JudikaturJustiz7Ob71/05z

7Ob71/05z – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Mai 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs, 1030 Wien, Schwarzenbergplatz 7, vertreten durch Dr. Thomas Mader, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Rudolf V*****, vertreten durch Dr. Franz Podovsovnik, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 10.875,73 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 8. November 2004, GZ 12 R 215/04g 63, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 18. Juni 2004, GZ 28 Cg 26/98v 59, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 686,88 (darin enthalten EUR 114,48 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 3. 6. 1992 ereignete sich in Tschechien (damals noch Tschechoslowakei) ein Verkehrsunfall, an welchem eine tschechische Lenkerin mit einem vom Beklagten gehaltenen PKW, der ein österreichisches amtliches Kennzeichen hatte, und ein schwedischer Staatsbürger als Lenker eines in Tschechien zugelassenen PKWs Volvo beteiligt waren. Der Schadensfall wurde über ein tschechisches Versicherungsunternehmen abgewickelt, das dem Eigentümer des PKWs Volvo einen Schaden in Höhe von 360.610 tschechischen Kronen ersetzte. Auf Grund des multilateralen Garantieabkommens zwischen den nationalen Versicherungsbüros vom 15. 3. 1991 hat der klagende Verband der tschechischen Versicherung am 23. 3. 1994 diesen Betrag zuzüglich einer 15 %igen Bearbeitungsgebühr von 54.092 tschechischen Kronen, insgesamt sohin 414.702 tschechische Kronen, ersetzt.

Im ersten Rechtsgang wiesen die Vorinstanzen die am 12. 3. 1997 beim Erstgericht eingelangte, auf Ersatz dieser Zahlung (von [zuletzt] EUR 12.571,79 = S 172.991,58 sA) gerichtete Klage ab.

Zur Vermeidung von Wiederholungen ist hier auf den im ersten Rechtsgang gefassten Aufhebungsbeschluss 7 Ob 281/00z zu verweisen. Darin hat der erkennende Senat bereits dargelegt,

- dass der klagende Verband auf Grund des multilateralen Garantieabkommens zwischen den nationalen Versicherungsbüros vom „14. 3. 1991" [richtig: 15. 3. 1991] (wiedergegeben in Grubmann , Das österreichische Kraftfahrrecht II 442 Anm 5 zu § 62 KFG) gleich einem Haftpflichtversicherer für das Fahrzeug des Beklagten einzustehen hatte, wobei dem zahlenden Büro (hier dem Kläger) eine Stellung ähnlich der eines Haftpflichtversicherers im Sinne des § 158c VersVG zukam;

- dass sich die Rsp über das anzuwendende Recht bei Geltendmachung von Regressforderungen von Haftpflichtversicherungen auch auf den Kläger anwenden lässt;

- dass der Kläger aufgrund der Legalzession des § 1358 ABGB bzw der §§ 158c, 158f VersVG grundsätzlich forderungsberechtigt ist;

- dass es sich hier also um einen „quasi versicherungsvertragsrechtlichen" Regressanspruch, der sich am Regressanspruch des Versicherers nach § 67 VersVG „zu orientieren" habe handelt,

- dass die Regressberechtigung des Klägers dementsprechend erst mit der Zahlung des Schadensbetrages an das liquidierende nationale Büro eintrete und

- dass die vorliegende Klagsführung daher nach österreichischem Recht noch nicht verjährt sei (7 Ob 281/00z).

Im zweiten Rechtsgang hat das Erstgericht - ausgehend von der durch den Obersten Gerichtshof somit grundsätzlich bejahten Regressberechtigung des Klägers - dem Klagebegehren (abgesehen von der unbekämpften Teilabweisung von Gebühren und Spesen) stattgegeben und die einzig offen gebliebene Frage, ob der Kläger allenfalls einen nach tschechischem Recht im Zeitpunkt der Liquidierung bereits verjährten Anspruch bezahlt habe, verneint.

Unter Hinweis darauf, dass letzteres in der Berufung des Beklagten gar nicht in Zweifel gezogen werde, bestätigte das Berufungsgericht die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil der Oberste Gerichtshof die Frage der Verjährung des eingeklagten Anspruchs schon bindend entschieden habe.

Die Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs wird nunmehr damit begründet, dem Revisionswerber solle die Möglichkeit geboten werden, folgende rechtliche Argumente, denen über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukomme, an den Obersten Gerichtshof heranzutragen:

Die Regressberechtigung des klagenden Verbandes sei zwar - nach der bindenden Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes im ersten Rechtsgang - erst mit der Zahlung des Schadensbetrages an das liquidierende nationale Büro eingetreten, und die "vorliegende Klageführung" sei daher nach dem auf die Frage der Verjährung des Regressanspruches anzuwendenden österreichischen Recht noch nicht verjährt, weil der Kläger die gegenständliche Forderung am 23. 3. 1994 bezahlt habe und die vorliegende Regressklage am 12. 3. 1997 (also innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1489 ABGB) beim Erstgericht eingelangt sei. Demgegenüber argumentiere der Revisionswerber in seinem Antrag nach § 508 ZPO jedoch damit, dass es nicht auf die effektive Zahlung ankommen dürfe, sondern auf die Kenntnis der Zahlungsverpflichtung (der Inanspruchnahme) mit Schreiben vom 7. 1. 1994, weil es der Kläger sonst in der Hand hätte, durch die Verzögerung bei der Abwicklung der Zahlung den Eintritt der Verjährung willkürlich Hinauszuschieben. Außerdem sei es unbillig dem Kläger als Regressberechtigten eine längere Verjährungsfrist einzuräumen als dem Geschädigten (nach tschechischem Recht) zustehen würde (nämlich zwei Jahre).

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht dafür angeführten Gründen zulässig aber nicht berechtigt.

Der Revisionswerber hinaus beruft sich auch noch darauf, dass die im ersten Rechtsgang vertretene Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes der vom Höchstgericht bisher vertretenen Auffassung widerspreche, wonach die Legalzession nichts an der Verjährung des übergegangenen Anspruches ändere, und die Verjährungszeit auf den Legalzessionar so übergehe, wie sie zum Zeitpunkt des Forderungsübergangs bestanden habe.

Richtig ist, dass (auch) die Regressforderung in Legalzessionsfällen - wie zB nach §§ 67 oder 158 f VersVG - gemäß § 1489 ABGB in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Schaden und die Person des Schädigers dem Geschädigten (und nicht dem regressberechtigten Versicherer) bekannt geworden ist, verjährt, weil sie derselben Verjährung wie der übergegangene Anspruch unterliegt (stRsp und Lehre; RIS Justiz RS0034383; RS0080423; 7 Ob 233/99m; 7 Ob 91/01k; zuletzt: 7 Ob 168/04p; Gamerith in Rummel ³ II/3 § 1358 ABGB Rz 7a).

Demgemäß ist aber - entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung - der Zeitpunkt, zu dem der Versicherer von der Person des Regresspflichtigen oder von den Umständen, die seine Regresspflicht begründen, Kenntnis erhält, für die Verjährung der Regressforderung ohne Bedeutung (RIS Justiz RS0034383; RS0034541; RS0080423; so ausdrücklich auch schon JBl 1979, 257, ZVR 1989/87 uam; ebenso Hübsch im Berliner Kommentar zum dVVG und öVersVG, Rn 22 zu § 158 f VersVG auch zur Rechtslage zum insoweit wortgleichen § 158 f dVVG), weil sich am Beginn und Ablauf der Verjährungszeit nichts ändert (SZ 58/90; zuletzt: 7 Ob 91/01k).

Es trifft also iSd dargestellten Rechtslage lediglich zu, dass nach stRsp und Lehre die Legalzession nichts an der Verjährung des übergegangenen Anspruches ändert, und die Verjährungszeit auf den Legalzessionar so übergeht, wie sie zum Zeitpunkt des Forderungsübergangs bestanden hat. Daraus ist für den Standpunkt des Revisionswerbers aber nichts zu gewinnen:

Die Verpflichtung des Klägers, an Stelle des Haftpflichtversicherers einzuspringen, ergibt sich weder aus dem VersVG noch aus dem Schadenersatzrecht, sondern - wie der erkennende Senat auch in der Folgeentscheidung 7 Ob 103/03b mwN (ZVR 2004/59 = VersR 2005, 530) ausführlich dargelegt hat - aufgrund des Multilateralen Garantieabkommens zwischen den nationalen Versicherungsbüros vom 15. 3. 1991, kundgemacht in ABl EG Nr L 177, S. 27 vom 5. 7. 1991 (im Folgenden kurz: Abkommen; abgedruckt auch in Feyock/Jacobsen/Lemor , Kraftfahrversicherung [2002], 1300 ff; Grubmann, Kraftfahrzeug Haftpflichtversicherung [1995], 199 ff; Schmitt/Schomaker , Das Londoner Muster Abkommen [1993], 113 ff). Dementsprechend wurde in der Vorentscheidung im ersten Rechtsgang (7 Ob 281/00z) lediglich ausgesprochen, dass es sich es sich hier um einen „quasi versicherungsvertragsrechtlichen" Regressanspruch handle, der sich am Regressanspruch des Versicherers nach § 67 VersVG „zu orientieren" habe.

In dieser Konstellation konnten die Pflichten und Rechte des klagenden Verbandes aber überhaupt erst durch die tschechische Regulierung (= Anspruchserhebung) entstehen: Ist doch - wie ebenfalls bereits die Entscheidung 7 Ob 103/03b näher ausgeführt - das behandelnde Büro, wenn es einen (solchen) Anspruch erledigt hat, berechtigt, auf Verlangen und nach Nachweis der Zahlung vom Zahlenden Büro gemäß den in Art 5 des Abkommens näher umschriebenen Modalitäten Rückersatz zu verlangen (s hierzu - allgemein - auch Reisinger in Fucik/Hartl/Schlosser , Handbuch des Verkehrsunfalls III [1999] Rz 90 ff). Geht man jedoch vom Zeitpunkt der nach Inanspruchnahme durch die tschechische Versicherung erfolgten Zahlung aus, ist der Klagsanspruch - wie bereits zu 7 Ob 281/00z ausgesprochen - nicht verjährt.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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