11Os104/25s – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Oktober 2025 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. MichelKwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Brenner und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel in Gegenwart der Kontr. Tastekin als Schriftführerin in der Strafsache gegen * P* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 28. Mai 2025, GZ 37 Hv 27/25p 72, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde *P* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (I/) und des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (II/) schuldig erkannt.
[2]Danach hat er im Zeitraum von Ende 2022 bis zu seiner Festnahme am 12. Dezember 2024 in S*, M*, A* und anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge
I/ aus dem Ausland (aus Slowenien und/oder Bosnien und Herzegowina) aus und nach Österreich eingeführt, indem er in einer Vielzahl an Beschaffungsfahrten insgesamt „etwa“ 1.096 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 50 % Cocain mittels PKW nach Österreich schmuggelte,
II/ anderen überlassen, indem er teils bekannten, teils unbekannten Abnehmern insgesamt „etwa“ 1.096 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von 50 % Cocain verkaufte, und zwar
1/ * H* insgesamt „etwa“ 900 Gramm zum Preis von 60 Euro bis 70 Euro/Gramm;
2/ * M* insgesamt „etwa“ 7 Gramm zum Preis von 100 Euro/Gramm;
3/ * K* insgesamt „etwa“ 6 Gramm zum Preis von 100 Euro/Gramm;
4/ * Mi* insgesamt „etwa“ 23 Gramm zum Preis von 80 Euro/Gramm;
5/ * L* insgesamt „etwa“ 60 Gramm zum Preis von 100 Euro/Gramm;
6/ * Z* insgesamt „etwa“ 70 Gramm zum Preis von 80 Euro bis 100 Euro/Gramm;
7/ * I* insgesamt „etwa“ 30 Gramm überwiegend zum Preis von 80 Euro/Gramm;
8/ weiteren unbekannt gebliebenen Abnehmern unbekannte Mengen Kokain.
Rechtliche Beurteilung
[3]Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4]Entgegen dem Einwand von Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) lassen die Entscheidungsgründe für jedermann unzweifelhaft erkennen (US 3 f), dass es sich bei den vom Angeklagten aus dem Ausland eingeführten und an andere weitergegebenen Mengen an Kokain um aus Angaben von konkreten Abnehmern und weiteren im Urteil näher dargestellten Indizien berechnete Mindestmengen handelt (US 6 ff, 9). Die Umschreibung dieser Mindestmengen (zu I/ und II/) mit „etwa 1096 Gramm Kokain“ (ausschließlich) im Referat der entscheidenden Tatsachen im Urteilstenor (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) vermag die behauptete Nichtigkeit daher von vornherein nicht zu begründen (RISJustiz RS0089983).
[5] Dem Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider ist die Ableitung der (zu I/ und II/) inkriminierten Mengen aus Angaben konkret angeführter Abnehmer, einer Hochrechnung des Bedarfs des Abnehmers H* für dessen Eigenbedarf und Verkaufstätigkeit sowie des Fehlens von Hinweisen auf weitere zuverlässige und nicht versiegende Suchtgiftquellen für H* vor August 2024 (US 6 ff) unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RISJustiz RS0108609, RS0098362).
[6] Ebenso wenig handelt es sich bei den Schlussfolgerungen zur subjektiven Tatseite (US 10) aus dem im Urteil näher dargestellten (US 3) objektiven Tatgeschehen und der sukzessiven Tatbegehung ohne wesentliche zeitliche Lücken und zwischenzeitige Distanzierung um eine bloße Scheinbegründung (Z 5 vierter Fall).
[7]Mit gegen die nachvollziehbaren und keineswegs willkürlich gezogenen Schlüsse der Tatrichter gerichteten Beweiswerterwägungen bekämpft die Beschwerde bloß die Beweiswürdigung des Schöffengerichts (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.
[8] Die das Fehlen von „ausreichenden Feststellungen“ zum Vorsatz des Angeklagten behauptende Rechtsrüge (Z 9 lit a) stößt sich bloß an einem isoliert hervorgehobenen Absatz des Urteils. Damit hält sie allerdings nicht an der Gesamtheit des Urteilssachverhalts fest, übergeht sie doch die darüber hinausgehenden, in den nachfolgenden Absätzen getroffenen Urteilsaussagen zur subjektiven Tatseite (US 4). Solcherart verfehlt sie die prozessordnungskonforme Geltendmachung materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RISJustiz RS0099810).
[9] Die erschwerende Wertung des rein auf Gewinn ausgerichteten Handels mit einem 36Fachen der Grenzmenge an Suchtgift (US 11) verstößt schon deshalb nicht gegen das von der Beschwerde (Z 11 zweiter Fall) ins Treffen geführte Doppelverwertungsverbot des § 32 Abs 2 erster Satz StGB, weil Gewinnstreben kein Tatbestandsmerkmal einer der vorliegend begründeten (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) strafbaren Handlungen ist (RISJustiz RS0130193 [T4]; § 28a Abs 1 Z 1 SMG steht hier nicht in Rede) und die erhebliche Überschreitung des (zu I/ und II/ jeweils) qualifikationsbegründenden Quantums (§ 28a Abs 4 Z 3 SMG) ebenso wenig die Strafdrohung bestimmt (RISJustiz RS0088028, RS0130193). Im Übrigen betrifft die Kritik an der zahlenmäßigen Konkretisierung des Überschreitens der Qualifikationsgrenze (um immerhin zehn Grenzmengen des § 28b SMG) bloß das Gewicht dieses aggravierenden Umstands (RISJustiz RS0116878 [T5]).
[10]Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
[11]Bleibt zu dieser anzumerken, dass es dem Angeklagten unbenommen ist, im Rahmen seiner gegen den Verfallsausspruch erstatteten Berufung allenfalls auch Nichtigkeit des Verfallsausspruchs begründende Umstände (§ 281 Abs 1 Z 11 StPO) bloß als Berufungsgrund geltend zu machen (RISJustiz RS0114427; vgl 15 Os 127/22y [Rz 5]). Mangels (insoweit deutlicher und bestimmter) Ausführung (auch) einer Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Verfallsausspruch ist in der Berufungsschrift auchauf § 281 Abs 1 Z 11 StPO Bezug nehmendes Rechtsmittelvorbringen (ON 81 S 5 f) als Berufungsvorbringen zu behandeln.
[12]Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.