JudikaturOGH

9Ob72/25s – OGH Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
26. August 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden und die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Korn, Dr. Stiefsohn, Mag. Böhm und Dr. Gusenleitner Helm in der Rechtssache der klagenden Partei C*, vertreten durch Rechtsanwälte Gruber Partnerschaft KG in Wien, gegen die beklagte Partei G*, vertreten durch Mag. Wolfgang Andreas Orsini und Rosenberg, Rechtsanwalt in Wien, wegen Abgabe einer Willenserklärung (Streitwert 10.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 19. März 2025, GZ 35 R 351/24p 24, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 22. August 2024, GZ 40 C 626/23s 19, nicht Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.000,75 EUR (darin enthalten 166,79 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1] In einem Vorverfahren schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, mit dem sie sich verpflichten, gemäß dem dem Vergleich angeschlossenen Teilungsplan das im gemeinsamen Eigentum stehende Grundstück zu teilen. Weiters sollte längstens binnen einem Monat ein namentlich genanntes Unternehmen mit der Erstellung eines ( weiteren ) Teilungsplans beauftragt und die Kosten geteilt werden. Unter Punkt 5. erklärten die Parteien ihre ausdrückliche Zustimmung zur grundbücherlichen Einverleibung des jeweiligen Alleineigentums laut Punkt 1. des Vergleichs.

[2] Die Klägerin begehrte den Beklagten zu verpflichten, in die Freigabe des (angeschlossenen) Teilungsentwurfs/Vorausplans betreffend die im gemeinsamen Eigentum stehende Liegenschaft einzuwilligen. Der Beklagte verweigere diese Einwilligung, die aber zur Umsetzung des Vergleichs erforderlich sei.

[3] Der Beklagte bestreitet. Der Klägerin fehle aufgrund des Vergleichs das Rechtsschutzinteresse an der Klagsführung. Der Vergleich sei unter Zwang geschlossen worden und unwirksam. Außerdem sei er nicht ausreichend präzise abgefasst.

[4] Das Erstgericht gab der Klage statt.

[5] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten gegen dieses Urteil nicht Folge. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei die (exekutierbare) Verpflichtung zur Freigabe des Teilungsentwurfs nicht durch den Vergleich abgedeckt. Der Vergleich verpflichte die Parteien nicht zur Abgabe aller Erklärungen, die für die Vornahme der Übertragung des Eigentums am Kaufobjekt erforderlich seien. Auch hätten die Parteien ihre ausdrückliche Zustimmung zur grundbücherlichen Einverleibung des jeweiligen Alleineigentums laut Punkt 1. erklärt. Punkt 1. sei jedoch ein anderer, älterer Teilungsplan zugrunde gelegen.

[6] Die Revision wurde vom Berufungsgericht zugelassen, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob ein Titel, gerichtet auf Teilung einer Liegenschaft, der die Parteien verpflichte, die Erstellung eines Teilungsplans (wobei ein baurechtlicher Spielraum gegeben ist) zu beauftragen, und in dem die Parteien ihre ausdrückliche Zustimmung zur grundbücherlichen Einverleibung des jeweiligen Alleineigentums erklärten, bereits ausreichend sei, dass auf exekutivem Weg eine Eintragung ins Grundbuch erwirkt werden könne.

Rechtliche Beurteilung

[7] Die Revision des Beklagtenist – ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruchs des Berufungsgerichts nicht zulässig. Sie kann keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen.

[8]1. Das Vorliegen eines gerichtlichen Vergleichs begründet nach ständiger Rechtsprechung nicht die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Sache, sondern sie führt (vorausgesetzt, der geltend gemachte Anspruch ist von der Bereinigungswirkung des Vergleichs umfasst) zur Abweisung der Klage aufgrund eines materiell-rechtlichen Einwands (RS0037242).

[9] 2. Bei einer Exekutionsführung aufgrund eines Vergleichs kommt es nicht darauf an, was die Parteien bei Abschluss des Vergleichs gemeint haben. Entscheidend ist der Wortlaut des Titels ( RS0000892 ) nach seinem objektiven Wortsinn, an den sich die Exekutionsbewilligung zu halten hat (vgl RS0000205 ). Unklarheiten gehen zu Lasten des betreibenden Gläubigers ( RS0000207 ). Auch diese Beurteilung richtet sich notwendigerweise nach den Umständen des Einzelfalls.

[10] 3. Die Parteien einigten sich im gerichtlichen Vergleich auf eine Teilung der Liegenschaft. Dafür genügt materiell die Bestimmbarkeit der jeweiligen Teile – vergleichbar der des Kaufgegenstands (vgl RS0019952 ) – etwa bei Einigung über einen nach Ausmaß und Lage bestimmten Grundstücksteil, wenn auch dessen genaue Form erst später durch Vermessung festgestellt werden soll ( RS0020143). Auch wenn die grundbücherliche Teilung nur aufgrund eines Teilungsplans durchgeführt werden kann (§ 1 Abs 1 LiegTeilG), heißt das nicht, dass vor Herstellung des Teilungsplans wirksame Rechtsgeschäfte an Teilen von Liegenschaften nicht geschlossen werden können (vgl RS0019927 ).

[11] 4. Richtig ist daher, dass sich der Beklagte mit dem Vergleich materiell zu allen Handlungen und Erklärungen verpflichtete, die zur Durchführung des vereinbarten Zwecks erforderlich sind. Damit ist aber nicht die Frage beantwortet, ob der Vergleich ausreichend konkret ist, um Exekution zu führen.

[12]5. Die Klägerin begehrt die Zustimmung des Beklagten zum Teilungsplan zur Einreichung bei der Baupolizei, nicht unmittelbar zur Einräumung oder Aufhebung bücherlicher Rechte (§ 350 EO). Damit kommt eine Exekutionsführung nach Punkt 5. des Vergleichs nicht in Betracht. § 367 EO setzt voraus, dass die Erklärung im Exekutionstitel wörtlich angeführt ist ( 3 Ob 71/08z mwN), was konkret nicht der Fall ist. Der (weitere) Teilungsplan wurde erst nach dem Vergleich verfasst.

[13]6. Zwar ist an das Erfordernis der titelmäßigen Bestimmtheit einer zu erzwingenden Handlung (§§ 354, 7 EO) kein überstrenger Formalismus anzulegen, um zu vermeiden, dass dem betreibenden Gläubiger die Exekutionsführung unmöglich gemacht wird. Es reicht die Formulierung einer Verpflichtung zur Vornahme aller zu einem bestimmten Zweck notwendigen Handlungen, wenn sich deren Umfang abgrenzen lässt (RS0000534; RS0004742).

[14] Das Berufungsgericht ist diesbezüglich davon ausgegangen, dass im Vergleich zwar einzelne konkrete Handlungen in Bezug auf den Teilungsplan (Beauftragung der Vermessung, Kostentragung) geregelt wurden, aber gerade nicht die Abgabe aller erforderlichen Erklärungen, weiters, dass bei Erstellung eines Teilungsplans ein bestimmter Spielraum besteht. Die Beurteilung, dass daher der Vergleich keinen ausreichend konkreten Exekutionstitel darstellt, ist nicht korrekturbedürftig.

[15]7. Insgesamt gelingt es dem Beklagten daher nicht, das Vorliegen einer Rechtsfrage von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die Revision des Beklagten ist daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

[16]8. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.