15Os96/25v – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Oktober 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel-Kwapinski und Dr. Sadoghi sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Rathmayr in der Strafsache gegen * H* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 16. Mai 2025, GZ 151 Hv 12/25d-35.2, ferner über dessen Beschwerde gegen einen gleichzeitig gefassten Beschluss gemäß § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1]Mit dem angefochtenen Urteil wurde * H* des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (A./), des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG (B./), des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 5 StGB (C./), der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB (D./I./ und II./), des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (D./III./) und der Vergehen der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (E./) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er – soweit hier von Bedeutung – in W* und an anderen Orten des Bundesgebiets
A./ am 6. Februar 2025 * O* mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er ihre Beine unter Anwendung von erheblicher Körperkraft auseinander drückte und den vaginalen Geschlechtsverkehr vollzog, wobei er währenddessen ihren Mund zuhielt, um ihre Schreie zu unterbinden;
[…]
C./ am 29. Jänner 2025 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit im Urteil namentlich genannten Mittätern fremde Sachen, die wesentliche Bestandteile der kritischen Infrastruktur (§ 74 Abs 1 Z 11 StGB) waren, „beschädigt“, indem sie in einem Parkhaus zumindest sechs Feuerlöscher zunächst zu entleeren versuchten und sie dann über fünf Ebenen zu Boden warfen;
D./ […]
III./ am 16. September 2024 * W* vorsätzlich am Körper verletzt, indem er ihr einen Schlag gegen die Rippen versetzte, wodurch sie an dieser Stelle ein Hämatom erlitt;
[…]
Rechtliche Beurteilung
[3]Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a sowie 10 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
[4] Entgegen der zu Schuldspruch A./ erhobenen Mängelrüge sind die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen (US 4 f) weder offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) noch unvollständig (Z 5 zweiter Fall) begründet. Vielmehr hat das Erstgericht die diesbezüglichen Konstatierungen auf die für glaubwürdig erachteten Angaben des Opfers gestützt und dabei auch die Aussagen der Zeugen Chr* und Che* E* berücksichtigt, letzteren jedoch in Hinblick auf deren (mehrfach) zum Ausdruck gebrachte Intention, sich „nicht einmischen“ zu wollen, keine Überzeugungskraft zuerkannt (US 7 f).
[5] Soweit die weitere gegen A./ gerichtete Rüge (Z 5 vierter Fall) anhand eigenständig entwickelter Beweiswerterwägungen (wonach aufgrund näher geschilderter Verhaltensweisen des Opfers nach der Tat dessen Anzeige als „Racheaktion“ anzusehen sei) von jenen der Tatrichter (die die leugnende Verantwortung des Angeklagten als unglaubwürdig verwarfen und den Angaben des Opfers folgten – US 7 f) abweichende günstigere Schlussfolgerungen anstrebt, zeigt sie kein Begründungsdefizit auf (RISJustiz RS0098400). Vielmehr bekämpft sie damit bloß die dem Schöffengericht zukommende Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.
[6]Die Tatsachenrüge (Z 5a) releviert zu D./III./, es habe dem Angeklagten „offenbar“ an dem Vorsatz gefehlt, * W* zu treffen, weil er „seinen Schlag nicht gegen sie, sondern an den Freund richtete“. Indem sie jedoch ohne Bezugnahme auf konkrete Verfahrensergebnisse (siehe aber RIS-Justiz RS0117446, RS0119424) bloß eigene Erwägungen zum Vorliegen eines bloß „versehentlichen“ Treffers anstellt, gelangt sie nicht prozessordnungskonform zur Darstellung.
[7]Die (eine Verurteilung lediglich nach § 125 StGB anstrebende) Subsumtionsrüge (Z 10) behauptet zu C./ des Schuldspruchs das Vorliegen eines absolut untauglichen Versuchs (§ 15 Abs 3 StGB) in Bezug auf die Verwirklichung der Qualifikationsnorm des § 126 Abs 1 Z 5 StGB, weil die zum Zeitpunkt der Tat bereits leergesprühten Feuerlöscher „für die Verhütung und Bekämpfung von Katastrophen ungeeignet und somit unbrauchbar“ gewesen seien.
[8]Sie legt mit ihrem Vorbringen aber nicht dar, weshalb sechs (in einem zum Tatzeitpunkt in Betrieb stehenden Parkhaus befindliche) Feuerlöscher bereits durch das bloße (vorübergehende) Fehlen ihres Inhalts nicht nur im Einzelfall, sondern auch bei (hier maßgeblicher) generalisierender Betrachtung als taugliche Objekte einer nach § 126 Abs 1 Z 5 StGB qualifizierten Sachbeschädigung ausscheiden sollten (vgl RISJustiz RS0094035, RS0090345; siehe auch Bauer / Plöchl in WK 2StGB §§ 15, 16 Rz 70, 73, 86, 88 f).
[9]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die (implizite) Beschwerde (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
[10]Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO sei hinzugefügt, dass dem Strafausspruch – vom Angeklagten nicht geltend gemachte – Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO) anhaftet.
[11]Ausgehend von den Feststellungen zu C./ des Schuldspruchs hat H* durch die ihm angelastete Tat „zumindest oberflächliche Beschädigungen“ an den in Rede stehenden Feuerlöschern herbeigeführt und demnach den (Grund-)Tatbestand nach § 125 StGB vollendet, während in Bezug auf die Deliktsqualifikation gemäß § 126 Abs 1 Z 5 StGB (vgl US 5 zu den entsprechenden Konstatierungen betreffend die subjektive Tatseite) insoweit bloß Versuch (§ 15 Abs 1 StGB) vorliegt. Da jedoch das Erstgericht auch im Umfang der genannten Qualifikationsnorm von Vollendung ausging (US 10 f), hat es in offenbar unrichtiger Beurteilung der hiefür maßgeblichen Feststellungen (Strafzumessungstatsachen) den Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 13 StGB zu Unrecht nicht in Rechnung gestellt (US 12; vgl RISJustiz RS0133141). Diesen Rechtsfehler wird das Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung über die Berufung zu berücksichtigen haben (RIS-Justiz RS0119220 [T4]).
[12]Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.