JudikaturJustiz9ObA297/00t

9ObA297/00t – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Januar 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hradil als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Angestelltenbetriebsrat der N***** Forschungsinstitut GmbH, *****, vertreten durch Mag. *****, Sekretär der Gewerkschaft der *****, gegen die beklagte Partei N***** Forschungsinstitut GmbH, *****, vertreten durch Foglar-Deinhardstein Brandstätter KEG, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unwirksamerklärung einer Kündigung gemäß § 105 ArbVG, über die Revisionsrekurse des Dr. Michael W*****, Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Georg Grießer ua, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. Juni 2000, GZ 7 Ra 167/00f, 7 Ra 168/00b-149, womit der Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 16. Mai 2000, GZ 14 Cga 143/99x-145, bestätigt wurde, und gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. Oktober 2000, GZ 7 Ra 266/00i-158, womit der Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 17. August 2000, GZ 14 Cga 143/99x-154, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Der Rekurswerber hat die Kosten seiner erfolglosen Rechtsmittel selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der klagende Angestelltenbetriebsrat begehrte mit seiner Klage vom 29. 7. 1993, die am 26. 7. 1993 zum 31. 1. 1994 erklärte Kündigung des Angestellten Dr. Michael W***** für rechtsunwirksam zu erklären. Mit Urteil vom 21. 1. 2000 (ON 134) wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Dagegen erhob der klagende Betriebsrat am 27. 3. 2000 (ON 135) Berufung.

Mit Schriftsatz vom 13. 4. 2000 (ON 137) nahm der klagende Betriebsrat die Klage gemäß § 105 Abs 4 ArbVG zurück, wobei dieser Schritt ausdrücklich unter der Bedingung gesetzt wurde, dass der gekündigte Arbeitnehmer Dr. Michael W***** vom Gericht zu verständigen sei, um ihm die Möglichkeit einzuräumen, in den Rechtsstreit einzutreten.

Das Erstgericht verfügte am 14. 4. 2000 (ON 138) die Zustellung einer Gleichschrift dieses Schriftsatzes mit dem Beisatz "zur Weiterführung des Verfahrens ist Ihr Eintritt in den Rechtsstreit binnen 14 Tagen erforderlich" an Dr. Michael W*****.

Dieser konnte beim Zustellversuch am 18. 4. 2000 nicht angetroffen werden, weshalb die Verständigung über die Hinterlegung in den Briefkasten eingelegt und als Beginn der Abholfrist der 18. 4. 2000 vermerkt wurde.

Am 3. 5. 2000 (ON 141) wurde ein Schriftsatz des Dr. Michael W*****, Angestellter, *****, vertreten durch Mag. *****, beim Erstgericht überreicht, in welchem Dr. Michael W***** bekanntgab, Mag. ***** mit seiner Vertretung beauftragt und ihm Vollmacht erteilt zu haben, sowie innerhalb der Frist des § 105 Abs 4 ArbVG (14 Tage ab Verständigung) in den Rechtsstreit einzutreten, nachdem er am 19. 4. 2000 gemäß § 105 Abs 4 ArbVG von der Zurücknahme der Klage verständig worden sei. Am 4. 5. 2000 teilte die Erstrichterin dem Klagevertreter telefonisch mit, dass ihrer Ansicht nach der Eintritt verspätet erfolgt sei.

Daraufhin überreichte der Rekurswerber am 15. 5. 2000 (ON 144) einen Schriftsatz, in welchem er einerseits darauf hinwies, dass seiner Ansicht nach der Eintritt nicht verspätet erfolgt sei, jedoch vorsichtshalber auch einen Antrag auf Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versätumung der Eintrittsfrist einbrachte und damit seine Eintrittserklärung wiederholte. Die Rechtzeitigkeit seines am 3. 5. 2000 erklärten Eintritts in das Verfahren begründete der Einschreiter damit, dass im vorliegenden Fall ein zweiter Zustellversuch nicht stattgefunden habe und daher nicht schon die Hinterlegung vom 18. 4., sondern erst die Abholung vom 19. 4. 2000 als wirksame Zustellung gelte.

Den Wiedereinsetzungsantrag begründete der Rekurswerber damit, dass er seiner ausgewiesenen Vertretung erklärt habe, dass ihm die Sendung des ASG-Wien am 19. 4. 2000 zugegangen sei, indem er sie vom Postamt, wo sie am 18. 4. 2000 hinterlegt worden sei, behoben habe. Seine Rechtsvertretung habe die Ansicht vertreten, dass erst mit diesem Tage der Fristenlauf beginne. Diese Ansicht habe sich auf die bei Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht7 562, nachzulesende Rechtsmeinung gegründet, wonach "der Tag der Hinterlegung am Wenigsten akzeptabel erscheine, da der Arbeitnehmer nur in den seltensten Fällen die Möglichkeit habe, bereits am Tag der Ausstellung der Hinterlegungsanzeige das Schriftstück zu beheben; man werde daher das Schriftstück als dem Arbeitnehmer mit dem Beginn der Abholungsmöglichkeit beim Hinterlegungspostamt zugekommen ansehen müssen ......". Unter dieser Voraussetzung - Zugang am 19. 4. 2000 - wäre die Eingabe vom 3. 5. 2000 innerhalb der 14-tägigen Frist erfolgt. Die Fristversäumung habe daher auf einem unvorhergesehenen und für den Einschreiter unabwendbaren Ereignis beruht, wobei die Säumnis auf nur leichte Fahrlässigkeit zurückzuführen sei, welche die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht hindere.

Das Erstgericht wies mit Beschluss vom 16. 5. 2000 (ON 145) die Bekanntgabe des Dr. Michael W***** betreffend Eintritt in den Rechtsstreit gemäß § 105 Abs 4 ArbVG wegen Verspätung zurück und seinen Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Eintrittsfrist ab. Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass gemäß § 169 ArbVG die Fristenberechnung nach den Bestimmungen der §§ 32 und 33 AVG zu erfolgen habe. Nach § 32 Abs 1 AVG werde bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitgerechnet, auf den der Zeitpunkt oder das Ereignis falle, wonach sich der Anfang der Frist richten solle. Dieser Zeitpunkt sei im vorliegenden Fall der Hinterlegungszeitpunkt, welcher mit dem Beginn der Abholfrist ident sei. Dies ergebe sich aus § 17 Abs 3 ZustG, wonach der Fristenlauf mit dem Tag, an welchem die Sendung erstmals zur Abholung bereit gehalten werde, beginne und hinterlegte Sendungen mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt gelten. Dies sei hier der 18. 4. 2000 gewesen, welcher nicht in die Frist einzurechnen sei, sodass Fristbeginn der 19. 4. 2000 gewesen sei. Die Hinterlegung eines nicht eigenhändig zuzustellenden Schriftstückes beim ersten Zustellversuch sei als ordnungsgemäße Zustellung anzusehen. Lediglich § 21 ZustG sehe in seinem Abs 2 vor, dass nach dem ersten Zustellversuch die Aufforderung an den Empfänger zu richten sei, zu einer gleichzeitig zu bestimmenden Zeit an der Abgabestelle zur Annahme des Schriftstückes anwesend zu sein. Erst nach erfolglosem zweitem Zustellversuch sei dann mit Hinterlegung nach § 17 ZustG vorzugehen. Eine solche eigenhändige Zustellung sei jedoch hier nicht vorgesehen und daher auch nicht vorgenommen worden. Die vom Wiedereinsetzungswerber vorgebrachten Wiedereinsetzungsgründe seien keine tauglichen, sodass der Wiedereinsetzungsantrag auch ohne Bescheinigungsverfahren abzuweisen gewesen sei.

Dagegen erhob Dr. Michael W***** am 31. 5. 2000 Rekurs (ON 146) und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist in Ansehung des vorzubringenden Sachverhaltes, dass Mag. ***** auf Grund eines Informationsirrtums von einer Zustellung der Klagerücknahme zu eigenen Handen ausgegangen und diesfalls die Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung versäumt habe. Mag. ***** habe nämlich erst durch die Zustellung des Beschlusses des Erstgerichtes vom 16. 5. 2000 am 18. 5. 2000 davon erfahren, dass nicht eine eigenhändige Zustellung erfolgt sei, wie dies bei streitbeendigenden Erledigungen die Regel sei. Vor allem sei darauf hinzuweisen, dass auch die eingeschriebene Zustellung einen Vermerk aufweise, woraus ein erster und zweiter Zustellung hervorgehe.

Mit Beschluss vom 17. 8. 2000 (ON 154) wies das Erstgericht auch den weiteren Wiedereinsetzungsantrag mit der Begründung ab, dass das Vorbringen nicht geeignet sei, einen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund bzw das Vorliegen eines nur minderen Grades des Versehens darzutun. Es hätte dem Parteienvertreter bekannt sein müssen, unter welchen Voraussetzungen eigenhändige Zustellungen erfolgen und wann nicht. Er hätte sich daher auch nicht auf die von Dr. W***** erteilten Informationen verlassen, sondern den Zustellvorgang hinterfragen müssen.

Mit seinem Beschluss vom 30. 6. 2000 (ON 149) gab das Rekursgericht dem Rekurs des Dr. Michael W***** gegen den Beschluss des Erstgerichtes vom 16. 5. 2000 (ON 145) nicht Folge. Das Rekursgericht teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichtes, wonach der Eintritt als Kläger verspätet erklärt worden sei. Es liege hier kein einer Willenserklärung des Dienstgebers vergleichbarer Fall, sondern eine gerichtliche Zustellung vor. Nach § 17 Abs 3 ZustG beginne bei einer hinterlegten Sendung - die Ortsanwesenheit des Empfängers vorausgesetzt - der Lauf der Frist mit dem Tage, an welchem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten werde. Dies sei hier der 18. 4. 2000 gewesen. Die 14-tägige Eintrittsfrist des § 105 Abs 4 ArbVG habe somit am 19. 4. 2000 zu laufen begonnen, sodass die Erklärung vom 3. 5. 2000 um einen Tag verspätet sei. Der für Dr. Michael W***** einschreitende Vertreter sei bereits mit seiner Beauftragung durch den Mandanten als Bevollmächtigter anzusehen, sodass sein Verhalten dem Wiedereinsetzungswerber angerechnet werden müsse. Wenn es der Vertreter bei der Information belassen habe, dass Dr. Michael W***** die Verständigung am 19. 4. 2000 behoben habe, ohne nachzufragen, ab wann diese zur Abholung bereit gehalten worden sei, sei dies bereits grob fahrlässig, weil keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass in diesem Fall eine Eigenhandzustellung mit einem zweiten Zustellversuch hätte erfolgen müssen.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Dr. Michael W***** (ON 152) aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Beschluss auf Zurückweisung der Bekanntgabe vom 3. 5. 2000 aufgehoben und ausgesprochen werde, dass Dr. Michael W***** in den vorliegenden Rechtsstreit gemäß § 105 Abs 4 ArbVG als Kläger eingetreten sei, hilfsweise, den angefochtenen Beschluss aufzuheben; hilfsweise, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Eintrittsfrist gemäß § 105 Abs 4 ArbVG stattgegeben oder der angefochtene Beschluss aufgehoben werde.

Mit seinem Beschluss vom 11. 10. 2000 (ON 158) gab das Rekursgericht dem gegen den Beschluss des Erstgerichtes vom 17. 8. 2000 (ON 154) erhobenen Rekurs ebenfalls nicht Folge. Auch hinsichtlich des zweiten Wiedereinsetzungsantrages seien die im ersten Wiedereinsetzungsverfahren dargelegten Erwägungen maßgeblich. Der Vertreter des Dr. Michael W***** habe keinen stichhältigen Grund dafür gehabt, von einer Eigenhandzustellung auszugehen, im Zweifelsfall wäre er zu umgehenden Rückfragen verpflichtet gewesen. Gemäß § 149 Abs 1 ZPO seien in einem Wiedereinsetzungsantrag alle diesen Antrag begründenden Umstände anzuführen, widrigenfalls diese präkludiert seien (Gitschthaler in Rechberger, ZPO2 Rz 2 zu § 149). Auch der Einwand, Mag. ***** sei nicht als Prozessbevollmächtigter anzusehen, weil die Prozessbevollmächtigung erst mit der Eingabe vom 3. 5. 2000 gegenüber dem Gericht bekanntgegeben worden sei, sodass er als "Dritter" zu werten sei, gehe ins Leere. Bereits mit der Übernahme der Rechtsberatung sei von der Begründung eines Bevollmächtigungsverhältnisses auszugehen.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Dr. Michael W***** aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass dem Wiedereinsetzungsantrag stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Beide Revisionsrekurse sind nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zum Revisionsrekurs (ON 152) gegen den Beschluss des Rekursgerichtes ON 149:

Nimmt der Betriebsrat gemäß § 105 Abs 4 fünfter Satz die Anfechtungsklage ohne Zustimmung des gekündigten Arbeitnehmers zurück, so tritt die Wirkung der Klagerücknahme erst ein, wenn der vom Gericht hievon verständigte Arbeitnehmer nicht innerhalb von 14 Tagen ab Verständigung in den Rechtsstreit eintritt. Damit handelt es sich aber um keine rein privatrechtliche Erklärung, wie etwa eines Arbeitgebers gegenüber seinem Arbeitnehmer, sondern um einen Schritt des Verfahrensrechtes, welcher entsprechend den Verfahrensregeln (hier: des Zustellgesetzes) zu erfolgen hat. Dies geht im Übrigen auch aus der vom Rekurswerber zitierten Literaturstelle (Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht7 562 = nunmehr Schwarz/Löschnigg8

566) deutlich hervor, wo als Beispiel für den Zeitpunkt eines Zuganges ausdrücklich auf eine privatrechtliche (Kündigungs )Erklärung eines Arbeitgebers Bezug genommen wird. Demgegenüber wird aber deutlich unterschieden, dass es sich bei den Fristen des § 105 Abs 4 ArbVG um prozessuale handelt (Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht7 570 bzw Schwarz/Löschnigg8 575). Die in ihrem Wortsinn eindeutige Bestimmung des § 169 ArbVG lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass für die Berechnung und den Lauf der in diesem Bundesgesetz festgesetzten Fristen die Bestimmungen der §§ 32 und 33 des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes gelten. Gemäß § 32 Abs 1 AVG wird bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll. Das Zustellgesetz, welches gemäß § 1 Abs 1 die Zustellung sowohl von Gerichten als auch von Verwaltungsbehörden in Vollziehung der Gesetze regelt, sieht in seinem § 17 Abs 3 zweiter Satz vor, dass der Lauf der Frist zur Abholung einer hinterlegten Sendung mit dem Tag beginnt, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereit gehalten wird. Gemäß Satz 3 leg cit gelten hinterlegte Sendungen mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Nach einhelliger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0083986, zuletzt 14 Os 92/93) ist dann, wenn die Sendung noch am Tag des Zustellversuches erstmals beim Postamt zur Abholung bereit gehalten wird, dieser Tag als Tag der wirksamen Zustellung anzusehen. Dass der Rekurswerber an diesem Tage ortsabwesend gewesen und die Zustellung daher nicht wirksam geworden wäre, wurde nicht einmal behauptet.

Daraus folgt, dass die 14-tägige Frist des § 105 Abs 4 ArbVG am 19. 4. 2000 zu laufen begann und mit Ende des 2. 5. 2000 endete. Zutreffend haben die Vorinstanzen daher die Eingabe vom 3. 5. 2000 als verspätet beurteilt.

Auch die zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages dargelegten Argumente überzeugen nicht. Gemäß § 39 ZPO gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes auch für Bevollmächtigte. Der Wiedereinsetzungswerber hat sich daher ein Verschulden seines (freiwilligen) Vertreters wie eigenes Verschulden anrechnen zu lassen (Gitschthaler ZPO2 Rz 16 zu § 146; Fucik in Rechberger, ZPO2 Rz 1 zu § 39). Dem Argument, Mag. ***** sei erst mit Einbringung des Schriftsatzes vom 3. 5. 2000 zum Vertreter des Wiedereinsetzungswerbers geworden und somit vor diesem Zeitpunkt nur "Dritter" gewesen, dessen Verhalten dem Wiedereinsetzungswerber nicht anzurechnen sei, kann nicht beigepflichtet werden. Dies steht insbesondere mit dem eigenen Vorbringen des Wiedereinsetzungswerbers (AS 459) im Widerspruch, worin er selbst darauf hinweist "seiner ausgewiesenen Vertretung erklärt zu haben, dass ihm die Sendung des ASG-Wien am 19. 4. 2000 zugegangen sei ....". Wohl ist die Bekanntgabe der Prozessbevollmächtigung eine notwendige Voraussetzung für das Einschreiten beim Gericht und es leiten sich auch die weiteren Folgen, wie die Wirksamkeit von Zustellungen bzw die Abgabe und Inempfangnahme von Prozesserklärungen daraus ab, doch kann nicht übersehen werden, dass eine Partei, welche einen anderen mit ihrer Prozessvertretung beauftragt, damit auch die Verantwortung für die Setzung weiterer Verfahrensschritte an diesen abgibt. Der Wiedereinsetzungsgrund des unvorhergesehenen Ereignisses im Sinne des § 146 Abs 1 ZPO stellt auf ein subjektives Verhalten der Partei ab (Gitschthaler in Rechberger aaO Rz 2 zu § 146), weshalb auch das subjektive Verhalten des Vertreters, welcher mit der Annahme des Auftrages zu einem solchen wird, maßgeblich ist. Beim Vertreter des Rekurswerbers handelt es sich um eine qualifizierte Person im Sinne des § 40 Abs 1 Z 2 ASGG. Solche Funktionäre bedürfen, um eine Partei vor Gericht vertreten zu können, nicht nur einer von der Partei erteilten Prozessvollmacht, sondern auch einer Befugnis ihrer Interessenvertretung bzw Berufsvereinigung. Durch diese Befugnis soll die besondere Qualifikation dieser vertretungsberechtigten Personen sichergestellt werden (RV, zitiert bei Kuderna ASGG2 242). Diesen Intentionen trägt insbesondere die Bestimmung des § 40 Abs 3 ASGG Rechnung, wonach die mit der Vertretung durch einen Rechtsanwalt verbundenen Rechtsfolgen auch dann eintreten, wenn eine Partei durch eine andere qualifizierte Person vertreten wird. Wenngleich diesen Personen Vertretungsbefugnis vor dem Obersten Gerichtshof nicht zukommt, darf aber jedenfalls vorausgesetzt werden, dass sie über die vor den Gerichten erster und zweiter Instanz anzuwendenden Verfahrensgrundsätze, insbesondere die Wirkung von Zustellungen und Fristen, ausreichend Bescheid wissen. Insoweit ist es daher auch angezeigt, bei den genannten qualifizierten Vertretern jenen erhöhten Sorgfaltsmaßstab (Gitschthaler aaO Rz 14 zu § 146 mwN) anzulegen, welcher üblicherweise bei rechtskundigen Vertretern Anwendung findet. Unter diesem Aspekt erweist sich die Beurteilung des Rekursgerichtes, dass das dem Wiedereinsetzungswerber anzurechnende Verhalten seines Vertreters nicht nur als minderer Grad des Versehens zu beurteilen ist, als richtig. Gerade das vom Rekurswerber ins Treffen geführte Argument, dass "prozessbeendigende Entscheidungen in der Regel eigenhändig zugestellt werden" ist nicht nachvollziehbar, und war im Übrigen auch durch die knapp davor erfolgte Zustellung des Urteils (ON 134) augenscheinlich widerlegt. Da aber im Falle zulässiger Zustellungen durch Hinterlegung nicht erst die Abholung die Wirksamkeit der Zustellung bedingt, wäre es jedenfalls erforderlich gewesen, auch nach dem Datum der Hinterlegung und dem Beginn der Abholfrist zu fragen. Dies ist aber schon nach dem eigenen Vorbringen des Wiedereinsetzungswerbers nicht erfolgt. Schon eine einfache Nachfrage beim Wiedereinsetzungswerber oder aber eine durchaus zumutbare Einsicht in den ("weißen") Rückschein hätte ausreichenden Aufschluss sowohl über den Umstand, dass nur ein Zustellversuch erfolgt ist, als auch darüber ergeben, dass der Beginn der Abholfrist bereits mit 18. 4. 2000 anzusetzen wäre. Entgegen dem Vorbringen des Revisionsrekurswerbers ist es nicht notorisch, dass Sendungen entgegen einem vom Zustellorgan beurkundeten Vermerk nicht schon am Tage des Zustellversuches zur Abholung bereitgehalten werden. Es wäre daher am Wiedereinsetzungswerber gelegen, entsprechendes Tatsachenvorbringen zu erstatten, was jedoch unterblieben ist.

Zum Revisionsrekurs gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 11. 10. 2000, ON 158:

Hier kann auf die obigen Erwägungen sowie die zutreffende Begründung des Rekursgerichtes (§ 510 Abs 3 ZPO) verwiesen werden. Wäre der Vertreter des Wiedereinsetzungswerbers schon anlässlich der Einbringung der Eintrittserklärung im Sinne des § 105 Abs 4 ArbVG zu einer Prüfung der Zustellung der Verständigung verhalten gewesen, ist einer Argumentation, erst durch die Zurückweisung habe der Vertreter des Wiedereinsetzungswerbers von einer nicht eigenhändigen Zustellung erfahren können, der Boden entzogen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO iVm § 58 Abs 1 ASGG.

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