JudikaturOGH

9Ob65/25m – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. August 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer als Vorsitzenden und die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Korn, Dr. Stiefsohn, Mag. Böhm und Dr. Gusenleitner Helm in der Familienrechtssache des Antragstellers A*, geboren am * 1997, *, vertreten durch Mag. Caroline Weiskopf, Rechtsanwältin in Innsbruck, gegen den Antragsgegner Mag. A*, geboren am * 1965, *, vertreten durch Dr. Herbert L. Partl, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterhalt, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 28. März 2025, GZ 52 R 67/24w 70, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1]1. Der Anspruch des Kindes auf Unterhalt ist rein vermögensrechtlicher Natur im Sinn des § 62 Abs 4 und 5 AußStrG (RS0007110 [T32]). Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs – außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert, über den das Rekursgericht entschieden hat, insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat.

[2]Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts in Unterhaltsbemessungsverfahren ist nach § 58 Abs 1 JN der 36fache Betrag jenes monatlichen (laufenden: RS0103147 [T26, T29]) Unterhaltsbeitrags maßgeblich, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz zwischen den Parteien noch strittig war. Zusätzlich begehrte, bereits fällig gewordene Beträge sind dann nicht gesondert zu bewerten (RS0114353).

[3] 2. Das Rekursgericht hatte über Rekurse beider Parteien zu entscheiden. Der Antragsgegner war (ua) vom Erstgericht zur Leistung eines laufenden Geldunterhalts von monatlich 130 EUR verpflichtet worden. Im Rekurs beantragte er (ua) den gänzlichen Entfall dieser Unterhaltspflicht. Der Antragsteller begehrte in seinem Rechtsmittel hinsichtlich des laufenden Unterhalts „die höchstmögliche monatliche Unterhaltsverpflichtung“ des Antragsgegners. Das Rekursgericht hat diesen unbestimmten Antrag, wie sich aus seiner Kostenentscheidung ergibt, dahingehend verstanden, dass damit im Sinn des zweiten Eventualbegehrens eine Erhöhung um 1.035,90 EUR begehrt wird.

[4] Der 36 fache Betrag des zwischen den Parteien noch strittigen laufenden Unterhalts übersteigt damit 30.000 EUR. Der Revisionsrekurs ist daher nicht jedenfalls unzulässig.

[5]3. Der Revisionsrekurs ist aber zurückzuweisen, weil keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG zu beantworten ist.

[6]4. Der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Begründung ist nur dann gegeben, wenn die Entscheidung gar nicht oder so unzureichend begründet ist, dass sie sich nicht überprüfen lässt (RS0007484). Das liegt hier nicht vor. Die Entscheidung des Rekursgerichts ist ausreichend begründet und überprüfbar.

[7]5. Ein noch nicht selbsterhaltungsfähiges studierendes Kind hat so lange Anspruch auf Unterhalt, als es sein Studium ernsthaft und zielstrebig betreibt, was in der Regel zu bejahen ist, wenn die durchschnittliche Studiendauer für das betreffende Fach nicht überschritten wird (RS0117107; RS0083694 [T2]). Dabei ist nur der tatsächliche Studienfortgang ex post zu betrachten (vgl RS0110600). Der Anspruch auf Unterhalt erlischt, wenn die durchschnittliche Studiendauer erreicht wird und nicht besondere Gründe – etwa eine Erkrankung des Unterhaltsberechtigten (RS0083694 [T6]) – vorliegen, die ein längeres Studium gerechtfertigt erscheinen lassen (RS0047687 [T1]).

[8]Ob ein ernsthafter und zielstrebig betriebener Studienfortgang vorliegt, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (vgl RS0008857; RS0109289 [T2]; RS0047580 [T3]), sodass eine erhebliche Rechtsfrage dadurch in der Regel nur dann aufgeworfen wird, wenn eine erhebliche Fehlbeurteilung vorliegt. Davon ist im vorliegenden Fall nicht auszugehen.

[9] 6. Das Rekursgericht hat ausgehend von einer durchschnittlichen Studiendauer von 12 Semestern den Unterhaltsanspruch des Antragstellers darüberhinausgehend für weitere 4 Semester bejaht, weil der Antragsteller aufgrund psychischer Probleme eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen musste. Diese Beurteilung hält sich im Rahmen des eingeräumten Ermessensspielraums.

[10] Nach seinem eigenen Vorbringen musste sich der Antragsteller für mindestens zwei Jahre in intensive psychotherapeutische Behandlung begeben und war erst ein Jahr nach dem – die Probleme auslösenden – Vorfall wieder in der Lage zu Prüfungen anzutreten (Schriftsatz ON 16 vom 31. 5. 2022). Zum damaligen Zeitpunkt wurde ein „realistischer Abschluss“ des Studiums für das Wintersemester 2022 in Aussicht gestellt.

[11] Wenn der Antragsteller daher im Revisionsrekurs davon ausgeht, dass er für drei Jahre aufgrund seiner psychischen Probleme an einem Studienfortschritt gehindert war, findet dies nicht nur in den Feststellungen, sondern auch im eigenen Vorbringen des Antragstellers keine Deckung, dies unabhängig davon, dass seine Behandlung tatsächlich insgesamt drei Jahre dauerte.

[12]7. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs des Antragstellers daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nicht.

[13]8. Für die ohne Freistellung durch den Obersten Gerichtshof eingebrachte Revisionsrekursbeantwortung steht dem Antragsgegner gemäß der analog anzuwendenden Bestimmung des § 508a Abs 2 letzter Satz ZPO kein Kostenersatzanspruch zu (RS0124792).