JudikaturJustiz7Ob2130/96b

7Ob2130/96b – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. Mai 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach Mag.Elisabeth T*****, vertreten durch Dr.Michael Gabler und Mag.Dr.Erich Giebel, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Eugen Clarence O*****, vertreten durch Dr.Markus Freund, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung und Zahlung von S 14.638,-- sA, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27.April 1995, GZ 40 R 95/95-38, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 12.Dezember 1994, GZ 9 C 3232/92k-34, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der klagenden Partei wird Folge gegeben. Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes ON 34 wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.058,88 (darin S 676,48 USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Beklagte ist Mieter der Wohnung top.Nr.15 in dem der klagenden Partei gehörenden Haus W*****, P*****gasse 8. Er vereinbarte mit der verstorbenen Vermieterin einen monatlichen Pauschalmietzins von S 6.500,--. Mit der am 29.12.1992 eingelangten Klage begehrt die Klägerin, den Beklagten zur Bezahlung von S 14.638,-- und zur Räumung dieser Wohnung zu verpflichten, weil er zumindest seit Oktober 1992 nicht den vereinbarten Bestandzins, sondern nur einen Beitrag von S 4.862,-- bezahlt habe.

Der Beklagte beantragte die Klagsabweisung. Er bestritt die Höhe des geltend gemachten Mietzinsrückstandes. An einem allfälligen Mietzinsrückstand treffe ihn kein grobes Verschulden. Die Wohnung sei im Oktober 1992 zufolge Heizungs- und Warmwasserausfalles unbewohnbar gewesen, sodaß der Beklagte die ex lege eintretende Mietzinsminderung in Anspruch genommen habe.

Über Antrag des Beklagten unterbrach das Erstgericht das Verfahren mit Beschluß vom 13.8.1993 (ON 15) wegen einer zwischenzeitig erfolgten Antragstellung des Beklagten auf Überprüfung der Mietzinshöhe bei der Schlichtungsstelle zu MBA ***** SL ***** nach § 41 MRG. In diesem Antrag behauptete der Beklagte, ein Mietzins von S 6.500,-- für die 77 m2 große Wohnung der Kategorie B sei unzulässig. Die Schlichtungsstelle wolle den angeführten Sachverhalt überprüfen und entscheiden, ob die Hausinhabung durch die Vorschreibung eines monatlichen Mietzinses von S 6.500,-- ab 1.6.1990 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten habe. Weiters möge die Schlichtungsstelle der Hausinhabung gemäß § 37 Abs.4 MRG auftragen, den festgestellten Überschreitungsbetrag (Überschreitungsbeträge) samt Umsatzsteuer und Zinsen binnen 14 Tagen zurückzuzahlen. Nach Abzug des Verfahrens durch die klagende Partei zum Bezirksgericht F***** wies dieses den Antrag des Beklagten mit rechtskräftigem Sachbeschluß vom 1.3.1994 zu 9 Msch ***** mit der Begründung ab, daß die Wohnungsausstattung des Beklagten zufolge der außer Streit gestellten Beschaffenheit der Wohnung der Kategorie A entspreche und der vereinbarte Mietzins zulässig sei.

Nach der von der Klägerin am 17.5.1994 beantragten Fortsetzung des Verfahrens beantragte der Beklagte, zufolge eines neuen, am 13.7.1994 bei der Schlichtungsstelle eingebrachten Mietzinsüberprüfungsantrages zu MBA ***** P*****gasse/SL *****, das Verfahren neuerlich zu unterbrechen. Dieser Antrag stützt sich auf die Behauptung, die Wohnung des Beklagten verfüge über kein Vorzimmer; es handle sich um eine adaptierte Gangküchenwohnung, sodaß nicht einmal eine Kategorie B-Wohnung vorliege. Dieses Verfahren wurde über Antrag der Klägerin ebenfalls zum Bezirksgericht F***** abgezogen, das (nach der Aktenlage) darüber bislang noch nicht entschieden hat.

Das Erstgericht wies den Unterbrechungsantrag des Beklagten mit der Begründung ab, daß über den für die Wohnung des Beklagten zu bezahlenden gesetzlich zulässigen Mietzins bereits rechtskräftig entschieden worden sei, und stellte mit dem gleichzeitig erlassenen Beschluß nach § 33 Abs.2 MRG den Mietzinsrückstand des Beklagten für die Zeit von Oktober 1992 bis November 1994 mit S 9.838,-- sA fest. Es ging dabei davon aus, daß die Wohnung des Beklagten über eine (Haus )Zentralheizungsanlage verfüge, daß diese aber während einer Ortsabwesenheit der (verstorbenen) Hauseigentümerin in der Zeit vom 27.9. bis 14.10.1992 von niemandem bedient wurde, sodaß die Wohnung des Beklagten während dieser Zeit unbeheizt war; der Beklagte sei deshalb zu einer teilweisen Mietzinsreduktion berechtigt gewesen. Da der Beklagte aber weitere Teilmietzinszahlungen unterlassen habe, sei bis November 1994 ein Mietzinsrückstand von S 11.756,-- aufgelaufen. Unter Berücksichtigung der durch die Unbeheizbarkeit der Wohnung indizierten Mietzinsminderung ergebe sich ein Mietzinsrückstand von S 9.838,--.

Das Rekursgericht gab dem vom Beklagten gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs Folge. Es hob den Beschluß ON 33, betreffend die Feststellung eines Mietzinsrückstandes, auf und änderte den weiteren Beschluß ON 34 (Unterbrechung gemäß § 41 MRG) dahin ab, daß das Verfahren bis zur rechtskräftigen Beendigung des außerstreitigen Mietenschlichtungsverfahrens zu SL ***** beim MBA ***** unterbrochen sei. Es sprach aus, daß gegen den erstzitierten Beschluß der weitere Rekurs an den Obersten Gerichtshof jedenfalls unzulässig, und daß gegen den zweitzitierten Beschluß der ordentliche Revisionsrekurs unzulässig sei. Es begründete seine Entscheidung damit, daß der zu 9 Msch ***** des Bezirksgerichtes F***** ergangene Sachbeschluß nur über die Bestandzinsperiode bis zum 1.3.1994 abgesprochen habe, der zweite Antrag des Beklagten bei der Schlichtungsstelle aber auch auf die Überprüfung der Mietzinsangemessenheit ab 1.3.1994 abstelle. Dementsprechend sei das neue vom Beklagten angestrengte Verfahren präjudiziell für das vorliegende Räumungsverfahren, was zur zwingenden Unterbrechung führe.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung von der klagenden Partei erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Mit ihm macht die klagende Partei geltend, daß der neue Mietzinsüberprüfungsantrag des Beklagten inhaltlich jenem in dem vorangegangenen Verfahren, das mit einer bereits rechtskräftigen Entscheidung geendet habe, entspreche und die Unterbrechung des Räumungsverfahrens aufgrund dieses Antrages rechtsmißbräuchlich begehrt werde.

Das Rechtsmittelverfahren ist mangels Ausführung des Unterbrechungsbeschlusses im § 521a ZPO einseitig.

Damit ein Rechtsstreit nach § 41 MRG unterbrochen werden kann, muß die Entscheidung im Verfahren nach § 37 Abs.1 Z 8 MRG präjudiziell sein (vgl. 7 Ob 552/82, 3 Ob 508/84, zuletzt 4 Ob 1538/89). Nach Würth-Zingher (Wohn- und Mietrecht19 § 41 MRG Rz 2) - dessen Ansicht der erkennende Senat folgt - ist für die obligatorische Unterbrechung nach § 41 MRG jedoch ein tauglicher Antrag erforderlich; von vornherein aussichtslose Anträge erfüllen diese Voraussetzung nicht.

Im Bereich der Hauptmietzinsüberprüfung nach § 37 Abs.1 Z 8 MRG hat der Antragsteller die Möglichkeit, die Feststellung der zulässigen Höhe des Hauptmietzinses pro futuro oder aber zu bestimmten Zinsterminen zu begehren, er kann sich aber auch mit der bloßen Feststellung, daß der Hauptmietzins nach § 16 Abs.1 MRG (Angemessenheit) oder nach § 16 Abs 2 MRG (Kategorie) zu bilden ist, begnügen. Daneben ist noch die selbständige Feststellung der maßgeblichen Kategorie oder der Nutzfläche möglich (vgl. Würth-Zingher aaO § 37 Rz 20). Die Formulierung des vom Beklagten zu SL ***** des MBA ***** erhobenen Mietzinsüberprüfungsantrages zielt vom Vorbringen und vom Entscheidungsbegehren her auf eine Entscheidung für die Vergangenheit und Zukunft ab, weil eine ausdrückliche Einschränkung für einen bestimmten Mietzinszahlungszeitraum nicht vorliegt.

Der Beklagte hat in dem vorangegangenen, bereits rechtskräftig entschiedenen Mietzinsüberprüfungsverfahren behauptet, daß seine Wohnung der Kategorie B entspreche, hat aber gegen die in jenem Verfahren ergangene Entscheidung, daß seine Wohnung der Kategorie A zuzuordnen sei, kein Rechtsmittel erhoben. Er hat in seinem neuen Antrag nicht vorgebracht, daß sich seit der vorangegangenen Entscheidung der dieser zugrundeliegende Sachverhalt geändert habe; der Beklagte behauptet vielmehr, daß bereits von allem Anfang an seine Wohnung nicht über den einer Zuordnung zur Kategorie A oder Kategorie B erforderlichen Vorraum verfüge. Das Verfahren nach § 37 MRG ist ein dem Zivilprozeß weitestgehend angenähertes Außerstreitverfahren (vgl. Würth-Zingher aaO Rz 32). Der sonst im Außerstreitverfahren geltende Untersuchungsgrundsatz besteht nicht, wenn die Parteien gewisse Umstände zugestehen (vgl. Würth-Zingher aaO Rz 27). Mit dem vorliegenden zweiten Mietzins- bzw. Kategorieüberprüfungsverfahren bekämpft der Beklagte in Wirklichkeit die Auswirkungen der in Rechtskraft erwachsenen Vorentscheidung. Anerkennt man aber, daß das Außerstreitverfahren ein weitestgehend der ZPO angenähertes Verfahren ist, so muß man auch bei Sachbeschlüssen die für Zivilurteile geltende Feststellungswirkung (vgl. Rechberger in Rechberger ZPO, vor § 390 Rz 25 sowie § 228 Rz 15) einer rechtskräftigen Entscheidung bejahen. Auch den Verfügungen im Außerstreitverfahren kommt materielle Rechtskraft zu; diese bezieht sich auf den Tatbestand, der zur Zeit der Entscheidung gegeben war. Nur dann, wenn sich dieser geändert hat, kann auch die Entscheidung geändert werden (E.4 bis 8 zu § 18 AußStrG in MGA 302). Der Ansicht des Rekursgerichtes wäre deshalb nur dann zuzustimmen, wenn der Beklagte in seinem neuen Antrag zwischenzeitig eingetretene Änderungen behauptet hätte. Da der Beklagte Änderungen nicht geltend macht, handelt es sich bei seinem zweiten Antrag um ein untaugliches Instrument, sodaß Präjudizialität für das vorliegende Räumungsverfahren nicht besteht. Damit fehlt es aber auch an den Voraussetzungen für die vom Rekursgericht angenommene zwingende Unterbrechung des Räumungsverfahrens.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Zufolge eines als Zwischenstreit zu wertenden Rechtsmittelverfahrens waren der obsiegenden klagenden Partei Kosten zuzuerkennen.

Rechtssätze
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