JudikaturJustiz8ObA14/07b

8ObA14/07b – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. November 2007

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Lukas Stärker und Dr. Vera Moczarski als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Michael K*****, vertreten durch Freimüller Noll Obereder Pilz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei K***** GmbH Co KG, ***** vertreten durch Dr. Hubert Simon, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 360.000 EUR), über die außerordentliche Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Jänner 2007, GZ 7 Ra 148/06w-20, womit über Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 6. Juni 2006, GZ 24 Cga 24/06h-13, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

„Das Klagebegehren, es werde festgestellt, dass das zwischen der Beklagten und dem Kläger bestehende Dienstverhältnis auch über den 31. 1. 2006 hinaus aufrecht sei, wird abgewiesen.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 14.922,80 EUR (darin enthalten 2.485,77 EUR USt, 8,16 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 6.455,84 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 1.046,80 EUR USt, 175 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Einzig persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten ist die K***** GmbH. Nicht vertretungsbefugte Kommanditisten sind H*****, die N*****-GmbH sowie die A***** GmbH (W*****-Gruppe, in der Folge immer: W*****). Gemäß Punkt IV.2 des Gesellschaftsvertrages über die Errichtung der Beklagten obliegt ihre Geschäftsführung und Vertretung im Außenverhältnis der Komplementärin. H***** (in der Folge immer: Geschäftsführer) ist selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten. Gesellschafter dieser GmbH sind der Geschäftsführer und die N***** GmbH je zur Hälfte.

Gemäß Punkt 2.1 der Rahmenvereinbarung zwischen dem Geschäftsführer und der W***** aus dem Jahre 1987, durch welche der Geschäftsführer und die W*****zu Alleingesellschaftern der Rechtsvorgängerin der Komplementärgesellschaft wurden, ist der Geschäftsführer in der Geschäftsführung allein entscheidungs- und vertretungsbefugt. Nach Punkt 11 dieser Vereinbarung kann er keine Weisungen von den Gesellschafterversammlungen der Gesellschaften der Unternehmensgruppe erhalten. Er bedarf nur zu bestimmten, in Punkt 3 aufgezählten Geschäften einer Zustimmung. In diesem Rahmenvertrag ist das Recht auf Bestellung des Chefredakteurs als eines der Familie des Geschäftsführers definiert. Über einen geschäftsführenden Chefredakteur enthält der Rahmenvertrag keine Regelungen. Der Kläger ist seit 1959 bei der Beklagten bzw ihrer Rechtsvorgängerin beschäftigt. Er leitete zuletzt das Sportressort und übte die Tätigkeit eines stellvertretenden Chefredakteurs aus. Mit der zwischen den Gesellschaftern der Beklagten am 24. 1. 2003 geschlossenen Vereinbarung wurde die Funktion eines geschäftsführenden Chefredakteurs wieder eingeführt. Diese Position hatte es mehrere Jahre nicht gegeben. Die Vereinbarung hatte den Zweck, Unstimmigkeiten zwischen den Gesellschaftern der Beklagten zu beseitigen: Der Geschäftsführer hatte ohne Zustimmung der W***** seinen Sohn um den 15. 1. 2003 als Chefredakteur eingesetzt. Mit der Vereinbarung vom 24. 1. 2003 wurde ein Kompromiss zwischen dem Geschäftsführer und der W***** geschlossen. Neben dem Sohn des Geschäftsführers wurde ein geschäftsführender Chefredakteur (der Kläger) eingesetzt, der von der W***** nominiert werden durfte.

Punkt 4.1 der Vereinbarung lautet:

Den W*****-Gesellschaften wird das Recht zur Bestellung des geschäftsführenden Chefredakteurs unter Anwendung der folgenden Regelungen eingeräumt.

Punkt 4.2 der Gesellschaftervereinbarung hat folgenden Inhalt:

H***** hat als Chefredakteur Dr. C*****.... benannt. Die W*****-Gesellschaften haben erklärt, dass sie von der Geltendmachung eines Ablehnungsrechtes in diesem Zusammenhang Abstand nehmen. H***** hat zugesichert, seine Zustimmung zur Bestellung von Herrn H*****, Herrn K***** (Kläger) oder von Herrn B***** zum geschäftsführenden Chefredakteur zu erklären, soferne einer von diesen von den W*****-Gesellschaften namhaft gemacht wird. Die Bestellung von Dr. C***** zum Chefredakteur ist damit einvernehmlich erfolgt. Mit dieser Vereinbarung wurde die Personalhoheit des Geschäftsführers über redaktionelle Mitarbeiter an den Chefredakteur und an den geschäftsführenden Chefredakteur übertragen, die diese einvernehmlich ausüben sollten, obwohl der Chefredakteur in der Hierarchie etwas über dem geschäftsführenden Chefredakteur stand. Für den Fall der Nichteinigung dieser beiden sieht Punkt 2.1.c der Vereinbarung vor:

.....Betrifft die anstehende Entscheidung einen stellvertretenden Chefredakteur oder einen Landeschefredakteur, so entscheidet die Gesellschafterversammlung, wobei der Gruppe D***** und der Gruppe W***** je eine Stimme zukommt....

Die Abberufung oder Entlassung eines (geschäftsführenden) Chefredakteurs wurde in dieser Vereinbarung nicht geregelt, weil man diese auf Wunsch aller Beteiligten so kurz wie möglich halten wollte. Der Kläger erhielt nach seiner Bestellung zum geschäftsführenden Chefredakteur keinen neuen Dienstvertrag von der Beklagten. Er erhielt aber - ohne Wissen des Geschäftsführers - eine Art Zulage von der W*****.

Der genaue Inhalt der Vereinbarung vom 24. 1. 2003 wurde dem Kläger durch die Gesellschafter der W***** knapp nach dem 24. 1. 2003 zur Kenntnis gebracht. Diese erklärten dem Kläger die mit seiner Bestellung verbundenen Aufgaben.

Die Chefredaktion wurde in der Folge vom Kläger und dem Chefredakteur gemeinsam geführt bzw von jenem der beiden, der gerade im Haus anwesend war. Konnten sich der Chefredakteur und der Kläger nicht einigen, wurde das in der Vereinbarung vom 24. 1. 2003 für solche Fälle festgehaltene Prozedere eingehalten. Sowohl der Chefredakteur als auch der Kläger betrachteten die Vereinbarung als Grundlage ihrer Tätigkeit. Der Aufgabenbereich des Klägers erweiterte sich dadurch. Der Geschäftsführer ersuchte die Mitgesellschafter der W***** schriftlich um Zustimmung, bevor er die Entlassung des Klägers am 31. 1. 2006 aussprach. Eine Zustimmung zur Entlassung wurde nicht erteilt.

Das „Redakteurstatut" der „N*****-Zeitung" vom 29. 11. 1974 „ist noch immer in Kraft" und wurde damals auch vom Kläger unterfertigt. Bereits zum Zeitpunkt der Vereinbarung dieses Statutes gab es die Position des geschäftsführenden Chefredakteurs.

Punkt 5 des Statutes legt fest:

Berufung, Kündigung und Entlassung des Chefredakteurs und seiner Stellvertreter ist Sache der Eigentümer. Die Redaktionsversammlung ist über einen geplanten Wechsel in der Chefredaktion rechtzeitig zu informieren. Sie kann begründete Einwände vorbringen und ihrerseits personelle Vorschläge unterbreiten. Bei wiederholter Verletzung des Redakteurstatutes durch den Chefredakteur haben die Eigentümer die Pflicht, über einen mit 2/3-Mehrheit in geheimer Abstimmung gefassten Beschluss der Redakteursversammlung den Chefredakteur abzuberufen. Ob Verletzungen des Statutes vorliegen, entscheidet ein Schiedsgericht im Sinne der Zivilprozessordnung...

Punkt 8 lautet wie folgt:

Berufung, Kündigung und Entlassung des Redakteurs ist Sache des Chefredakteurs, der dabei im Einvernehmen mit dem Herausgeber handelt. Er hat den Redakteursbeirat und die betroffenen Ressortleiter spätestens fünf Tage vor der Verwirklichung einer solchen Absicht zu verständigen und sie zur Meinungsäußerung aufzufordern. Bei schwerwiegenden Bedenken von einem Drittel des Redakteurbeirats gegen eine Berufung, Kündigung oder Entlassung von Redakteuren ist die beabsichtigte Maßnahme auf drei Monate (bei Kündigung zusätzlich zur Kündigungsfrist) auszusetzen. In sozialen Härtefällen wird bei einstimmigem Beschluss des Redakteurbeirates die Aussetzungsfrist auf sechs Monate erhöht. Diesfalls dürfen Kündigungs- und Aussetzungsfrist jedoch zusammengenommen nicht mehr als neun Monate betragen.

Punkt 12 bestimmt:

Dieses Redakteurstatut schließen einerseits Eigentümer, Verleger, Herausgeber und Geschäftsführer ................, andererseits alle bei der „N*****-Zeitung" und bei der D***** beschäftigten Redakteure ab. Sie werden unterschriftlich vertreten durch den Redakteursbeirat, den Betriebsrat und die Sektion Journalisten im ÖGB. Damit wird das Statut Bestandteil jedes Redakteurvertrages.

Die gegenwärtigen Eigentümer und Herausgeber verpflichten sich, alle aus diesem Statut sich ergebenden Verpflichtungen bei einer Abtretung ihrer Anteile oder eines Teiles hievon den Erwerbern zu überbinden. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass das zwischen den Streitteilen bestehende Dienstverhältnis auch über den 31. 1. 2006 hinaus aufrecht sei. Er sei aufgrund der Vereinbarung vom 24. 1. 2003 von sämtlichen Gesellschaftern der Beklagten gemeinsam zum geschäftsführenden Chefredakteur bestellt worden. Seine Stellung sowie die ihm eingeräumten Befugnisse ergäben sich aus dieser Vereinbarung, die dem Kläger zur Kenntnis gebracht worden sei und die somit auch Vertragsbestandteil geworden sei. Eine allfällige Abberufung oder Entlassung des Klägers könne gemäß dieser Vereinbarung - wie auch seine Bestellung - nur durch die Gesellschafter gemeinsam erfolgen. Die von der Beklagten erklärte Entlassung sei rechtsunwirksam, weil es einen einvernehmlichen Beschluss der Gesellschafter (Eigentümer) der Beklagten über die Entlassung des Klägers nicht gebe. Überdies regle Punkt 5 des Redakteurstatutes die Entlassung des Chefredakteurs. Diese Entlassung könne nur von allen Eigentümern gemeinsam ausgesprochen werden. Die Beklagte wendet ein, dass es zum Zeitpunkt des Abschlusses des Redakteurstatutes 1974 die Position eines „geschäftsführenden Chefredakteurs" nicht gegeben habe. Seine Bestellung und Abberufung sei daher durch das Redakteurstatut nicht geregelt. Überdies könne das Redakteurstatut das Recht des Dienstgebers, Dienstverhältnisse bei der Verwirklichung eines Entlassungsgrundes unverzüglich zu beenden, nicht einschränken. Die Beklagte sei Eigentümerin des Redaktionsunternehmens im Sinne des Redakteurstatutes aus 1974. Die Gesellschaftervereinbarung vom 24. 1. 2003 beinhalte nicht, dass die Entlassung des Klägers nur im Einvernehmen aller Gesellschafter erfolgen könne. Es sei keine Vereinbarung dahin getroffen worden, dass die Vertretungsbefugnis der Komplementärgesellschaft nicht auch die Entlassung des Klägers erfassen würde. Vielmehr sei in der Vereinbarung vom 24. 1. 2003 die Abberufung des Klägers, der zu diesem Zeitpunkt bereits Dienstnehmer der Beklagten gewesen sei, überhaupt nicht geregelt worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es erachtete rechtlich, dass der Geschäftsführer als einzig selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft an und für sich gesellschaftsrechtlich befugt sei, den Chefredakteur zu entlassen. Diese Dispositionsmöglichkeit sei durch privatrechtliche Vereinbarung zwischen den Gesellschaftern in dem Gesellschafterbeschluss vom 24. 1. 2003 eingeschränkt worden. Die Vereinbarung könne nur dahin verstanden werden, dass die Entlassung des Klägers nur mit Zustimmung der W***** erfolgen könne. Allerdings sei die Vereinbarung vom 24. 1. 2003 bloß als eine Art „Syndikatsvertrag" zu werten. Dieser Stimmrechtsbindungsvertrag entfalte nur schuldrechtliche Wirkung. Der Kläger als Dritter bzw Dienstnehmer der Beklagten könne daher aus der Vereinbarung nicht das im Verfahren relevierte Recht ableiten, nur von allen Gesellschaftern gemeinsam entlassen/abberufen zu werden. Die Vereinbarung vom 24. 1. 2003 sei dem Kläger auch vom Dienstgeber nie offengelegt worden. Allerdings bestehe der alte Dienstvertrag des Klägers nach wie vor aufrecht. Lediglich die Bestimmungen der Vereinbarung vom 24. 1. 2003 hinsichtlich der dadurch erweiterten Befugnisse des Klägers seien Inhalt seines Dienstvertrages geworden. Im Übrigen gelte nach wie vor das Redakteurstatut. Nach dessen Punkt 5 sei die Entlassung des Chefredakteurs und seiner Stellvertreter Sache der Eigentümer. Unter den Eigentümern einer KG seien auch die Kommanditisten zu verstehen, weil das Vermögen der KG im Gesamthandeigentum der Gesellschafter stehe. Jedenfalls aber hätte die zweite Gesellschafterin der Komplementärgesellschaft zustimmen müssen. Der Kläger als geschäfsführender Chefredakteur falle auch unter diese Bestimmung, weil er mit dem Chefredakteur gemeinsam die Chefredaktion einvernehmlich leiten sollte. Dieses Statut gelte nach wie vor und sei auch vom Kläger unterfertigt worden. Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes. Inhaltlich billigte das Berufungsgericht die Rechtsauffassung des Erstgerichtes, dass 1974 geregelt worden sei, dass die Entlassung des Chefredakteurs (und somit auch des geschäftsführenden Chefredakteurs) Sache der Eigentümer sei, worunter auch die Kommanditisten zu verstehen seien. Überdies meinte das Berufungsgericht, dass der Kläger aus der Vereinbarung vom 24. 1. 2003 unmittelbar Rechte ableiten könne: Die Beendigung des Dienstverhältnisses des Klägers sei deshalb den Gesellschaftern vorbehalten, weil durch diese Beendigung in das mit Gesellschafterbeschluss vom 24. 1. 2003 neu geschaffene Gesellschaftsverhältnis eingegriffen würde. Die Vertretungsmacht des Komplementärs der KG erstrecke sich nicht auf Geschäfte, die die Grundlage der Gesellschaft, also das Verhältnis der Gesellschafter untereinander, beträfen, vor allem nicht auf Änderungen des Gesellschaftsvertrages.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von der Beklagten erhobene außerordentliche Revision ist zulässig, weil die Auslegung des Redakteurstatutes durch die Vorinstanzen korrekturbedürftig erscheint. Die Revision ist auch berechtigt.

Vorauszuschicken ist, dass im Verfahren ausschließlich zu klären ist, ob die durch den Geschäftsführer der Beklagten ausgesprochene Entlassung des Klägers wirksam erfolgte. Ob hingegen die Entlassung berechtigt war, ob also der Kläger Entlassungsgründe gesetzt hat, ist in diesem Verfahren, das ausschließlich eine Feststellungsklage zum Gegenstand hat, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers über den Entlassungszeitpunkt hinaus aufrecht sei, nicht maßgeblich. Die Vorinstanzen sind übereinstimmend davon ausgegangen, dass das Redakteurstatut aus 1974, das die Rechtsvorgängerin der nun Beklagten betraf, „nach wie vor gelte" und dahin auszulegen sei, dass die Entlassung auch eines geschäftsführenden Chefredakteurs nur mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter, also auch der Kommanditisten, erfolgen könne.

Dieser Auslegung kann nicht gefolgt werden:

1974 existierte keine gesetzliche Regelung über ein Redakteurstatut (nun: Redaktionsstatut). Erstmals eine gesetzliche Regelung erfuhr das Redaktionsstatut durch § 5 MedienG 1981. Gemäß § 5 Abs 1 MedienG können für die Medienunternehmen und Mediendienste Redaktionsstatuten geschlossen werden, die die Zusammenarbeit in publizistischen Angelegenheiten regeln. Demgegenüber hatte die Regierungsvorlage zum MedienG eine nähere Umschreibung des Regelungsinhaltes von Redaktionsstatuten vorgesehen, die nach dem Bericht des Justizausschusses entfiel, weil nach dessen Ansicht Redaktionsstatuten kein bestimmter (Mindest)inhalt vorgeschrieben werden soll. Publizistische Angelegenheiten betreffen vorrangig Fragen der grundlegenden Richtung des Mediums und des journalistischen Niveaus. Festgelegt werden können im Hinblick auf Personalfragen und die Annahme oder Ablehnung von Beiträgen unter anderem gewisse Informations-, Anhörungs- und Vorschlagsrechte (vgl dazu Noll in Berka/Höhne/Noll/Polley, MedienG² § 5 Rz 6). Gemäß § 5 Abs 2 MedienG wird ein Redaktionsstatut zwischen dem Medieninhaber und einer Redaktionsvertretung vereinbart, die von der Redakteursversammlung nach dem Grundsatz der Verhältniswahl zu wählen ist. Die Vereinbarung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung der Redaktionsversammlung, die diese mit der Mehrheit von zwei Dritteln ihrer Angehörigen erteilt. Der Redaktionsversammlung gehören alle fest angestellten Medienmitarbeiter an.

Redaktionsstatuten mit dem gemäß MedienG 1981 vorgesehenen Inhalt, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des MedienG bereits bestanden haben, aber nicht entsprechend den Regelungen des § 5 MedienG zustande gekommen sind, gelten gemäß Art VI der Übergangsbestimmungen zum MedienG 1981 grundsätzlich weiter. Sofern sie lediglich den gesetzlich vorgesehenen Entstehungsregelungen nicht entsprechen, schadet dieser Umstand ihrer Wirksamkeit nicht.

In der Lehre ist die Rechtsnatur von Redaktionsstatuten - mit Ausnahme des Redaktionsstatutes des ORF, das aber eine eigenständige Regelung erfahren hat, die sich wesentlich von jener des § 5 MedienG unterscheidet - umstritten. Unabhängig davon jedoch, ob man Redaktionsstatuten als Betriebsvereinbarungen oder betriebsvereinbarungsähnliche Vereinbarungen wertet (so Noll in Berka/Höhne/Noll/Polley, MedienG² § 5 Rz 4; Brandstetter/Schmid, MedienG² § 5 Rz 1), ob man sie als „freie Betriebsvereinbarungen" ansieht (Swoboda, Das Recht der Presse² 28 f) oder ob man eine dem Wesen nach rein privatrechtliche Vereinbarung annimmt (Hanusch, Kommentar zum MedienG § 5 Rz 1; Mayer-Maly, Arbeits- und presserechtliche Aspekte des Mediengesetzes 1981, JBl 1981, 622 [627]), ist der Beklagten darin zu folgen, dass aus dem Gesamtzusammenhang des Redakteurstatutes aus 1974 abzuleiten ist, dass Punkt 5 keine Einschränkung des Entlassungsrechtes des Dienstgebers enthält. Damit bedarf es aber auch keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob das Redakteurstatut aus 1974 im Sinne der Übergangsbestimmungen zum MedienG als Redaktionsstatut weiter gilt:

Punkt 5 des Redakteurstatutes bezweckte nur eine Klarstellung dahin, dass die Redakteursversammlung in der Frage der Entlassung des Chefredakteurs und seines Stellvertreters zunächst kein Mitbestimmungsrecht hat und eine Entlassung nur unter den in Punkt 5 vorgesehenen Fällen durch die Redakteursversammlung „erzwungen" werden kann. Das zeigt sich deutlich daran, dass in Punkt 8 des Redakteurstatutes geregelt ist, dass Berufung, Kündigung und Entlassung der Redakteure Sache des Chefredakteurs ist, der dabei im Einvernehmen mit dem Herausgeber handelt. Punkt 5 und 8 des Redakteurstatutes legen somit lediglich eine Kompetenzverteilung in Personalfragen fest; wobei Berufung, Kündigung und Entlassung des Chefredakteurs und seines Stellvertreters in die Kompetenz der „Eigentümer" verwiesen ist, Berufung, Kündigung und Entlassung der Redakteure hingegen in die Kompetenz des Chefredakteurs im Einvernehmen mit dem Herausgeber. Jedenfalls nach dem 1974 herrschenden Verständnis waren „Eigentümer" einer KG (auch die Rechtsvorgängerin der nun Beklagten betrieb das Unternehmen in der Rechtsform einer KG) die Gesellschafter (RIS-Justiz RS0061395; RS0061428 uva). Damit ist aber für den Kläger nichts gewonnen, weil aus dem Verweis auf die „Eigentümer" in Punkt 5 des Redakteursstatutes - in Abgrenzung zu Punkt 8 - nur abzuleiten ist, dass in der Frage der Entlassung des Chefredakteurs und seines Stellvertreters grundsätzlich - mit Ausnahme der Möglichkeit der Abberufung des Chefredakteurs (auch) durch einen in geheimer Abstimmung gefassten Beschluss der Redakteursversammlung mit 2/3 Mehrheit - keine Mitbestimmungsrechte der Redakteursversammlung bestehen, vielmehr die Kompetenz dazu der im Eigentum der Gesellschafter stehenden KG (zu deren Stellung als Arbeitgeberin siehe 9 ObA 21/99z; 8 ObS 185/02t) zukommt, deren organschaftliche Vertretung dem Komplementär zusteht. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass das Redakteursstatut durch die Verwendung des Begriffes „Eigentümer" zum Ausdruck bringen wollte, dass eine Beschränkung des Entlassungsrechtes dahin beabsichtigt war, dass sämtliche Kommanditisten ihre Zustimmung zur Entlassung des Chefredakteurs oder seines Stellvertreters erteilen müssen, ist somit unzutreffend. Vielmehr ist auch nach dem Inhalt des Redakteurstatutes die Wirksamkeit der Entlassung eines Chefredakteurs und seines Stellvertreters ausschließlich danach zu beurteilen, ob das dazu vertretungsbefugte Organ die Entlassung vorgenommen hat. Dass der Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft grundsätzlich berechtigt ist, Entlassungen auszusprechen, wird auch vom Kläger nicht bezweifelt.

Daraus folgt aber, dass selbst unter der Annahme, dass das Redakteurstatut aus 1974 als Redaktionsstatut weiter gilt und zum vertraglichen Bestandteil des Redakteursvertrages des Klägers wurde, und unter der weiteren Annahme, dass Punkt 5 des Redakteurstatutes auch auf die Position des geschäftsführenden Chefredakteurs anzuwenden ist, für den Kläger nichts zu gewinnen ist, weil eine Einschränkung des Entlassungsrechtes des Chefredakteurs und seines Stellvertreters durch das Redakteurstatut aus 1974 nicht erfolgte, vielmehr das Entlassungsrecht dem Dienstgeber (der KG) zusteht. Somit bedarf es einer Auseinandersetzung damit, ob die Berechtigung zur Entlassung durch die Gesellschaftervereinbarung vom 24. 1. 2003 eine inhaltliche Änderung erfuhr.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes ist diese Frage schon deshalb zu verneinen, weil eine Auslegung der Gesellschaftervereinbarung vom 24. 1. 2003 unabhängig davon, in welcher Form sie dem Kläger zur Kenntnis gebracht wurde und ob der Kläger in diese Vereinbarung eingebunden wurde, ergibt, dass weder eine generelle Unauflösbarkeit des Dienstverhältnisses noch eine Beschränkung des Entlassungsrechtes des Geschäftsführers vereinbart wurde: Die Vereinbarung legt ihrem Wortlaut nach - zum Zweck der Bereinigung gesellschaftsinterner Missstimmigkeiten - lediglich fest, dass der W***** das Recht zur Bestellung eines geschäftsführenden Chefredakteurs eingeräumt wird. Im Gegenzug dazu stimmte die W***** der Bestellung des Sohnes des Geschäftsführers zum Chefredakteur zu. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes wurde die Abberufung oder Entlassung des geschäftsführenden Chefredakteurs in der Vereinbarung deshalb nicht geregelt, weil man diese auf Wunsch aller Beteiligten so kurz wie möglich halten wollte. Aus dieser - von der Beklagten in ihrer Berufung zwar bekämpften, vom Berufungsgericht aber ausdrücklich übernommenen - Feststellung lässt sich jedenfalls kein übereinstimmender Parteiwille dahin ableiten, dass eine Entlassung des geschäftsführenden Chefredakteurs nur mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter, also auch der nicht vertretungsbefugten Kommanditisten, erfolgen könne. Die Frage der Abberufung des geschäftsführenden Chefredakteurs blieb somit in der Gesellschaftervereinbarung vom 24. 1. 2003 ungeregelt. Die Vorinstanzen haben dazu - dem Vorbringen des Klägers folgend - die Auffassung vertreten, dass eine ergänzende Vertragsauslegung ergebe, dass die „Abberufung" des geschäftsführenden Chefredakteurs nur im Einvernehmen sämtlicher Gesellschafter erfolgen könne, weil die Bestellung des geschäftsführenden Chefredakteurs ansonsten sinnlos würde, könnte doch der Geschäftsführer den geschäftsführenden Chefredakteur jederzeit abberufen, was dem Zweck der Gesellschaftervereinbarung vom 24. 1. 2003 (Beilegung von Konflikten zwischen den Gesellschaftern in der Frage der Chefredaktion der Zeitung) zuwiderlaufen würde.

Für diese Auslegung spricht, dass der Zweck der Vereinbarung die Annahme rechtfertigt, dass die vertragsschließenden Parteien von einer gewissen Dauer der Bestellung des Klägers ausgingen. Gegen diese Auslegung spricht allerdings, dass zwischen den Parteien unstrittig ist, dass dem Abschluss der Gesellschaftervereinbarung vom 24. 1. 2003 umfangreiche Vertragsverhandlungen unter Beiziehung mehrerer (im Verfahren jeweils vernommener) Rechtsanwälte vorangingen. Die Annahme, den Beteiligten sei nicht bekannt gewesen, dass ein geschäftsführender Chefredakteur nicht nur bestellt, sondern auch wieder „abberufen" (durch Kündigung oder Entlassung) werden kann, wäre geradezu lebensfremd. Dieser Umstand spricht eher dafür, dass zwar die Frage der Bestellung des geschäftsführenden Chefredakteurs eine ausdrückliche Regelung erfuhr, die Frage seiner Abberufung aber ausdrücklich ungeregelt blieb. In diesem Fall wäre kein Platz für eine ergänzende Vertragsauslegung.

Letztlich kann jedoch die Beantwortung dieser Frage dahin stehen:

Selbst wenn man nämlich davon ausgehen wollte, dass Konsens darüber erzielt wurde, dass eine Kündigung des Dienstverhältnisses durch den Geschäftsführer als vertretungsbefugtes Organ der Komplementärgesellschaft im Innenverhältnis, also gesellschafterintern, an eine Zustimmung der übrigen Gesellschafter gebunden sein sollte, lässt sich der Vereinbarung jedenfalls nicht entnehmen, dass der Geschäftsführer in seinem Entlassungsrecht, also dem Recht, das Dienstverhältnis aus wichtigen Gründen zu beenden, beschränkt werden sollte: Eine derartig weitreichende Einschränkung der Befugnisse des zuständigen Organs ist im Zweifel ohne ausdrückliche Regelung nicht zu unterstellen.

War aber der Geschäftsführer als vertretungsbefugtes Organ zur Entlassung des Klägers berechtigt, beendete die Entlassungserklärung das Dienstverhältnis unabhängig davon, ob die Entlassung berechtigt oder unberechtigt erfolgte. In letzterem Fall bestünden nur - hier nicht zu prüfende - Schadenersatzansprüche des Klägers und allenfalls Schadenersatzansprüche der übrigen Gesellschafter, legt man die Vereinbarung so aus, dass gesellschafterintern vereinbart war, dass der Geschäftsführer vor Kündigung des Dienstverhältnisses die Zustimmung der Kommanditisten einzuholen hatte.

Für den Kläger ist auch nichts gewonnen, wenn man - seinem Vorbringen folgend - unterstellt, er sei in die Gesellschaftervereinbarung „eingebunden" gewesen: Ein vertraglicher Ausschluss der freien Kündbarkeit des Dienstverhältnisses, der ähnlich wie ein besonderer gesetzlicher Kündigungsschutz oder Entlassungsschutz wirkt (RIS-Justiz RS0028484), ist der Vereinbarung selbst dann nicht zu entnehmen, wenn man unterstellen wollte, die Gesellschafter hätten vereinbart, dass sie einer Kündigung des Dienstverhältnisses durch den Geschäftsführer zustimmen müssen. Dieses „Zustimmungsrecht" hätte ja nur den Sinn, den Zweck der Gesellschaftervereinbarung abzusichern, nicht aber, dem Kläger ein unkündbares Dienstverhältnis zu verschaffen.

Die Ausführungen in der Revisionsbeantwortung dazu, dass die Bestellung eines Gesellschaftsorgans durch Gesellschafterbeschluss nach sich ziehe, dass auch ausschließlich die Gesellschafter befugt seien, das Anstellungsverhältnis des Organs zu beenden, lassen außer Acht, dass dem Kläger niemals Organstellung in der Gesellschaft zukam. Der Kläger war auch niemals „fakultatives" Gesellschaftsorgan. Dass im konkreten Fall die Gesellschafter der Bestellung des Klägers zustimmten, bewirkt keine automatische Verknüpfung dahin, dass das zur Entlassung von Dienstnehmern befugte Organ (hier: der Geschäftsführer) in seinem Entlassungsrecht beschränkt wäre. Da somit die Gesellschaftervereinbarung unabhängig davon, ob und in welcher Form der Kläger in sie eingebunden war, dahin auszulegen ist, dass dadurch das Entlassungsrecht des Geschäftsführers nicht beschränkt wurde, liegen auch die in der Berufungsbeantwortung des Klägers gerügten Feststellungsmängel nicht vor. Die in der Berufungsbeantwortung aufgestellte Behauptung, der W***** sei das Recht zugestanden, eine Funktionsperiode des Klägers für (höchstens) fünf Jahre vorzuschlagen, wurde in erster Instanz nicht aufgestellt und stellt daher eine unzulässige Neuerung dar.

Daraus folgt zusammengefasst, dass eine Beschränkung des Entlassungsrechtes des vertretungsbefugten Organs weder aus dem Redakteurstatut aus 1974 noch aus der Gesellschaftervereinbarung vom 24. 1. 2003 abzuleiten ist. Die vom Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft am 31. 1. 2006 ausgesprochene Entlassung des Klägers war somit wirksam und beendete das Dienstverhältnis des Klägers unabhängig davon, ob die Entlassung nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen gerechtfertigt war. Das ausschließlich auf Feststellung des aufrechten Bestandes des Dienstverhältnisses über den 31. 1. 2006 hinaus lautende Begehren des Klägers war in Abänderung der Urteile der Vorinstanzen abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gründet sich ebenso wie die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf §§ 41, 50 ZPO.

Der Beweisantrag vom 21. 3. 2006 ist lediglich nach TP 2 des RAT zu honorieren. Die - nicht näher bescheinigten - Kopierkosten stehen nicht zu (4 Ob 149/07a mit ausführlicher Begründung).

Rechtssätze
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