JudikaturJustiz8Ob1518/96

8Ob1518/96 – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Juli 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag, Dr.Ehmayr, Dr.Langer und Dr.Adamovic als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Raiffeisenkasse eG R*****, vertreten durch Dr.Axel Fuith, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei August S*****, vertreten durch Dr.Franz Purtscher, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen restlich S 1,606.770 sA (Revisionsinteresse S 929.044) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 15.Dezember 1995, GZ 4 R 1031/95i-69, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

22.536 (einschließlich S 3.756 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Beklagte wendet sich in seiner außerordentlichen Revision gegen die Höhe des der klagenden Partei zugesprochenen Rückabwicklungsanspruchs aus einem grundverkehrsrechtlich nicht genehmigten Kaufvertrag (näheres siehe Vorakt 8 Ob 636/90).

Der klagenden Partei wurde vorerst eine Revisionsbeantwortung freigestellt.

Die nähere Prüfung der vom Beklagten vorgebrachten umfangreichen Argumente zeigt jedoch, daß er keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag, die ao. Revision zurückzuweisen war.

Den Argumenten des Beklagten ist insgesamt entgegenzuhalten:

1. Ob der Beklagte eine Gegenforderung gehörig geltend gemacht hat, betrifft eine Frage des Einzelfalles, die das Berufungsgericht im Einklang mit den Denkgesetzen verneint hat: Der Beklagte hat nämlich nicht behauptet, daß die zwischenzeitig aufgelaufenen Betriebskosten, die er als Gegenforderung geltend gemacht hat, zur Erhaltung des Liegenschaftswertes erforderlich gewesen wären; dieser Umstand geht auch aus vorgelegten Belegen großteils gar nicht hervor.

2. Bei aufschiebend bedingten Rechtsgeschäften, die nicht genehmigt werden und daher als von Anfang an nichtig zu behandeln sind, bestehen keine vertraglichen nachwirkenden Treue- und Sorgfaltspflichten (SZ 63/72); es könnten nur gesetzliche, aus dem Bereicherungsrecht ableitbare bestehen. Jedoch kann aus dem bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsanspruch nicht abgeleitet werden, daß die klagende Partei verpflichtet gewesen wäre, am gemeinsamen Verkauf der Liegenschaft mitzuwirken und sich mit dem erzielbaren Kaufpreis zu begnügen; es ist ausschließlich Sache des Beklagten, wie er den Geldbetrag aufbringt, den er Zug-um-Zug gegen Rückgabe der Liegenschaft bezahlen muß; er kann sich die Liegenschaft auch behalten und diesen Geldbetrag anderwärtig beschaffen.

3. Zum Einwand, die bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsansprüche seien unübersichtlich; es gebe nur eine geringe Rechtsprechung zu § 331 ABGB; eine Modifikation des § 331 ABGB sei beim Bereicherungsrecht angebracht; er sei jedenfalls nicht schuldig, mehr als den anderwärtig erzielten Kaufpreis herauszugeben, ist auszuführen: Die Rückabwicklungsansprüche aus einem nichtigen Kaufvertrag (§ 877 ABGB) richten sich nach einhelliger Ansicht nach bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten. Wußten wie im vorliegenden Fall, beide Teile, daß der Kaufvertrag voraussichtlich grundverkehrsrechtlich nicht genehmigt werde, ist der Käufer in Ansehung des Aufwandersatzes als redlicher Besitzer anzusehen und es gebührt ihm daher bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung Aufwandersatz nach § 331 ABGB (JBl 1992, 594 ua). Eine Beschränkung auf den bei einem anderwärtigen Verkauf erzielten Kaufpreis ist dieser Bestimmung nicht zu entnehmen. Der Verkehrswert der Liegenschaft kann durchaus höher als der vom Beklagten von einem Dritten lukrierte Kaufpreis sein; der Beklagte kann ja ungünstig verkauft haben, was ausschließlich in seine Risikosphäre fällt.

Keiner der von der Lehre (vgl für alle Koziol/Welser, Grundriß I10 438 mwN) und teilweise auch von der Rechtsprechung anerkannten Minderungsgründe für den nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen errechneten Rückabwicklungsanspruch (Nachteilsausgleich) kann vom Beklagten zielführend für sich ins Treffen geführt werden. Er ist weder schutzwürdiger als sein Vertragspartner, wußten doch beide von der Gefahr der Nichtgenehmigung und setzten deshalb auch Umgehungshandlungen (siehe Vorakt), noch trifft ihn die Rückzahlung unerwartet unverhältnismäßig hart. Er wußte, daß der Käufer auf dem Grund eine luxuriöse Einfamilienvilla bauen wolle. Daß es im Falle der Weiterveräußerung bei Nichtgenehmigung des Kaufvertrages schwierig sein würde, einen dem vollen nunmehrigen Verkehrswert der Liegenschaft samt Villa entsprechenden Kaufpreis zu erzielen, weil infolge des Tiroler Grundverkehrsgesetzes nur ein sehr beschränkter Käuferkreis vorhanden ist, mußte dem Beklagten bewußt sein. Der Umstand, daß der Beklagte offenbar wegen des Prozesses mit dem Verkauf der Liegenschaft nicht mehr weiter zuwarten wollte, bis er einen besseren Käufer gefunden hätte, rechtfertigt nicht die Schmälerung des Rückabwicklungsanspruchs der klagenden Partei wegen besonderer Härte gegenüber dem Beklagten.

4. Soweit der Beklagte einwendet, er hättte Schadenersatzansprüche wegen materiell rechtswidriger Verfahrenshandlungen und überdies keinen Anlaß zur Klagsführung gegeben, da er stets den gemeinsamen Verkauf der Liegenschaft angeboten habe, ist er einerseits darauf zu verweisen, daß - wie bereits ausgeführt - die klagende Partei nicht verpflichtet war, die Liegenschaft gemeinsam mit ihm zu verkaufen und sich mit dem erzielten Kaufpreis zu begnügen, und andererseits derart, daß der Beklagte eine Schadenersatzforderung wegen materiell rechtswidriger Verfahrenshandlungen compensando nicht eingewendet hat. Seine Argumente, der Prozeß sei unnötig gewesen, er habe keine Klagsveranlassung gegeben, richten sich nämlich lediglich gegen die Kostenentscheidung. Die Kostenentscheidung ist aber in dritter Instanz stets unanfechtbar (§ 528 Abs 2 Z 3 ZPO), sodaß hierauf ebensowenig wie auf das Argument einzugehen ist, daß bei Bereicherungsansprüchen das starre Erfolgshaftungsprinzip bei Kostenersatz zu modifizieren sei.

Der Kostenzuspruch an die klagende Partei beruht auf den §§ 41, 50 ZPO, weil der klagenden Partei die Revisionsbeantwortung freigestellt wurde und sie auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat.