JudikaturJustiz9Ob43/18s

9Ob43/18s – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Juni 2018

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula in der Rechtssache der klagenden Partei H***** A*****, vertreten durch Fischer, Walla Matt Rechtsanwälte OG in Dornbirn, gegen die beklagte Partei E***** G*****, vertreten durch Dr. Katja Matt, Rechtsanwältin in Bregenz, sowie den auf Seiten der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenienten Dr. H***** K*****, wegen 5.982,90 EUR sA, über die „außerordentliche“ Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 6. März 2018, GZ 3 R 40/18g 24, mit dem über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Bregenz vom 1. Dezember 2017, GZ 4 C 208/17y 20, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Der Kläger und vormalige Mieter begehrte mit der vorliegenden Klage von der beklagten Vermieterin die Rückzahlung des für die Zeit von 15. 6. 2016 bis September 2017 wegen Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts zu Unrecht geleisteten Mietzinses inkl Betriebskosten iHv 5.982,90 EUR sA.

Die Beklagte bestritt und wendete compensando einen Betrag von 6.868,80 EUR an offenen Mietzinsen für die Zeit von Jänner 2017 bis Mai 2017 als Gegenforderung ein.

Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung als zu Recht, die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend an und gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge. Es bestätigte das Ersturteil hinsichtlich des Ausspruchs über das Zurechtbestehen der Klagsforderung, sprach aber in Abänderung des Ersturteils hinsichlich der Gegenforderung aus, dass auch diese zu Recht besteht und wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht sprach weiters aus, dass die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.

Gegen das Berufungsurteil erhob der Kläger unter Bezugnahme auf das Vorliegen einer Streitigkeit nach § 502 Abs 5 Z 2 ZPO eine „außerordentliche“ Revision an den Obersten Gerichtshof. Es liege eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO vor.

Das Rechtsmittel wurde vom Erstgericht dem Obersten Gerichtshof als „außerordentliche“ Revision unmittelbar vorgelegt.

Rechtliche Beurteilung

Eine außerordentliche Revision ist im vorliegenden Fall aber unzulässig:

Nach § 502 Abs 5 Z 2 ZPO gelten die Absätze 2 und 3 nicht für die unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Streitigkeiten, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrags entschieden wird. Der wesentliche Zweck der Ausnahmeregelung besteht darin, Entscheidungen in Fällen, in denen der Verlust des Bestandobjekts droht, unabhängig von der Bewertungsfrage bekämpfbar zu machen (RIS-Justiz RS0120190).

Ein derartiger Ausnahmefall liegt bei der hier ausschließlich auf Zahlung gerichteten Klage ohne gleichzeitige Entscheidung über die Kündigung, Räumung oder das Bestehen oder Nichtbestehen des Bestandvertrags nicht vor (vgl RIS-Justiz RS0042922 [T5]). Die Ausnahme gilt dann nicht, wenn die Kündigung, die Räumung oder die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens des Vertrags nicht Gegenstand des Verfahrens, sondern lediglich als Vorfrage zu beurteilen ist (RIS-Justiz RS0043006, RS0042950).

Die Zulässigkeit der Revision richtet sich daher nach § 502 Abs 3 ZPO, weil der berufungsgerichtliche Entscheidungsgegenstand an Geld zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen ist auch ein außerordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Eine Partei kann in einem solchen Fall nur gemäß § 508 Abs 1 ZPO einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass das ordentliche Rechtsmittel doch für zulässig erklärt werde. Mit demselben Schriftsatz ist das ordentliche Rechtsmittel auszuführen. Dieser Antrag, verbunden mit dem ordentlichen Rechtsmittel, ist beim Prozessgericht erster Instanz einzubringen und gemäß § 508 Abs 3 und 4 ZPO vom Rechtsmittelgericht zu behandeln. Erhebt in den dargestellten Fällen eine Partei ein Rechtsmittel, so ist dieses gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen. Das gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel verfehlt als „außerordentliches“ Rechtsmittel bezeichnet wird und wenn es an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist; auch dieser darf hierüber nur und erst dann entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei. Dies gilt ferner auch dann, wenn der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz nicht iSd § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RIS-Justiz RS0109623).

Das Erstgericht wird somit das Rechtsmittel des Klägers dem Berufungsgericht vorzulegen haben. Ob der Schriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS Justiz RS0109623 [T5]).

Der Akt ist daher ohne weitere inhaltliche Prüfung dem Erstgericht zurückzustellen.

Rechtssätze
5