JudikaturJustiz8Ob5/89

8Ob5/89 – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Februar 1989

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Schwarz und Dr. Graf als Richter in der Konkurssache der Gemeinschuldnerin Karin P***, Hausfrau, 4822 Bad Goisern, Bahnhofstraße 218, vertreten durch Dipl.Ing. Wilhelm P***, Kaufmann, ebendort, beide vertreten durch Dr. Josef Raffl, Rechtsanwalt in Bad Ischl, infolge A) Revisionsrekurses der Gemeinschuldnerin und des Dipl.Ing. Wilhelm P*** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 27. Oktober 1988, GZ 2 R 279-284/87 und 2 R 52-58/88-301, womit Beschlüsse des Kreisgerichtes Wels GZ S 66/86-68, 83, 84, 97, 98, 118, 133, 143, 147 und 171 teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben und womit der Rekurs dagegen teilweise zurückgewiesen wurde, sowie B) Delegierungsantrages folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1.) Der Delegierungsantrag des Dipl.Ing. Wilhelm P*** wird zurückgewiesen.

2.) Dem Delegierungsantrag der Gemeinschuldnerin wird nicht Folge gegeben.

3.) Der Revisionsrekurs des Dipl.Ing. Wilhelm P*** wird zurückgewiesen.

4.) Der Revisionsrekurs der Gemeinschuldnerin gegen die Beschlüsse 2 R 280, 281, 283 und 284/87 sowie 2 R 56, 57 und 58/88 wird zurückgewiesen.

5.) Dem Revisionsrekurs der Gemeinschuldnerin gegen die Beschlüsse 2 R 279/87 und 2 R 52/88 wird nicht Folge gegeben.

6.) Hingegen wird dem Revisionsrekurs der Gemeinschuldnerin gegen den Beschluß 2 R 282/87 (betreffend den erstgerichtlichen Beschluß ON 97) Folge gegeben und der angefochtene Beschluß aufgehoben.

Dem Rekursgericht wird diesbezüglich aufgetragen, unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund eine neue Entscheidung zu fällen.

Text

Begründung:

Am 31. Oktober 1986 wurde über das Vermögen der Karin P*** der Konkurs eröffnet (ON 2). In diesem Konkursverfahren faßte das Erstgericht folgende, für das Revisionsrekursverfahren noch bedeutsame Beschlüsse:

a) Bewilligung der kridamäßigen Versteigerung einer Liegenschaftshälfte der Gemeinschuldnerin (ON 68);

b) Abweisung des Antrages der Gemeinschuldnerin auf Ausscheidung der Liegenschaftshälfte EZ 381 KG Goisern aus der Konkursmasse (ON 83);

c) Zurückweisung des Antrages der Gemeinschuldnerin auf Nichtigkeitserklärung des Eröffnungsbeschlusses (ON 84);

d) Abweisung des Antrages (ON 86) der Gemeinschuldnerin auf Aufhebung des Konkurses gemäß § 166 Abs 2 KO (ON 97);

e) Zurückweisung einer "Nichtigkeitsbeschwerde" gegen die mit Beschluß ON 68 bewilligte kridamäßige Versteigerung (ON 98);

f) Zurückweisung des als Nichtigkeitsbeschwerde bezeichneten Rekurses gegen den bestätigenden Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz, 2 R 42/87 (ON 118);

g) Auftrag zur Vorlage eines Vermögensbekenntnisses gemäß § 100 KO (ON 133);

h) Zurückweisung des Rekurses ON 141 gegen den Beschluß ON 138 über die Genehmigung einer Anfechtungsklage (ON 147);

i) Abweisung der Anträge ON 158 und 160 auf Bewilligung der Verfahrenshilfe sowie Zurückweisung des Rechtsmittels ON 161 gegen den Verbesserungsauftrag ON 159 (ON 171);

j) Abweisung des Antrages ON 139 der Gemeinschuldnerin auf Aufhebung des Konkurses und Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde der Gemeinschuldnerin gegen den Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 1. September 1987, 5 Ob 347-351/87 und 5 N 316-320/87 (Punkte 1. und 2. des Beschlusses vom 11. November 1987, ON 143) sowie Verhängung einer Ordnungsstrafe von S 15.000,- über Dipl.Ing. Wilhelm P*** (Punkt 3. des Beschlusses ON 143). Das Gericht zweiter Instanz bestätigte über Rekurs der Gemeinschuldnerin die Beschlüsse ON 84 (2 R 281/87), ON 98 (2 R 283/87), ON 118 (2 R 284/87), ON 147 (2 R 56/88), ON 171 (2 R 57, 58/88) und wies den Rekurs der Gemeinschuldnerin gegen die Beschlüsse ON 68 (2 R 279/87), ON 97 (2 R 282/87) und ON 133 (2 R 52/88) mangels Beschwer zurück; ferner gab es dem Rekurs dem Dipl.Ing. Wilhelm P*** gegen Punkt 3. des Beschlusses ON 143 (2 R 55/88) nicht Folge. Den Beschluß ON 83 hob es zur Ergänzung des Verfahrens und neuen Entscheidung auf (2 R 280/87). Gegen den Beschluß zweiter Instanz erhoben die Gemeinschuldnerin und Dipl.Ing. Wilhelm P*** insoweit Revisionsrekurs, als sich die rekursgerichtliche Entscheidung auf die im vorigen Absatz genannten erstgerichtlichen Beschlüsse bezog, und zwar mit dem Antrag, ihren Rekursen Folge zu geben, in eventu, die Entscheidung aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen; gleichzeitig wurde beantragt, die Rechtssache zur Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck zu delegieren.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Dipl.Ing. Wilhelm P*** ist unzulässig, derjenige der Gemeinschuldnerin ist teilweise unzulässig, teilweise nicht berechtigt und teilweise berechtigt.

Der Delegierungsantrag des Dipl.Ing Wilhelm P*** ist unzulässig, derjenige der Gemeinschuldnerin ist nicht berechtigt.

1. Zu den Delegierungsanträgen:

Gemäß § 31 Abs 1 JN, der gemäß § 171 KO auch im Konkursverfahren anzuwenden ist, kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichtes ein anderes gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Delegierungen aus einem Oberlandesgerichtsprengel in einen anderen sind dabei gemäß § 31 Abs 2 JN dem Obersten Gerichtshof vorbehalten. Da dem Dipl.Ing. Wilhelm P*** aber in dem Konkursverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin Karin P*** keine Parteistellung zukommt, ist sein Delegierungsantrag als unzulässig zurückzuweisen. Karin P*** berief sich zur Begründung ihres Delegierungsantrages auf die Ablehnung von Richtern der Vorinstanzen. Ablehnungsanträge könnten aber nicht einmal dann, wenn sie gerechtfertigt wären (abgesehen von dem hier nicht gegebenen Fall des § 30 JN), die Delegierung der Rechtssache an ein anderes Gericht rechtfertigen. Der Delegierungsantrag der Gemeinschuldnerin war daher abzuweisen, weil von ihr die in § 31 Abs 1 JN geforderten Zweckmäßigkeitsgründe gar nicht geltend gemacht wurden. Auf die Rechtsmittelausführungen betreffend die Ablehnung von Richtern der Vorinstanzen wird bei der Behandlung ihres Revisionsrekurses zurückzukommen sein.

2. Zum Revisionsrekurs des Dipl.Ing. Wilhelm P***:

Der Revisionsrekurs des Dipl.Ing. Wilhelm P*** ist zur Gänze unzulässig, weil der ihn betreffende Punkt 3. des Beschlusses ON 143 (Ordnungsstrafe) vom Gericht zweiter Instanz bestätigt wurde (2 R 55/88) und daher ein Rechtsmittel gemäß § 528 Abs 1 Z 1 ZPO (§ 171 KO) an den Obersten Gerichtshof unzulässig ist. Die anderen von ihm angefochtenen Beschlüsse betreffen ausschließlich das Konkursverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin Karin P***, so daß ihm diesbezüglich die Rechtsmittellegitimation fehlt, weil durch diese Beschlüsse nicht in seine Rechtssphäre eingegriffen wird. Sein Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

3. Zum Revisionsrekurs der Gemeinschuldnerin:

Da die erstgerichtlichen Beschlüsse ON 84, 98, 118, 147 und 171 durch das Rekursgericht bestätigt wurden, ist der Revisionsrekurs der Gemeinschuldnerin insoweit gemäß § 528 Abs 1 Z 1 ZPO (§ 171 KO) unzulässig und daher zurückzuweisen.

Unzulässig ist auch der Rekurs gegen den in den Rechtsmittelgründen ohne nähere Begründung als angefochten erwähnten Aufhebungsbeschluß 2 R 280/87, betreffend den erstgerichtlichen Beschluß ON 83 (§ 527 Abs 2 ZPO iVm § 171 KO).

Der im zulässigen Teil des Revisionsrekurses der Gemeinschuldnerin geltend gemachte Nichtigkeitsgrund, es hätten infolge unerledigter Ablehnungsanträge unzulässigerweise die Richter des Rekursgerichtes Dr. Wolfgang K***, Dr. Reinhard S*** und Dr. Josef K*** entschieden, ist nicht gegeben. Der diese Richter betreffende Ablehnungsantrag der Gemeinschuldnerin wurde mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 11. Juli 1988 (JV 3.974/17 Punkt 3/88-8), bestätigt durch Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 1. September 1988 (8 Ob 30/88), zurückgewiesen. Die Rechtsmittelwerberin selbst konnte im Revisionsrekurs keinen konkreten Ablehnungsantrag gegen die Richter des Rekurssenates nennen. Eine Überprüfung der Aktenlage ergab, daß solche Ablehnungsanträge auch nicht vorliegen, ausgenommen solche, die sich entweder in pauschalen Beschuldigungen oder in ständig wiederholten, bereits erledigten Ablehnungsbehauptungen erschöpfen. Solche bedürften aber - wie der Oberste Gerichtshof bereits aussprach - keiner eigenen gerichtlichen Entscheidung (8 N 10/88 ua). Die von der Gemeinschuldnerin geltend gemachte Nichtigkeit ist daher nicht gegeben.

Im übrigen ist zum Revisionsrekurs der Gemeinschuldnerin, soweit er zulässigerweise erhoben wurde, folgendes zu sagen:

a) Zu ON 68:

Da die mit Beschluß ON 68 bewilligte kridamäßige Versteigerung mit Beschluß vom 16. Juli 1987 des Bezirksgerichtes Bad Ischl (E 10/87-10) gemäß § 200 Z 3 EO eingestellt worden war, verneinte das Rekursgericht zutreffend das Weiterbestehen des Rechtsschutzinteresses der Gemeinschuldnerin an der seinerzeitigen Exekutionsbewilligung. Damit sind nämlich - wie das Rekursgericht zutreffend ausführte - alle bisher durchgeführten Exekutionsakte aufgehoben (EvBl 1965/172). Eine Fortsetzung dieses Verfahrens ist nicht möglich. Entgegen der Rechtsmeinung der Gemeinschuldnerin muß aber das Rechtsschutzinteresse nicht nur zur Zeit der Rekurserhebung, sondern auch noch zur Zeit der Entscheidung darüber fortbestehen (EvBl 1969/327 uva).

b) Zu ON 133:

Die vom Rekursgericht ausgesprochene zutreffende Rechtsansicht, die Aufforderung des Konkursgerichtes an den Gemeinschuldner, gemäß § 100 KO ein Vermögensverzeichnis vorzulegen, sei ein ausschließlich verfahrensrechtlicher und nicht der Rechtskraft fähiger Beschluß, so daß ein Rechtsmittel erst gegen jenen Beschluß zulässig sei, der die Rechtsfolgen der Befolgung oder Nichtbefolgung des gerichtlichen Auftrages ausspreche, wird von der Gemeinschuldnerin in ihrem Revisionsrekurs gar nicht bekämpft. Sie macht diesbezüglich lediglich die bereits oben als unzutreffend beurteilte Nichtigkeit wegen der Beteiligung befangener Richter an der Rekursentscheidung geltend.

Die Zurückweisung des Rekurses der Gemeinschuldnerin erfolgte daher auch in diesem Punkt zu Recht.

c) Zu ON 97:

Mit Beschluß ON 97 wies das Erstgericht den Antrag der Gemeinschuldnerin auf Aufhebung des Konkurses mangels Kostendeckung gemäß § 166 Abs 2 KO mit der Begründung ab, der Konkursmasse fließe ein nicht durch Rechte Dritter belasteter täglicher Bestandzins von S 800,- (zuzüglich Umsatzsteuer) zu. Bisher seien auf diese Weise S 114.080,- beim Masseverwalter eingegangen. Es sei daher nicht einmal Anlaß gegeben gewesen, jemanden zur Leistung eines Kostenvorschusses aufzufordern.

Das Gericht zweiter Instanz wies den Rekurs der Gemeinschuldnerin gegen diesen Beschluß mit der Begründung zurück, ein Rechtsschutzbedürfnis der Gemeinschuldnerin an einer Einstellung nach § 166 Abs 2 KO könne solange nicht bejaht werden, als noch nicht alle gesetzlichen Möglichkeiten ausgeschöpft seien, die Konkursabwicklung durch Verteilung der Masse zumindest unter alle Massegläubiger abzuschließen, weil die Gemeinschuldnerin durch eine Fortsetzung des Konkursverfahrens mit entsprechender zusätzlicher Kostenverursachung nicht beschwert werde.

Dieser Rechtsansicht kann nicht gefolgt werden. Es ist zwar richtig, daß für Masseschulden der Gemeinschuldner nur mit der Masse haftet (Bartsch-Heil, Grundriß4 Rz 218), doch bedeutet dieser Umstand nicht, daß der Gemeinschuldner durch die Schaffung weiterer Masseschulden nicht beeinträchtigt würde, weil eben dadurch das zur Begleichung solcher Schulden aufgewendete Vermögen nicht zur Verminderung anderer ihn treffender Schulden verwendet werden kann. Lehre (Pollak I 676) und Rechtsprechung (SZ 23/28) gehen daher - mangels entgegenstehender gesetzlicher Bestimmungen - davon aus, daß der Beschluß, der die Aufhebung des Konkurses ablehnt, auch vom Gemeinschuldner anfechtbar ist. Das Rekursgericht hätte demnach über das Rechtsmittel der Gemeinschuldnerin meritorisch entscheiden müssen. Es war deshalb der Beschluß des Rekursgerichtes, soweit er sich auf dem erstgerichtlichen Beschluß ON 97 bezieht, (2 R 282/87) aufzuheben und dem Gericht zweiter Instanz eine Entscheidung in der Sache selbst aufzutragen.

Im übrigen war wie im Spruch zu entscheiden.

Rechtssätze
7