13Os54/25b – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Juli 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag. Artner in der Strafsache gegen * L* und eine Angeklagte wegen Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten * J* sowie die Berufungen des Angeklagten L* und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 10. März 2025, GZ 29 Hv 14/25x-90, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Der Angeklagten * J* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit hier von Bedeutung – * J* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt.
[2] Danach hat sie am 17. September 2024 in K* in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit * L* als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge von Deutschland ausgeführt und nach Österreich eingeführt, und zwar 846,7 Gramm Kokain mit einer Reinsubstanz von 667,19 Gramm Cocain.
Rechtliche Beurteilung
[3] Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten * J*.
[4] Die Feststellungen zur (Mit-)Täterschaft der Angeklagten J* in Bezug auf die gesamte Suchtgiftmenge erschloss das Erstgericht aus der vernetzten Betrachtung einer Mehrzahl von Beweisergebnissen und daran geknüpften Plausibilitätserwägungen (US 11 ff).
[5] Indem die Mängelrüge (Z 5) bloß einzelne Elemente der – im Übrigen weder den Gesetzen folgerichtigen Denkens noch grundlegenden Erfahrungssätzen widersprechenden (dazu RIS-Justiz RS0116732 und RS0118317) – erstgerichtlichen Argumentationskette als offenbar unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall) kritisiert, versäumt sie es prozessordnungswidrig (RIS-Justiz RS0119370 und RS0099507), die Gesamtheit der Entscheidungsgründe in den Blick zu nehmen.
[6] Dem Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) fehlt es schon an einem Vorbringen, welche erheblichen, in der Hauptverhandlung vorgekommenen (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse angeblich unberücksichtigt geblieben sein sollten (siehe aber RIS-Justiz RS0099563 [insbesondere T12]).
[7] Hinsichtlich nicht getroffener Feststellungen kommt eine Mängelrüge von vornherein nicht in Betracht (RIS-Justiz RS0128974).
[8] Mit eigenen Beweiswerterwägungen zu einzelnen, vom Schöffensenat ohnedies berücksichtigten Umständen wendet sich die Rüge bloß nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).
[9] Soweit sich die Rüge (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) gegen die Subsumtion nach der Qualifikationsnorm des § 28a Abs 4 Z 3 SMG wendet, weil sie Feststellungen zu einer „konkrete[n] Ausführungshandlung“ der Angeklagten J* betreffend eine 204,9 Gramm Kokain übersteigende Suchtgiftmenge vermisst, legt sie nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar (siehe aber RIS Justiz RS0116565), weshalb der vom Vorsatz der Angeklagten J* umfasste, in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dem Angeklagten L* erfolgte Transport von insgesamt mehr als 800 Gramm Kokain über eine Staatsgrenze, wobei jeder der Angeklagten einen Teil der Suchtgiftmenge mit sich und (hier) aus Deutschland aus- und nach Österreich einführt, zur Bejahung der Mittäterschaft (§ 12 erster Fall StGB) in Bezug auf die gesamte Suchtgiftmenge nicht ausreichen sollte (siehe dazu Fabrizy in WK 2 StGB § 12 Rz 24, 26 und 29; Leukauf/Steininger/ Öner/Schütz , StGB 4 § 12 Rz 21; RIS-Justiz RS0117320 [T1 und T6], RS0090011 [T1], RS0089759 [insbesondere T1, T8 und T9], RS0089593 und RS0090006 [T2]).
[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[11] Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
[12] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.