JudikaturJustiz9Ob165/02h

9Ob165/02h – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. September 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz L. M*****, Kaufmann, ***** vertreten durch Fiebinger, Polak, Leon Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Dkfm Dr. M*****, Kaufmann, ***** vertreten durch Dr. Wolfgang Lenneis, Rechtsanwalt in Wien, wegen Abgabe einer Erklärung, in eventu Feststellung (Streitwert EUR 21.801,85), infolge ordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 14. März 2002, GZ 15 R 152/01k-20, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 21. Mai 2001, GZ 9 Cg 152/00i-16, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 2.833,92 (darin EUR 472,32 an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Mit Notariatsakt vom 23. 12. 1997 trat der Beklagte dem Kläger einen Geschäftsanteil an einer GmbH unter der Bedingung ab, dass bis zum 28. 2. 1998 schriftliche Zustimmungserklärungen der übrigen Gesellschafter sowie einer Bank vorliegen; der Beklagte verpflichtete sich, alles für den Eintritt der Bedingungen Erforderliche zu veranlassen. Festgehalten wurde, dass der Abtretungsvertrag als nicht geschlossen gelte, wenn die Bedingungen nicht fristgerecht eintreten. Eine schriftliche Zustimmung wurde von der Bank in der Folge nicht erklärt, die Zustimmungserklärung durch die übrigen Gesellschafter wurde erst nach dem vereinbarten Termin abgegeben.

Der Kläger berief sich in seiner Klage insbesondere darauf, dass der Beklagte den Eintritt der vereinbarten Bedingungen wider Treu und Glauben vereitelt hätte; aus diesem Grund habe die Bedingung als eingetreten zu gelten. Darüber hinaus hätten die Gesellschafter und die Bank der Abtretung fristgerecht formlos zugestimmt. Die Vorinstanzen wiesen die Klagebegehren im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass bei der Abtretung von Geschäftsanteilen an einer GmbH auf Grund der besonders zu betonenden Klarstellungsfunktion der Formpflicht die (behauptete) treuwidrige Bedingungsvereitelung durch einen Vertragsteil dem Eintritt der vereinbarten Bedingung nicht im Sinne eines fingierten Bedingungseintritts gleichgesetzt werden könne. Das Berufungsgericht wies insbesondere darauf hin, dass als einer der Zwecke der in § 76 GmbHG normierten Notariatsaktspflicht angesehen werde, dass die Identität des jeweiligen Gesellschafters (möglichst) sicher festgestellt werden könne. An Maßnahmen zur Gewährleistung der jederzeitigen Identifizierbarkeit der Gesellschafter gebe es ein berechtigtes Interesse. In das Firmenbuch einzutragende Tatsachen - um eine solche Tatsache handle es sich bei der Gesellschafterstellung - müssten sicher feststellbar sein. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil eine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum Verhältnis zwischen Notariatsaktspflicht und der Erfüllungsfiktion infolge Bedingungsvereitelung fehle.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig. Auf die Lösung der Frage, ob eine vom Veräußerer wider Treu und Glauben vereitelte Bedingung auch bei der Abtretung vom GmbH-Geschäftsanteilen als eingetreten gilt, kommt es angesichts der vom Kläger gestellten Begehren in diesem Verfahren gar nicht an. Eine andere erhebliche Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO zeigt der Revisionswerber nicht auf.

Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO will der Revisionswerber - mit dem Berufungsgericht - darin sehen, dass keine (gesicherte) Judikatur dazu existiert, ob und unter welchen Voraussetzungen die Figur der "Erfüllungsfiktion" im Fall treuwidriger Bedingungsvereitelung auch bei notariatsaktpflichtigen Rechtsgeschäften im Sinne des § 76 GmbHG herangezogen werden kann; je nach Lösung dieser Rechtsfrage bestehe ein klagbarer Anspruch auf Erfüllung dieses Rechtsgeschäfts bzw auf Feststellung, dass die Bedingung infolge Vereitelung als eingetreten gilt, oder lediglich auf Schadenersatz. Schließlich gebe es keine Rechtsprechung zur Frage, ob Nebenbestimmungen eines notariatsaktpflichtigen Vertrages, wie hier die Frist zum Bedingungseintritt, der Notariatsaktspflicht unterliegen.

Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers ist die Frage, ob auch bei einem derartigen notariatsaktspflichtigen Geschäft die treuwidrige Vereitelung einer vereinbarten aufschiebenden Bedingung einem Eintritt dieser Bestimmung gleichzusetzen ist, für die Entscheidung über die vorliegenden Klagebegehren nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Die Frage, ob Nebenbestimmungen eines der Notariatsaktpflicht unterliegenden Vertrages nur bei Einhaltung der angeordneten Form wirksam sind, stellt sich ebenfalls nicht, weil Vereinbarungen, die unmittelbar die Wirksamkeit des Vertrages betreffen (hier des vereinbarten Zeitpunkts, zu dem der Vertrag mangels Bedingungseintritts als nicht abgeschlossen zu betrachten sein soll), keine "Nebenbestimmungen" darstellen (vgl auch Brugger, NZ 1993, 1 ff zum ähnlich gelagerten Fall der Bindungsfrist für ein Abtretungsanbot); ist die Bedingung zum vereinbarten Zeitpunkt nicht eingetreten, muss der bis dahin "schwebend unwirksame" Vertrag als endgültig unwirksam betrachtet werden, da anderes mit der Formpflicht nicht vereinbar wäre, der nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes (ecolex 1992, 634, JBl 1990, 715, NZ 1990, 279) im Bereich des § 76 GmbHG auch eine Klarstellungsfunktion zukommt. Käme nun die sonst im Rahmen der Rechtsgeschäftslehre in Lehre und Rechtsprechung anerkannte Gleichsetzung von Bedingungseintritt und der vom Vertragspartner treuwidrig herbeigeführten Bedingungsvereitelung - im Sinne der Auffassung der Vorinstanzen - wegen des hier mit der Notariatsaktspflicht verfolgten Gesetzeszwecks nicht zur Anwendung, wäre die Vereinbarung zwischen den Streitteilen über die Abtretung eines Geschäftsanteils als - mangels Bedingungseintritts - endgültig unwirksam anzusehen. Da sich die Formvorschrift des § 76 GmbHG auch auf das Verpflichtungsgeschäft sowie Vorverträge und ähnliche Vereinbarungen bezieht, kann sich der Kläger auch nicht darauf berufen, dass ihm der Beklagte - außerhalb des Notariatsaktes - die Verlängerung der Frist für den Bedingungseintritt zugesagt hätte (siehe dazu nur RIS-Justiz RS0059900, RS0024739). Ebensowenig ist von Bedeutung, ob - wie der Kläger behauptet - der Beklagte ihm von vornherein erklärt habe, die Einholung der vorgesehenen schriftlichen Zustimmungserklärungen werde bis zum vorgesehenen Termin ohne weiteres zu erlangen sein. Ebensowenig ist entscheidend, ob die Zustimmungserklärung der Bank, zu deren Gunsten ein Pfandrecht am Geschäftsanteil des Beklagten bestand, zur Anteilsübertragung tatsächlich erforderlich gewesen wäre. Die Streitteile haben im Abtretungsvertrag unmissverständlich das Vorliegen der schriftlichen Zustimmungserklärungen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Bedingung erhoben und darüber hinaus ausdrücklich vereinbart, dass der Abtretungsvertrag als nicht geschlossen gelte, wenn diese Bedingungen nicht bis zum 28. 2. 1998 eingetreten sind. Mangels formwirksamer Verpflichtung des Beklagten über diesen Termin hinaus ist er entgegen dem Hauptbegehren der Klage nicht gehalten, eine Ergänzungsvereinbarung über eine Verlängerung der Frist für den Bedingungseintritt zu unterfertigen und eine schriftliche Zustimmungserklärung der Bank einzuholen. Inwieweit dem Kläger allenfalls Schadenersatz zustehen könnte, ist mangels entsprechenden Begehrens nicht zu prüfen.

Das Hauptbegehren geht aber auch ins Leere, wenn man der Rechtsauffassung des Klägers folgen wollte, wonach die vereinbarten Bedingungen (Vorliegen der schriftlichen Zustimmungserklärungen) deshalb als eingetreten gelten, weil der Beklagte deren Eintritt - trotz entsprechender Bemühungsverpflichtung im Abtretungsvertrag - wider Treu und Glauben vereitelt habe. Wendet man nämlich diesen Rechtsgrundsatz auch auf Bedingungen in einem Abtretungsvertrag über GmbH-Geschäftsanteile an, so käme man zum Ergebnis, dass die Bedingung als (fristgerecht) eingetreten zu gelten hätte, womit - der Notariatsakt enthält sowohl das Verpflichtungs- als auch das Verfügungsgeschäft - der Geschäftsanteil im abgetretenen Ausmaß spätestens am 1. 3. 1998 auf den Kläger übergegangen ist. Unter diesen Umständen bestünde der erhobene Anspruch auf Unterfertigung einer Ergänzungsvereinbarung sowie auf Einholung und Übergabe einer Zustimmungserklärung der Bank nicht; diese Schritte wären ja zur Herbeiführung der Abtretung nicht mehr erforderlich. In seinem ersten Eventualbegehren beantragt der Kläger, den Beklagten für schuldig zu erkennen, gegenüber der GmbH durch notarielle Erklärung zu bestätigen, dass die Bedingungen des Abtretungsvertrages fristgerecht eingetreten sind und der Kläger als Gesellschafter im Firmenbuch eingetragen werden kann. Eine solche Verpflichtung des Beklagten kann schon deshalb nicht bestehen, weil der Kläger selbst wiederholt zugesteht, dass die vereinbarten Bedingungen, nämlich das Vorliegen der Zustimmungserklärungen bis zum 28. 2. 1998, gerade nicht eingetreten sind. Warum der Beklagte zur Abgabe einer wahrheitswidrigen Erklärung über den Bedingungseintritt - und die daran anknüpfenden Rechtsfolgen - verpflichtet sein könnte, legt der Revisionswerber nicht einmal ansatzweise dar.

Soweit der Revisionswerber schließlich in seinem zweiten Eventualbegehren die Feststellung anstrebt, dass der Beklagte wider Treu und Glauben die im Abtretungsvertrag definierten Bedingungen vereitelt habe und daher diese Bedingungen als eingetreten zu gelten hätten, ist ihm entgegenzuhalten, dass dieses Begehren durch § 228 ZPO nicht gedeckt ist. Die genannte Bestimmung lässt - abgesehen von der Frage der Echtheit einer Urkunde - nur die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechts oder Rechtsverhältnisses zu, nicht aber die Feststellung einzelner Tatbestandsmerkmale, die allenfalls geeignet sein könnten, ein Recht des Klägers zu begründen. Es kommt daher weder die Feststellung in Betracht, dass der Beklagte den Bedingungseintritt vereitelt hat, noch dass diese (vereitelten) Bedingungen rechtlich als eingetreten zu gelten hätten (vgl nur EvBl 1956/58, JBl 1991, 659).

Der Kläger hat dem Beklagten gemäß den §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO die Kosten seiner (zweckentsprechenden) Revisionsbeantwortung zu ersetzen, in der zutreffend auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen wurde.

Rechtssätze
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