JudikaturJustiz7Ob41/01g

7Ob41/01g – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. März 2001

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei American Express Bank Ltd, 1010 Wien, Kärntnerstraße 21, vertreten durch Dr. Robert Sigmund, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) Percelyn S*****, vertreten durch Dr. Christine Kolbitsch, Rechtsanwältin in Wien, und 2.) Benno S*****, vertreten durch Dr. Michael Subarsky, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 242.458,05 sA, über die Revision des Zweitbeklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 21. September 2000, GZ 17 R 137/00t-25, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 14. Februar 2000, GZ 25 Cg 245/98b-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil, das hinsichtlich der Erstbeklagten als unangefochten unberührt bleibt, wird hinsichtlich des Zweitbeklagten dahin abgeändert, dass es zu lauten hat:

"Der Zweitbeklagte ist zur ungeteilten Hand mit der Erstbeklagten schuldig, der klagenden Partei S 241.638,22 samt 18 % Zinsen seit 24. 11. 1998 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Das Mehrbegehren, der Zweitbeklagte sei zur ungeteilten Hand mit der Erstbeklagten schuldig, der klagenden Partei weitere S 819,83 samt 18 % Zinsen seit 24. 11. 1998 binnen 14 Tagen zu bezahlen, wird abgewiesen.

Der Zweitbeklagte ist zur ungeteilten Hand mit der Erstbeklagten schuldig, der klagenden Partei die mit S 57.797,78 (darin enthalten S 8.462,63 USt und S 7.022,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz sowie die mit S 32.998,20 (darin enthalten S 3.725,70 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Der Zweitbeklagte ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 12.195,-- (darin enthalten S 2.032,50 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Auf Grund eines Kreditkartenvertrages mit der klagenden Partei war der Zweitbeklagte seit 1988 Inhaber einer American-Express-Kreditkarte (Hauptkarte). Dem Vertragsverhältnis lagen Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) der Klägerin zugrunde, die ua folgende Bestimmungen enthalten (Beilage C):

6. Zusatzkarten können wir für Ihre Familienangehörigen ausstellen, falls sie als Privatkarten-Inhaber und das Familienmitglied diese gemeinsam beantragen; Firmenkarten können wir für ihre Firmenangehörigen ausstellen, falls sie als Firma mit dem Firmenmitglied dies beantragen. Als Hauptkarten-Inhaber haften Sie mit dem Inhaber der Zusatz- und Firmenkarte solidarisch (zur ungeteilten Hand) für alle Verpflichtungen, die sich aus dem Vertrag ergeben.

......

10. Die Karte ist nicht übertragbar und darf nur von der Person benutzt werden, deren Namen auf der Karte angegeben ist. Sie sind verpflichtet, alle unter Benutzung dieser Karte durch Dritte verursachten Belastungen zu zahlen, selbst wenn Sie die Benutzung der Karte nicht gestattet haben. Bei Verlust oder Diebstahl der Karte genügt es, uns oder eine unserer Repräsentanzen unverzüglich zu verständigen; danach haften Sie nicht bei Missbrauch der Karte. Für missbräuchliche Benutzung der Karte vor Zugang der Benachrichtigung haften Sie höchstens bis zu einem Betrag von S 500,--. Eine als verloren oder gestohlen gemeldete Karte dürfen Sie, falls Sie diese wiederfinden, nicht mehr benützen.

Am 1. 12. 1990 begehrte der Zweitbeklagte die Ausstellung einer Zusatzkarte für die Erstbeklagte, die damals noch seine Lebengefährtin war. Im betreffenden Zusatzkartenantrag, den sowohl die Erst- als auch der Zweitbeklagte unterfertigte, ist ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die unterzeichneten Personen diesen Antrag gemeinsam vorlegen und solidarisch (zur ungeteilten Hand) für alle Verpflichtungen haften, die sich aus der Benützung der Zusatzkarte ergeben. Nachdem die Beklagten geheiratet hatten, wurde der Erstbeklagten über Antrag beider Ehegatten eine neue Zusatzkarte (mit geändertem Familiennamen) ausgestellt. Als die Erstbeklagte diese verlegt hatte, stellte ihr die Klägerin wiederum über gemeinsamen Antrag der Beklagten neuerlich eine neue Zusatzkarte aus. Im Jahr 1998 kam es zwischen den Beklagten zu Streitigkeiten, die letztlich zu einem Scheidungsverfahren führten. Im Zuge der Auseinandersetzungen untersagte der Zweitbeklagte der Erstbeklagten die Benützung der Zusatzkarte, die er zerschnitt, um sie unverwendbar zu machen. Ungeachtet dessen gelang es der Erstbeklagten ohne Zustimmung des Zweitbeklagten als Hauptkarteninhaber eine neue Zusatzkarte von der Klägerin ausgestellt zu erhalten. Die Erstbeklagte bezog in der Folge mit dieser Zusatzkarte bei Auslandsaufenthalten vom Vertragsunternehmen der Klägerin Waren und Dienstleistungen im Werte von über S 300.000,--, die von der Klägerin bezahlt wurden. Der Zweitbeklagte erfuhr von diesen Auslagen erst nach seiner Rückkehr aus einem Urlaub, worauf er gegenüber der klagenden Partei (unstrittig am 25. 9. 1998) den Sachverhalt aufklärte und die Sperre der Zusatzkarte veranlasste.

Die Klägerin begehrte zuletzt (nach Klagseinschränkung) von den Beklagten zur ungeteilten Hand den aus der Verwendung der (letzten) Zusatzkarte durch die Erstbeklagte unberichtigt aushaftenden Saldo von S 242.458,05 (sA), für den die Beklagten solidarisch hafteten.

Die Beklagten beantragten jeweils, die Klage abzuweisen. Während die Erstbeklagte behauptete, sich mit der Klägerin bereits außergerichtlich verglichen zu haben, wendete der Zweitbeklagte im Wesentlichen ein, nicht zu haften, weil die klagende Partei bei der Ausstellung der (letzten) Zusatzkarte sorglos vorgegangen sei. Nach ihren Geschäftsbedingungen hätte sie nämlich (auch) vor Ausstellen dieser Zusatzkarte seine Zustimmung einzuholen gehabt, was aber nicht geschehen sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren hinsichtlich beider Beklagter ab. Mit der Erstbeklagten habe sich die Klägerin bereits außergerichtlich verglichen. Der Zweitbeklagte habe darauf vertrauen dürfen, dass nach den AGB die Ausstellung einer neuen Zusatzkarte nur auf Grund eines gemeinsamen Antrages erfolgen könne. Er habe nicht damit rechnen müssen, dass die klagende Partei entgegen Treu und Glauben der Erstbeklagten ohne sein Wissen und ohne seinen Antrag eine neue Zusatzkarte ausstellen und sie dadurch in die Lage versetzen werde, die gegenständlichen Leistungen in Anspruch zu nehmen, weshalb auch der Zweitbeklagte dafür nicht hafte.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung der ersten Instanz dahin ab, dass es die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig erkannte, der Klägerin den (eingeschränkten) Klagsbetrag von S 242.458,05 sA zu bezahlen. Das Berufungsgericht traf nach Wiederholung der vom Erstgericht aufgenommenen Beweise über die Vorgänge im Zusammenhang mit dem von der Erstbeklagten behaupteten Vergleich von jenen des Erstgerichtes abweichende Feststellungen, die es rechtlich dahin beurteilte, dass es zwischen der Erstbeklagten und der Klägerin zu keinem Vergleichsabschluss gekommen sei; deshalb habe die Erstbeklagte der Klägerin zu haften.

Eine (solidarische) Haftung sei aber auch hinsichtlich des Zweitbeklagten zu bejahen. Entgegen dessen Auffassung habe es keinesfalls ausgereicht, der Erstbeklagten durch Zerstören der Karte die Möglichkeit zu nehmen, darüber zu verfügen, weil der Zweitbeklagte damit habe rechnen müssen, dass die Erstbeklagte durch einen Anruf bei der klagenden Partei eine Ersatzkarte erhalten werde. Es sei nicht einsichtig, warum der Zweitbeklagte die klagende Partei nicht davon informiert habe, dass er nicht mehr gewillt war, für die Ausgaben der Erstbeklagten aufzukommen. Ein Hindernis, die klagende Partei sofort zu verständigen, sei vom Zweitbeklagten nicht vorgebracht worden. Das Zerschneiden der Karte allein reiche keinesfalls aus, zumal dem Zweitbeklagten auf Grund des Punktes 10. der AGB klar habe sein müssen, dass er nur nach Verständigung für missbräuchliche Kartenbenutzungen nicht hafte. Mit Rücksicht darauf, dass die Zusatzkarte (ursprünglich) gemeinsam beantragt wurde und vom Zweitbeklagten kein rechtzeitiger Widerruf erfolgte, sei die solidarische Haftung des Zweitbeklagten für die Ausgaben der Erstbeklagten weiterhin gegeben, obwohl sich die Erstbeklagte ohne Wissen des Zweitbeklagten für die von diesem zerstörte Kreditkarte eine Ersatzkarte beschafft habe.

Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision unzulässig sei, änderte diesen Ausspruch über Antrag des Zweitbeklagten allerdings iSd § 508 Abs 3 ZPO mit der Begründung ab, es fehle Judikatur zur Auslegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Kreditkartenunternehmungen; die Frage dieser AGB habe aber im Hinblick auf die weite Verbreitung von Kreditkarten eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung.

Hinsichtlich der Erstbeklagten blieb das Urteil des Berufungsgerichtes unbekämpft und ist insoweit in Rechtskraft erwachsen.

Der Zweitbeklagte macht in der Revision Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung als Revisionsgründe geltend und beantragt, das Urteil der zweiten Instanz aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung (und Entscheidung) an die zweite oder erste Instanz zurückzuverweisen; "andernfalls" möge die Berufungsentscheidung dahin abgeändert werden, dass (hinsichtlich des Zweitbeklagten) das Urteil erster Instanz wiederhergestellt werde.

Die klagende Partei stellt in ihrer Revisionsbeantwortung den Antrag, das Urteil des Berufungsgerichtes zu bestätigen.

Die Revision ist zulässig und teilweise auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Keine Berechtigung kommt allerdings den Ausführungen des Revisionswerbers zu, soweit er als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens rügt, dass das Berufungsgericht die erstgerichtliche Feststellung, wonach die Erstbeklagte die gegenständliche (letzte) Zusatzkarte ohne Zustimmung des Zweitbeklagten von der Klägerin ausgestellt erhalten hat, ohne Beweiswiederholung abgeändert habe. Es trifft zwar zu, dass die betreffende Feststellung des Berufungsgerichtes den Passus "ohne Zustimmung durch den Zweitbeklagten" nicht enthält. Dessen ungeachtet hat das Berufungsgericht - wie seine Ausführungen auf Seite 11 zweiter Absatz des Berufungsurteils unmissverständlich zeigen - seine Feststellung so verstanden und ist also ebenso wie das Erstgericht davon ausgegangen, dass die Erstbeklagte sich ohne Wissen des Zweitbeklagten nach Zerstörung der Karte durch diesen eine Ersatzkarte beschafft hat. Die betreffende Feststellung konnte daher - in diesem Sinne vollständig - auch hier (in der Revisionsentscheidung) bereits eingangs wiedergegebenen werden. Der behauptete Verfahrensmangel liegt demnach (ebenso wie eine vom Revisionswerber in diesem Zusammenhang behauptete Aktenwidrigkeit) nicht vor.

In seiner Rechtsrüge hält der Zweitbeklagte an seinem Standpunkt fest, er habe für die von seiner Ehefrau mit der ihr ausgestellten Ersatzkarte in Anspruch genommenen Leistungen nicht zu haften, weil die Ersatzkarte nur über gemeinsamen Antrag beider Beklagten ausgestellt hätte werden dürfen.

Der Oberste Gerichtshof hat dazu erwogen:

Vorweg ist festzuhalten, dass die klagende Partei einen vertraglichen Anspruch (nicht etwa einen Schadenersatzanspruch) aus dem zwischen dem Zweitbeklagten und der Klägerin abgeschlossenen Kreditkartenvertrag (zur Rechtsnatur des im österreichischem Recht nicht speziell geregelten Kreditkartenvertrages siehe etwa SZ 52/89 mwH) geltend macht. Weiters ist davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt der Ausstellung der Ersatz-Zusatzkarte an die Erstbeklagte das Vertragsverhältnis - auch hinsichtlich der Zusatzkarte - ungekündigt aufrecht war. Es bedarf keiner näheren Erörterung, dass das Vorgehen des Zweitbeklagten, der Erstbeklagten die Weiterbenützung der Zusatzkarte zu untersagen und diese zu zerschneiden, das Vertragsverhältnis zwischen ihm und der Klägerin unberührt ließ. Nach dem letzten Satz des Punktes 6. der diesem Vertragsverhältnis zugrundegelegten AGB der Klägerin hat der Hauptkarten-Inhaber mit dem Inhaber der Zusatzkarte solidarisch für alle Verpflichtungen zu haften, die sich aus dem Vertrag ergeben. Seinen Einwand, mangels Beantragung der Ersatz-Zusatzkarte auch durch ihn im vorliegenden Fall jedoch als Hauptkarteninhaber nicht haften zu müssen, will der Revisionswerber nun auf den ersten Satz des Punktes 6. der AGB stützen, wonach die klagende Partei Zusatzkarten für die Familienangehörigen des Hauptkarten-Inhabers ausstellen könne, falls dies von diesem und dem Familienmitglied gemeinsam beantragt werde.

Damit stellt sich die Frage, ob diese Bestimmung im Sinne der Ansicht des Zweitbeklagten dahin auszulegen ist, dass nicht nur bei (Erst )Ausstellung, sondern auch bei nachfolgenden Ausstellungen - etwa, wie von der Erstbeklagten offenbar gegenüber der Klägerin behauptet, nach Verlust oder Diebstahl - die gemeinsame Beantragung durch den Inhaber der Hauptkarte und dessen betreffenden Familienangehörigen voraussetzt.

Nach hA sind Klauseln Allgemeiner Geschäftsbedingungen, wenn sie - wie hier - nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, unter Beschränkung auf den Wortlaut, somit unter Verzicht auf außerhalb des Textes liegende Umstände, auszulegen (Binder in Schwimann, ABGB2 V Rz 4 zu § 914 mwH; Rummel in Rummel3 Rz 13 zu § 864a mwH). Hinsichtlich Allgemeiner Versicherungsbedingungen wird in nunmehr stRsp vertreten, dass die Auslegung sich am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren hat (RIS-Justiz RS0050063 mwN; so jüngst auch BGH in NVersZ 2001, 117) und die Klauseln objektiv unter Beschränkung auf ihren Wortlaut auszulegen sind (RIS-Justiz RS0008901, zuletzt etwa 7 Ob 234/00p). Allgemein sind Vertragsschablonen also so zu verstehen, wie sie sich im redlichen Verkehr einem durchschnittlichen Angehörigen aus dem angesprochenen Adressatenkreis erschließen (EvBl 1982/94 ua). In allen Fällen ist der einem objektiven Beobachter erkennbare Zweck einer Bestimmung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu berücksichtigen (VR 1990, 57 = RdW 1989, 329 [Schauer]; VR 1992, 88; ecolex 1994, 610; 7 Ob 147/00v uva). Unklarheiten gehen iSd § 915 ABGB zu Lasten des Verwenders der AGB (Rummel aaO mwN).

Für die im vorliegenden Fall maßgebende Frage der Auslegung des Punktes 6., erster Satz der AGB der Klägerin lässt sich aus dem Vergleich mit den AGB der anderen in Österreich tätigen wichtigsten Kreditkartenunternehmen nichts gewinnen, weil diese AGB (vgl die in Vogel, Missbrauch von Kreditkarten aus zivilrechtlicher Sicht wiedergegebenen AGB-KI von Eurocard [Fassung Dezember 1993] aaO 331 ff, MasterCard [Fassung Jänner 1998] aaO 337 ff, Visa aF [Fassung 3/96] aaO 343 ff, Visa nF [Stand 12/98] aaO 348 ff, Diners Club aF [Jänner 1997] aaO 353 ff, Diners Club nF [Stand Jänner 1999] aaO 357

ff) jeweils keine Regelung der Frage der Beantragung einer Zusatzkarte bzw einer Ersatz-Zusatzkarte enthalten. Der Passus in Punkt 17.2. der AGB-KI MasterCard, der Hauptkarteninhaber sei berechtigt, die Zusatzkarte betreffende Erklärungen (zB Kündigung, Diebstahls- und Verlustmeldung), ohne Zustimmung des Zusatzkarteninhabers rechtswirksam EPA (Europay Austria) gegenüber abzugeben, wobei dies jedoch nichts an der solidarischen Haftung des Hauptkarteninhabers für Verbindlichkeiten ändere, die der Zusatzkarteninhaber nach Zugang einer derartigen Erklärung bei EPA eingegangen sei, erlaubt wohl nicht den Umkehrschluss, dass der Zusatzkarteninhaber (bis zu einer allfälligen Kündigung durch Hauptkarteninhaber!) nicht berechtigt wäre, alleine eine Diebstahls- oder Verlustmeldung abzugeben. Auch aus den AGB der Klägerin nF (Stand 11/98) ist kein weiterer Hinweis zu gewinnen, weil deren Punkt 5. wortwörtlich dem zitierten Punkt 6. der hier maßgebenden AGB aF entspricht.

Aus folgenden Erwägungen ist der erkennende Senat aber der Ansicht, dass die Formulierung des ersten Satzes des Punkt 6. der AGB der Klägerin nicht die Annahme rechtfertigt, dass die dort normierte Voraussetzung einer gemeinsamen Beantragung der Ausstellung einer Zusatzkarte auch für die Ausstellung einer Ersatzkarte nach Verlust oder Diebstahl gelte: Der jedem einsichtige Sinn einer Zusatzkreditkarte besteht darin, im Interesse des Hauptkreditkarteninhabers weiteren Personen den Anschluss an das Kreditkartensystem zu ermöglichen (H. Schmidt in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz8, Anh §§ 9-11 Rn 454b). Dies rechtfertigt die in den gegenständlichen AGB ebenso wie in den AGB auch aller anderen Kreditkartenunternehmen vorgesehene Solidarhaftung der Inhaber der Haupt- und der Zusatzkreditkarte. Um im Hinblick auf diese Solidarhaftung das Einverständnis beider Inhaber klarzustellen, erscheint es gerechtfertigt, die Ausstellung einer Zusatzkreditkarte von einem gemeinsamen Antrag beider abhängig zu machen. Diese Notwendigkeit fällt aber - wie dies auch schon das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - im Falle der Beantragung einer Ersatzkarte wegen Verlusts oder Diebstahls der Zusatzkarte weg. Der Hauptkarteninhaber und der Inhaber der Zusatzkarten haben ja bereits durch die gemeinsame Beantragung ihre erforderliche Zustimmung erklärt. Die Einholung einer ausdrücklichen Zustimmungserklärung des Hauptkarteninhabers zu einem Antrag des Zusatzkarteninhabers auf Ausstellung einer Ersatz-Zusatzkarte erscheint daher im Regelfall nicht notwendig und im Sinne einer raschen Geschäftsabwicklung auch untunlich. Bei lebensnaher Betrachtung müsste ein Kreditkartenunternehmen, das von (etwa) einer Ehefrau, die den Verlust ihrer Zusatzkarte meldet und - wie dies regelmäßig der Fall sein wird - um sofortige Ausstellung einer Ersatzkarte ersucht, den Nachweis der Zustimmung ihres Ehemannes als Inhaber der Hauptkreditkarte verlangt, doch wohl durchaus befürchten, dass ihr Ansinnen als Akt des Misstrauens angesehen werden und daher einiges - dem Geschäftserfolg des Unternehmens nicht zuträgliches - Befremden auslösen könnte.

Eine mangels Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin vorzunehmende ergänzende Auslegung des gegenständlichen Kreditkartenvertrages (zu den Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung s allgemein Rummel aaO Rz 9 bis 17; zur Frage der ergänzenden Auslegung von AGB s grundsätzlich Rüßmann, BB 1987, 843) führt daher zum Ergebnis, dass auch die Erstbeklagte als Zusatzkarteninhaberin allein eine Verlustmeldung und Beantragung einer Ersatzkarte bei der Klägerin rechtswirksam vornehmen konnte. Daran ändert im Hinblick auf die oben dargelegten Auslegungskriterien nichts, dass von den Beklagten die Ausstellung einer Ersatzkarte schon einmal gemeinsam beantragt worden war. Ebenso kann die - mangels einer entsprechenden (eine Kündigung des Zusatzkartenverhältnisses darstellenden) Mitteilung des Zweitbeklagten an die Klägerin allein das Verhältnis der Beklagten untereinander betreffende - Untersagung der Weiterverwendung der Zusatzkarte durch den Zweitbeklagten daran nichts ändern. Dass die Erstbeklagte gegen die ihr im Innenverhältnis vom Zweitbeklagten erteilte Weisung, die Zusatzkarte nicht mehr weiter zu verwenden, verstoßen und sich gegen dessen ausdrücklichen Willen eine Ersatzkarte beschafft hat, kann nicht zu Lasten der Klägerin gehen (vgl dazu NJW-RR 1992, 1398: Dort wurde die Ansicht vertreten, dass zwischen dem Hauptkarteninhaber und dem Zusatzkarteninhaber ein engeres Vertrauensverhältnis bestehen müsse als zwischen der Kreditkartengesellschaft und dem Zusatzkarteninhaber. Wenn dieser dieses Vertrauen durch die Inanspruchnahme der Zusatzkarte nach einer [unrichtigen] Verlustmeldung missbrauche, liege es nahe, dass für die finanziellen Folgen im Außenverhältnis auch der Hauptkarteninhaber und nicht das Kreditkartenunternehmen aufzukommen habe).

Für die von der Erstbeklagten mit der demnach also ohne Verstoß gegen vertragliche Bestimmungen ausgestellte Zusatzkarte bis zum 25. 9. 1998 (Zeitpunkt der Mitteilung des Zweitbeklagten, die die Klägerin zur Ausstellung der Zusatzkarte veranlasste) begründeten Verbindlichkeiten hat der Zweitbeklagte daher zur Gänze einzustehen. Unberechtigt ist nämlich auch der Einwand des Revisionswerbers, er hafte jedenfalls nur bis zu dem (gemäß Punkt 10. der AGB festgelegten) Höchstbetrag von S 500,--. Diesem Einwand kann zwar, wie Fitz/Hacksteiner in ÖBA 1992, 442 [447] und Vogel aaO, 282 zutreffend aufzeigen, nicht etwa entgegengehalten werden, dass die betreffende Passage in den AGB der Klägerin so zu verstehen sei, dass der Karteninhaber nur bei unverzüglicher Meldung für spätere Schäden nicht zu haften hätte. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers lässt sich die also jedenfalls (auch bei verspäteter Meldung) geltende Haftungsbeschränkung auf S 500,-- aber nur auf die Fälle des Diebstahls und des Verlusts der Kreditkarte und nicht auf einen Fall wie den vorliegenden beziehen, in dem die (Weiter )Verwendung der (ersatzweise ausgestellten) Zusatzkreditkarte durch deren Inhaberin, wie dargestellt, im Rahmen des zwischen den Beklagten und der Klägerin abgeschlossenen Vertrages erfolgte (vgl neuerlich NJW-RR 1992, 1398).

Mit Recht weist der Revisionswerber allerdings darauf hin, dass die klagende Partei bereits selbst in ihrer Berufung ausdrücklich eingeräumt hat (AS 153), dass zwei Teilbeträge des Klagsbetrags von insgesamt S 819,82 "per 2. 10. 1998" (gemäß Punkt 10. der AGB, Beil./C) nicht von der Haftung des Zweitbeklagten umfasst seien, weil dieser bereits zuvor am 25. 9. 1998 die Klägerin aufgeklärt und die Sperre der Zusatzkarte veranlasst gehabt habe. Nach der - zutreffenden - Rechtsansicht der Klägerin selbst hat der Zweitbeklagte daher maximal für einen Betrag von S 241.638,22 einzustehen.

Nur insoweit war demnach der Revision Folge zu geben und daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten erster Instanz gründet sich auf § 43 Abs 2 ZPO. Die Entscheidungen über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruhen auf den §§ 43 Abs 2 und 50 ZPO. Der Zweitbeklagte ist demnach (zur ungeteilten Hand mit der Erstbeklagten) verpflichtet, der Klägerin ihre gesamten Kosten aller drei Instanzen auf Basis des ersiegten Betrages von S 241.638,22 zu ersetzen.

Rechtssätze
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  • RS0050063OGH Rechtssatz

    06. März 2024·3 Entscheidungen

    Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach Vertragsauslegungsgrundsätzen auszulegen. Die Auslegung hat sich daher am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren (vgl VR 1992/277; VR 1992/284).

  • RS0008901OGH Rechtssatz

    06. März 2024·3 Entscheidungen

    Allgemeine Vertragsbedingungen sind so auszulegen, wie sie sich einem durchschnittlichen Angehörigen aus dem angesprochenen Adressatenkreis erschließen. Ihre Klauseln sind, wenn sie nicht auch Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen.