JudikaturOGH

11Os89/25k – OGH Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
09. September 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. September 2025 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz, Dr. Oberressl, Dr. Brenner und Mag. Riffel in Gegenwart der Rechtspraktikantin Schurich LL.M., LL.M. als Schriftführerin in der Strafsache gegen * B*wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 dritter Fall, 15, 142 Abs 1, 143 Abs 1 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 30. April 2025, GZ 54 Hv 33/25d 11.1, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * B*des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 dritter Fall, 15, 142 Abs 1, 143 Abs 1 erster Fall StGB schuldig erkannt.

[2]Danach hat er am 31. Mai 2024 in W* als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) dreier anderer Mitglieder dieser Vereinigung zu dem Versuch (§ 15 StGB), mit Gewalt gegen eine Person, nämlich * M* eine fremde bewegliche Sache, nämlich dessen Armbanduhr der Marke Patek Philippe im Wert von etwa 35.000 Euro, mit dem Vorsatz wegzunehmen, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, beigetragen, indem er den Genannten als Opfer auswählte und diesen gemeinsam mit einem unbekannten Täter observierte, während * Me* M* am Handgelenk packte und versuchte, ihm die Uhr herunterzureißen, während ein weiterer unbekannter Täter Me* half und M* ebenfalls attackierte.

Rechtliche Beurteilung

[3]Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit b und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) behauptet eine fehlende oder offenbar unzureichende Begründung der Feststellung zum „Zusammenschluss auf längere Zeit“.

[5]Maß nehmend an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (US 4 ff – RIS-Justiz RS0119370) ist diese Feststellung mit den eigenen Angaben des Beschwerdeführers, insbesondere zur Professionalität (in Frankreich ausgebildeter professioneller, auf bestimmte Luxusmarken spezialisierter Uhrendieb, der mit drei Komplizen mit dem Flugzeug von P* nach W* reiste, um Uhren zu stehlen) sowie dazu, dass er und seine Gruppe weitere Diebstähle oder Raube geplant hatten und sie nur wegen hoher Polizeipräsenz von deren Ausführung Abstand nahmen (ON 2.98.5, 5 f), keineswegs offenbar unzureichend – im Sinn von Denkgesetzen oder grundlegenden Erfahrungssätzen widersprechend (vgl RISJustiz RS0116732, RS0118317, RS0099413) – begründet.

[6]Die eine Beurteilung in Richtung Diebstahl anstrebende Subsumtionsrüge (Z 10) wendet sich gegen die Bejahung des Raubbegehungsmittels „Gewalt gegen eine Person“ (§ 142 Abs 1 StGB).

[7]Sie leitet jedoch nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (vgl aber RIS-Justiz RS0116565), warum das in den Entscheidungsgründen (US 3 f) festgestellte Reißen an der fest am Handgelenk sitzenden Uhr und das anschließende Gerangel zum (sehr wohl konstatierten – vgl auch RISJustiz RS0114639) Zweck deren Erlangung keine nicht unerhebliche Anwendung physischer Kraft auf den Körper des Opfers zur Überwindung eines Widerstands, sondern bloße Sachgewalt darstellen sollte (vgl RIS-Justiz RS0093906; Eder-Riederin WK² StGB § 142 Rz 20, 25, 64).

[8]Ferner moniert die Subsumtionsrüge, das Urteil enthalte „keine ausreichende unmissverständliche Feststellung“ für die Annahme der Vereinigungsqualifikation (§ 143 Abs 1 erster Fall StGB).

[9]Sie legt jedoch nicht dar (vgl erneut RIS-Justiz RS0116565), weshalb die Konstatierungen (US 3 f), wonach sich der Angeklagte und drei weitere Personen zu einer kriminellen Vereinigung zusammenschlossen, die auf mehrere Monate angelegt und darauf ausgerichtet war, dass ihre Mitglieder wiederholt und fortwährend in arbeitsteiliger Weise teure Luxusuhren rauben und stehlen (vgl Plöchlin WK² StGB § 278 Rz 5 ff [insb Rz 16]), und er die urteilsgegenständliche Tat nach dem erfolgten Zusammenschluss unter Mitwirkung der drei weiteren Mitglieder dieser Vereinigung begangen hat (vgl Eder-Riederin WK² StGB § 143 Rz 4 ff), für die Bejahung der in Rede stehenden Qualifikation nicht genügen sollten und welche weiteren Feststellungen dafür erforderlich gewesen wären (vgl RIS-Justiz RS0099620 [insb T6], RS0095939).

[10] Die Sanktionsrüge (Z 11, nominell Z 9 lit b) wendet sich unter Berufung auf den Spezialitätsgrundsatz (§ 31 EUJZG) gegen die Anwendung der Strafschärfung nach § 39 Abs 1 StGB, weil diese Bestimmung und deren Auswirkung im der Übergabe zugrunde liegenden Europäischen Haftbefehl nicht genannt und dort die Regelstrafbefugnis von einem bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe angegeben worden sei.

[11]Sie übersieht jedoch, dass sich die Spezialitätswirkung auf die im Europäischen Haftbefehl genannte Tat im Sinn des beschriebenen historischen Sachverhalts bezog (RIS-Justiz RS0087147), nicht aber auf Strafrahmenbestimmungen (14 Os 82/21x [Rz 8]; 12 Os 1/25a [Rz 8]).

[12] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[13]Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[14]Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.