zu diesem Zeitpunkt, als sie sich entschloss loszufahren, keine Gefahr dar.“
2.1. Die Klägerin führt dazu ins Treffen, das Erstgericht habe die bekämpfte Negativfeststellung mit den Ausführungen des Sachverständigen begründet, wonach es einer Kopf-Schulterdrehung um etwa 150° bedurft hätte, um einen ziemlich direkt oberhalb von ihr befindlichen Beklagten optisch zu erfassen, was speziell im steileren Gelände in der Praxis schwierig bis nahezu unmöglich sei. Diese Beweiswürdigung überzeuge nicht. Der zum Unfallzeitpunkt 34 jährigen Klägerin sei es aufgrund ihres Alters ohne weiteres möglich gewesen, eine Kopf-/Schulterdrehung um etwa 150° durchzuführen. Die Klägerin habe unter Wahrheitspflicht angegeben, dass sie über die linke Schulter nach hinten geblickt und dabei den Beklagten auch wahrgenommen habe. Die Glaubwürdigkeit der Klägerin ergebe sich bereits daraus, dass sie von Anfang an auch eingeräumt habe, dass sie nicht wisse, ob sie im Zeitpunkt der Kollision allenfalls bereits losgefahren oder ob sie noch gestanden sei. Sie habe sohin den Unfallablauf keinesfalls für sie günstig dargestellt. Der Beklagte habe zudem einräumen müssen, dass er nicht ausschließen könne, dass die Klägerin einmal nach oben geblickt habe, da er sie ja nicht dauernd beobachtet habe.
2.2. Wenn das Erstgericht auf Basis der Ausführungen des erfahrenen skitechnischen Sachverständigen die bekämpfte Negativfeststellung zum Blickverhalten der Klägerin traf, ist dies nicht zu beanstanden. Das Gericht ist immer befugt, einem Sachverständigengutachten zu folgen, wenn ihm dessen Darlegungen schlüssig und überzeugend erscheinen. Auch dem Berufungsgericht scheinen die Ausführungen des Sachverständigen logisch. Die Klägerin übersieht auch, dass ihre eigenen Angaben in sich widersprüchlich sind. Geht man von der von ihr selbst beschriebenen Stillstandsposition aus (mit Skispitzen nach talseitig rechts), würde ein Blick über die linke Schulter auf den Pistenbereich nach hinten/oben tatsächlich – auch für junge Leute – schwierig sein. Hätte aber die Klägerin bei ihrem Blick über die linke Schulter die Skier schon etwas in Pistenhauptrichtung gedreht (was den Blick nach hinten erleichtern würde und ein logisches Bewegungsverhalten wäre), dann wäre die Klägerin aber jedenfalls schon in langsamer Bewegung gewesen, als sie den Beklagten in einer Entfernung von 35 bis 40 m wahrnahm.
Wenn nun das Erstgericht aufgrund der schlüssigen Erläuterungen des Sachverständigen nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit davon überzeugt war, dass die Klägerin noch im Stillstand nach hinten oben blickte und den Beklagten in einer Entfernung von etwa 35 bis 40 m bemerkte, so ist dies nicht zu beanstanden.
2.3. Darüber hinaus würde allein der erste Satz der begehrten „Ersatzfeststellungen“ – und nur dieser steht in einem Austauschverhältnis zur bekämpften Feststellung – in rechtlicher Hinsicht keine für die Klägerin günstigere Beurteilung ermöglichen, da er noch nichts darüber aussagt, wann die Klägerin losfuhr und in welcher Entfernung der Beklagte zu diesem Zeitpunkt spurte.
Der zweite Satz der von der Klägerin formulierten „Ersatzfeststellungen“ stellt demgegenüber in Wahrheit eine ergänzende Feststellung dar, sodass sie damit einen sekundären Feststellungsmangel geltend macht, der richtigerweise der Rechtsrüge zuzuordnen wäre (RS0042333; RS0114379).
Die begehrte „ergänzende“ Feststellung, dass der Beklagte für die Klägerin aufgrund der Entfernung von 35 bis 40 m zum Zeitpunkt, als sie sich zum Losfahren entschloss , keine Gefahr darstellte, könnte aber schon allein deshalb nicht getroffen werden, weil sie in einem unüberbrückbaren Widerspruch zu weiteren, unbekämpft gebliebenen Sachverhaltsannahmen stünde. Aus den weiteren Feststellungen geht nämlich hervor, dass der Abstand zwischen dem Beklagten und der Klägerin 5 bis 10 m betrug, als die Klägerin losfuhr.
Wenn aber zu einem bestimmten Thema (positive oder negative) Feststellungen getroffen wurden, mögen diese auch von den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers abweichen, können diesbezüglich auch keine rechtlichen Feststellungsmängel erfolgreich geltend gemacht werden (RS0053317 [T1, T3]).
2.4. Die Beweisrüge erweist sich somit in diesem Punkt als nicht berechtigt.
3. Die weitere Beweisrüge der Klägerin richtet sich gegen die in Fettdruck unter den vorangestellten Ziffern 2a und 2b hervorgehobenen Feststellungen, die sie durch folgende Feststellungen ersetzt wissen will:
„Die Klägerin ist entweder gestanden oder aber allenfalls äußerst geringfügig (maximal 3 m Fahrstrecke) auf dem rechten Pistenrand talwärts angefahren. Nicht festgestellt werden kann, ob die Klägerin, sofern sie äußerst geringfügig auf dem rechten Pistenrand talwärts angefahren wäre, dabei leicht nach links Richtung Pistenmitte fuhr.“
3.1. Auch in diesem Punkt der Beweisrüge kritisiert die Klägerin, dass das Erstgericht die bekämpften Feststellungen allein auf die – ihrer Ansicht nach nicht objektivierbaren – Ausführungen des Sachverständigen stützte und meint, es hätte den Angaben der Klägerin folgen müssen.
Wie bereist erwähnt ist das Gericht immer befugt, einem Sachverständigengutachten zu folgen, wenn ihm dessen Darlegungen schlüssig und überzeugend erscheinen. Dabei ist es auch nicht erforderlich, dass alle Annahmen des Sachverständigen „objektivierbar“ sind. Es reicht aus, dass sie einen hohen Grad der Wahrscheinlichkeit in sich tragen bzw das Gericht mit der ausreichend hohen Wahrscheinlichkeit von ihrer Richtigkeit überzeugen. Es ist daher keinesfalls zu beanstanden, wenn das Erstgericht seine Feststellungen auf Basis der Ausführungen des skitechnischen Sachverständigen getroffen hat, der seine „Annahmen“ auf seine unzweifelhaft langjährigen Erfahrungswerte stützen kann.
Der Sachverständige ist ausgehend vom unstrittigen Umstand, dass die Klägerin auf die linke Körperseite gefallen ist und ihre Skier in Richtung Pistenmitte zeigten, denklogisch davon ausgegangen, dass die Klägerin zum Kontaktzeitpunkt nach talseitig links in Bewegung war. Es ist also nicht richtig – wie von der Klägerin in der Beweisrüge ins Treffen geführt –, dass es keine objektive Grundlage gäbe, um festzustellen, dass die Klägerin „leicht nach links“ fuhr. Auch wenn der Sachverständige seine Ausführungen zum Teil – was von der Klägerin in ihrer Beweisrüge betont wird – im Konjunktiv formulierte, bedeutet dies nicht, dass es sich dabei nur um „Annahmen oder Vermutungen des Sachverständigen handelt, die nicht dazu geeignet sind, zur Beweiswürdigung herangezogen zu werden, ohne erhebliche Bedenken aufzuwerfen“ .
Auch wenn der Sachverständige – worauf die Klägerin ebenfalls hinweist – die von der Klägerin nach ihrer Losfahrt zurückgelegte Strecke technisch nicht exakt objektivieren konnte, ändert dies nichts daran, dass der Sachverständige offenbar davon überzeugt war, dass sich die Klägerin in Bewegung befand (eine Möglichkeit, die die Klägerin selbst auch gar nicht in Abrede stellt). Wäre die Klägerin aber entweder gestanden oder allenfalls – wie von ihr zugestanden – äußerst geringfügig (maximal 3 m Fahrstrecke) auf dem rechten Pistenrand talwärts angefahren, so hätte es in örtlicher Hinsicht wohl gar nicht zur Kollision kommen können. Die Klägerin übersieht auch, dass sie nach den Ausführungen des Sachverständigen unter Berücksichtigung ihres Verletzungsbildes im Zeitpunkt der Kollision nicht auf die von ihr beschriebene Art gestanden sein konnte.
3.2. Darüber hinaus negiert die Klägerin, dass vom Erstgericht unbekämpft festgestellt wurde, dass der Beklagte, als er zum Rechtsschwung ansetzte, wahrnahm, dass die Klägerin losfuhr . Als er bemerkte, dass sich die Klägerin in Bewegung gesetzt hatte , versuchte er noch seinen Rechtsbogen früher zu schließen.
Feststellungen sind immer in ihrem Zusammenhang mit anderen Feststellungen zu verstehen und zu interpretieren. In diesen unbekämpft gebliebenen Feststellungen kommt – entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht bloß die subjektive Wahrnehmung des Beklagten zum Ausdruck, sondern wird konkret festgestellt, dass sich die Klägerin in Bewegung gesetzt hatte. Mit den weiteren Feststellungen zum Zustandekommen der Kollision und den Bewegungsabläufen der Streitteile würde sich die begehrte Ersatzfeststellung wiederum in Widerspruch setzen.
4. Zusammengefasst sind die Ausführungen der Klägerin in ihrer Beweisrüge nicht geeignet, eine bedenkliche oder nicht vertretbare Beweiswürdigung des Erstgerichts aufzuzeigen. Das Berufungsgericht sieht sich daher nicht veranlasst, von den bekämpften Feststellungen abzugehen.
IV. Zur Rechtsrüge :
1. Im Rahmen ihrer Rechtsrüge vertritt die Klägerin den Rechtsstandpunkt, bei richtiger rechtlicher Beurteilung sei selbst auf Basis des vom Erstgericht festgestellten Sachverhalts zumindest von einem 50 %igen Mitverschulden des Beklagten auszugehen. Ausgehend von den getroffenen Feststellungen habe der Beklagte gegen die FIS-Pistenregeln 1, 2, 3 und 4 verstoßen.
2. Wie bereits das Erstgericht richtig dargelegt hat, sind die FIS Regeln ebenso wie der vom österreichischen Kuratorium für alpine Sicherheit erarbeitete Pistenordnungsentwurf (sogenannte POE-Regeln) zwar keine gültigen Rechtsnormen, doch kommt ihnen als Zusammenfassung der Sorgfaltspflichten, die bei der Ausübung des alpinen Skisports im Interesse aller Beteiligten zu beachten sind, und bei der Anwendung des allgemeinen Grundsatzes, dass sich jeder so verhalten muss, dass er keinen anderen gefährdet, erhebliche Bedeutung zu (RS0023793; RS0023410 [T2]).
3.1. Nach der FIS Regel Nr 1 (Rücksichtnahme auf andere Skifahrer und Snowboarder) und auch schon nach allgemeinen Grundsätzen muss sich jeder Skifahrer und Snowboarder so verhalten, dass er keinen anderen gefährdet oder schädigt.
Gemäß der FIS Regel Nr 2 (Beherrschung der Geschwindigkeit und der Fahrweise) besteht für jeden Skifahrer und Snowboarder das Gebot des Fahrens auf Sicht (RS0023345; RS0023544; RS0023868) und zur kontrollierten Fahrweise (RS0023429).
3.2. Die Klägerin argumentiert, die festgestellte Geschwindigkeit des Beklagten von 30 bis 35 km/h habe in der konkreten Situation (belebter Pistenbetrieb, Fahrlinie im Bereich der stehenden Klägerin) nicht den Anforderungen der FIS Regeln 1 und 2 entsprochen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte das Erstgericht daher zum Schluss kommen müssen, dass der Beklagte seine Fahrgeschwindigkeit nicht den Verhältnissen angepasst hatte.
3.3. Richtig ist: Nach ständiger Rechtsprechung muss jeder Schifahrer kontrolliert fahren, das vor ihm liegende Gelände genau beobachten und seine Geschwindigkeit auf die Geländeverhältnisse einrichten (RS0023429). Dies bedeutet aber nicht, dass jeder Schifahrer am Pistenrand stehende Personen genau beobachten und seine Geschwindigkeit auf diese Person einrichten muss. Die festgestellte Geschwindigkeit des Beklagten von 30 bis 35 km/h war nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht sorgfaltswidrig. Es wurde zwar festgestellt, dass der „Pistenbetrieb“ am Unfalltag belebt war. Aus dieser allgemein gehaltenen Feststellung lässt sich jedoch nicht ableiten, dass im unmittelbaren Unfallbereich ein derartig reger Pistenbetrieb herrschte, dass eine Geschwindigkeit von 30 bis 35 km/h als sorgfaltswidrig zu beurteilen wäre.
4.1. Die FIS Regel Nr 3 stellt auf die Wahl der Fahrspur ab und ordnet an, dass der von hinten kommende Skifahrer und Snowboarder seine Fahrspur so wählen muss, dass er vor ihm fahrende Skifahrer und Snowboarder nicht gefährdet. Nach dieser Regel hat also der vorausfahrende Skifahrer Vorrang. Wer hinter einem anderen herfährt, muss genügend Abstand einhalten, um dem Vorausfahrenden für alle seine Bewegungen genügend Raum zu lassen (RS0023429).
Die FIS-Regel Nr 3 findet auf den vorliegenden Fall keine Anwendung, befand sich doch die Klägerin im Stillstand, als sich der Beklagte von hinten oben annäherte. Die Klägerin war also nicht eine vorausfahrende Skifahrerin.
4.2. Die Klägerin meint jedoch, zu Unrecht sei das Erstgericht davon ausgegangen, dass der vom Beklagten eingehaltene Abstand nicht sorgfaltswidrig gewesen sei. Dies stehe nämlich „im diametralen“ Widerspruch zur Feststellung, dass der Unfall bei Einhaltung eines größeren Abstands des Beklagten verhindert hätte werden können und er auch auf der linken Pistenseite an der Klägerin vorbeifahren hätte können. Indem der Beklagte eine in unmittelbarer Nähe zur Klägerin befindliche Fahrlinie gewählt habe, habe er grundlos und nicht nachvollziehbar eine Fahrspur gewählt, die ihn gefährlich nahe an die Klägerin herangebracht habe, wobei es unerheblich sei, ob sich die Klägerin in Bewegung oder Stillstandsposition befunden habe.
4.3. Dieser Ansicht ist nicht zu folgen. Den von der Klägerin aufgezeigten „diametralen Widerspruch“ kann das Berufungsgericht nicht erkennen. Naturgemäß wäre der Unfall vermieden worden, hätte der Beklagte eine andere Fahrlinie eingehalten und einen größeren Abstand eingehalten (der Unfall wäre auch vermieden worden, hätten sich weder die Klägerin noch der Beklagte zu diesem Zeitpunkt auf der Piste Nr 1 in C* aufgehalten). Daraus kann aber nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass der vom Beklagten eingehaltene Abstand sorgfaltswidrig gewesen sei. Der vom Erstgericht festgestellte Abstand des Beklagten zur (am Pistenrand stehenden) Klägerin von zuletzt konstant 5 bis 10 m ist aber nicht als sorgfaltswidrig einzustufen.
5.1. Die FIS-Regel Nr 4 befasst sich mit dem Überholen. Die Klägerin meint, auch die FIS Regel 4, die die Wahrung eines angemessenen Seitenabstands bei Überholvorgängen verlange, sei vom Beklagten nicht eingehalten worden. Der Beklagte habe keine ausreichend große Distanz zur Klägerin eingehalten und sie dadurch unmittelbar gefährdet. Dies wiege umso schwerer, als sich der Beklagte in einer Position befunden habe, die es ihm erlaubt hätte, seine Fahrspur entsprechend sicherer zu wählen, zumal er die ganz am talseitig rechten Pistenrand stehende Klägerin in einer Entfernung von 62 m erstmalig wahrgenommen habe.
5.2. Auch dieser Argumentation der Klägerin kann nicht beigepflichtet werden. Zum einen hat eine Überholsituation nicht vorgelegen, weshalb die Pistenregel 4 nicht zur Anwendung gelangt. Der vom Erstgericht festgestellte Abstand des Beklagten zur (am Pistenrand stehenden) Klägerin von zuletzt konstant 5 bis 10 m ist – wie bereits ausgeführt – auch nicht als sorgfaltswidrig einzustufen.
Wenn der Beklagte aus einer Entfernung von 62 m die am Pistenrand stehende Klägerin wahrnahm, war er zu diesem Zeitpunkt auch nicht dazu gehalten, eine andere Fahrlinie zu wählen. Er konnte darauf vertrauen, dass sich die Klägerin vor dem Fortsetzen ihrer Fahrt entsprechend darüber vergewissert, dass dies ohne Gefährdung der anderen Pistenteilnehmer möglich ist. Mit ihrer Argumentation negiert die Klägerin nämlich die aufgrund der getroffenen Feststellungen vorliegende Vorrangsituation zu Gunsten des Beklagten nach der FIS-Regel Nr 5.
6.1. Die FIS Regel Nr 5 sieht eine Pflicht zur Vergewisserung nach oben beim Einfahren, Anfahren und Hangaufwärtsfahren vor. Jeder Skifahrer und Snowboarder, der in eine Abfahrt einfahren und nach einem Halt wieder anfahren oder hangaufwärts schwingen oder fahren will, muss sich nach oben und unten vergewissern, dass er dies ohne Gefahr für sich selbst und andere tun kann.
6.2. Nach den getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Klägerin gegen diese FIS Regel verstoßen hat. Die getroffene Negativfeststellung zum Blickverhalten der Klägerin darf zwar grundsätzlich nicht zu Lasten der Klägerin ausschlagen, doch ergibt sich ein Verstoß gegen die FIS-Regel Nr 5 aus den darüber hinaus getroffenen Feststellungen. Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin unterstellte, dass sie im Stillstand nach oben blickte und den Beklagten in einer Entfernung von etwa 35 bis 40 m bemerkte, ergibt eine Zusammenschau mit den weiteren Feststellungen, dass sie sich jedenfalls erst zu einem Zeitpunkt in Bewegung setzte, als der Beklagte nur noch in einem Abstand von 5 bis 10 m hinter ihr spurte. Selbst wenn also davon ausgegangen würde, dass die Beklagte im Stillstand nach oben blickte und den Beklagten in einer Entfernung von etwa 35 bis 40 m bemerkte, wäre es ihr als Sorgfaltswidrigkeit anzulasten, dass sie unmittelbar vor ihrem späteren Anfahren nicht noch einmal nach oben blickte, um sich zu vergewissern, wo sich der Beklagte nunmehr befindet.
Wie in der Berufungsbeantwortung richtig aufgezeigt wird, musste der Beklagte in Annäherung an die Klägerin demgegenüber nicht damit rechnen, dass die Klägerin vom Pistenrand plötzlich losfährt, ohne sich zuvor durch einen Blick nach oben darüber zu vergewissern, dass dies ohne Gefährdung anderer Pistenteilnehmer möglich ist.
7. Wenn die Klägerin darüber hinaus in ihrer Rechtsrüge die Ansicht vertritt, die getroffene Negativfeststellung zur Fahrstrecke und Fahrdauer der Klägerin könne nicht dazu führen, dass dem Beklagten jegliches sorgfaltswidriges Verhalten auch in Bezug auf einen Reaktionsverzug abgesprochen werden könne, negiert sie die Beweislastverteilung in Zivilprozessen.
8. Das Argument der Klägerin, ein Verstoß des Beklagten gegen einschlägige FIS Regeln würde auch deswegen vorliegen, da er bei seiner Linksdrehung das seitlich ansteigende Gelände zur Stabilisierung des Tempos benützt und auch den rechten Walzrand überschritten habe, übersieht, dass diese Fahrweise des Beklagten – sollte sie überhaupt einen Verstoß gegen FIS Regeln darstellen – nicht kausal für die nachfolgende Kollision war.
9. Insgesamt muss aufgrund dieser Erwägungen auch die Rechtsrüge der Klägerin versagen und war der Berufung nicht Folge zu geben, sondern das Ersturteil zu bestätigen.
V. Verfahrensrechtliches :
1. Die Kostenentscheidung des Berufungsverfahrens beruht auf den §§ 50 Abs 1, 41 ZPO. Da – wie oben ausgeführt – das Berufungsinteresse richtigerweise nur EUR 13.495,92 beträgt, war das Kostenverzeichnis des Beklagten geringfügig zu korrigieren.
2. Da der Entscheidungsgegenstand im Berufungsverfahren nicht nur in einem Geldbetrag bestand, war gemäß § 500 Abs 2 ZPO eine Bewertung vorzunehmen. Dabei bestand kein Anlass, von dem von der Klägerin angegebenen Wert ihres Feststellungsinteresses abzugehen, sodass sich ein Entscheidungsgegenstand zwischen EUR 5.000,-- und EUR 30.000,-- ergibt.
3. Im vorliegenden Rechtsstreit waren nur nicht revisible Tatfragen des Unfallhergangs und keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu lösen. Es war daher auszusprechen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist (§ 500 Abs 2 Z 3 ZPO).